Der Tod der guten Vorsätze
Leise zieht der Rauch über ein Schlachtfeld aus unbenutzten Nikotinersatzprodukten, gemeuchelten Guetzlisäcken und grausam zerrissenen Schoggiverpackungen. Es ist der 2. Januar, und der innere Schweinehund hat bereits mehrere Schlachten gewonnen und die meisten guten Vorsätze massakriert.
Der heldenhafte Vorsatz mit dem Rauchen aufzuhören fiel schon früh nach heroischem Kampf im Morgennebel des ersten Januars. Wir trauern. Einige Stunden später erlag das Versprechen, gesünder und weniger zu Essen, der Übermacht der Resten des Silvesterbuffets. Gefolgt vom Vorsatz des zeitweiligen Alkoholverzichts, der zwei Colas lang durchgehalten hatte, bevor er aus dem Hinterhalt von einem Drink umgenietet wurde.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Noch fühlen wir uns nicht besiegt, noch schütteln wir dem inneren Schweinehund die Faust vor dem Gesicht und knurren bitter «Aber morgen! Morgen ganz sicher!». Schliesslich haben wir ja auch noch Einiges in der Hinterhand. Man wirft nicht seine ganze Streitmacht in die erste Schlacht.
Da wäre zum Beispiel der Vorsatz von mehr Fitness, wohl unsere teuerste Geheimwaffe. Haben wir doch einen Haufen Geld in ein Abo fürs Fitnessstudio ausgegeben. Das wird uns bei Stange halten, nicht so wie die letzten Jahre, in denen dieser Vorsatz nach sechs Besuchen leise und unauffällig verschied. Ganz sicher!
Und natürlich werden wir weniger arbeiten und mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen, ohne dauernd auf irgendein Display zu glotzen. Wir haben uns dafür sogar eine Erinnerung im Handy gesetzt. Sie sehen, kaum einer der Neujahresvorsätze wird seinen ersten Geburtstag erleben.
Aber, liebe Vorsatzverlierer, trauern Sie nicht zu lange. Vorsätze sind nicht dazu da, eingehalten zu werden. Was würden wir sonst nächsten Silvester tun? Vorsätze sind dazu da, uns unseren Umgang mit uns und dem Leben vor Augen zu führen. Sie sollen regulierend eingreifen und per schlechtem Gewissen und Scham über das eigene Versagen den ungesunden Lebensstil ein wenig in die Schranken weisen. Sie sollen nicht unser Leben umkrempeln.
Aber, wie schon Buddha sagte: Das Leben ist das Rad der Wiedergeburt. All die guten und löblichen Vorsätze, die in diesen Tagen das Zeitliche segnen, werden Ihnen fröhlich und begeistert nächsten Dezember wieder in die Wohnung schneien, als sei nie etwas passiert.
In diesem Sinne, starten Sie mit dem Bewusstsein in die ersten Wochen des neuen Jahres, dass Sie einen inneren Schweinhund haben, den Sie niemals ganz besiegen können. Aber auch mit der Sicherheit, dass Sie den Kampf niemals länger als bis zum Silvester aufgeben werden.
Wenns hilft, setzen Sie sich ins Tram und schauen Sie sich um. Die anderen habens alle auch nicht geschafft. Das tröstet ein wenig, nicht?
10 Kommentare zu «Der Tod der guten Vorsätze»
viel schlimmer und bedenklicher finde ich die kommerzialisierung von silvester auch hier in der schweiz…
Realistische Vorsätze sind gut. Wenn man von denen dann auch nur einen zufriedenstellenden Teil in der Jahresbilanz erreicht hat, ist das positiv. Vor allem für das wichtigste Gut die Gesundheit können wohl 99,9% der Menschheit stets mehr tun, sei es durch gesündere Bionahrung, vielseitiger Sport, Mentaltraining wie Meditation etc. Weiter so im Jahr 2015 Stadtblog, frohes Neues!
neujahrsvorsätze sind etwas vom dümmsten, was die menscheit je erfunden hat…:-)
und die alljährlichen Blogs/Artikel darüber, etwas vom Langweiligsten was die Journi-Zunft erfunden hat…
Ja, Mike, mich freuts immer wieder, wie oft du unseren Blog liest, um uns dann in den Kommentaren zu erklären, wie falsch wir immer liegen. Offenbar machen wir süchtig, und selbst wenn man uns Scheisse findet, kann man nicht von uns lassen.
„MUSS KOMMENTIEREN! MUSS!“ *zombieschritt*
Ein frohes neues Jahr wünschen wir. 🙂
Dass ihr – und manche eurer Brüder und Schwestern nebenan – süchtig macht, kann ich nicht bestreiten. In Notzeiten habe ich schon auf billiges Ersatzdope zurückgegriffen, leider kein gleichwertiger Ersatz. Will nicht, muss. Und deshalb habe ich einen weiteren Neujahrsvorsatz in den Sand gesetzt: endlich meine Onlinezeit einzuschränken, zum Beispiel zugunsten von Kneipenbesuchen. Auchch Ihnen ein frohes neues Jahr.
Einen miesepeter sollten wir doch haben und der Mike macht sonst einen hellen Eindruck…:)
Beim Sportvorsatz hilft es ausgezeichnet, am 31. damit zu enden und schon am 1. wieder zu beginnen, denn das taugt dann als subjektives Vorbild und Motivation fürs ganze Jahr. Optimal ist Laufen geeignet, weil man das jederzeit machen kann und das knackige Gesäss bei ausdauerndem Betreiben garantiert ist.
Wer hat denn Interesse an IHREM knackigen A….? Mir jedenfalls ist bei allen guten Dickbauch-Abnehm-Vorsätzen der Biss in eine knackige Wurst (nein, nicht die vom Sternengrill!) auch im neuen Jahr doch sehr viel lieber 🙂
Adriano schliessen Sie nicht von sich auf andere, knackige Ä… sind noch immer sehr gefragt, sie sitzen sich auch stabiler.