Der egoistischste Suizid
«Personenunfall sorgt für Verspätungen» hiess es heute in einer Schlagzeile. «Personenunfall»ist der SBB-Euphemismus für «Selbstmord». Es waren zwei Personen, die sich unabhängig voneinander vor den Zug warfen. Früher galt mal die Regel, dass man in der Presse nicht über normale «Personenunfälle» berichtet, um keine Nachahmer zu animieren.
Nun kam die Diskussion auf, wem das Mitgefühl gehört. In meinen Augen sind Menschen, die sich vor den Zug werfen, krasse Egozentriker, die ihr eigenes Leid so sehr in den Mittelpunkt stellen, dass ihnen das Leid, dass sie in Angehörigen oder Zeugen (oder Zugführern) auslösen, egal ist. Suizid ist meistens eine egoistische Tat. Aber es gibt Unterschiede. Ob ich mir nun im Alter ein gewisses Mass an Würde erhalten möchte und mich vor Schmerzen und geistigem Verfall mit einem tödlichen Medikamentencocktail davonschleiche, oder ob ich ich mich während der Stosszeit öffentlichkeitswirksam von einem Zug zerquetschen lasse, ist nicht dasselbe.
Natürlich sind Menschen, die sich vor einen Zug werfen, krank. Trotzdem gehört mein Mitgefühl in diesem Falle den Hinterbliebenen. Ich finde es sogar gefährlich, mit zuviel Betroffenheit und Aufmerksamkeit auf solche Ereignisse zu reagieren. Wer sich vor einen Zug wirft, sucht nicht nur den Tod. Er versucht der Gesellschaft zuzuschreien: «Das habt ihr nun davon». Es ist eine Art Amoklauf, bei dem oberflächlich gesehen nur der Täter verletzt wird. Und solche Amokläufe gieren nach Aufmerksamkeit, selbst im Tod. Darum gibts auch die Nachahmer.
Aber eben: Wenn man etwas genauer hinschaut, triffts nicht nur den Selbstmörder, es gibt da zum Beispiel noch die Familie. Und eben den Lokführer. Vielleicht ein Familienvater, der dann wochen- oder monatelang nicht mehr schlafen kann, Psychopharmaka nehmen muss und unter einem Trauma leidet. Bei den Zeugen einer solchen Tat dasselbe. Wieso haben wir also nur Hass für Amokläufer die sich selbst richten, aber viel Verständnis für Leute, die ihre Umgebung auf subtilere Weise verletzten? Krank sind beide.
Mein Mitgefühl gehört also den Angehörigen. Und den Leuten, die mit ihrer Krankheit ringen – und sich Hilfe holen. Sei es beim Arzt, beim Geistlichen oder in einer Selbsthilfegruppe.
97 Kommentare zu «Der egoistischste Suizid»
Jup der Verfasser dieses Artikels hat eindeutig 0 Ahnung wie es ist Depressionen zu haben, so schlimm das man als letzten Ausweg nur noch den Tod sieht.Shame on you, wenn man keine Ahnung hat,sollte man die Klappe halten
Der Verfasser hat seobst einige Suizidversuche hinter sich.
so spricht doch nur ein… der keine Ahnung hat und nicht betroffen ist!!!!!! Schäme dich für deine Werdung
Wie kann man sich nur anmaßen zu wissen, was ein Mensch fühlt der sich vor einen Zug wirft – Unglaublich der Artikel
Nun, vielleicht fühlt sich dieser Mensch so, wie ich mich damals bei meinen Selbstmordversuchen fühlte. Einfach, ohne an die Menschen zu denken, die den Dreck aufräumen müssen.
Ich stoße etwas spät auf diese Seite, und möchte trotzdem gerne noch ein kurzes Statement dazu abgeben; leider haben bis auf ein paar wenige Leute hier kaum Ahnung was sie schreiben.( oder sie schließen von sich auf andere) Ganz besonders der Verfasser. Ich habe dieses Jahr meine geliebte Mama auf diese Weise verloren und vor 2 Jahren eine sehr gute Freundin. Beides unglaublich liebenswürdige, unegoistische und ( bis vor ihrer depression) unglaublich lebensfrohe, aufopfernde, vielgeliebte, beliebte, hilfsbereite und offene Frauen. Ich bin froh dass wir als Familie ein gutes, liebevolles, unterstützendes, verständnisvolles Netz an Menschen um uns haben die besser Verstehen. Mehr möchte ich nicht dazu sagen. Nur ein letzter Satz; sicherlich gibt es diese Suizidenten, die einsam oder wütend waren u d andere mit hineinziehen wollten; aber ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Fälle mehr der Ausnahme als der Regel entsprechen. Ich bin froh zu wissen dass oben genannte 2 Personen nicht mit diesem Moriv gehandelt hatten.
Eine Antwort:
http://unternet.ch/2014/08/13/warum-selbstmorder-die-bahn-wahlen/
Interessante Darstellung des Themas. Ein kleiner Hacken doch, es geht um verzweifelte Menschen die sich umbringen, nicht um hr. Arbi. Dieser hat jegendlich einen stein ins Rollen gebracht, zum nachdenken aufgefordert und so hatten sie Stefan die Möglichkeit ihre Version der Verständnisses zu präsentieren. Denken ist wichtig, Rechthaben nicht….
Ich will nicht „recht haben“. Ich will einer ganz offensichtlich aus persönlichen Motiven entstandenen ungeheuerliche Anschuldigung begegnen, indem ich die einfache Antwort auf die aufgeworfene Frage liefere. Mir geht es sehr wohl um die Betroffenen. Im Gegensatz zum Blog-Autor hier, der sich einfach gern selbst zuhört.
Sie haben Recht. Und ein Suizid mit einem Zug ist etwas, dass wir sicher all unseren Freunden wünschen.
Die Signalwirkung, die es auf andere Suizidale hat, ignorieren wir einfach.
Bis dahin könnem wir ja ein wenig Robin Williams verehren, dessen Filme bis gestern in der DVD-Schublade verstaubten.
Die Signalwirkung auf andere Suizidale war nicht das Thema des Beitrags. Es ging darum, warum jemand diese Art wählt. Es geht nicht darum, sie gutzuheissen, sondern die Frage zu beantworten: Wählen die den Zug, weil sie rücksichtslose Selbstdarsteller sind (Version El Arbi) oder weil es die logische, einfache Methode ist (Version Millius)? Darauf gehen Sie nicht ein, und das wird seinen Grund haben.
