Gute Veranstalter gesucht!
Mit Nachtleben lässt es sich gut Geld verdienen. Nun ist also auch Felix Daetwyler vom pompösen Café Felix beim Bellevue, eigentlich ein Brunch- und Kuchenlokal, auf den Geschmack gekommen. Ein Club wird das Café Felix zwar nicht, aber künftig kann man sich dort abends Cocktails mixen lassen. Vielleicht hat sich Daetwyler von Stadtpräsidentin Corine Mauchs ergreifender Rede vom vergangenen Oktober zur Eröffnung der Ausstellung «Nacht Stadt» im Stadthaus inspirieren lassen, in der sie sich für ein lebendiges und vielseitiges Zürcher Nachtleben ausgesprochen hat: Die Rede konnte durchaus als Aufruf zu (noch) mehr Experimentierfreude verstanden werden.
Bereits zuvor wurden das vegetarische Restaurant Hiltl und die Amboss Rampe des gleichnamigen Bierbrauers mit einem Clubbing-Betrieb versehen und demnächst zieht die jüngste Generation der Hotellerie-Familie Manz (u.a. Hotel St. Gotthard an der Bahnhofstrasse) nach und schmeisst in ihrem Restaurant Dal Nastro an der Sihlporte erste Partys. Auch das Alice Choo, das an diesem Wochenende endlich eröffnen durfte, ist gemäss Mitbetreiber Dr. Wolf Wagschal ein Hybrid, der unterschiedliche Facetten der gehobenen Gastronomie abdeckt.
Es ist beeindruckend, wie viel Kreativität aktuell durch Zürichs Nächte wabert und es ist schön zu sehen, dass nun auch Macher aus anderen Gastronomie-Bereichen das Nachtleben mit nonkonformistischen Ideen bereichern. Umso erstaunlicher ist es, dass sich ein ganzer Nightlife-Berufsstand – die Verantsalter – im Dilettantismus aufzulösen droht, obschon der Bedarf an guten Leuten aus diesem Bereich grösser ist denn je.
Es gibt in dieser Stadt wohl keinen Club, der sich nicht auf der Suche nach guten Veranstaltern befindet. Gleichzeitig lassen sich die professionell agierenden Partymacher an einer Hand abzählen. Ein guter Ausrichter von public Events versteht etwas von Community-Bildung und –Bindung, verfügt über den Mut, die Sensibilität und die Kreativität, Aussergewöhnliches zu bieten, das funktioniert und über die Selbstdisziplin ein Konzept konsequent umzusetzen.
Das Gros der aktuell aktiven Veranstalter versucht jedoch einfach mal ohne vorherige Evaluation etwas, und wenn es nicht gleich mit der Umsetzung klappt, schmelzen Interesse und Einsatzwille schneller als Eis an der Sommersonne. Aufgrund dieses frappanten Mangels an guten Veranstaltern prügeln sich die Clubs um die immer selben Partymacher und greifen in ihrer Verzweiflung gar auf solche zurück, die zuvor wegen überwältigender Unfähigkeit aus anderen Locations geflogen sind. Lokale, die aus unterschiedlichen Gründen nicht über das beste Renommee verfügen, gelangen gar nicht erst an fähige Veranstalter, weil diese sich die Clubs aussuchen können mit denen sie arbeiten.
Wer etwas drauf hat und eine berufliche Zukunft im Nachtleben anvisiert, sollte nicht die Berufe Clubbetreiber oder DJ anpeilen, denn in beiden Gattungen gibt es bereits mehr als genügend fähige Leute. Als Partyveranstalter hingegen kann man es aktuell mit Talent, harter Arbeit und Zuverlässigkeit sehr weit bringen.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft.
14 Kommentare zu «Gute Veranstalter gesucht!»
Tags Cafe, abends Darkroom.
veranstalter?
Ich bin für Kreativität, Rahmen sprengen und ein gegebenes Potential voll ausschöpfen. Unter Tags ein Kaffee und kuchenprogramm und abends ein Cocktail-lets relax finde ich proper. Als gschäftlii Macher muss man immer am Ball sein und die Ader der Bedürfnisse spüren.
So frei und unkoventionell wird es wohl nie mehr werden http://thump.vice.com/de/words/a-journey-through-old-rave-clips . Neben den großartgen Videos auch ein guter wahrer Text, daraus: „Die moderen Club-Erfahrung ist—natürlich mit einigen Ausnahmen—ein Trauermarsch der Anti-Höhepunkte. Clubs zeigen dir wirklich deutlich, dass Erwartungen nur sehr selten erfüllt werden. Selbstherrliche Türsteher, exorbitant hohe Getränkepreise, schlechte Drogen, abgestandener Geruch, überfüllte Raucherecken, und eine endlose Bildersammlung von Arschlöchern im Publikum lassen deine Träume einer unvergesslichen Nacht auf dem Tanzboden zerschellen. Du gehst heim und sprichst nie wieder über den Abend.“.
