Der Fluch der Promi-DJs
Oliver Pocher war am Samstag im Club Escherwyss beim gleichnamigen Platz. Nicht als Gast, sondern als DJ. Sonst waren nicht allzu viele da: Auf den Fotos der Tilllate-Strecke bemühen sich zwar alle Abgelichteten darum, euphorisch auszusehen, da man aber auf den Bildern viel Boden sieht, war es wohl eine dieser Partys, die man mit verdattertem Gesichtsausdruck betritt, nur um sie kurz darauf mit einem enttäuschten wieder zu verlassen.
Heute Montagabend spielt Pocher im Bierkönig am Ballermann auf Mallorca, also in einem Lokal, das seiner Attitüde eher entspricht als das Escherwyss, auch wenn der Zürcher Club nicht eben als Humus für hörenswerte DJ-Sets gilt. Vielleicht beschwert sich Pocher heute Abend im Bierkönig wegen des lauen Publikumszuspruchs über das langweilige Schweizer Ausgehvolk, das nicht wisse wie man richtig feiert.
Auch Micaela Schäfer, gemäss Homepage Model, «DJane, Celebrity» aber allem anderen voran doch eher Exhibitionistin, dürfte keine allzu hohe Meinung vom Schweizer Club-Publikum haben: Auch ihre Sets wurden meist nur mässig besucht und ihre verstörend miesen DJ-Skillz haben jeweils der Stimmung den Rest gegeben. Pocher und Schäfer sind nur zwei Exemplare aus einer wachsenden Reihe Promis, die sich den Beruf des DJs als zweites Karriere-Standbein erwählt haben. Paris Hilton (Tochter und Geschäftsfrau), Noah Becker (Sohn und Modedesigner) und Georgina Fleur (Dschungelcamperin) zählen ebenfalls dazu.
Auch Giulia Siegel, die Tochter von Ralph Siegel, terrorisiert das Volk seit vielen Jahren mit ihren Turntable-Versuchen und in dieser ganzen Zeit hat sie nicht gelernt, dass der Berufsstand des Discjockeys auf musikalisch anspruchsvolle Weise interpretiert werden kann. Ob Hilton, Pocher oder Schäfer: Sie alle sehen die Plattenlegerei als willkommenen Zusatzverdienst. Dass sie mit ihrem Tun dafür sorgen, dass dem DJing der Status einer allgemein anerkannten Berufs- oder gar Kunstform noch immer verwehrt bleibt, dürfte ihnen egal sein.
Selbstverständlich gibt es auch unendlich viele angestammte DJs, die ihren Job mehr der angenehmen Begleiterscheinungen wie Gratisdrinks wegen ausüben als um der Musik willen. Jedoch sind es Pocher, Schäfer und Konsorten, die auflegenderweise in den Peoplemagazinen landen und die dem Beruf DJ die Reputation nachhaltig sabotieren. Zwar regt sich in den sozialen Medien sporadisch Widerstand gegen die Turntable-Sternchen. Ein hoffnungsloses Aufmüpfen, solange Veranstalter wie die Macher der «Welcome To The Late Night Show»-Party im Escherwyss existieren, die ihrem Publikum lieber einen (leidlich) prominenten Namen servieren als einen guten DJ zu recherchieren, dessen Sound perfekt zur Party passt.
Sollte jemand heute Abend im Bierkönig auf Malle weilen und dabei mitkriegen, wie Pocher über die Schweizer Clubber herzieht, der soll ihm doch bitte ausrichten, dass hier halt anlässlich seines Street Parade-Auftritts viele mitgekriegt hätten, wie schlecht er spiele. Und dass es wohl deshalb im Escherwyss einigermassen leer gewesen sei.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter Anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft
27 Kommentare zu «Der Fluch der Promi-DJs»
Mir kam schon das kotzen, als ich auf einem Foto der Streetparade den Pocher mit Beats-Kopfhörern sah. Douchebag-Kopfhörer für einen Douchebag.
