Radio 24: Erbärmliche Kampagne
Man verzeiht dem Sender Radio 24 ja viel, schliesslich ist er ein Veteran und Vorkämpfer der Schweizer Lokalradiokriege anno ’79. Aber wie Ronald Reagan oder die Weltwoche ist Radio 24 im Alter etwas senil und peinlich geworden.
In ihrer neuen Kampagne zeigt Radio 24 gleich zweimal, wie es um das eigene Image bestellt ist. «Mit em Rennvelo is Atelier» ist eine Songzeile des Zürcher Musikers Ian Contable, die die Werber des Senders für ihre Kampagne geklaut haben, notabene ohne um Erlaubnis zu fragen oder eine Quellenangabe zu machen. Das ist aber noch nicht alles. Der Song Hippiekacke wurde wahrscheinlich nicht ein einziges Mal auf dem Sender gespielt. Auch keiner der anderen Songs von Constable.
Marc Jäggi , Programmleiter von Radio 24, gegenüber Blick.ch: «Wir fanden den Satz einfach stark und er wird mit Zürich in Verbindung gebracht.» Man plane aber nicht, den Song «Hippie-Kacke» deswegen ins Programm aufzunehmen. War ja auch klar. Denn das Publikum von Radio 24 ist nicht das Publikum von Constable. Seine Songzeilen aus dem Song «Mit em Auto uf Züri» würden sie niemals zu Werbezwecken missbrauchen, weil sie damit doch die eigene Hörerschaft vor den Kopf stossen würden.
Es geht aber noch weiter: Die eigentliche Klientel scheinen die Kampagnenmacher bei den Kunden der Strichboxen in Altstetten ausgemacht zu haben. Der Slogan «I dä Verrichtigsbox go d Antänne richte» ist wohl eher auf dem Niveau des Senders. Werbung mit dem Elend der Prostitution zu machen geht irgendwie schon weit über «coole Sprüche» hinaus. Als nächstes kommt sicher sowas wie «Ad Langstrass go en Schuss setze – Das isch Züri!»
In diesem Zusammenhang zeugt der Claim «Das isch Züri» davon, dass Radio 24 eine ziemlich komische Sicht von Zürich hat. Sicher will Constable sein geistiges Eigentum nicht kommerziell genutzt in der Nähe dieses billigen Viertklässlerhumors sehen. Das Anbiedern beim Milieu und der Szene macht aus Radio 24 keinen urbanen Sender, im Gegenteil. Wenn die Leute etwas von Zürich verstehen würden, wär ihnen klar, dass man ihnen diese Slogans in der Stadt einfach wieder zurück in den Rachen stopft. Was wir hiermit getan haben. *
* Die ursprüngliche Textversion wurde um 14.56 Uhr abgeändert.
Hier, wir spielen natürlich Ian Constables Songs:
38 Kommentare zu «Radio 24: Erbärmliche Kampagne»
radio24 hat sich automatisch als drs1 und drs3 konvertiert weil viele ehemalige Mitarbeiter wo in die Zeiten von 1979 bis 2001 aus die radio24 Zeiten von roger schawinski gearbeitet haben arbeiten jetzt für drs1 und drs3
Warum schreibt ihr im Lead „würde sich im Grabe umdrehen“? Ich dachte, Schawinski lebt noch…
Schreiben wir ja gar nicht mehr. Gopf.
das kommt davon, weil Marc Jäggi ein ‚Ausländer‘ ist…
da kommt mir gerade in den sinn: eine richtige stadtzürischnure würde sowieo „mit em rÄnnvelo is atelier fahre“ sagen, resp. schreiben. da war beim texten wohl ein ostschweizer mit von der partie. und das gaaht ja gaar nööd!…:-)
fazit: ungeniert vom Constable song klauen und dann auch noch falsch schreiben: diese werbekampagne läuft definitiv unter ‚how not to‘.
Schiins soll der Flach dem Teuf… ähhh Schawinsk… ähhh Satan seine Seele verkauft haben und nun bei so einem Freitagabend-Dingens auf Radio24 mitmachen. Sagt man.
Radio 24 gehört aber Wanner und nicht Schawi.
Klar, als Badener im Exil bin ich mir dessen schon bewusst.
Wollte doch nur mal den Zensurfilter testen.
Nicht, dass es jemanden interessiert, aber trotzdem: Höre selten Radio, aber wenn dann Radio Paradise. Keine Werbung, kein Geschwafel, (meist) gute Musik.
