Die erweiterte Normalität

D. macht die Welt ein Stückchen besser.

D. macht die Welt ein Stückchen besser.

Die SVP will den Ärmsten noch mehr Geld wegnehmen, viele Menschen ängstigen sich vor Fremden, die Invalidenversicherung traut nur noch den Ärzten, die kaum Rentenempfehlungen aussprechen – man könnte meinen, unsere Welt würde immer kälter. Aber das ist nur ein Teil der Realität.

Einen anderen Teil zeigt mein Göttibub D. Der kleine Bub spielt, er lacht und er geht in den Kindergarten. Und D. ist ein Downie, das heisst, er hat einen Defekt des 21. Chromosoms, medizinisch «Trisomie 21».

Als ich Kind war, kannten wir auch Kinder mit Down-Syndrom. Aber sie gingen nicht mit uns in den Kindergarten. Sie wurden sorgfältig von uns «Normalen» abgegrenzt, waren in Gruppen unterwegs und meist in Heimen untergebracht. Erwachsene fühlten sich befremdet, wenn sie ihnen begegneten, was zur Folge hatte, dass wir Kinder auch irritiert und oft gemein auf diese Kids reagierten.

Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, als «Mongo» noch ein gängiges Schimpfwort war, ausgesprochen ohne Bewusstsein. Ich erinnere mich an eine Zeit, in der Downies als Belastung galten und man sich noch nicht vorstellen konnte, dass sie einen wertvollen Beitrag an unsere Gesellschaft leisten könnten.

Also, D. hatte seine ersten Tage im Kindergarten. Seine Gschpänli haben alle Chromosomen da, wo sie hingehören. D. ist vielleicht etwas unsicher, wie immer, wenn er es mit neuen Situationen und neuen Menschen zu tun hat. Seine Gschpänli winken, machen Platz auf dem Bänkli und kichern. Mit ihm, nicht über ihn. Nach ein paar Tagen verstehen sie, dass er manchmal etwas langsamer ist, und manchmal einfach etwas sturer und eigenwilliger. Das stört sie nicht. Sie behandeln ihn wie einen kleinen Bruder. Sie übernehmen Verantwortung für ihn, er gehört dazu und er bringt seine ganz eigene Persönlichkeit in die Gruppe.

Sicher  gibt es noch immer Ewiggestrige, die den Wert des Ungewöhnlichen für unsere Gesellschaft nicht erkennen können. So forderte eine Ikone der Freidenker, Richard Dawkins, noch vor ein paar Wochen auf Twitter, man müsse Downies abtreiben (bis unmittelbar vor der Geburt!), um der Gesellschaft Leiden zu ersparen. Ich schaue also meinen Göttibub und andere Downies, die ich kenne, an, und frage mich: «Welches Leiden?» Zum Glück sterben solche Denkschulen mehr und mehr aus, da sich immer mehr vernünftige Menschen als soziale Wesen verstehen und bereit sind, den Begriff «Normalität» für sich selbst neu zu definieren.

Natürlich gibts noch immer Eltern, die Angst haben, der Unterricht ihrer Kinder könnte unter dem Aspekt leiden, dass ein Downie daran teilnimmt. Es könnte ja langsamer vorangehen, die Lernleistung der Gruppe mindern. Ja, vielleicht sogar später einen Nachteil beim Aufsaugen des Stoffs, der die Lea-Sophie oder Finn-Sven-Max ins Gymi bringen soll, bedeuten.

Das sind die Eltern, die nicht begriffen haben, dass die Anwesenheit von D., die vielleicht irgendwann mal eine Mathematikstunde verlangsamt, auch macht, dass ihre Kinder einen weiteren Horizont entwickeln können. Dass sie nicht überfordert sein werden, wenn sie später in ihrem Leben mal einem Menschen begegnen, der nicht ihren Vorstellungen entspricht. Gerade in modernen Unternehmen setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass soziale Skills in Kaderstellen oft mehr Wert haben, als ein paar Fachausweise, da sie ein gutes, produktives Arbeitsklima ermöglichen.

