Belangloses Eierschaukeln

Alle Jahre wieder dasselbe: Swiss Nightlife Awards. (Bild: usgang.ch)

Alle Jahre wieder dasselbe: Swiss Nightlife Awards. (Bild: usgang.ch)

Der nächste Swiss Nightlife Award findet am 7. Februar 2015 im Komplex 457 statt. Die veranstaltende Amiado Group, zu der unter anderem die Ausgehplattformen usgang.ch und partyguide.ch gehören, geht auf Nummer sicher und hat gegenüber der letztjährigen Ausgabe nur wenig geändert.

Die Moderation übernehmen abermals Max Loong und Zoë Torinesi, auch die fünfte Verleihung findet in Zürich statt, der «presenting partner» Carlsberg sorgt wie stets dafür, dass die Page im Konzern-gerechten Grün erstrahlt und auch an den Kategorien wurde nicht gross herumgeschraubt. Natürlich: Kontinuität ist ein Merkmal der meisten Award-Verleihungen, auch die Konzepte der Oscarverleihung und der Grammy Awards werden nicht jährlich neu erfunden.

Jedoch ist bei diesen Veranstaltungen zumeist klar, wofür die Film- und Musikschaffenden nominiert werden, denn man hat ihre Filme gesehen oder ihre Songs gehört. Die Kategorien des Swiss Nighlife Awards und auch die Listen der nominierten Partylabels, Clubs, Bars und DJs wirken hingegen beliebig: Warum soll ich beispielsweise in der Sparte «Best House DJ» für Sir Colin oder Mr. Mike stimmen? Haben die beiden im vergangenen Jahr irgendwelche überragenden Hits abgeliefert? Haben sie ein extraordinäres Set gespielt? Falls nein: Warum wurden sie nominiert?

Es müsste entweder erklärt werden, für welche Jahresverdienste sie aufgestellt wurden oder die Macher des Swiss Nightlife Awards sollten die Auswahl an Nominierten eingrenzen und nur Leute aufstellen, denen man tatsächlich ausserordentliche Leistungen im abgelaufenen Jahr zuordnen kann. Wozu zwanzig DJs in einer Kategorie nominieren, wenn man die Auswahl auf fünf Plattenleger beschränken kann, die im vergangenen Jahr tatsächlich etwas Bemerkenswertes abgeliefert haben?

Was von den Verantwortlichen des Swiss Nightlife Award hingegen sträflich vernachlässigt wird, ist das Umfeld, das eine blühende Clublandschaft erst möglich macht: Weder dem Verein Pro-Nachtleben Bern, noch der Zürcher Bar und Clubkommission (BCK) und auch nicht dem Zürcher Polizeichef Richard Wolff, der Juso Thun oder allen anderen, die in diesem Jahr Anstrengungen unternommen haben, die Rahmenbedingungen für das Nachtleben zu verbessern, werden offenbar Würdigungs-Kategorien eingeräumt. Es wäre eine schöne Geste gewesen, eine, die eventuell dafür gesorgt hätte, dass sich diese Personen und Institutionen weiterhin mit Nachdruck für die Sache einsetzen.

Dafür darf sich Sacha Winkler alias Kalabrese Hoffnungen auf den Titel als «Best Electronica DJ» machen, obschon er primär Musiker ist. Das liegt vielleicht daran, dass auch die, immer wichtiger werdende, live eingespielte Clubmusik ebenfalls nicht stattfindet. Kurzum: Die Verantwortlichen des Swiss Nightlife Awards verlegen sich auf Kategorien von der Stange, nominieren einfach nur bekannte Namen, scheuen Skandale und Provokation, verzichten auf Innovation und Kreativität und tun eigentlich alles dafür, dass der Swiss Nightlife Award nicht so recht aus der Belanglosigkeit kommt. Er ist nach wie vor nicht viel mehr als ein gefälliges Eierschaukeln für Clubschaffende, die schon immer gewusst haben, dass sie besser sind als alle anderen.

Alex-Flach1Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter Anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft.

11 Kommentare zu «Belangloses Eierschaukeln»

  • Hellish sagt:

    Ich kann mich vage an den allerersten Nightlife- oder Technoaward oder wie das Ding auch immer hiess erinnern. Das muss so um die 93 oder 94 gewesen sein, im Kongresshaus vor einem Rave. Die Zeremonie war nicht öffentlich, wir waren nur da weil wir die Deko im Chillout-Floor gemacht hatten. Gwendolin Rich moderierte und Sputnik TV filmte. DJ Gizmo gewann den Award für den besten internationalen DJ (damals war Hardcore noch fester Bestandteil der Technokultur), an mehr kann ich mich leider nicht mehr erinnern, möglicherweise gewann DJ Noise den Award für den besten CH DJ. Am Rave selber spielten Front 242 in einem Gang vor ca. 20 Nasen und man hörte den Sound von 3 verschiedenen Floors gleichzeitig. Das war die Zeit des Aufbruchs als es im Techno noch nicht in erster Linie ums Geld ging obwohl auch damals einige Leute ordentlich Cash gemacht haben. Good Times though…

  • Harry Kuntz sagt:

    geehrte Stadtblogger

    Jedes Jahr widerholt ihr euch bei diesen Anlässen; Who is who, Street Parade, Swiss Nightlife Awards. Ihr schreibt: Nächstes Jahr werden wir SICHER nicht darüber berichten, Bonzentum hier, Cüplisufferei da, nichts ist real – bin natürlich mit euch einer Meinung. Aber zu den eigenen Prinzipien sollte man schon stehen und das Thema dann im nächsten Jahr souverän ignorieren.

    Herzlichst
    Harry Kuntz

  • tststs sagt:

    Auch diese Jahr wieder muss ich darauf hinweisen:
    Dieser Award ist in sich unlogisch! Diejenigen, die auszeichnungswürdig wären, sind es eben deshalb, weil sie auf solche Auszeichnungen sch***** und einen solchen niemals annehmen würden. Er ist ein Credibility-Killer schlechthin…

  • KMS a PR sagt:

    ist so. die heutigen clubs sind „stier“ und deren betreiber frei von jeglichem idealismus. gut. die kundschaft will das teilweise so – und/oder kennt nichts anderes. ich wäre ja dafür, die geilen illegalen clubs à la daktari’s oder das wunderbare „b-flat“ wieder aufleben zu lassen; mit vergleichweise zahlbaren konsumationen und live-sound, der den begriff „musik“ noch verdient. ich bin mir ziemlich sicher, dass solche konzepte auch heute noch greifen würde. und – revolution verbindet.
    -> ali – wollen wir so etwas aufziehen!? 😉

  • Diego sagt:

    Dinge, die die Welt nicht braucht. Oder etwa doch?
    Solange die Medien (und auch der Stadtblog) solchen Bullshit wie „Who is Who“ und die ganzen Cervelat-Awards am Leben erhalten, wird es diese Inzucht Anlässe auch geben.

    Mach mir den Supervujo!

  • geezer sagt:

    das ist doch ein typisch schweizerisches problem. egal ob es fernseh-, club-, oder hiesige musik-awards, buchpreise, filmtage etc. sind: da beweihräuchern sich schon so lange die immergleichen nasen gegenseitig; das kann doch keiner mehr ernst nehmen.

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