Filme von Robin Williams gehören übrigens nicht zu den klassischen Staubfängern, sondern sind Longseller, aber schön, dass Sie nach Depressions- und Suizid-Experte nun auch noch den Filmexperten geben.
Und was bringt uns das volle Verständniss über einen Suizid eines Menschen Stefan??? Denken sie das sie es verhindern können? Man kann präsent sein und reagieren doch das Schicksal des einzelnen können sie nicht verändern, schlussendlich muss jeder Leben wollen. Ich verstehe sehr gut das es Menschen gibt die aufgeben und nur weil wir nicht wissen was nach dem Tod passiert heißt das noch lange nicht das dies die schlechteste Lösung ist. Verluste sind für die lebenden tragisch, doch ein Leben so schmerzhaft, leer und einsam kann auch der stärkste nicht auf die Dauer aushalten.
Sorry, aber ich kann nicht reagieren auf einen Eintrag, der völlig an allem vorbeigeht, was ich geschrieben habe. Weder habe ich für Verständnis für Suizid geworben noch habe ich behauptet, es verhindern zu können noch habe ich es als schlechteste Lösung angeprangert noch sonst irgendwas von all dem, was Sie, Frau Feldmann, da schreiben.
Nachdem ich nochmals alles überlesen habe springt mir wirklich weniger das Thema des Suizides durch sich vor den Zug werfen in die Augen doch eher eine Vendetta gegen den Schreiber dieses Themas. Schade missbrauchen sie Stefan diesen Artikel nur um ihre Meinung der Dinge mit Gewalt festzuhalten!!!
Liebe Frau Feldmann, ein Dialog setzt auf beiden Seiten die Fähigkeit voraus, zu lesen, das Gelesene zu verstehen und es richtig einzuordnen. Diesbezüglich orte ich bei Ihnen einige Schwierigkeiten. Von einer „Vendetta“ kann nicht die Rede sein, und nirgends halte ich „mit Gewalt“ an meiner Meinung fest. Wenn jemand hingeht und Menschen, die mit Hilfe eines Zugs Suizid begehen, pauschal als egoistische Selbstdarsteller verunglimpft, muss es ja wohl möglich sein, darauf zu antworten. Und bis zu diesem Zeitpunkt ist der Autor eine Antwort auf meine These schuldig geblieben, dass der Zug als Suizidinstrument eine logische Wahl ist und deshalb ganz anders einzuordnen ist als von ihm geschehen. Der gute Herr El Arbi darf gerne wie von Ihnen gefordert „zum Nachdenken anregen“, aber es ist ja wohl möglich. seine Gedanken auf den Prüfstand zu stellen. Mir ist schleierhaft, was Sie eigentlich genau wollen.
Wenn man sicher gehen will, kann man sich auch mit eine 5-Tonnen-Bombe in die Luft sprengen. Kollateralschäden, auch psychischer Art zeugen in jedem Fall von krankhafter Egozentrik. Was zugegebenermassen zum Krankheitsbild suizidaler Menschen gehört. Aber erfolgreiche Suizidale zu glorifizieren, oder zu entschuldigen, ist Gift für Menschen, die mit dem Gedanken an Selbsttötung spielen. Drama ist Treibstoff für Egozentrik.
Lieber Herr millius, ich gebe es auf mich zu erklären, so wie es scheint , bin ich zu beschränkt mich diesbezüglich klar auszudrücken, in diesem Sinn alles Gute.
Ich empfinde diesen Artikel Pietät los. Man soll über das Thema Suizid in den Medien sicher schreiben und auch sprechen dürfen. Unter der Wahrung der Pietät. Nur so wie sie dieses Thema aufgerollt haben finde ich es ethisch sehr bedenklich und stellt andere gute Arbeit anderer Mitarbeiter und Ihre Arbeit infrage sowie ihre ganze Redaktion in frage.
Warum der Artikel Pietät los ist. Er erhält keinen neuen Informativen Wert. Es wurden zum Thema Suizid keine ernsthafte Recherchen gemacht oder zumindest wurden diese nicht erwähnt. Da es wahrscheinlich nicht in das Konzept gepasst hat
Menschen die einen Suizid planen sollen wenigsten schauen das unsere Züge keine Verspätung haben.
Meiner Meinung nach wirkt dies eher nach einen Erfahrungsbericht eines Egozentrischen Journalisten der nicht pünktlich nach Hause gekommen ist. Weil sein Zug Verspätung hatte. Und dies ganz ehrlich ist ein Luxus Dilemma. Ist es nicht so?
Ach Gottchen. „Es wurden zum Thema Suizid keine ernsthafte Recherchen gemacht“ – welche ernsthaften Recherchen denn bitte? Ich bin ja auch dafür, die Dinge reflektiert zu betrachten, aber manchmal, wenn auch nur manchmal, dann sind die Sachen ganz einfach so wie sie sind, egal wie lange man noch darum herumdiskutieren will.
Pfui Réda El Arbi, ich lese ihre Blogs immer gerne und (fast) immer mit einem Schmunzeln. Diesmal aber haben Sie sich vergriffen, ich habe das Gefühl, dass DIESES Thema ganz einfach nicht zum Pragmatiker Réda El Arbi passt. Denn da gibt es kein vordergründig klares Gut und Böse, kein Schwarz und Weiss, jeweils mit einem ironischen Augenzwinkern versehen selbstverständlich, wie etwa bei St. Galler- und Zürcher-Bratwürsten und Hafenkran und Hafenkäse.
Und da es selbst für Psychiater und Therapeuten sehr schwierig ist, Einblick in die Psyche eines Menschen zu erhalten – viele spätere Suizidanten sind Meister im Verbergen ihrer echten Stimmungslage -.scheint mir das Thema „Suizid als Last für andere Menschen“ ganz und gar nicht TA-Blog-tauglich zu sein. Die Gefühle, Gedankengänge und Handlungen eines den eigenen Tod suchenden Menschen sind für einen gesunden und mit beiden Füssen im Alltag stehenden Bürger zu unfassbar und so gar nicht passend zu unserer disziplinierten, automatisierten,,diskreten und rundum abgesicherten Proper-Welt, wo man die Dinge aus lauter Angst vor Gesichtsverlust nicht mehr beim Namen nennt und wo der Egoismus und die Wahrung der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit um jeden Preis zum Lebensplan einer ganzen Gesellschaft gehören. Selbstmord ist ganz und gar kein natürlicher Vorgang (welches andere Säugetier bringt sich selbst um?) sondern ist immer im sozialen Kontext zu sehen und kann in der überwiegenden Mehrheit der Fälle durchaus als Anklage verstanden werden.
