Street-Parade: «Genug ist genug!»

Mitmachen darf nur noch, wer sich klar mit Trash vom Coolness-Diktat befreit.

Mitmachen darf nur noch, wer sich klar mit Trash vom Coolness-Diktat befreit.

Das kann einem die Vorfreude vermiesen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Street Parade laden deren Macher Gäste aus. «Genug ist genug», lässt sich Paul Benz aus dem Street-Parade-neben-OK zitieren. Er meint damit die Zürcher Clubbetreiber, die die Street Parade «seit Jahrzehnten schon» als zu Mainstream verunglimpften und «die sich selber für was Besseres halten». «Irgendwann platzt auch uns die Federboa», sagt das OK-Mitglied.

Dabei stand die Street Parade, ganz entgegen der Türpolitik der Zürcher Clubs, schon immer für Demokratisierung des Clublebens. «Veronika aus Sursee ist am Umzug ebenso willkommen wie der seit drei Tagen auf Speed feiernde Fredi aus Emmenbrücke», führt Benz weiter aus. Eine Million Gäste müssten es sein. Darunter macht man nichts mehr, so lautet das inoffizielle Credo der Streetparade. Bisher. Doch diese Zeiten sind vorbei.

Streitschrift aufgetaucht

«Entmachtet den Party-Adel, aber subito», heisst es in einem 250-seitigen Pamphlet, das die Macher via Rave-Forum „Happysmilelove“ veröffentlicht haben. Der Hauptpunkt darin: Es werden jene Ausgeladen, die sich Jahr für Jahr darüber beschweren, dass das Geschmacksbewusstsein am Techno-Umzug ganz genauso wie die ganzen Bier- und Monsterdrink-Dosen in die Limmat geworfen würden. Die Fronten sind mittlerweile so hart wie die Faust eines Türstehers.

In den innerstädtischen Clubs reibt man sich derweil die geröteten Augen. «Krass», sagt ein Vertreter eines Underground-Ladens, der lieber auch nachts eine Sonnenbrille trägt und somit unerkannt bleibt. Die Macher der Streetparade halten weiter drauf: «Jetzt haben wir uns jahrelang auf der Puder-Nase herumtanzen lassen von den sogenannt Coolen!» Im Pamphlet mit dem Titel «Kopf ab, Sau!» – ein Rundumschlag sondergleichen – kritisieren die Autoren auch die Einlassregeln der angesagten Clubs, über die gerade diese Woche auch in diesem Forum diskutiert wurde. Dass man sie dort nicht haben möchte, die normalen Leute, die Verkleideten, die Übergewichtigen mit den unschicklichen Manieren.

Miese DJs an die Macht!

«Pro Oben-Ohne-Omas und Gürteltier-Opas», heisst eines, am Humanismus eines Erasmus von Rotterdam (sie wissen schon, Rotterdamm) geschulte Kapitel der Kampfschrift. Unterstützung erhält die Street-Parade unter anderem von einer rechtsradikalen Eltern-Kinder-Vereinigung im Solothurnischen und von einem deutschen Promi. Der lässt per Tweet mitteilen: «Kein noch so beschissener DJ ist illegal!». Dass das OK vermehrt die Geistesverwandtschaft mit den Akteuren der französischen Revolution herausstreicht, erstaunt niemanden: «Guillotine pour Selekteure» oder «Licht in den Underground bringen» heissen die aufklärersichen Kampfansagen darin. Als Vorbild dienen unter anderem auch die Kommentarspalten der Online-Portale, wo schliesslich auch jeder sagen dürfe, was er wolle.

Kurz: Selbstverwirklicher und Individualisten, Extravertierte und Egozentriker, Coole und Engagierte bekommen ihr Fett weg. Man wolle endlich ein Zeichen setzen, bevor die westliche Welt ganz an seinen «Güllenfass hohen ästhetischen Ansprüchen zugrunde gehe», heisst es im Buch.

Clubbetreiber wehren sich im Zischtigsclub

«Die müssen ja gar nichts sagen», kontern wiederum die Zürcher Partymacher. Und berufen einen Ziischtigsclub ein mit dem Thema: «Wieviel nackte Omas mit grüner Perrücke darf man in Zeitungen noch zeigen?» Gästeliste gibt es für diesen Club keine, wodurch sich die Gegenseite schon wieder provoziert sieht: «Getraut euch bloss nicht an die Parade am Samstag, sonst werden wir euch in im  verschmutzten See entsorgen». Neutrale Beobachter beurteilen die Lage mit der nötigen Skepsis: «Die sind doch alle nicht ganz richtig im Kopf, diese Dummärsche». Eins ist klar, wir verziehen uns am Samstag irgendwohin in den Aargau.

