Offline ist schöner

Immer online: Schaffen die Clubber ihren Weg ins reale Leben?

Immer online: Schaffen die Clubber ihren Weg ins reale Leben?

Das Internet ist dumm und unersättlich. Es schluckt alles was man ihm in den Rachen wirft und scheidet es unverdaut wieder aus. Es ist ein Nährboden auf dem Niedertracht, Kriminalität und Manipulation gedeihen wie nirgendwo sonst. Wer weiss wie man Zahlen und Statistiken manipuliert und die Funktionalitäten von Google kennt, der kann Informationen beinahe nach Belieben zu seinen Gunsten frisieren.

Wer anderen Schaden zufügen möchte braucht dies bloss online zu tun um sicher zu gehen dafür nicht belangt zu werden. Unbescholtene werden an Online-Pranger gestellt, Shitstorms ausgesetzt und ihre Internet-gläubigen Chefs und Arbeitskollegen garantieren, dass sie noch jahrelang darunter zu leiden haben. Die zuständigen Behörden sind überfordert, die meisten Verfahren und Anzeigen laufen ins Leere und Google versucht nach wie vor alles um nicht zu sehr in die Pflicht zu geraten.

Die heranwachsende Generation weiss das, zieht deshalb das Offline- zunehmend dem Online-Leben vor und verabschiedet sich gelangweilt oder gar angewidert aus den sozialen Netzwerken. Dies wiederum stellt Institutionen, die sich an junge Menschen wenden wie die Nightlife-Betriebe, vor Probleme: Wie können die Clubber umworben werden, wenn diese den über Facebook, Twitter, Instagram und Google verbreiteten Informationen nicht mehr vertrauen, sie nicht mehr wahrnehmen? Marketingverantwortliche grosser Firmen haben den Trend in Richtung offline noch nicht erkannt und beurteilen, gar in zunehmenden Masse, alles und jeden nach seiner Anzahl Follower und Likes, obschon ihnen jeder Zwanzigjährige sagen könnte, wo man diese im Internet in Tausenderpaketen kaufen kann – alte Elefanten verlassen ausgetrampelte Pfade nur ungern.

Das Nachtleben hingegen hat bereits umgestellt: Facebook-Promotion hat in den letzten Jahren massiv an Bedeutung verloren, Twitter eignet sich nicht für Werbung, weil zu flüchtig und oberflächlich, Massen-Partymails verschickt längst keiner mehr und neuere Online-Kanäle wie Instagram und Whats App werden nur noch mit viel Misstrauen und auf stiefmütterliche Weise angenommen. Dahingegen setzen sie wieder verstärkt auf Community-Bildung via Opinion Leader. Veranstalter mit einem zahlreichen Freundeskreis sind begehrt und DJs, die ihre Freunde persönlich anschreiben oder gar anrufen und an die Party einladen, geniessen hohes Ansehen und werden gerne gebucht.

Die Community-Arbeit verlegt sich, zusammen mit der Zielgruppe, immer mehr in Richtung offline und damit von der Scheinindividualität des Internets wieder in den persönliche Kontakt und Kanäle wie die Mundpropaganda oder das Flyering. Selbstverständlich wird das Internet nicht aus dem Nachtleben verschwinden, aber dessen Nutzung verändert sich: Clubber bestellen sich den Newsletter ihres Lieblingsclubs oder informieren sich verstärkt direkt auf dessen Homepage.

Die Partyagendas und Nightlifegefässe der klassischen Presse und diejenigen passiver und damit nicht interaktiver Plattformen und Anbieter wie Eventbooster und Tilllate könnten vielleicht wieder verstärkt in den Fokus der Partygänger geraten. Fakt ist, dass das Internet (nicht zuletzt wegen der sozialen Netzwerke) zu einem Ort voller Informationen und Daten geworden ist, die nur mit grösster Vorsicht zu geniessen sind. Anzunehmen dass diese wachsende Einsicht keinen Einfluss auf das künftige Verhalten der Konsumenten hat, ist naiv.

Alex-Flach1 Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter Anderem für die Clubs Supermarket, Hive und Zukunft.

 

13 Kommentare zu «Offline ist schöner»

  • Irene feldmann sagt:

    Diese Juli-Loch war doch ganz erfrischend wehrte Tststs, Thema offline voll im Griff….hhhhhhhhh….Schüss tääglii nuech!!!