Lieber Adriano, ich war einer dieser suizidalen Menschen.
Lieber Reda, wenn diese Aussage mehr ist als dem Sinn nach „Ich bin ein Berliner“ – ja, dann sehe ich den ‚Suizid-Beitrag‘ jetzt mit etwas anderen Augen und staune über die mich völlig überraschende Offenheit!.
Was ich noch sagen wollte: Es bleibt ein grundlegender Unterschied, ob wir einen Mitbürger mit Schimpf und Schande belegen, weil er mitten auf dem Sechseläutenplatz seine Notdurft verrichtet oder weil dieser Mitbürger so unverfroren ist, während der Rushhour im Bahnhof Stadelhofen vor einen einfahrenden Zug zu springen und mit seiner Tat unsere ganzen ach so wichtigen Termine durcheinander zu bringen…
Reagiert doch nicht so gereizt. Immer mit der Ruhe und Sachlichkeit. Jeder hat eine Meinung. Réda hat viel Wahres geschrieben. Bahnselbstmörder sind die Selbstdarsteller-Selbstmörder, meine ich. Suizid ist an sich etwas Persönliches. Etwas Privates sollte nicht dermassen an die grosse Glocke, sorry, gehängt, werden. Ein stiller, heimlicher Suizid ist immer menschlicher und vernünftiger, welches Leid einen auch immer dazu veranlasst. Es soll sich niemand in der Öffentlichkeit umbringen. Denn das weist auf einen eher zweifelhaften Charakter hin: „Seht, was ihr alle getan habt, ich bin ja so arm dran!“
So, nun schreit los. Ihr könnt womöglich nicht anders.
Wie schrieb Réda El Arbi weiter unten:
„Gott, mir wird schlecht, wenn ich sowas lesen muss.“
Ich pflichte ihm 100 Prozent bei – allerdings auf Ihren Text bezogen.
So kann nur jemand sprechen, der absolut keine Ahnung hat und b) auch sonst ein Vollpfosten ist.
Vielleicht benötigt es auch diese Anklage: „Ihr seid schuld.“ Vielen Suiziden geht eine lange Leidensgeschichte voraus. Wenn niemand da ist und einem helfen will oder kann, wenn alle dich ausgrenzen und du der Gesellschaft grundsätzlich egal bist…dann kann ich schon verstehen, warum einzelne einem eine Sauerei hinterlassen wollen wenn sie sterben. Oft sind Freundschaften nur oberflächlich und über wirklich wichtige Dinge wird nie gesprochen oder man getraut sich gar nicht, sonst ist man im Abseits, etc. etc. Anstatt die Suizider anzuklagen, sollte sich eher die Gesellschaft fragen, warum es dann überhaupt Suizider gibt? Wenn man sieht wie Familien miteinander umgehen, Schulfreunde, Arbeitgeber, etc. und einem nur Kälte und Oberflächlichkeit entgegen weht…dann muss man sich als Gesellschaft nicht wundern, wenn hie und da jemand vor den Zug juckt.
Gott, mir wird schlecht, wenn ich sowas lesen muss.
Mir nicht.
Der Schienensuizid geschieht im Affekt und der Impulsivität; der Suizident ist in diesem Zustand nicht urteilsfähig. Dem Suizidenten pejorative Motive zu unterstellen, wäre deshalb falsch und ist eher hinderlich für eine offene Diskussion über diese Thematik.
mutig, über dieses thema seine meinung klar zu äussern. bin grundsätzlich mit dem autor einig. es ist immer sehr tragisch, wenn sich jemand für den freitod entscheidet. jedoch andere (meist völlig unbekannte) personen bewusst mit einzubeziehen ist einfach nicht in ordnung. der vergleich mit dem amokläufer stimmt in diesem zusammenhang leider schon.
Besser hätte man das ganze nicht auf den Punkt bringen können. Im Gegensatz zu anderen Kommentatoren finde ich die Sichtweise auch nicht unreflektiert oder kurzsichtig, im Gegenteil, sie trifft genau den Punkt und verzichtet auf das in solchen Diskussionen immer wieder eingesetzte Moralin.
Lieber Réda
So leid einem Menschen tun, welche sich aus unzähligen, teils nicht selbstverschuldeten Gründen überhaupt nicht mehr am Leben erfreuen können – Du hast dies hier schnörkellos auf den Punkt gebracht, grosses Dankeschön von jemandem, der selber unzählige Züge durch den Bahnhof Stadelhofen geführt hat, immer mit im Führerstand dieses mulmige Gefühl dabei…
Lieber Reda
Schlechter Text. Du hättest mehr darauf hinweisen sollen, warum sich ein Mensch das Leben nimmt. Natürlich ist es für die Mitmenschen extrem belastend.
Wie auch du bin ich der Meinung, dass der Freitod ein Recht ist.
Da der Freitod aber immer eine verzweiflungstat ist erwarte ich von dir als Experte wo man Hilfe bekommt, wie man reagieren muss wenn sich jemand über Suizidale Gedanken äussert.
Dein Artikel kann jeder schreiben. Ich mag sonst deine Art aber hier macht es nicht den Anschein, dass dieser Text von Dir geschrieben ist.
Lies meine Antworten weiter unten.
Ich finde diesen Text schlichtweg Scheisse. Bin leider nicht motiviert Gründe zu nennen.
Wir lassen das Mal so stehen. Weils so exemplarisch ist für die verletzte Selbstgerechtigkeit im Umgang mit dem Thema.
Ich finde, wer den Suizid wählt, muss das nicht smooth und ohne zu stören tun.
Suizidversuche werden oft auch als Hilferufe gesehen, von Verzweifelten, welche nicht mehr weiterwissen.
Nicht beachtet von der Gesellschaft, oft auch missachtet, misshandelt, ungerecht behandelt.
Und da sollen sie nun auf dem Weg in den Tod sogar noch schauen, dass sie ja niemanden belasten?
Keinem auf den Keks gehen? Keinem Pendler 40min Verspätung bescheren?
Ich bin im Gegenteil überrascht, dass nicht mehr Menschen mit ihrem Tod ein Statement machen wollen, eine Anklage, ein letzter Aufschrei etc.
Etwas, was mich hier oft beelendet – und bei diesem wirklich ernsten Thema noch mehr als sonst – ist, dass jeder so seinen Senf dazugibt, ohne scheinbar die bereits vorhandenen Einträge gelesen zu haben.