24 Kommentare zu «Street-Parade: «Genug ist genug!»»

  • Bieronimus Hosch sagt:

    Da hat der Autor seine Feder aber mit ein paar Pillen gespitzt! Ich hoffe, die Afterparty war weniger chaotisch als dieser Text 😉

  • Michael sagt:

    1992 wurde die erste Streetparade abgehalten – das war vor 12 Jahren. Jetzt steht scheinbar der erste Generationskonflikt an, weil, kaum trocken hinter den Ohren, man keine Ommas oder Oppas mit grünen Perücken sehen will. Lustig. Sollte die Streetparade weitere 12 Jahre durchhalten, werden die Meckerer selber als Ommas und Oppas hinausgebeten.
    Alternativ empfehle ich Wacken, da spielt das Alter keine Rolle, hauptsache Headbangen !

    • andi jung sagt:

      böse zungen behaupten headbanger können nicht rechnen….

    • Samuel sagt:

      Leider zieht elektronische Musik heute viele Fans an, die die gelebte Toleranz der Anfangsjahre und Entstehungszeit, welche der Musik inhärent war/ ist, nicht erlebt und gelebt haben. Man könnte einen Grossteil dieser Klientel auch auf bräsigen Ländler-Konzerten finden. Aber die selbe Entwicklung hat man auch im Rock gesehen. Die Ideen der Pionierphasen haben meist nichts mit den späteren exzessiven kommerziellen Nutzungsphasen gemein.

    • Erich Hofstetter sagt:

      Rechnen ist Glücksache …

      • Diego sagt:

        Ich war seit min. 10 Jahren nicht mehr an der Streetparade. Also genau, ungefähr 2003 oder 04. Glaube ich..kein Plan mehr.
        Davor hatte ich auch mal 6 oder 7 Jahre Pause.
        Mein Gott war ich da Enttäuscht. Wenn man an die 90er denkt – ist das doch nur noch Kommerz und EDM Pfui Spinne!
        Sorry!
        An sich war das mal ne SUPER SACHE diese Streetparade!

      • Pringo sagt:

        Rechnen ist übergöttlich. Aus 1+1=2 kann selbst der lieboe Gott nicht 1+1=3 machen. Manche menschen allerdings schon :))

  • Romeo sagt:

    Streetparade, die Pöbelfasnacht. Ich verzieh mich aufs Land (ok, nicht grad in den Aargau).

    • Diego sagt:

      Richtig ist: Der Bauernpöbel aus den Fasnachtsregionen kommt nach Zürich um Sommerfasnacht zu feiern…
      Flucht aufs Land ist nicht nötig, einfach die City meiden und im Quartier in den Ausgang gehen. Mache ich mittlerweile jedes Wochenende so. Man ist dann unter sich, ohne störenden Pöbel.

      • Diego sagt:

        Ach jetzt ist es entlich Raus!
        Die Städter halten sich für was besseres!
        Wie lächerlich kann man eigentlich sein?
        Da gibt es offenbar keine Grenzen.

        • Da Real Diego sagt:

          Würden wir Städter jedes Wochenende über eure Dörfer herfallen, wüsstest du was ich meine…
          Deine Rechtschreibung bestätigt übrigens ein weiteres Vorurteil 🙂

  • Irene feldmann sagt:

    Also ich Verstand nur Bahnhof…..

  • KMS a PR sagt:

    jedes event, welches eine gewisse grösse erreicht hat, wird vom kommerz bestimmt. will man das nicht, macht man halt eine freak-show nur für die revoluzzer in einer blockhütte im wald. persönlich finde ich, dass die street-parade eine beleidigung für auge und ohr ist. man müsste statt des buuummbuummbummmzzzzzbbbummmzzzzüzzzz etwas ländler laufen lassen. ich würde dj „christoph b“ engagieren und alle, (also vielleicht fast….), sind happy.

  • Fabian sagt:

    lieber Réda, tolle Kolumne. Ich verstehe aber nicht ganz, was du mitteilen willst. Wer jetzt die bösen oder die guten sind, wer reinmuss und rausdarf. Etwas chaotisch das Ganze. Nur eins ist mir aufgefallen: Im Türsteher-Blog hiess es noch: Isch privat, da bestimmt der Veranstalter, wer reindarf und wer nicht. Gilt das bei der Street Parade nicht?

    • Réda El Arbi sagt:

      Natürlich ist das eine neutrale, objektive Satire. Beide sind doof. Und geschrieben hat sie David.

  • adam gretener sagt:

    Lieber Herr Flach, Du wärst ein super Redenschreiber. Du hast wirklich einen einzigartigen Stil zu schreiben.

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