  • tststs sagt:

    Grüezi Meister Flach… Ich hoffe, Sie und der Rest des Stadtblogs hatten eine angenehme Woche…? Sie Sadisten Sie…uns am ausgestreckten Arm so hungern zu lassen… 🙂

    „Die heranwachsende Generation weiss das, zieht deshalb das Offline- zunehmend dem Online-Leben vor und verabschiedet sich gelangweilt oder gar angewidert aus den sozialen Netzwerken. Dies wiederum stellt Institutionen, die sich an junge Menschen wenden wie die Nightlife-Betriebe, vor Probleme“
    a) Ich glaube kaum, dass sich die Clubs in erster Linie an die „heranwachsende Generation“ wenden (Ausnahme: die Clubs, welche sich auf Kids mit Papas Portemonnaie spezialisiert haben…)
    b) Nur weil sie nicht mehr bei FB (o.ä. soziale Netzwerke) sind, sind sie noch lange nicht offline
    c) Ich vermute stark, dass Opinion Leading gemischt mit Gruppendruck (als positives Erlebnis) schon immer gerade bei den Heranwachsenden das stärkste Element war; nur die Quelle der Infos ändert sich…

    • Réda El Arbi sagt:

      Hatte letzte Woche Ferien, aber jetzt ist alles wieder wie gehabt. Diese Woche ist Herr Sarasin noch weg, aber ich werde versuchen, genug zu leifern, dass sie nicht auf Entzug kommen.

      • tststs sagt:

        Dann hoffe ich zusätzlich, dass Sie
        a) irgendwo die Sonne geniessen konnten
        oder
        b) das hiesige Wetter als Ausrede benutzten, die heimische Höhle nicht zu verlassen
        😉

        PS: Wenn der Konsument geifert und der Blogger liefert, dann ist „leifern“-Saison… 🙂 Sorry, der musste raus…

      • Adam Gretener sagt:

        El Arbi, gemäss Clack waren Sie in Asien und haben geraucht. Das ist gut so.

    • alex flach sagt:

      ich bin schon noch auf facebook, aber ich bin nicht mehr ganz zielgruppe (jahrgangsseitig) 🙂 auch wenn es mittlerweile viele clubber gibt, die 40 zum neuen 20 gemacht haben; das gros der clubber ist zwischen 18 und 25 schätzungsweise.

      • adam gretener sagt:

        Also Meister Flach, jetzt enttäuschen Sie mich masslos. Möchten Sie wieder zurück zu den Flyerständern in den Cafés und im Jamarico? Schön jeden Donnerstag im Züritipp nachschauen?

        Die Hobby-Online-Marketer in den Clubs wissen einfach nicht, wie sie diesen Kanal richtig einsetzen. Gute Flashmobs rekrutieren in einer Woche 5000 Leute.

        • Alex Flach sagt:

          Flyer, Hr Gretener! Flyer! Seien Sie ehrlich ; Sie vermissen die Zeiten als Flyer noch museumswürdig und nicht bloss Bikini waren doch auch. Ich denke aber tatsächlich dass sie wieder wichtiger werden könnten, da der Streuverlust auf den sozialen Medien stetig wächst .

          • adam gretener sagt:

            Ich kann Ihnen was von Flyern erzählen, Herr Flach. Als ich als Jüngling wieder in die Stadt gezogen bin, hatte ich diese eine Zeit lang verteilt. Und teilweise gestaltet. Die Streuverluste waren gigantisch und vorallem – nicht messbar. Es gab Leute, die hatten nur den Auftrag, die Flyer der Konkurrenz wieder einzusammeln und zu entsorgen. Als wir am See flyerten, haben wir die Flyer sogar schlafenden Menschen auf den Bauch gelegt.

            Aber da könnte sich für uns beide ein Business eröffnen. Online-Agentur für Party-Promotion. 3% Conversion garantiert.

          • Adam Gretener sagt:

            Kennen Sie die Flyer Factory von damals in Wipkingen? So war das 😉

          • alex flach sagt:

            ja gut… ich rede ja nicht von flyering via irgendeinen verteiler, der die dinger auf irgendeinen zigikasten schmeisst, 2 minuten bevor der nächste 4 kilo papier draufhaut…. promoteams, hand to hand. so.

      • tststs sagt:

        Also mit „sie“ waren nicht Sie gemeint, sondern die Heranwachsenden…
        Und ich möchte Ihnen gar nicht widersprechen, dass das Gros tatsächlich in dieser Altergruppe zu finden ist. Aber es ging mir eher darum, an wen sich die Clubs wenden, und nicht wer sich dann tatsächlich angesprochen fühlt…
        Also gewisse Preise und Interieur-Chichi sind schon eher für die älteren Semester gedacht…mit Betonung auf „gedacht“ 😉

        • Adam Gretener sagt:

          Es ist zum Mäuse melken. Man nimmt sich vor, mal der Tststs zu widersprechen und ans Bein zu brünseln.

          Nur ergibt sich keine Gelegenheit. Die Frau ist einfach sattelfest.

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