Hans, das haben alle hier verstanden: dass es Suizidversuche gibt, die ein Schrei nach Hilfe/Aufmerksamkeit/was-auch-immer sind; dass diese, wenn sie gerettet wurden, oft gute Leben führen; dass es ‚erfolgreiche‘ gibt, die alle Umstehenden völlig rat- und hilflos zurücklosen, die für die Hinterbliebenden lebensverändernd sind; dass es solche gibt, die im Nachhinein wie angekündigt wirken; und letztlich, dass es Suizide gibt, die geplant und folgerichtig sind, z.B. bei Krankheit und Alter.
Wie unten bereits (mehrfach) beschrieben, ist es ein Zeichen für den absoluten Tunnelblick, die absolute Verzweiflung, in der sich jemand befunden haben muss, der keinerlei Gedanken mehr an die verschwendet, die ihn aufkratzen müssen, die Eltern und Kinder und Liebsten, die zurückbleiben.
Ich betreue manchmal Menschen, die vom Suizid eines Angehörigen betroffen sind und die tiefe Fassungslosigkeit und das riesige Unverständnis, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen, vor allem aber mit den Schuldgefühlen, die oft das ganze zukünftige Leben bestimmen, sind fast unbeschreiblich. Ich habe irgendwann für mich den Schluss gezogen, dass es Dinge gibt, die wir nicht beeinflussen können, die ausserhalb unserer Kontrolle liegen, ob es uns nun passt oder nicht und auch, wenn es um Menschen geht, die uns sehr nahestehen.
Angesichts der Tatsache, dass wir keinerlei Einfluss auf jemanden haben, der wirklich nicht mehr leben will, sind ein paar Zugausfälle ein Witz. Am ehesten sind solche unsere Routine störenden Ereignisse vielleicht kleine Signale dafür, mal wieder über die Unwägbarkeiten des Lebens nachzudenken.
Die Antwort auf Ihren Post ist eigentlich ganz banal: Die allermeisten Menschen, die unglücklich, misshandelt und missachtet werden, suchen sich irgendwann Hilfe und erhalten sie auch. Die wenigen anderen, die mit ihrem Suizid ein Statement setzen wollen, kann man nur bedauern: denn weder der traumatisierte Zugführer noch die Rettungskräfte werden dieses Statement verstehen – und zurück lässt man u.U. eine Familie, die lebenslang Schuldgefühle hat und unglücklich ist – die ‚Rache aus dem Jenseits‘, wenn es das denn sein soll, misslingt also gründlich.
Carolina, besten Dank für deinen Senf.
Mich haben die Diskussionen von Reda und Gretener weiter unten abgestossen, wer nun mehr erlebt hätte und mehr Experte sei, dazu hab ich nichts zu sagen.
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Mit der Familie, der Verwandtschaft etc hat eine Person die Chance, vorher Kontakt aufzunehmen, sie kann sich würdig verabschieden (der Suizid bleibt natürlich trotzdem tragisch und traumatisch). Aber die Kritik von Reda und dir, dass man nicht gegenüber der Gesellschaft seine eigene Malaise für einen Moment sichtbar machen könne, weil diese ja auch nur aus einzelnen Menschen bestehe, denen man schaden würde, ist argumentativ schwach. Wenn einem Familienvater durch die Rechtssprechung Kinder, Hab und Gut genommen werden (ein überdurchscnittlich häufiger Fall von Suizid-Kandidaten), so verstecken sich alle Individuen, die dem Mann ‚Böses‘ antun, hinter der Rechtssprechung einer Gesellschaft. Der Richter richtet nicht als Individuum, sondern als Vertreter der Gesellschaft. Und genauso ist der Lokführer als Vertreter der Gesellschaft betroffen, und nicht als Individuum. So ein Statement eines Suizidkandidaten gegenüber der Gesellschaft hat nunmal Kollateralschäden. Die sind nicht angenehm. Aber eine Selbsttötung ists auch nicht (gleichwohl habe ich etwas mehr Achtung vor jenen Personen, die mit Würde aus dem Leben scheiden wollen).
Ihre Argumentation würde auch jemanden verteidigen, der „ein Zeichen setzen“ will und mit dem Gewehr von einem Kirchturm auf Leute schiesst.
Es ist zwar nicht mein Blog, aber Reda, sie torpedieren ihr Ziel selbst. Haben Sie mir vor ein paar Wochen selbst zu Recht angekreidet. Heute sind Sie dran.
Hans: schliesse mich REA an – das Wort ‚Kollateralschäden‘ macht mehr als klar, um was es Ihnen hier zu gehen scheint. Auf dieser Basis ist eine Diskussion wirklich völlig unmöglich.
AG: Warum genau torpediert REA sein eigenes Ziel? Ist übrigens eine ernsthafte Frage…..
Lieber Hans, ich verstehe deinen Einwand. Aber ich denke, el Arbi und ich haben uns ein Gefecht geliefert, Visier oben. Das kommt vor, und ich denke nicht, dass wir nachtragend sind. Wieso auch.
Naja Carolina. Hilfe von wem? Von einem Psychiater oder Psychologen? Das ist doch ein Witz. Jedenfalls können diese beiden nicht jedem Lebensmüden helfen, sondern können es sogar noch verschlimmern. Ausserdem sind Medikamente keine Lösung, sondern nur eine Vertuschung der wirklichen Probleme. Ohne Medis kommen die Probleme oft wieder hervor und dann noch schlimmer. In unserer Gesellschaft wird jeder mit Rückenprobleme, Skiunfall, etc. akzeptiert, aber die mit tiefsitzenden psychischen Problemen werden eher belächelt und zwar auch von Freunden, Familie, etc. Man sagt oft: „Tu doch nicht so, es kommt wieder gut.“ Dies ist aber der Faustschlag ins Gesicht wenn man so tief verzweifelt ist. Denn wie soll es gut kommen, wenn alles schwarz aussieht? Gute Ratschläge müssen mit Vorsicht gemacht werden, denn Betroffene schlagen sie schnell wieder aus und fallen noch tiefer in die Verzweiflung. In unserer Gesellschaft fehlt Liebe, Mitgefühl, Verständnis für Tickes und Störungen, Verständnis für Schwache. Schauen Sie sich mal die Blicke von Passanten an, wenn sie am Bellevue am Alkoholiker, Junkey Grüppchen vorbei laufen. Diese Blicke sagen alles und genau solche Blicke bringen Menschen auch auf Suizidgedanken. Diese Kälte die davon ausgeht. Fürchterlich. Diese Arroganz gezeigt wird und die Verachtung. Pfui. Dass man da nicht gleich wieder zur Flasche greifen muss oder vor den Zug springt…wen wundert es.
