Die frohe Botschaft
Grenzwachkorps, Dienstagmorgen, Büro 404
Beamter 1: «Du, Heiri, was ist jetzt mit dieser Gruppe, die wir heute Nacht aufgegriffen haben? Woher kommen die?»
Beamter 2: «Naher Osten. Hatten keine Papiere. Behaupten, sie wären verfolgte Juden. Aber einer lügt ganz bestimmt. Der Schwarze kommt sicher aus Eritrea oder Nigeria, obwohl er ziemlich teuer angezogen ist.»
Beamter 1: «Hm, die sind zu Fuss gekommen, hatten sogar einen Esel dabei, steht hier. Dann ist es einfach: Zurück ins Schengen-Einreiseland, wahrscheinlich Italien.»
Beamter 2: «Oh, oh, da müssen wir vorsichtig sein. Die Frau ist schwanger. Das letzte Mal als wir eine schwangere Frau nach Italien abgeschoben haben, gabs Komplikationen. Der Chef will nicht schon wieder seinen Namen in der Presse lesen.»
Beamter 1: «Also nicht nach Italien. Hm. He, die haben ja nicht mal den Asylantrag verlangt. Was denken die sich?»
Beamter 2: «Ja, der Mann der Schwangeren meinte, er könne arbeiten. Er sei Zimmermmann.»
Beamter 1: «Hm, Zimmermann. Gar nicht schlecht, Handwerker sind immer gesucht. Schau mal nach, ob das Kontingent der holzverarbeitenden Industrie schon ausgeschöpft ist. Wenn nicht, ruf da an und sag ihnen, sie können einen abholen.»
Beamter 2: «Mach ich. Aber was machen wir mit der Frau? Seit der MEI gibts keinen Familiennachzug mehr.»
Beamter 1: «Die soll Asyl beantragen. Schliesslich hat sie behauptet, ihr ungeborenes Kind sei in Gefahr. Dann können die im Asylwesen klären, ob es wirklich einen «Herodes» gibt, der irgendwo im nahen Osten Kinder umbringt. Kann man ja sicher googeln, Youtubefilmchen und so. Die finden dann schon einen Platz für die. Offenbar ist ihr Mann sowieso nicht der Vater des Kindes. Kann uns also niemand vorwerfen, wir würden Familien auseinanderreissen, wenn sie sie in irgendeinem Stall in der Innerschweiz unterbringen.»
Beamter 2: «Dann haben wir noch die drei Typen, die behaupten sie seien Schafzüchter. Was machen wir mit denen?»
Beamter 1: «Haha, Bauern? Bauern können wir brauchen wie ein drittes Knie. Wir müssen ja schon unsere eigenen Bauern finanziell unterstützen. Aber wenn wir die Abklärung bis im Sommer hinauszögern, können wir sie vielleicht als billige Feldarbeiter in die Agrarwirtschaft schicken. Da haben sie einen Job und können dann selbst weiterschauen.»
Beamter 2: «Dann bleiben uns noch die drei Gutsituierten und der grosse Blonde.»
Beamter 1: «Der Blonde ist nicht mehr unser Problem. Der hat offenbar behauptet, er sei Erzengel Gabriel. Es brauchte drei Pfleger und jede Menge Beruhigungsspritzen, um ihn in die psychiatrische Uniklinik zu schaffen. Aber das sind Profis da, die werden damit schon fertig.»
Beamter 2: «Zwei von den anderen hatten wahrscheinlich Drogen dabei. Weihrauch und Myrrhe. Habs im Betäubungsmittelkompendium nicht gefunden, ist aber zur Abklärung weitergereicht. Sie behaupten, sie seien Gelehrte. Aber an unseren Unis haben wir sowieso keinen Platz mehr für ausländische Professoren. Wir schicken sie nach Deutschland. Da deren Professoren alle hier sind, sind die sicher froh um ein wenig Hirn aus dem nahen Osten.»
Beamter 1: « Dann bleibt uns nur noch einer. Was machen wir mit dem?»
Beamter 2: «Das ist einfach. Der hatte eine Menge Gold dabei. Den schicken wir einfach weiter in einen Kanton mit Pauschalbesteuerung. Dort nehmen die den mit Handkuss.»
Beamter 1: «So, fertig. War gar nicht so schwer, trotz den neuen Bestimmungen. Kafipause?»
Beamter 2: «Ja gleich, muss nur noch die Rossmetzg anrufen, damit die den Esel holen.»
14 Kommentare zu «Die frohe Botschaft»
Kaum zu glauben – aber trotzdem wahr: Das ‚Anker Kind‘ kommt wieder: ‚Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in einer Wolke mit Macht und grosser Herrlichkeit.‘ Lukas 21,27.
Genau die richtige Weihnachtsgeschichte 🙂
Sehr schön und netter Versuch. Wohl etwas zuviel Weltwoche gelesen?
Toller Text, gratulation, beste Satire!!!!
🙂
Haha, der Artikel wäre witzig, wenn 1. die Jesus-Geschichte wahr wäre (man lese http://www.carotta.de) und 2. wenn die heutigen Asylanten aus ebensolchen Gründen wie die nichtexistiernde „Jesus-Reisegruppe“ kämen.
Hm ich denke „Verfolgung“ ist genau der Grund, warum Asylsuchende hierherkommen. Wirtschaftsflüchtlinge beantragen nicht Asyl, die beantragen Pauschalbesteuerung.
Falsch; im Durchgangszentrum finden sich sehr viele Wirtschaftsflüchtlinge. Offenbar kennt sich da jemand nicht aus und weiss die vorhandenen Ressourcen zur Informationsbeschaffung nicht zu nutzen.
Sehr schöne Geschichte. Nur eine Kleinigkeit am Rande. Das mit dem Professorenjob wird in Deutschland nicht so klappen. Auf den „Stellen für Auswärtige“ sitzen schon sehr viele Schweizer. Aber das wussten Sie wahrscheinlich auch schon. Museumsdirektor geht auch nicht – auch Schweizer. Daher mein Vorschlag: Könnte man da nicht einen Austausch organisieren, etwa so wie bei Geheimagenten. Neblige Brücken über den Rhein sollten sich doch in dieser Jahreszeit finden lassen, alle hätten dann rechtzeitig ein Weihnachten zuhause und El Arbi eine neue Story.
Hahahabe mich köstlich amüsiert, Satire in Bestform!
Mein ich das nur, oder wiederholt sich der Scherz mit diesem Vergleich jedes Jahr aufs Neue?
In verschiedenen Versionen. Wenns mal nicht mehr aktuell ist, machen wir gerne Scherze über Dinge, die dann Gewissen und Einsatz erfordern.
Hahaha! Chapeau! Traditionen soll man wahren! 😉
Du, ich glaub in der Weihnachtszeit werden doch eh alle alten Hüte rezykliert. Da kommt’s jetzt auf diesen Blog-Beitrag auch nicht sooo drauf an, oder? Ich find’s gelungene Satire, danke Réda.
sehr schön – danke habe mich amüsiert