Also hilft D. seinen Gschpänli, ihr Verständnis von Normalität zu erweitern und soziale Skills wie Geduld, Verantwortungsgefühl und Gemeinschaftssinn zu entwickeln. Im Austausch dafür helfen sie ihm, Geduld für die Kindergärtnerin aufzubringen, die irgendwelche Kinderliedli mit ihm singen will, die er noch nicht kennt und so natürlich völlig blöd findet.

Die meisten Eltern, denen ich mit D. begegne, reagieren aber nicht mehr wie vor 25 Jahren, sondern scheinen seine spezielle Art als ganz normal zu empfinden. Seit sie in in der SRF-Doku mitbekommen haben, dass Downies ein Freibad organisieren können, seit Schauspieler von der Downie-Theatergruppe «Hora» Welttourneen bewältigen und deutsche Theaterpreise gewinnen, und vor allem, seit ihre Anne-Käthie und ihr Noa mit einem Downie aufwachsen, ist auch ihre Normalität um einen kleinen Radius grösser geworden.

D.s Geschichte zeigt, dass wir nicht bessere, sozialere Menschen sein müssen. Es reicht, wenn wir unsere Normen ab und zu überprüfen. Und wir sollten unseren Kindern die Chance geben, uns in allen Bereichen zu überholen.

48 Kommentare zu «Die erweiterte Normalität»

  • Stiggu sagt:

    Hut ab, sehr schön geschrieben!

  • irene aufderfahrt sagt:

    ich finde ein downsyndrom Kind eine Herausforderung. so wie ein asperger Kind auch, die liste ist lang. diese kinder , dann erwachsene sind in meinen augen eine Bereicherung weil sie uns konfrontieren und herausfordern über unsere grenzen zu wachsen, alles zu hinterfragen. wir sehen dingen mit ihnen welche so called, normale kinder uns nicht zeigen. es liegt an uns selber diesen Vorteil zu sehen und die Herausforderung anzunehmen. wie aber auch bei gewöhnlichen kindern ist der Time-out Faktor ein wichtiger aspekt. Eltern brauchen Auszeit und zwar für sich, wer dies nicht tut ist in null zeit total überfordert. der mensch ist viel stärker als er meint, vorausgesetzt er stellt seine bedürftnisse auch in die vorderste reihe.

  • Peter Huber sagt:

    Ich finde es schön wie viele Menschen besonders die im Artikel zitierten SVPler sich für eine warme, schöne Welt einsetzen und dies so leben und nicht nur versuchen von der Allgemeinheit zu profitieren.

    • Réda El Arbi sagt:

      Ja, gerade wenn sie sich für weniger Steuern einsetzen, dabei aber den sozial Schwächsten noch das Lebensminimum wegnehmen wollen. Fragt sich, wer da von der Allgemeinheit schmarotzt.

      • Peter Huber sagt:

        Also ich bin ein typischer SVP-Gewerbler, kleine Malerfirma mit 6 Angstellten, Mittelstand. Ich finde durch meine tägliche Arbeit von im Schnitt 10 Stunden leiste ich für die Allgemeinheit viel, erhalte entsprechend einen Durchschnittslohn. Ich stelle fest, dass seit dem zweiten Weltkrieg die Staatsquote stets wächst, ich finde dies nicht sozial. Wir haben zur Zeit hohe Steuern und Gebühren, nicht der Zehnte, sondern der Fünfzigste gebe ich ab (alle Gebühren, Vermögenssteuern etc. eingeschlossen). Wenn ich meinen Arbeitern mehr zahlen könnte, dafür nur soviel Steuern zahlen müsste wie vor 30 Jahren (da gab es z.B. noch keine Mehrwertsteuer, keien Sackgebühr, etc.) wäre ich sehr froh und fände so ein Staat viel sozialer, als ein Staat, welcher mir so viel weg nimmt.