Ok, dann verteilen wir doch Schrotflinten an die Lebensmüden. Nach ihrer Logik sind andere Arten der Hilfe völlig daneben.
Lieber Réda,
zum wiederholten Mal fällt mir auf, dass du dich in deinem Blog gerne Themen widmest die im Zusammenhang mit Menschen stehen, die sich in einer komplexen oder belastenden Lebenssituation befinden.
Deine „Analysen“ sind stets sehr provokativ, teilweise auch grenzüberschreitend.
Dies ist natürlich zu einem grossen Teil weit mit dem Umstand erklärbar, dass du hohe Leserzahlen generieren willst.
Nicht weiter erstaunlich.
Grössere Irritation ruft bei mir persönlich deine Reaktion hervor, die immer dann flugs erfolgt, wenn dich jemand für deine Haltung kritisiert: Du rechtfertigst dies stets ohne zu Zögern mit deinen eigenen Erfahrungswerten.
„Ich war selber mal abhängig! Ich kenne den Platzspitz! Ich hab selber mehrere Selbstmordversuche überlebt!“
Dies ist dein Totschlag-Argument schlechthin – ganz so, als ob die steinigeren Abschnitte deines eigenen Lebensweges die absolute Legitimation für deine Weltanschauung sind.
Aber Réda: Das ist Bullshit.
Denkst du, weil ich mal drauf war habe ich fortan das Recht im Namen aller Abhängigen zu sprechen? Weil ich mal im Gefängnis war weiss ich, wie sich jeder Insasse dieser Welt fühlt? Weil ich versucht habe mir das Leben zu nehmen, kann ich exakt sagen, was sich im Kopf eines jeden Suizidalen abspielt?
Natürlich nicht: Ich habe diese Dinge durchlebt und was ich davon mitgenommen habe sind MEINE ganz persönlichen Erfahrungswerte, MEINE Gedanken, MEINE Gefühle, MEINE Schlussfolgerungen.
Und das Selbe gilt für dich, Réda – ganz egal wie viel du gesehen, gehört, oder erlebt hast: Es bleibt EIN kleiner Teil eines Grossen!
Du schreibst in deinen Artikeln häufig von Egozentrik. Vielleicht weil dies ein Thema ist, welches deinen eigenen Lebensweg stark geprägt hat – oder immer noch prägt?
Selbst wenn es so ist, dass zwei Menschen die exakt gleiche Erfahrung gemacht haben, so wird es dennoch nie Gleiche sein.
Niemand von uns hat die Wahrheit gepachtet.
Kenne das Gefühl zwischen Mitgefühl für den Suizidenten und Ärger über den nun entstandenen Stress… je nach Tagesform pendelt es in die eine oder andere Richtung…persönlicher Tiefpunkt meiner Arschlochigkeit: „Jaja, Zug isch ja scho okee, aber bitte nöd zu Stossziite, am viertelvorelfi het au no glanged“ 🙁
Selbstmord ist vielleicht kein Menschen- aber dafür ein Biologisches Recht und Krank ist ein dehnbarer Begriff. Diagnosen helfen in erster Linie den Pharmabuden, denn sobald ‚etwas‘ diagnostiziert werden kann, übernehmen die KK die Kosten. Das ist doch krank. Und sich ab 5min Verspätung aufregen ist auch krank.
es ist legitim, sich umzubringen. es ist hingegen äusserst stil- und verantwortungs-los, wenn man die auswirkungen andern überlässt.
Wem sonst?
In einem liegen Sie falsch, Réda El Arbi, und zwar mit der Aussage «Personenunfall» ist der SBB-Euphemismus für «Selbstmord». Bei einem Personenunfall wird eine Person von einem Zug überfahren. Ob es sich dabei um einen Unfall oder einen Suizid handelt, wird von der Polizei bei der nachträglichen Untersuchung festgestellt. Ein Mensch ist tot, Spekulationen sind da fehl am Platz…
Bei normalen Unfällen beeilt sich die SBB, die Sicherheitsmassnahmen am Unfallort zu kommunizieren und zu versichern, dass so etwas nicht mehr vorkommt. Bei Suiziden herrscht danach Schweigen.
Aus guten Grund, denn bei Personenunfällen liegt der Fall bei der Polizei, die SBB hat da nichts zu kommentieren. Üblicherweise wird bei anderen Unfällen kommuniziert, wenn die SUST den Fall untersucht und Empfehlungen abgegeben hat.
Bei zwei Themen verlieren Sie, lieber Reda, Überblick und Augenmass. Drogen, und wie ich gestern lernte, Suizud. Das passt nicht zu ihnen.
Beides Themen, in denen ich ùber mehr Dossiertiefe verfüge als ich irgendwem wünschen mag.
Und natürlich bin ich mit Herzblut dabei, da ich beides überlebt hab und anderen dasselbe wünsche.
Also, auf wen würden Sie hören? Auf jemanden, der ein wenig theoretisiert und sich betroffen gibt, oder auf jemanden, der den Scheiss lebend hinter sich gebracht hat?
Das erinnert mich alles an den Ex-Raucher-Effekt. Glauben Sie wirklich, von sich auf alle schliessen zu können? I don’t think so.
Ein naher Bekannter hat sich an einer Familienfeier eine Kugel durch den Kopf gejagt, vor allen Gästen. Bin ich nun ein Spezialist für Suizide? Ganz bestimmt nicht.
Sie wären ein Fachmann für Suizide, wenn Sie sich eine Kugel in den Kopf gejagt und überlebt hätten.
Nein, ich glaube, genug Menschen zu kennen (oder gekannt zu haben), die meine Einschätzung teilen. Sie muss nicht die Wahrheit sein, aber sie kommt von innerhalb der Thematik und nicht von ausserhalb.
Keiner der überlebenden Suizidalen, die ich kenne, hat die Egozentrik des eigenen Tuns geleugnet. Alle waren froh, die Krankheit soweit in den Griff bekommen zu haben, dass sie nicht mehr jeden Tag den Tod suchten. Jeder einzelne von ihnen hat gesagt, dass eines der Werkzeuge, um zu genesen, die Beobachtung der eigenen Egozentrik gewesen sei.
Sie wissen doch überhaupt nicht, wo ich überall durch ging und musste. Sie sind nicht der Einzige, der Scheisse gefressen hat. In dieser einen Geschichte hier kommen Sie ziemlich arrogant rüber.
Nein, ich weiss nicht, was Sie schon durchgemacht haben. Aber in dem Augenblick, in dem Sie aus eigener Erfahrung sprechen, glaube ich Ihnen und nehme Ihre Aussagen auch ernster, als wenn jemand theoretisch über ein Thema diskutiert.