Das mit dem „Schneller, höher, weiter.“ hat sicherlich seine Berechtigung, wenn man bspw. die Promo, welche das Veranstalten mit sich bringt, betrachtet. Alle Affen brüllen in den Social Media Wald und an Kreativität in der Werbung fehlt es sowieso. Klar liegt dies dann an eben diesen guten Veranstaltern. Aber dazu braucht es Kohle, ein massiges Startkapital oder ein Netzwerk, welches praktisch gratis arbeitet.
Wenn man dann den hippen DJ für €5’000 bucht, spielen neben an jene für €15’000 – am Besten gleich doppelt am selben Abend. Als Einsteiger kann dies finanziell abschreckend sein. Hinzu kommt eine Gleichgültigkeit der Clubbetreiber, welche schon genug mit den Pushen der ihre eigenen Veranstaltungen an Hut haben. Man wird im Club-Newsletter nicht berücksichtigt. Springt allem und jedem bis kurz vor der Türöffnung hinterher und bekommt Vorlagen an den Kopf geknallt, schlimmer wie von den Paragraphenreiter des Bundes. Gute Deals hin oder her. Letztenendes braucht es deine Possy, welche vorbeikommt, mit dir feiert und ein positives Word of Mouth verbreitet. Sonst guckt man den ganzen Abend bei aller Kreativität trotzdem nur noch auf den Breakeven.
Ich bin allen, die mir bzw. uns überhaupt die Chance geben zu veranstalten extrem dankbar! Es gab enorm viele grossartige und dankbare Momente – aber ein Zuckerschlecken war es keinesfalls und am Ende des Jahres bleibt eine semilegale Samstag-Nachmittags Schiffsfete als Highlight. Vielleicht will die heutige Generation einfach nur Brettspiele zelebrieren. Zukunftsbingo ahoi?
ihr letzter abschnitt trifft wohl die kern-frage.
Alex, viele Clubs haben aber auch einfach scheiss Deals, bei dennen man nur schwer Geld verdienen kann, als Veranstalter, dazu kommt das Überangebot und „Wettrüsten“ um die besten internationalen Headliner…
Selbstverständlich ist es nicht einfach als Veranstalter einen guten Job zu machen. Aber in welchem Bereich ist es das schon…. Clubs die inakzeptable Deals anbieten, werden auf längere Frist gezwungen sein umzudenken. Jedoch ändert das nichts an der Tatsache, dass es nur sehr wenige fähige Veranstalter gibt, solche, die auch mit guten Deals was langfristig Funktionierendes aufbauen können. Es ist ja nicht so, dass ALLE Clubs schlechte Deals anbieten und dennoch befinden sich praktisch alle auf einer ständigen Suche nach solide arbeitenden Veranstaltern.
Hmmmmm, liegt der Hund etwa dahingehend begraben, dass Partyveranstalter/macher keine Person, sondern eigentlich ein Kollektiv meint? Ein Kollektiv von Köpfen, in welchem jeder seine Aufgabe hat: Infrastruktur, Barbetrieb, Beschallung, Markting und Personal. Aber wer natürlich das Gefühl hat, er könne alle diese Jöbli selber erledigen… tja, das kann nur an die Wand gefahren werden…
Nicht immer: Es gibt auch Veranstalter die solo agieren.
Erfolgreich?
Selbstverständlich gibt es immer Ausnahmetalente, die die Regel bestätigen; aber meiner Erfahrung nach ist es „besser“, die einzelnen Ressorts aufzuteilen.
schlussendlich gehen ja alle bemühungen dahin, den jungen mit möglichst hippen angeboten, die kohle aus der tasche zu ziehen. „schneller, höher, weiter“ gilt auch in der party-szene. ich habe kürzlich aufgeschnappt, dass neuerdings sog. „home-partys“ organisiert werden. heisst, die privatwohnung wird zur party-zone umfunktioniert. hier sehe ich potential. auch für ältere semester, wie mich, die sich nicht in den kommerz-bummbumm begegen. ich habe auch schon eine marketing-idee. ich schmücke meinen exorzismus-keller hübsch, kleide die ganze hütte mit folie aus – und dann hossa! parallel dazu werde ich ein entsorgungs-unternehmen gründen. folie oben zusammenknoten und dann ab mit dem ganzen müll ins hagenholz. (fairerweise sollte man vorher schauen, dass sich keine partyleichen mehr darin befinden….).
Geld verdienen bedeutet immer, dass irgendjemandem „Kohle aus der Tasche gezogen wird“, aber gute Arbeit soll ja auch gut bezahlt werden. Wieso sollten Nachtlebenschaffende ihre Dienstleistung im non profit-Modus anbieten….
nein. geld verdienen bedeutet „fairer obolus für faire leistung“. hier liegt die generelle krux, volkswirtschaftlich gesehen. die gewinne werden verlagert. natürlich hat das konsumverhalten jedes einzelnen diese tendenz zu verantworten. schlussendlich bestimmen wir, was „wert hat“. das weckt begehrlichkeiten mannigfaltiger art. im guten, wie im schlechten.