      • Peter Huber sagt:

        und der Staat soll nicht den Menschen das Minimum wegnehmen, aber der Staat soll nicht zig Sozialbetreuer bezahlen (z.B. wären die Hagenbucher froh, wenn jeder von ihnen Fr. 2’000.00 im Jahr mehr hätte um in die Ferien gehen zu können.

      • Lena sagt:

        El Arbi, Du verlierst die Kontrolle und das Niveau deines Blogs.

        Was ist passiert, Artikel stehen 4 Tage lang verwaist da, Du bist gehässig und hast deinen feinen Humor verloren, es folgen nur noch Frontalangriffe.

        Irgendwas läuft hier schief.

        • Réda El Arbi sagt:

          Liebe Lena, ich arbeite 40 Prozent für diesen Blog. Da gibts ab und zu Zeiten, in denen er nicht nachgeführt wird.

          Was meinen feinen Humor angeht, ist der von den Themen und den Reaktionen darauf abhängig. Bei Abwertungen von Menschen mit Trisomie21, oder bei allen Stellungnahmen, die den Leuten in die Hände spielen, die Abtreibungen bis in die letzten Tage vor der Geburt propagieren, hab ich keinen Humor. Keinen feinen und keinen groben.

          Ausserdem scheinst du nicht oft hier zu sein, sonst wüsstest du, dass hier auch mal harte Diskussionen stattfinden. Schau dir mal die Posts zum Thema Religion an.

    • tststs sagt:

      Also ich verstehe überhaupt nicht, was Sie sagen wollen Herr Huber
      1. Welche „SVPler“ werden im Artikel zitiert?
      2. JEDER in der Schweiz lebende Mensch profitiert von der Allgmeinheit; ohne Allgemeinheit gäbe es die Schweiz so (mit ihren Strassen und Stromnetz) nicht. Wenn also alle nehmen, ist der entscheidende Faktor für die Grösse des Profits, wieviel man der Allgemeinheit zurückgibt… und da wären wir wieder bei Herrn El Arbis Argument, nämlich noch weniger (Steuern) zurückgeben (aber weiterhin gleich viel davon profitieren)…

      • Peter Huber sagt:

        wieso noch weniger zurückgeben … die Staatsquote wächst seit über 50 Jahren unaufhaltsam … wir zahlen zur Zeit soviel Steuern wie niemand vor uns (ich verstehe dabei unter Steuern alle Staatsabgaben, wie Mehrwertsteuer, Gebühren, Vermögenssteuer, Einkommenssteuer …). Einzelne Steuern sind in der Tat gefallen, aber die Summe aller Staatsabgaben ist so hoch wie noch nie und muss gebremst werden, damit wir nicht verarmen und damit wir weiterhin allen das Minimum geben können, weiterhin sozial seinen können. Ich will kein Sozialismus wie vielerorts auf der Welt wo es den Menschen schlecht geht. Ich will eine soziale Schweiz und die heisst für mich SVP.

        • Réda El Arbi sagt:

          Ja, schauen sie mal: Mit den Steuern und der damit geschaffenen Infrastruktur sind wir das Land mit einem der höchsten Lebensstandards geworden. Höheren Lebensstandard haben nur noch andere Europäische Länder, mit noch höheren Steuern.

          Dann finden Sie es also völlig in Ordnung, den Reichsten Steuergeschenke zu machen und den Ärmsten dafür das Lebensminimum herunterzusetzen? Haben Sie nicht manchmal das Gefühl, von Ihrer Lieblingspartei benutzt und getäuscht zu werden? Glauben Sie nicht, dass ihre Ängste vor Armut auf die Armen projeziert werden, während, die Reichen sich die Hände reiben?

  • Juerg sagt:

    So, jetz aber isch gnueg Heu dune! Lönd dem guete Ma sini Rueh! Ich wollte nur eine andere Meinung mit Ihm teilen und er hat darauf (positiv) reagiert. Alle haben ein Recht auf eine Meinung, aber oft haben viele mit ihrer Meinung nicht viel Ahnung von was sie reden… geschweige den von was zu tun ist. Wie so oft im Leben mit meiner „Mango“ Tochter: Es ist am besten man hält den Mund und tut was man für richtig hält… und nicht was (viele) mit (ihrer) Meinung mit auf den Weg geben (wollen). Nochmals, ein schönes Wochenende… vor allem an Réda El Arbi.