Dass ich arrogant rüberkomme, damit muss ich wohl leben. Nur, die beiden von Ihnen angeschnittenen Themen waren ein Grossteil meines Lebens prägend. Also nahm ich für mich in Anspruch, eine Ahnung davon zu haben.
Hüstelhüstel, wenn Sie wirklich Fachmänner wären, dann wären Sie entweder
a) gerade am Behandeln Ihrer Patienten
oder
b) 3 Meter unter der Erde
„Also, auf wen würden Sie hören? Auf jemanden, der ein wenig theoretisiert und sich betroffen gibt, oder auf jemanden, der den Scheiss lebend hinter sich gebracht hat?“
Dementsprechend lautet die Antwort: auf beide!
Nun, ja, ich geb bei allen Dingen immer mehr auf die Meinung der Leute, die es durchlebt haben, als auf die Meinung der Leute, die es studiert haben. 😉 Erfahrung vs Theorie
Sie wissen hoffentlich ganz genau, dass ich Sie nicht per se für arrogant halte, nur dass Sie dieses Thema irgendwie nicht verdauen können. Hier und jetzt jedenfalls.
Mein bester Freund war HIV-Positiv und hat mich 2 Jahre lang bekniet, ihn zu töten.
Reich das als Legitimation?
Ja, das gibt Ihren Aussagen doch ein anderes Gewicht. Sie mussten sich schon mit dieser Frage auseinandersetzen. Und wenn er sie zwei Jahre gebeten hat, dann dürfte Ihnen auch der wichtige Unterschied zwischen eine akuten Verzweiflungssuizid und einem Bilanz-Suizid klar sein.
Lieber Reda, wie hätten Sie in meiner Situation reagiert?
Bei meinem Freund damals wars einfach. Er hatte eine Abmachung mit dem Arzt, der ihm zwei Medikamente verschrieb, beide für sich ungefährlich, in Kombination aber tödlich. Ich habe ihn an dem Tag, den er für sich entschieden hatte, begleitet.
Ich weiss nicht, wie ich in Ihrer Situation entschieden hätte. Aber da sich ihr Freund bereits an Sie um Hilfe gewandt hatte (auch wenn das in diesem Fall eine Belastung war), war er bereits aus seiner Isolation ausgebrochen. Vielleicht hätte ich versucht, ihm einen Weg zu zeigen, wie er seine Entscheidung selbst umsetzen könnte.
Ich hatte entschieden, mich mit der Staatsanwaltschaft anzulegen und trug ihn noch aus der gemeinsamen Wohnung. War ein Fehler.
Bei uns kam die Polizei vorbei. Der verantwortliche Beamte kannte die Geschichte und liess uns in Ruhe trauern und erledigte den Papierkram. Rechne ich ihm hoch an.
Ok, Reda. Ich denke wir sprechen auf Augenhöhe. Das ist gut.
Lieber Réda.
Ich erlaube mir eine Bemerkung zur von Dir aufgeführten „früher geltenden Regel, dass man nicht über Personenunfälle spricht“: Über Suizide mediale Beiträge zu verfassen, kann belegtermassen Nachahmerereignisse nach sich ziehen – allerdings existieren seit vielen Jahren Guidelines zum journalistischen Umgang mit dem Dilemma zwischen den Bedürfnissen des Publikums nach Information und der Gefahr, durch die Berichterstattung zur Nachahmung zu verleiten (http://www.ipsilon.ch/uploads/media/Mediaguidelines_Print_d.pdf).
Leider ist auch Dein Artikel aufgrund gewisser Aspekte in dieser Hinsicht nicht ideal, so z.B. das Bild des Bahnhof Stadelhofen oder das prominent aufgeführte Wort „Suizid“ im Titel. Erfreulich ist hingegen, dass Du den Hinweis auf Hilfsangebote machst, denn gemäss empirischen Erkenntnissen ist ein hoher Anteil der Suizidenten bei Schienensuiziden psychisch erkrankt.
Nützlich könnte auch ein Beitrag zum Thema Zivilcourage sein. Suizid ist häufig eine Kurzschlussreaktion und das simple Ansprechen von Menschen in Krisen kann Leben retten. Eine Studie zu suizidalen Menschen auf der Golden Gate Bridge in San Francisco zeigt, dass Menschen, die kurz vor dem Sprung in die Tiefe standen und angesprochen wurden, effektiv und nachhaltig vom Suizid abgehalten wurden. Von 515 Menschen vom Suizid abgehaltenen Menschen auf der Golden Gate Bridge haben sich nach 26 Jahren lediglich 4.8 % trotzdem das Leben genommen.
Man sollte nie Zweifel, Angst oder Unsicherheit haben über Themen zu schreiben welche einfach leider ein Teil unseres Lebens sind. Es ist kein verbrechen und die meisten die speziell dieses Thema aufgreifen sind genau diese Leute welche, am meisten empathatie gegenüber den Selbstmördern Haben. Viele von uns denken in einem Moment im Leben an Selbstmord, einige tun dies auch. Der Konflikt bleibt dann mit den Angehörigen, welche oft ahnungslos überascht wurden von dieser brutalen Situation. Reda spricht da von einem gewissen Egoismus auf Seiten des sich selbst getöteten, ja und nein weil, der Selbstmörder einfach nicht anderst könnte und wir müssen diese Situation annahmen, ohne eine andere Wahl zu haben, welches wiederum uns die zurückgebliebenen in 100 von gegen sich tobende Gefühle treibt.
Das soll ein Journalist verfasst haben? Absolut unqualifiziert und daneben. Einen Selbstmörder dermassen zu verunpflimpfen und dann noch der Vergleich mit einem Amoklauf. Unterstes Proletenniveau und einem Tagi unwürdig.
Das hat ein Mensch verfasst, der selbst zwei Selbstmordversuche überlebt hat (mit Glück), der seinen besten Freund in den Tod begleitete (Sterbehilfe) und der an diversen Beerdigungen von Freunden und Bekannten war, die sich ihr Leben genommen haben.
Willkommen in der Realität. Menschen, die sich umbringen, sind keine tragischen Helden. Stilisiert man sie dazu, wird die Anziehung für die Leidenden da draussen, denselben Weg zu wählen, nur grösser.
Dass der Autor genügend qualifiziert ist, beweist sich allein daran, dass er – bis auf wenige Ausnahmen – den Begriff „Suizid“ verwendet… und eben nicht von „Selbstmördern“ (eine Verunglimpfung an sich) spricht…
der schlechteste text, den herr el arbi jemals geschrieben hat. mehr gibts dazu nicht zu sagen.