DJs sind nur dann als Berufsform akzeptiert, wenn sie auch eigenständig Musik produzieren können (remixen gehört nicht dazu)!
jeder will geld verdienen. wenn der background dann schon leicht bekannt aufgeschwollen ist, ist das um vieles einfacher. wie dann die DJ sich aufruesten aeusserlich, oder eben nicht, das haengt alleine mit der persoenlichkeit zusammen und ob das wahrliche koennen in diesem fall die musik auflegen vorhanden ist oder das das ablenken der visualitaet das hoergefuehl betruegen sollte….
ist nicht xenia tchoumitcheva auch dj(ane)? und wenn ich gleich dabei bin, ich bin eigentlich auch dj – halt nicht von beruf (habe sogar zwei plattenteller zuhaus [halt keine MK2s] sowie ein stapelchen platten). wenn ich zwei 80’s hits nacheinander spiele, und im richtigen moment den fader rüberschiebe, kann ich in jedem singsaal auflegen. im grunde genommen ist es nicht anders wie früher, wenn man für das mädel in der linken reihe ganz hinten ein kuschelrock-tape aufgenommen und in der pause zusammen mit einem ‚ja, nein, vielleicht‘ zettelchen zugesteckt hat. gut, wenn man es schafft zwei tracks mit einigermassen unterschiedlichen bpm mithilfe pitch-shifter vierviertel oder wasauchimmer für takt ineinander (‚unhörbar‘ für den zuhörer) übergehen zu lassen, und in den richtigen momenten bass/trebles in die richtige richtung drehen kann dass es solche tolle ‚hohlklänge‘ gibt (menschen mit plattenteller & mischpult zuhause haben wohl eine gute vermutung was ich meine), chapeau – ob jetzt das deep house, happy trance, ambient dub oder stoner doom ist. insofern stimme ich mit alex flach überein – die dj pochers, schäfers, tchoumitchevas etc. haben keinen besonders tollen guten auf den ruf des djs (ein kumpel von mir hat auch ne weile lang tatsächlich vom auflegen leben können – irgendwann später aber nicht mehr, obwohl andere djs vielleicht weiterhin bootlegs von seinen lives oder eigenproduktionen auflegten). trotz allem respekt, djs legen (vorwiegend) musik welche von anderen leuten kreiert wurde auf. ist natürlich auch eine kunst. etwas schade finde ich aber, wenn die djs (wie alex flach sagt) CHF 1000/std verdienen, mit tracks wofür andere tage oder wochen gebraucht haben um sie zu produzieren (und wofür sie selber meistens nur den ladenpreis, so 20 hämmer für ne 12er single bezahlt haben. djs verdienen oft mehr als musiker. anyway hat hat alex flach nichtsdestotrotz recht, mit dem was er sagt, denn wie man vermutlich merkt, habe ich keinen extreeem grossen dünken von djs (obwohl ich ricardo villalobos und funkmaster flex auch super finde). ein dj ist kein messias – auch dj antoine nicht (auch wenn es manchmal den anschein machen würde) – und wenn sogar pochers, hiltons usw. sich den prefix annähen können…tja wo kämen (kommen) wir dann hin? schauen wirs mal an wie die evangelien: jesus kreierte die musik – markus, lukas, matthäus usw. legten die tracks auf und machten mixtapes. und wenn jetzt benny hill, keanu reeves christoph mörgeli und viele andere unchristliche prominente ihre eigene tapes aufnehmen würden (nicht weil sies nicht können, sondern einfach weil sies machen), würde die evangelien (nicht die tracks, sondern die jeweiligen mixes) irgendwann kein hund mehr cool finden. „das evangelium nach michaela schäfer“ – würdet ihr das ernst nehmen? das hat aber nichts direktes mit der person michaela schäfer zu tun. dj antoine ist auch ein gutaussehender geselle, aber wenn er jetzt katholischer pfarrer werden würde, wäre ich eventuell nicht unbedingt sofort fan von ihm, auch wenn ich seine mixtapes toll fände. eine grosse ausnahme hingegen ist natürlich al green: für ein al green mixtape oder gig würde ich mein neues testament verkaufen – und an der energy auflegen, egal was alle sagen.