    • tststs sagt:

      Und das wirklich Tragische IMHO dabei: Sie Zwei sind gar nicht „anderer“ Meinung. Sie beide finden die Aufgabe eine Herkulesaufgabe; Sie beide finden, dass es andere Lebensschicksale gibt, die auch ein Steiss sind (und man kann daran wachsen oder nicht); und Sie beiden finden, dass es trotzdem lohnenswert ist…

  • tststs sagt:

    Vielleicht würde es uns helfen, wenn wir weniger in der Kategorie „normal-anormal“ und mehr „anders-anders“ denken würden… 🙂

  • Juerg sagt:

    Schön dass Sie (auch) über Downies schreiben, aber es ist leicht (nur) von draussen rein gucken! Ich bin Vater eines Downie… schon seit langer Zeit. Viel Freude, ja. Aber viel mehr Entäuschungen, Leid, Proleme, Verantwortung, Aufgaben… und dies auf Lebzeit!

    • Réda El Arbi sagt:

      Ist es nich wie mit allen Herausforderungen im Leben? Man wächst daran?

      Oder wollten Sie damit ausdrücken, dass der Aufwand sich nicht lohnt?

      • tina sagt:

        das war jetzt aber extrem überheblich. etwas respekt leuten gegenüber, die wirklich selber drin stecken, wäre schon angebracht, wenn man selber schon von aussen rein schaut und dann auch noch darüber schreibt

        • tina sagt:

          den text selber fand ich ja total schön geschrieben

        • Diego sagt:

          Ja der Reda darf das eben, denn er ist oberste Instanz in Sachen Moral und Ethik !
          Reda, der Beschützer aller Homos, Downies und unterdrückten Frauen…aber wehe einer der Beschützten teilt nicht seine Meinung…:-)

          • Réda El Arbi sagt:

            Lieber Diego, natürlich darf ich meine Meinung sagen. Ich lass ja auch deine Kommentare durch. Und nein, ich seh mich nicht als Beschützer, ehrlich.

            Ich denk nämlich nicht, dass Schwule, Downies und Frauen Beschützer brauchen, die kriegen es sehr gut selbst hin. Mein Job ist es, Typen wie dir klarzumachen, dass sie weder „Homos“ sind, noch hiflbedürftige Huschelis. Oder dass sie unser Leben bereichern, wie du oben selbst lesen kannst.

          • Heist sagt:

            Ähm Réda, was ist denn am Wort „Homo“ jetzt wieder nicht recht? Hast du da so eine Liste, welche Begriffe i.O. sind und welche nicht?
            Wenn einer von Homos redet und du automatisch nur an Schwule denkst, grenzst du die Lesben aus, imfall!

            • Réda El Arbi sagt:

              Am Besten orientierst du dich daran, wie die Leute sich selbst nennen. Da kannst du fast nicht falsch gehen, was Respekt anbelangt.

              Nur bei schwarzen US-Amerikanern würde ich vorsichtig sein. Die nennen sich gegenseitig auch ab und zu „Nigger“, aber als Weisser würde ich das lassen.

      • Damian Foros sagt:

        Dieser Kommentar von Reda El Arbi ist ziemlich daneben. Aber sowas von deplatziert. Alle paar Monate eine oder zwei Stunden mit dem Göttibub einen Sirup trinken gehen und gleich denken, man hätte Ahnung und „wächst an den Herausforderungen“. Die gucken ja nur so lustig.

        Teilweise Schwerhörigkeit oder Taubheit, immer wieder Paukenergüsse, Atemwegserkrankungen, schwaches Immunsystem, Alzheimer vor 40, erhöhte Gefahr von Epilepsie, Das ist nur eine kleine Auswahl an sehr wahrscheinlichen Erkrankungen von Trisomie21-Geschädigten.