Meinung ist uns stets willkommen. Natürlich wär ein Argument dazu noch hilfreich. Aber jänu.
1. ist das thema zu komplex um es auf so einem kürzesten artikel abzuhandeln, zweitens scheinen sie und andere sich lediglich die problematik vorstellen zu können unter einem dualistischen entweder-oder (wem gehört das mitgefühl? wem spende ich meine empathiemarken?), das sie dann eindimensional auf die eine seite hin entscheiden, dann bringen sie das wort amok ins spiel und vermischen es mit suizid, usw usw, und wie gesagt, dieses komplexe thema (das man wohl nicht mit dem zweihänder lösen kann) auf einen ultrakurzen text reduziert.
Ich kenne den Verfasser nicht, aber Sommer sagt das schon ganz richtig – zu diesem Text gibt’s nichts weiter zu sagen. Und, Réda El Arbi, jedes zusätzliche Wort Ihrerseits macht die Sache nur noch schlimmer…
@Réda: Sie haben geschrieben: „…Ich bin nicht grundsätzlich gegen den Freitod. Ich halte das sogar für ein Grundrecht des Menschen….“
Vielleicht habe ich das im fernen Ausland nicht mitbekommen und bitte um Korrektur, wenn ich falsch liege. Meines Wissens hat Bundes-Bern noch immer kein Gesetz über den Freitod verabschiedet. Ein solches erachte ich als zwingend notwendig, nur schon um denjenigen die sich für eine saubere Variante (ein besserer Ausdruck fällt mir gerade nicht ein) mit einer Sterbehilfe-Organisation entscheiden, ein würdiges Ableben zu ermöglichen. Das würde die unsauberen Suizide (nicht die Gesamtzahl, diese bleibt unverändert) noch immer nicht ausschliessen, wahrscheinlich aber reduzieren. In anderen Ländern ist der Freitod kein Grundrecht was schon jetzt zu einem absurden Freitod-Tourismus in die Schweiz führt.
„…krasse Egozentriker…öffentlichkeitswirksam…“ Ich bin mir nicht sicher, ob das auf alle zutrifft. Die meisten werfen sich in einem dunklen Tunnel vor den Zug. Das sieht niemand, nicht mal der Lokführer. Dieser bemerkt nur den Knall und leidet später darunter. Die Sauerei sehen später nur die Aufräumer.
Ich glaube, Sie verwechseln da zwei Dinge:
a) Recht auf Freitod (legal)
b) Recht auf Sterbehilfe (in einem kleinen, streng geregelten Rahmen erlaubt)
Dazu noch folgendes: ich vermute, der Freitod ist nur in jenen Ländern nicht erlaubt/illegal, in denen noch starke, sagen wir mal „religiöse“ Gesetze gelten.
Uuuund in der Schweiz findet im Moment tatsächlich wieder einmal eine vertiefte Diskussion betr. Sterbehilfe statt, Hauptthema: Sterbebegleitung auch bei altersmüden Menschen.
Danke für das Update. Ich habe es nicht verwechselt, aber mein Kommentar war unpräzise. Deshalb als Ergänzung: Ein physisch gesunder Mensch kann einen Suizid selbst begehen, entweder lange geplant oder spontan umgesetzt, z.B. sich vor den Zug werfen. Ein physisch beeinträchtigter Mensch ist auf externe Hilfe angewiesen, Stichwort Sterbebegleitung. Rein juristisch gesehen, steht der physisch gesunde Mensch besser da. Gelingt sein Suizid, so wird niemand zur Rechenschaft gezogen. Dieser Mensch hat von seinem Recht des Freitodes Gebrauch gemacht. Bei der Sterbehilfe braucht es explizite Gesetze zum Schutz der Sterbebegleiter, damit der Sterbewillige sein Recht auf Freitod überhaupt umsetzen kann. Inwieweit ein Gesetz die Sauereien (egal ob egozentrisch verursacht oder nicht) unter den Zügen verhindern können, sollen bitte Fachleute entscheiden. Ich bin keiner….
Kurzer Nachtrag:
Heute Abend um ca 18.00 bereits wieder ein «Personenunfall». Nachahmer?
Auf jeden Fall sollte man sich überlegen, ob man solche Verzweiflungsselbstmorde durch Betroffenheit romantisiert, weil effektiv nachgewiesen ist, dass ein Schienensuizid immer andere nach sich zieht.
Das ist alles richtig. Nur ich wage zu bezweifeln, dass es eine freie Entscheidung ist, vor einen Zug zu springen. Wissen kann ich es natürlich nicht.
Die Wahl des Mittels zum Suizid?
Ja, mag tatsächlich romantisch verklärt klingen. Aber ich denke nicht, dass es sich jemand aussucht, um 1730 am Stafelhofen vor den Zug zu springen.
Ich kann ihre Wut gut verstehen. Für sehr viele Umstehende ist so ein Erlebnis einschneidend. Aber dem Selbstmordenden daraus einen Strick drehen, das schaffe ich nicht.
Seit ich am Donnerstag um 17.40 den weiteren Personenunfall am Bhf Altstetten „hautnah“ miterlebt habe, bin ich wirklich hin- und her gerissen, ob ich auf die Person wütend sein soll oder sie mir leid tut. Ein wirklich belastendes Erlebnis!
Herr Réda: Vielleicht sollten aber die Angehörigen mal überlegen, warum es zu diesem Suizid kam. Als Angehöriger nur den Leidenden zu spielen und vorher aber Null Anzeichen sehen wollen, das ist ebenfalls egoistisch! Wenn das Kind bsp. Jahrelang immer blasser, apathischer, etc. durch die Gegend wandelt, kaum mehr richtig Lust zum Essen hat. Sich am liebsten im Bett verkriecht und oft verheult aussieht und die Eltern merken nichts und danach sind sie über alles bestürzt wenn das Kind sich dann selbst tötet…Tut mir Leid. Aber dann habe ich auch mit den Eltern kein Mitleid. Denn man kann auch bei einigen Selbstmördern die Anzeichen darauf erkennen, wenn man will und genügend Beobachtungsgabe besitzt. Nicht nur der Selbstmörder ist Schuld, sondern auch das Umfeld ist mitschuldig. Nicht bei allen, aber bei einigen ist es so. Sich danach aus der Affäre zu schleichen als Angehöriger und das als Egoismus zu bezeichnen ist genauso widerlich, wie wenn ein Selbstmörder andere in seine Tat einbezieht. Zuvor waren die Angehörigen ja auch egoistisch und haben die Alarmglocken nicht gehört und die ganze Situation abgetan „das kommt schon gut, tu nicht so, reiss dich zusammen, etc.“ So einfach ist es nicht. Beide Seiten können Schuld tragen und vielleicht ist so ein Suizid auch ein Weckruf ans Umfeld, dass man zu seinen Mitmenschen besser schaut.