Dear reda, also alle 25 Jahre mal MUSS ich dich einfach kritisieren. Alt-senil und peinlich ist menschlich, bei Menschen eine liebenswürdiger Zustand, hat man es doch verdient nach einem langen und harten Leben. Für einen Sender wohl ein letztes Aufbäumen um Existenz zu zeigen. Prostitution ist eine ZUNFT, wenn nicht erzwungen, und somit ich persönlich finde die ANTENNEN Werbung amüsant. Rennvelo zum Atelier ist originell verspricht es doch Bequemlichkeit und Zukunft. Nimm es mir nicht übel doch manchmal kann man den Kaffee auch aus dem tällerlii trinken……:)
Wow! Ich staune ehrfürchtig vor der hier stattgefundenen Selbstzensur. Ehrlich, war das wirklich nötig?
Ein Lichtblick war bis vor Kurzem noch SRF Virus. Da gab es auf der Seite einen Musikchat, der rege von einer communiy der Musikhörer genutzt wurde. Also mal echt direkt und demokratisch. Aber was machen die Verantwortlichen? Entfernen willkürlich über Nacht das Alleinstellungsmerkmal und treten der community in den A… Ohne Ankündigung einfach geschlossen. Dafür ist die vorherige individuelle Seite in das klassische SRF-layout übernommen worden und dient mit Twitter etc. der Selbstbeweihräucherung. Am Tag der Abschaltung gab es eine kurze Info auf der Seite, wie toll die neue wäre, dabei ist diese nur Standard. Darunter gab es aber nur positive Kommentare hinsichtlich des Chat und seines Beibehaltens, aber keinerlei Reaktion, einfach entfernt, Hörerbeteiligung nicht erwünscht.
Ist mir sowieso schleierhaft, weshalb das gebührenfinanzierte Staatsradio denselben Schrott senden muss wie die Privaten und ebenfalls im seichten Mainstream rumdümpelt. Wenn ich schon bezahle, will ich wenigstens ETWAS Qualität serviert bekommen.
Es gab mal eine Zeit, da konnte man wenigstens DRS 3 hören ohne zu verblöden. Ist aber auch schon eine Weile her.
Klar, es wäre eine Perle vor die Säue: Aber wenn ich je einen potenziellen „Züri-Hit“ gehört habe, dann „Mit em Auto…“. Witzig, eingängig und mit hohem Mitgröl-Faktor. Das Stück müsste doch bei den lokalen Radiosendern rauf und runter gespielt werden. Mit welchen Argumenten wird das nicht gemacht?
Weil man seiner Hörerschaft nicht auf die Füsse treten will?
Du meine Güte, auf wessen Geheiss hin wurde die ursprüngliche, witzige Version kastriert? Roschee himself?
Buuuh!
Ist ja schon interessant, wie schnell die Passage zu Roger Schawinski zensiert wurde. Tja, man darf halt heute niemandem mehr ans Bein pinkeln, auch wenn es berechtigt ist. Dabei müsste doch absolut unbestritten sein, dass Roger Schawinski ein grosser Selbstdarsteller ist, der sich darin auch gefällt. Ups, darf ich das hier etwa auch nicht schreiben?
Toll geschrieben. Es ist allgemein schwierig einem Sender mehr als 10 Sek. treu zu bleiben.
Die Musik ist schlecht und die Moderatoren ebenso.
Auf 3fach.ch gibt es Jugendradio (nur die Geschäftsleitung darf über 25J sein), welches nicht
konventionell ist, jedoch immer wieder musikalische Entdeckungen bietet.
Als ob die Verrichtungsboxen von Zürchern frequentiert würden…dann schon eher vom Radio 24 – Landeier Publikum.
„Mit em Auto uf Züri!“
Vielen Dank, Herr El Arbi.
Sehr schön, sehr treffend. Sogar ohne den Terminus „Sauglattismus“ zu bemühen. Kreativerguss aus der untersten Schublade, diese Kampagne! Die stammt doch wohl nicht wie der Claim „Das isch Züri“ auch von Rod? Reichlich hausbackener DIY-Trash, das Ganze. Hach, wenn doch der Constable die Pappnasen verklagen würde… Ein Tagtraum, der ist hoffentlich zu cool dafür.
jaja, radio 24 (und überhaupt die ganze regionalprivatradiosch…..weinerei) hat sich doch schon lange vom denkenden und musikliebenden bürger verabschiedet. da passt so eine (ganz mies zusammengeklaute) werbekampagne doch wirklich ganz gut! einfältigste musikauswahl, doofe regionalnews, lahmes studiogeschwätz. das ch-radioangebot ist inzwischen bis auf couleur 3 zum totalen witz geworden. siehe auch kürzlich die kritik von Kutti an srf3. ob sich daran in der nahen zukunft was ändern wird, wage ich zu bezweifeln. obermegahippie-kacke!!!