        • Réda El Arbi sagt:

          Ja, dass weiss ich. Krebs, Autounfälle, Spielplatzunfälle, diverse andere tödliche oder stark einschränkende Krankheiten sind das Risiko bei Kindern, die nicht Trisomie 21 haben. In meiner Familie und in meinem Umfeld sind zwei Kinder ohne Trisomie21 gestorben, bevor sie das 12. Lebensjahr erreicht haben.

          Und trotzdem die Frage: Hätten sie deswegen niemals geboren werden dürfen? Das Leben gibt keine Garantien, manchmal sterben Leute, manchmal werden sie krank, bei Trisomie21 weiss man einfach schon vorher, dass die Risiken für einige Erkrankungen höher sind. Macnhmal mag man nicht mehr. Ich war bei der Geburt meines Göttibuben dabei, ich hab seine Eltern gesehen, die das erste Jahr beinahe nur im Spital verbracht haben. Ich hab die Sauerstoffflasche getragen, die er in der ersten paar Monaten brauchte.

          Und nochmals: Hätte er deswegen nicht zur Welt kommen sollen?

          • Damian Foros sagt:

            Natürlich ja. Leben. Aber sicher. Nur es ist eben nicht die Realität, wenn man einen munteren Haufen „Mongos“ im Bus sieht und denkt, ach die sind ja ganz putzig und die haben es lustig miteinander.

            Ich kann Ihnen aus meinem Arbeitsalltag etwas erzählen. Die Momente, welche niemand sieht, können bitter sein, unglaublich bitter. Sicher, Kinder sterben, sie verletzen sich auf dem Spielplatz. Aber wenn ihr Sohn mit rund 30 dement wird, dutzende Operationen hinter sich hat, von der Gesellschaft unglaublich ausgegrenzt wird, dann fliessen die Tränen täglich. Über Jahre. Die Herzen der Eltern werden durch die Gesellschaft einfach eiskalt gebrochen.

            Ihnen gestehe ich ein, dieses Thema überhaupt aufs Parkett gebracht zu haben. Das finde ich grossartig. Aber ihr Tonfall hatte auch etwas relativierendes, halb so schlimm, eigentlich ganz normal.

            Ist es nicht. Leider.

          • Francesca sagt:

            Ein Schwangerschaftsabbruch auf Grund der Diagnose Trisomie 21 kann für die Frau/das Paar äusserst belastend sein, bedeutet es doch, eine ursprünglich gewünschte Schwangerschaft abzubrechen – da macht die Seele einfach nicht mit.
            Zudem liegt der Befund oft erst gegen Ende des 5. Schwangerschaftsmonats vor. Ein Abbruch nach der 14. Schwangerschaftswoche ist eine eingeleitete Geburt. Sie wird durch wehenauslösende Medikamente in Gang gesetzt und kann Stunden, manchmal Tage dauern. Ein traumatisches Erlebnis für die Frau.

      • Juerg sagt:

        Easy peasy! Bestimmt gibt es viele Herausforderunge im Leben… und wachsen tut man (manchmal) auch. Aber es gibt Herausvorderungen denen man nicht (immer) gewachsen ist – obwohl man es (immer) versucht. Immer wider aufstehen ist nicht (immer) leicht, obwohl sich der Aufwand (meistens) lohnt. Was ich ausdrücken wollte ist dass es „Mongo“ (immer) noch gibt und (immer) geben wird. Doch es kommt der Zeitpunkt wo man einsehen muss dass wir nicht alle gleich sind. Ich bin gewachsen und der Aufwand (für meine Tochter) lohnt sich IMMER. Die (meisten) anderen kümmert dies jedoch einen Dreck.
        Bitte es mir nicht übel nehmen dass ich einfach meinen Chropf (etwas) leeren wollte. Artikel wie der (die) von Ihnen sind wichtig und Sie haben eine ganz besonders tolle Weise zu tun wass Sie tun. Nur eben: Das Wasser fliesst auch bergauf!