Neues Testament bekommt man aber geschenkt, da gibts nicht viel für.
Es liegt allein bei den Veranstaltern, da diese pro Abend-Session sehr viel Geld an die DJ’s bezahlen. Wundern muss man sich nur darüber, dass sie solche Me-too-DJ’s aus der Pseudo-Promi-Welt (u.a. auch CH Ex. Missen CH) engagieren. Anscheinend geht die Rechnung auf, weil sich damit genügend zahlendes und „einfältiges“ promigeiles Publikum findet die sich so genannte Promis als DJ’s anhören wollen.
common, thats showbusiness!!! Dont be so mean!!!
Was würdest Du tun, wenn DU unbedingt ins Gespräch kommen must, sowie Geld auf dieser Stufe verdienen must, bevor Du Harz 4 oder sonst was bekommst!! Dir Marktwirtschaft ist einfach, wenn danach bedarf ist…!! Vielleicht erhalten wir bald neben den lächerlichen sing shows, or talent shows eine art DJ show…? 😉
Der Ruf des DJs ist schon lange zerstört worden, seit nicht mehr gescratcht wird und nur noch billige mixes (keine blends usw.) und die Top-40 (jeglicher Musik-Richtung inkl. Sub-Genres) als tracklisting fungiert. What is a DJ if he can’t Scratch? Nothing
ich verstehe nicht viel von djing. aber zum scratchen braucht es doch platten, die es eigentlich nicht mehr gibt, wenn man als dj scratcht, handelt man sich dann nicht den ruf des altbackenen ein? scratchen könnte man vielleicht auch digital erzeugen, sozusagen als imitate? tut man das? wäre vielleicht noch cool? ich verstehe aber zugegebenrmassen nicht viel davon.
Ich habe es letztens hingekriegt mit einem Pioneer CDJ versucht zu „scratchen“ es geht 🙂 Du kannst aber mit jedem halbwegs intelligenten Controller (MIDI, oder sonst was) „scratchen“, du musst nur die richtigen Sounds/Geräusche dafür haben.
Who cares? Wer dort hin geht ist eh selbst schuld. Schäfer, Pocher & Konsorten ruinieren den «Ruf der DJ-Szene» (was genau soll das überhaupt sein?) etwa genau so fest, wie eine 5.Liga-Holzhackertruppe der «Reputation des Fussballs» schadet oder eine schlechte Liveband dem «Renomee von Konzerten» schadet. Nämlich überhaupt nicht.
Schon ein kleiner Unterschied: Wer sich etwas mit Nachtleben befasst, bei dem dürfte DJ als Beruf längst etabliert sein. Und diese Leute wissen auch, wie ein gutes Set wirklich klingt oder dass der Job nicht an den Decks aufhört sondern sehr oft im Studio weitergeht. Das Gros der Öffentlichkeit weiss das (im Ggsatz zu den Professionen Fussballer oder Musiker) aber noch immer nicht. Und was dieses Gros jeweils mitkriegt wäre dann eben dasdadada.
DJ als Beruf? Der war gut, Flach.
Also erstens „DJ als Beruf?“… wenn schon, denn schon wie Sie schreiben ist es ein Aspekt, nur vom DJing kann kaum jemand leben…
Zweitens „im Ggsatz zu den Professionen Fussballer oder Musiker“; hat hier nicht die breite Masse eben auch das Gefühl: ach ja, echli tschüttele oder chli a de Gitarre umezüpfle…mue scho en schöne Job si….“?!?