Radio 24 – biederes Radio für biedere Agglos!
Und welches Radio ist demnach für urbane Stadtzürcher gedacht?
Couleur 3 oder LoRa. Bei LoRa hört man nur die Sendungen, bei denen man die Macher persönlich kennt. 🙂
Ich für meinen Teil kenne die beiden Radiosender nur wenig oder gar nicht – gebe aber den beiden Mal eine Chance 🙂 Gut zu wissen
Diesen Kommentar lege man bitte unter der Rubrik „Wie mache ich mich als Stadtzürcher unbeliebt“ ab.
Da muss man sich doch nicht extra für anstrengen. 🙂
True! 😉
Seit wann kümmern sich Stadtzürcher um „Beliebtheit“?
Dieses Agglo-Bashing (von vermeintlichen oder tatsächlichen Stadtzürcher) ist doch das Peinlichste und Kleinlichste überhaupt. Und das sage ich als geborener und aktueller Stadtzürcher. Verfügen SIe selbst nicht über genug Identität, dass Sie sich krankhaft gegenüber anderen abgrenzen müssen? Und überhaupt: Was ist schon ein „urbaner“ Zürcher gegenüber einem urbanen Berliner, einem noch urbaneren New Yorker oder einem sogar noch urbaneren Nigerianer aus Lagos?
Und wo beginnt für Sie die Agglo? Hinter dem Letzigrund? Nach der Schlyfi? Hinter Wipkingen?
Das hat doch nichts mit Identität zu tun, wenn man Käffer wie Schlieren, Glattbrugg oder Zollikon hässlich findet 🙂 Bin in Zürich geboren und verbinde die Agglos halt mit Biederkeit à la Radio 24, Tele Züri und den ganzen Weichbechern die meine Heimatstadt nur als Arbeits-und Rummelplatz sehen.
Am besten „mitem Auto uf Züri“ und am Tele Züri Zuschauertelefon über fehlende Parkplätze und den Hafenkran wettern, das sind für mich Agglos. Die andern sind schon ok…
Das Problem kann ich nachvollziehen, gibt es aber global in allen Grossstädten, die weitsichtigen Urbanen und die provinziellen Ländler. 😉
Keine meiner Fragen beantwortet. Naja!
Im Stadtzürchergebiet existiert selbstverständlich keine Biederkeit und die von Ihnen erwähnten Programme werden durchs Band weg boykotiert? Lächerlich! Ihr szenisch-urbaner Lokalpatriotismus und die damit verbundene Überheblichkeit und Verrachtung für Anderslebende und -denkende ist nichts anderes als Chauvinismus in postmodernem Kleid. Und das verkaufen Sie dann als weltoffene Urbanität?
Wir müssen weltoffene Urbanität nicht verkaufen. Die Agglos wüssten ja nicht mal, wie man damit umgeht. chrchrchr
Ehrlich, die Agglo-Disserei ist ein Spiel, genau wie die Stadtzürcher-Disserei ein Spiel ist. Manch einer wechselt darin die Fronten, wenn er von Baden nach Tsüri zieht. Wir pöbeln auch Basler an und werden dafür von den Berglern wiederum angepöbelt. Wenn wir nicht ein wenig aufgesetzten Lokalpatriotismus hätten, wär das Leben weniger lustig.
Ich glaube Joe ist einfach bitz angepisst, weil ihn die Wohnungsmisere nach Rümlang oder was ähnlich Gruseliges gedrängt hat 🙂
„Und das sage ich als geborener und aktueller Stadtzürcher.“
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil! 😉
Geht mir genauso, Joe. Habe immer in der City gewohnt und weiss erst seit kurzem, dass mich das mit Stolz erfüllen sollte (obwohl ich von meinem Balkon aus die Zeit am Riesenzifferblatt des St. Peter ablesen kann). Das vermag der neue Mieter an der Weinbergstrasse vielleicht auch. Dort wird eine 3,5-Zimmerwohnung mit 35 (in Worten fünfunddreissig!) Quadratmetern zum Schnäppchenpreis von CHF 7000.- angeboten – inkl. 0815-Möblierung. Und nein, es scheint kein Druckfehler zu sein. Weltoffene Urbanität. Zürich scheint täglich an Charme zu verlieren.
Züri muss auch nach unten bauen, mind. 20 Stock in die Tiefe, dann läufts wieder mit den Mieten. Und Autos raus zu den Agglos.
Ja ja,isch scho guet Mike. Du chasch ja wiiterhin downtown dini leere Hülle mit Alkohol fülle… Enjoy! 😉