        • Réda El Arbi sagt:

          Nein, das verstehe ich. Und ich habe grossen Respekt vor allen, die sich dieser Aufgabe stellen. Und ich kann nachvollziehen, dass man macnhmal einfach nur weinen und die Decke über den Kopf ziehen möchte.

          Vielleicht hab ich so empfindlich reagiert, weil ich vor einigen Tagen an einem Vortrag von Dawkins war und dort einige Leute getroffen hab, die sich in ihrer Meinung kaum noch von den Eugenikern unterschieden haben. Da bin ich wohl etwas arg empfindlich.

          Schönes Wochenende.

  • hans sagt:

    als iv-rentner kann ich herrn el arbi nur gratulieren zu diesem artikel! weiter so!

  • Mike sagt:

    Was genau ist an „Downie“ besser als an „Mongo“?
    Hätte ich den Begriff nicht zum ersten Mal hier von einem politisch korrekten Hüter der Moral gelesen, hätte ich angenommen das sei genauso ein Schimpfwort wie Möngi, welches übrigens immer noch sehr weit verbreitet ist in der Umgangssprache.

    • Réda El Arbi sagt:

      Nun ja, Downie ist die wertefreie Selbstbezeichnung dieser Menschen. So nennen sie sich. „Mongo“ ist ein Schimpfwort. Nur weil Sie den Unterschied (noch) nicht kennen, heisst das nicht, dass er nicht besteht. Es zeigt nur, dass offensichtlich noch viel Aufklärungsarbeit nötig ist.

      • tina sagt:

        er hats halt noch nie gehört. dann klärs doch einfach auf, erklär den unterschied und freu dich dass einer mehr etwas mehr bescheid weiss

      • tststs sagt:

        Bin zuerst auch ab dem Begriff erschrocken (vorallem da ich vor nicht allzu langer Zeit auch eine Abkürzung benutzt habe, die überhaupt nicht gut ankam); aber nach kurzer Internetrecherche war ich beruhigt, zb:
        http://www.downsyndromblog.de/mongoloid-downie-triso-und-andere-politisch-unkorrekte-bezeichnungen/

        Was mich aber etwas stört: „Downie ist die wertefreie Selbstbezeichnung dieser Menschen.“ Na wohl kaum! Es ist sicher eine Bezeichnung, die von aussen kommt (wenn auch „zurecht“ und von direkt Involvierten). Uuuund es steht doch irgendwie fundamental im Konflikt mit dem Kerngedanken des Blogs. Wieso brauchen sie eine Extrabezeichnung? Sollten sie sich nicht auch in erster Linie als Menschen bezeichnen?
        (Ausser natürlich es geht in einer bestimmten Situation darum, den Unterschied herauszustreichen; so wie ich mich zB mal als Blondi, Studi, Ömi oder Blödi bezeichne….)

        • Réda El Arbi sagt:

          Wenn jemand nach der Art der Behinderung fragt, oder wenn jemand zum Beispiel bei Theater Hora nachfragt, kriegt er von Downies und Angehörigen von Menschen mit Trisomie21 „Downie“ zu hören. Vielleicht kam die Bezeichnung irgendwann mal von aussen. Nun wird sie aber mit einer Selbstverständlichkeit getragen, die ich nicht in Frage stelle. Es ist ihre Bezeichnung für ihre Besonderheit.

          • hans sagt:

            @tststs: gleichheit heisst gleichheit als andersheit. alles ist anders und darin gleich. als schizophrenkranker bezeichne ich mich selber als handicapiert oder beeinträchtigt, „iv-rentner“ u.a. empfinde ich eigentlich als diskriminierend/schimpfwort. wie el arbi gesagt hat, wenn sie wissen wollen, ob ein begriff diskrimierend ist, müssen sie diejenigen fragen, die davon betroffen sind, und nicht die, die den begriff verwenden. die beeinträchtigten erklären ihnen auch, wie sie sich selbst nennen, und sie beissen auch nicht :-). auch bei den psychisch beeinträchtigten bildet sich immer mehr eine community heraus, das ist gut so.

            allein das el arbi dawkins und solche leute genannt hat, dafür hat er viele sympathiepunkte von mir bekommen, wie für den ganzen artikel. Zitat:“…um der Gesellschaft Leiden zu ersparen“. Im faschismus gabs die sache genannt „aktion t4“ auch bekannt als „aktion gnadentod“.

