Der gute Vorsatz

Das Pre-Opening im Alice Choo war schon vielversprechend.

Das Pre-Opening im Alice Choo war schon vielversprechend.

Daniel Szakats alias DJ DiscoD hat an diesem Wochenende dem neuen Club Alice Choo einen ersten Besuch abgestattet. Szakats war, zusammen mit Tony Bolli, der heute als Geschäftsführer die Geschicke des Plaza leitet, Teil des Duos Smash FX, das vor über zehn Jahren das Genre Breakbeats in der Schweiz etabliert hat. Heute veranstaltet er unter anderem die Killer-Partys und ist am Blok-Club, ehemals Labor-Bar, beteiligt. Wer über ein solches Palmares verfügt, ist selbstverständlich befugt, Clubs zu bewerten und Szakats ist keiner, der nicht zu seiner Meinung steht:

«OK! Alice Choo Zürich Zusammenfassung: DJ = Crap, Bar-Staff = Crap, Setup = Crap, Music = Crap, ABER = Shaqiri dete gsi!» lautet sein nicht gerade mildes Fazit auf Facebook. Szakats steht mit seinem Urteil bestimmt nicht alleine da, jedoch ist es zu einer Unsitte geworden, neue Clubs erst einmal als unbrauchbar einzustufen, anstatt ihnen Zeit zu geben, sich zu finden. An der vorgefassten, auf individuellen Vorlieben basierenden, Meinung wird nicht gerüttelt und Neuankömmlinge in der Szene machen prinzipiell alles falsch, selbst wenn sie noch gar nichts gemacht und ihr Lokal noch nicht mal eröffnet haben.

Die Tatsache, dass ein neuer Club mindestens ein halbes Jahr benötigt, bis all seine Abläufe und seine Crew eingespielt sind, ist zwar allgemein bekannt, fliesst aber deshalb noch lange nicht in die (voreilig) verlautbarten Bewertungen mit ein – Bashing ist Volkssport, das gilt auch fürs Clubvolk. Der Verfasser dieser Zeilen ist da keine Ausnahme, denn bereits mit der damaligen Ankündigung, dass die ehemaligen Betreiber des Clubs Opera in Luzern die ehemaligen Räumlichkeiten des Club Q übernommen haben, war mein Urteil gefällt: Ein Gratisclub namens Wow mit (zumindest unzweideutigen) Partynamen wie «Titty Flash», «Handjob» und «Sextape» wird in Zürich nie und nimmer reüssieren. Von wegen: Anstatt des Gerüchts einer anstehenden Schliessung macht jenes die Runde, die Wow-Macher würden in Bälde die Räumlichkeiten des ehemaligen Queens wieder in Betrieb nehmen, um mehr Platz für ihr stetig wachsendes Publikum zu schaffen.

Mir widerstrebt zwar weiterhin alles das aus dieser Ecke kommt. Jedoch liegt das vor allem daran, dass ich nicht viel mit Clubs anfangen kann, die sich nicht primär über ihre Musik definieren, sondern über den Kopulationswillen ihrer Gäste. Die Wow-Chefs scheinen jedoch tatsächlich Einiges richtig zu machen und für das von ihnen angestrebte Publikum scheint das Angebotene zu stimmen. Jeder darf seine Meinung haben, jedoch sollte man sich bisweilen fragen, ob diese die einzig richtige ist.

«Vielfalt» bedeutet nicht, dass es möglichst viel von etwas Bestimmtem gibt, auch nicht im Bereich des Clubbings. Zürich verfügt über ein ungemein facettenreiches Nachtleben mit Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Bereichen. Prinzipiell begrüssen das alle, schlussendlich beurteilt dann aber doch jeder nur nach seinem ureigenen Gusto und dies zumeist auch noch vorschnell, egal ob er damit jemandem schadet. Falls also jemand noch einen guten Vorsatz braucht …

Alex-Flach1Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft.

8 Kommentare zu «Der gute Vorsatz»

  • thomas sagt:

    Sehr guter Blog.

    Herr Flach, ich ändere meine Meinung über Sie und bin jetzt ein Fan. Zudem finde ich es schön, dass man in Zürich mit solchen Clubs etwas vom „Underground Mainstream“ wegkommt und auch mal etwas neues funktioniert. Die Zeiten der Berlinkopie sind langsam vorbei.

    An alle Nachtlebechronisten: ist euch aufgefallen, dass der 90er Jahre Hip Hop langsam die nicht enden wollende Electrowelle verdrängt?

    Gruss

    • Clara sagt:

      Aber nur in der Provinz, Hiphop ist meist bei der ländlichen und kleinstädtischen Jugend populär, die annimmt, das wäre urban. Doch in den Städten spielen Hiphop und Rap keine Rolle.

      • Thomas sagt:

        @ Clara: Schwachsinn…ich rede von der aktuellen Züri Szene…nix land…überall gibt’s wieder hip hop Parties…in Bars und Clubs…meist unter der Woche, besucht von Personen, die in Zürich wohnen.

        Gonzo, Plaza, Longstreet, enfant terrible und weitere Club/bars…

        Natürlich nicht in den Technoschuppen Hive, Zukunft, Gold usw.

        war vor kurzem in der Stubä und Skor hat den classic hip hop aufgelegt…einer der besten Abende seit Jahren…wusste gar nicht wie geil das immer noch ist, nach all den Jahres der elektronischen Musik…

    • tststs sagt:

      „dass der 90er Jahre Hip Hop…“ Ja weisch, es strömt jetzt die erste Generation in die Clubs, für welche dies als „retro“ gilt…

  • Simon Pushkin sagt:

    Der Vorteil an Clubs wie dem WOW Club ist, dass die Leute, die sie anziehen, dann nicht in anderen Clubs anzutreffen sind. Schlussendlich möchte man ja unter seinesgleichen feiern.

    • Marco sagt:

      Schön gesagt. So handle ich Fr/Sa wenn ich in den Ausgang will.
      Gegenden wie die Langstrasse sind dann Tabu. Kann ich ja gleich in den Aargau ziehen.

  • A.K. sagt:

    Herr Flach ich bin beeindruckt von Ihrer Selbstreflexion und der Lobeshymne „Leben und Leben lassen“, die eine liberale und offene Lebenskultur propagiert! Vielfalt ist die treibende Kraft fūr eine spannende und aufregende Entwicklung…besonders im Nightlife sollte sich die kreative Schaffenskraft auch im Geiste entfalten, indem man Neuem und Anderartigem mit Neugier anstelle Ablehnung aus Ūberforderung heraus begegnet. Danke fūr den inspirierenden Vorsatz !

  • Aaron Morgenstern sagt:

    Völlig einverstanden. Guten Rutsch! 🙂

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