Und eben, wenn Sie gerade darauf bestehen, dass es ein Beruf ist, muss man akzeptiren, dass es auch solche gibt, die den Beruf gaaaaanz schlecht ausüben, bis hin zu denjenigen, die nur so tun als ob… (gibt es in der „normalen“ Berufswelt auch mehr als genug 😉 )
vom DJing leben längst sehr viele, auch nicht so bekannte. DJ-Gagen von 600 – 1000 chf sind auch bei guten Locals Usanz ca. und weiss gott keine seltenheit. zwei bis drei Bookings pro Wochenende…. djs die das vollamtlich ausüben sind zumeist ja nicht nur plattenleger sondern auch produzenten und teils auch veranstalter, die die partys zu ihren sets gleich selbst veranstalten. und leute die ihren job nicht beherrschen gibt’s weiss gott überall. 🙂 aber dankeschön liebe tststs fürs Quod erat demonstrandum-Ball rüberspielen (siehe Post von Luca).
Also, geehrte tststs, mal Hand auf das grosse Herz. Plattenschleppen ist schon lange nicht mehr, im MacBook gibt man noch die Art der Übergänge ein und verknüpft diese Anweisung mit der MP3-Sammlung.
Wenn ein DJ heute ein Beruf sein soll, dann bin ich hochprofessioneller Excel-Benutzer.
Wenn man etwas ausschliesslich macht und dann noch genug Geld verdient um davon leben zu können… dann ist das schon ein Beruf, glaubs. Es gibt ja auch professionelle Maler und Hobbypinsler, Freizeit-Vogelkundler und Ornithologen, hoffnungsvolle Blockflötenspieler und Orchestermusiker, etc. Auch bei den DJs gibt es beide Sparten.
Jaaaa, die DJ Gögis und DJ Auf-der-Alm habe ich ganz vergessen… hihihi… aber ich glaube, die tun gemäss den „coolen DJs“ auch eher den Ruf ruinieren 😉
Und ich bin halt schon auch Hr. Flachs Meinung: Kriegt man Geld dafür, ist es der Beruf (egal ob man es als Arbeit oder als Hobby empfindet).
Und soooo einfach ist das mit dem Übergänge finden etc. auch nicht…resp. auch daran erkennt man, wer was von seinem Fach versteht und wer nicht…
„… das vollamtlich ausüben sind zumeist ja nicht nur plattenleger sondern auch produzenten und teils auch veranstalter“, genau das meinte ich mit „vom DJing kann niemand leben“ (also vom reinen Plattenauflegen), es braucht auch noch ein paar Skills in Administration und PR…
Ist ein Beruf! adam
@flach: sie müssten unterscheiden zwischen dj als beruf und dj als berufung oder so etwas
fürher hiess es „wer nichts wird, wird wirt“. heute gilt das wohl auch für dj’s. vor allem wenn man geld aber kein talent hat. ich halte mich da lieber an die innovativen und kreativen dj’s, die mit ihrer musik überzeugen und es nicht nötig haben, halbnackt hinter dem synti zu stehen.
Sie haben die olle Lacroix vergessen. Tönt nach St. Tropez, ist aber Hintermörikofen drin.
Die Tanja war glaubs immer mehr DJ als anderes, nicht?
Lacroix kann eins. Gut aussehen und im Bikini rumturnen. Der weibliche DJ Antoine quasi. Obwohl, ihn im Bikini, das können sich nur Perverse vorstellen.
Apropos…. sie links ist Dschungelcamp-Georgina… http://photos-a.ak.fbcdn.net/hphotos-ak-frc1/t1.0-0/c0.80.960.640/s720x720/578192_10150641781621423_1133357363_n.jpg
Wollen Sie mich schon am Morgen früh zum speien arnimieren?
sowas halt
http://cbs931jackfm.files.wordpress.com/2011/07/dj-kitty.jpg?w=620&h=349&crop=1
Ahhh, ich hoffe, das hinten im Bild sind die Zombies und Antoine ereilt das Los eines klassichen „Redshirts“…