Ja, klar. Wenn ich mir mein Leben nehme, in dem ich vor einen Zug springe, sag ich den Angehörigen, dass sie alles falsch gemacht haben. Dazu reicht ja nicht, dass ch in eine andere Stadt ziehe und ihre Anrufe nicht mehr entgegennehme.
Liebe Wu, was Sie da von sich geben, ist haarsträubend. Auch ich habe bei meinen Suizidversuchen allen anderen die Schuld gegeben. Das ist ein Teil der Krankheit. Dass Sie diese Sichtweise unterstützen, sagt mehr über Sie als über die Angehörigen der Toten.
Mit ihrer Logik sind auch die Opfer bei Amokläufen in der Familie mitschuld, oder nicht?
Was denken sie sich, schreiben sie diesen Text?
Sie sagen, Selbstmörder, die diese Art des Freitods wählen, seien krank. Diese Behauptung, und das ist es in meinen Augen, sollte für sie doch die Konsequenz nach sich ziehen, diese Menschen auch entsprechend zu behandeln. Mit Nachsicht, Umsicht, in Hilfsbereitschaft.
Und nicht wie sie, mit Frontalkonfrontation. Und das tun sie, indem sie behaupten, den Text als „Botschaft für Leute, die sich das Leben nehmen wollen“ verfasst zu haben.
Sage ich einem Menschen, der psychisch so labil ist, dass er den Selbstmord plant, dass er ein „krasser Egozentriker“ ist, helfe ich ihm damit sicher nicht. Ich werte seine Persönlichkeit ab, verschlimmere seinen Zustand.
Wäre nicht der bessere Weg, ich wage mir gar nicht „richtig“ zu schreiben, diesen Menschen vor Augen zu führen, was ich selber empfinde? Nicht in Form eines verallgemeinernden „Ein Familienvater, der …“ bla, bla, bla „unter einem Trauma leidet.“, sondern als wirklich persönliche Ansprache? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass mich in so einer Situation irgendein Familienvater interessierte, wohl aber die Angst und Sorge, meines mir bekannten Gegenübers, eines Menschen, den ich namentlich benennen, dessen Tränen ich in den Augen sehen kann.
Ich sehe in Ihrem Text keine Botschaft. Nur einen Angriff. Einen Angriff auf Menschen, die sie selber als krank bezeichnen.
Reda Dir ist wirklich kein Thema zu heiss…..
Ich begrüsse es das Du solche Diskussionen anstösst.
Finde ich auch. Da überdenkt man schon mal seine Position und das ist richtig.
als direkt betroffener kann ich das nur unterstreichen…
Ich wünsche mir, el Arbi, dass Sie nie in eine solche Situation kommen. Ich würde mir jetzt nicht anmassen wollen, über diese Menschen zu urteilen.
Herr Gretener, natürlich schreib ich wie immer nur über Dinge, die ich kenne. Ich habe meine paar Versuche überlebt. Was mich zu einer Art Fachmann für Egozentrik macht, wenns ums eigene Leiden geht.
Ich rechne Ihnen ihre Ehrlichkeit extrem hoch an. Wirklich extrem hoch. Meine Sicht ist aber, dass diese Menschen eh schon ein Kreuz zu tragen haben, und es ist schwer. Wer bin ich um darüber zu urteilen
Es ist hart zu vermitteln, aber unter diesen Umständen, wage ich einfach mal kein Urteil.
Ich verstehe ihren Standpunkt absolut, aber es ist schwer zu beurteilen, welche Seite nun die Schuld trägt.
Oh, ich sehe keine Schuld. Es ist eher ein Loch, in das man verschwindet. Wenn mans irgendwie überlebt und wieder rauskommt und vielleicht sogar einigermassen gesund wird, fällt den meisten auf, wie egozentrisch das eigene Verhalten war.
Mitten in der Krise geht das nicht, ohne dass man sich Hilfe holt. Aber eben, dasselbe wird wahrscheinlich auch für Amokläufer gelten, die keinen anderen Ausweg mehr sehen, um sich Gehör und Erleichterung zu verschaffen.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen den Freitod. Ich halte das sogar für ein Grundrecht des Menschen. Ich denke nur, wenn man sich die Freiheit nimmt zu sterben, sollte man das mit so wenig Schaden für andere wie möglich machen. Und nicht einen Zugführer zu einem Leben als Totschläger verurteilen.
Sie haben Recht, wenn, dann würde ich das wohl auch einsam tun.
Aber ich bin auch ein impulsiver Mensch. Manchmal platzt einem der Kopf, da kann man nicht mehr denken.
Aber ja, bei klarem Kopf bin ich bei Ihnen, nur wer hat schon einen klaren Kopf.
Ist es nicht genau das Wesen von manchen Suiziden, dass man in einem solchen Tunnel ist (der, nach allem, was ich höre, alles, aber wirklich alles andere von einer Minute zur anderen ausschliessen kann), dass man an die, die man zurücklässt, keinen Gedanken mehr verschwendet/verschwenden kann? Manche schaffen es noch, sich aus diesem Tunnel wieder herauszuholen, andere aber nicht mehr: nur so lässt sich erklären, dass manche Suizide einfach von niemandem erklärbar sind, sie sind absolut nicht nachvollziehbar, scheinen ohne Ursache und Sinn. Damit als Angehöriger fertigzuwerden, gehört zum Schwierigsten überhaupt…..
Es ist tatsächlich so, dass das einzige, was man verbindlich über Suizid sagen kann, die Tatsache ist, dass es einen Nachahmereffekt gibt, deshalb, Reda, haben Sie absolut Recht damit, dass Aufmerksamkeit gefährlich ist.
Und ich winde Ihnen ein Kränzchen – ich finde es bemerkenswert, dass Sie dieses Thema aufnehmen. Aber es ist, so hat es mir mal ein Arzt gesagt, der Suizide selber erforscht hat, eine Sackgasse mit nur einer ganz kleinen Tür nach aussen: da, wo ein geplanter Suizid ein Schrei nach Aufmerksamkeit ist, kann unter Umständen Prävention nutzen.
Ein Bilanzsuizid, wie Exit das nennt, gehört mMn nicht in die oben genannten Kategorien.