          • tststs sagt:

            Ja eh, ich bin ja nur wieder mal am Tüpflischiiiiisse.
            Aber das Grundproblem bleibt: Wie soll man sie in die Gesellschaft integrieren, als gleichwertig betrachten, wenn schon in der Bezeichnung das Besondere mitschwingt? (Ich mein, wir bringen den anderen Kids auch nicht bei, dass sie sich „Normalos“ nennen sollen… ) Wenn man jemanden fragt, was sie sind, sollte die erste Antwort doch lauten: „Ich bin ein Mensch.“

          • Heist sagt:

            Jede Wette, der Begriff „Downie“ gilt in Kürze als politisch inkorrekt…

            • Réda El Arbi sagt:

              Hast du auch andere Probleme, als am politisch Korrekten rumzumäkeln. Du bist sicher auch einer von denen, die „Gutmensch“ noch immer für ein Schimpfwort halten.

          • tststs sagt:

            @Heist: Dieses Problem wird auch in meinem Link angesprochen…
            @Hans: Also ich weiss nicht, ob ich mich so unklar ausgedrückt habe (oder Ihren Punkt jetzt nicht fasse), aber ich finde den Begriff keineswegs diskriminierend. Ich finde lediglich
            a) die Aussage, es sei ein…. aaaaaah jetzt ist mir effektiv gerade der 20er runter…
            Herr El-Arbi meint mit Selbstbezeichnung, eben „wie man sich selber bezeichnet“. Ich habe den Begriff – irrtümlicherweise – weitergefasst verstanden, im Sinne von „sie sind selber auf die Idee dieser Bezeichnung gekommen“… aber ja klar, es ist völlig ok, dass sie sich selber so bezeichnen (und es ist schliesslich und eigentich egal, wer die Bezeichnung zum ersten Mal gebraucht hat)
            b) auch wenn der Begriff völlig ok und p.c. ist, dass es eben der Integration nicht förderlich ist, DASS es einen Extrabegriff gibt (also gelled Sie, auf einem völlig abgehobenen, theoretischen Diskussionslevel)

            Auch Ihre Aussage „wenn sie wissen wollen, ob ein begriff diskrimierend ist, müssen sie diejenigen fragen, die davon betroffen sind, und nicht die, die den begriff verwenden“ könnte man auf diesem Level durchaus diskutieren… ich mein so von wegen Menschen beeinflussen und so…

            • Réda El Arbi sagt:

              Es gibt auch Begriffe für Frauen mit hellen Haaren, Menschen mit grösserem Leibesumfang etc. Manche sind wertend manche nicht. Ich denke schon, dass wir alle gleichwertig sind, deshalb müssen wir nicht gleich sein.

          • hans sagt:

            @tststs: ich habe es schon mal gesagt in diesem blog, man muss aufpassen, wenn sich kategorien des denkens mit der empirie verschränken. ihr beispiel „mensch“ ist schwierig, weil es ein allgemeinbegriff ist, selbst wenn sie ihn subjektiv-singular verwenden. daher: bezogen auf andersheit gibt es nicht nur die logische kategorie des entweder-oder. als beispiel: ich habe kein problem anders zu sein, aber deswegen, wegen einem entweder-oder, gibt es ja nicht nur die möglichkeit, mich entweder vollumfänglich total zu mögen (bspw. ich bin absolut gleich), oder, wie die rechtsbürgelichen, mich total auszugrenzen als absolut nicht gleich. das wäre ein schwarz-weiss-denken in die vielfältigkeit der empirie getrieben und ist falsch. es gibt bspw. auch die möglichkeit, dass man meine andersheit akzeptiert, ohne dass ich gleich sein muss, aber ohne wie die rechtsbürgelichen, dass man mich diskriminiert. das nennt man widerspruchstoleranz. dann gibt es auch feinheiten im diskurs auch bezogen auf community: ich nenne mich manchmal selber „kaputter schizophrener“ oder „kaputter iv-rentner“ u.a. aus verschiedenen gründen, habe aber ein problem, wenn mich ein nicht-iv-rentner so nennt. ich habe in meinem umfeld andere wie ich, wir benennen uns selber manchmal wie gesagt negativ, das ist beispielsweise eine leidverarbeitungsstrategie bezogen auf das leid, das man durch die gesellschaft erfährt bspw. durch diskriminierung u.a.. ich tue es manchmal, andere wie ich auch, andere wie ich nicht, aber andere die nicht so sind wie ich geht nicht, wenn sie mich so nennen. man nennt das bspw. „sprechakte“, das heisst, es geht weniger darum, was konkret gesagt wird, sondern wie man etwas sagt in welchem umfeld/kontext. die empirie ist halt vielfältig, so auch der mensch.

          • hans sagt:

            @El Arbi: „Ich denke schon, dass wir alle gleichwertig sind, deshalb müssen wir nicht gleich sein.“ Genau auf den Punkt gebracht, da schliesse ich mich an. 🙂

          • tststs sagt:

            Sorry, die herren, ich fühle mich gerade in eine Ecke gedrängt, in die ich nicht hin will… es gibt einen Grund, weshalb ich das Wort „gleichwertig“ benutze, und eben nicht „gleich sein“… und was Sie mit Empirie meinen, ist mir auch nicht so ganz klar, Hans, auch der Gedanke ums „schwarz-weiss-denken“ ist mir unklar… Sorry, würde wirklich gerne antworten…

  • geezer sagt:

    sehr guter blog! ich habe in meiner verwandtschaft auch personen mit geistiger und körperlicher behinderungen. so habe ich als kind schon gelernt, dass man rücksicht nehmen und helfen muss und dass es leute gibt, die sich in einer ganz anderen welt als der meinen zurechtfinden müssen.

    eigentlich müsste das im karriereplan von managern ein pflichtkurs sein: mindestens eine woche mit geistig und körperlich behinderten personen zu arbeiten. da lernt man was fürs leben. es ist gut zu sehen, dass die öffentlichkeit bei diesem thema immer weniger berührungsängste hat. wenn ich meinen körperlich-geistig behinderten schwager in kopenhagen besuche bin ich jedes mal erstaunt, wie locker und nett z. b. das dänische öv- oder restaurant-personal mit ihm umgeht. ich denke, dass wird hierzulande in ein paar jahren sicherlich auch so sein. wir sind auf dem richtigen weg.

  • Frank sagt:

    Hallo Réda
    Endlich wieder mal ein richtig guter Artikel. Vielen Dank dafür. Sehr erfrischend wieder mal über ein anderes Thema zu lesen als über Szenis, Hipster, Velofahren und alles was deiner Meinung die Zürcher sein wollen, nie können, aber gerne möchten oder so. Lebe auch in der Stadt und gehe auch am Abend weg, aber fühle mich bei diesen Artikel nie angesprochen. Es sind also doch nicht alle gleich und ich bin froh darum 😉 Lese den Blog seit dem Artikel über den Besuch beim ICF. Der war grandios geschrieben – ich mag die subtile Melancholie, welche teilweise mitschwingt. Auch deine Selbstversuche waren legendär und besser geschrieben. Bitte mehr davon falls möglich und etwas weniger über ausgelutschte Themen wie Telefonieren im Tram oder wo es einen guten Kaffee gibt.
    PS: Der kleine Knopf auf dem Bild ist absolut süss.

  • Philipp Rittermann sagt:

    die lebensfreude wird oft von den „normalen“ selbst in den senkel gestellt. menschen mit chromosom-defekt leben uns oft vor, was wir in unserer selbstverständlichkeit verlernt haben.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.