Der Geist des Graffiti

Wie steht es um die Kunstform Graffiti, mehr als 30 Jahre nach ihrer Geburt? Zwei Zürcher Sprayer geben im halbdokumentarischen Film «Style Wars 2» eine ebenso überzeugende wie amüsante Antwort auf die Frage.

Einmal in echt und einmal auf der Wand: Das Künstlerduo Veli & Amos hat einen Film gedreht.

Einmal in echt und einmal auf der Wand: Das Künstlerduo Veli & Amos.

Ein Kino-Highlight dieser Tage kommt aus Zürich. Zu Beginn des halbdokumentarischen Graffiti-Films «Style Wars 2» reisen die beiden Künstler Veli Silver und Amos Angeles nach New York City, in die Heimatstadt der Graffiti-Art. Die Mission: den Erschaffer eines Schriftzuges finden, der 30 Jahre nach dem Erscheinen des prägenden Hip-Hop-Kultfilms «Style Wars» aus dem Jahr 1983 auf einer New Yorker U-Bahn angebracht wurde. Der Schriftzug lautet: «Style Wars 2».

Um die halbe Welt

Fünf Jahre hat das slowenisch-schweizerische Duo in den Film investiert, in dem die beiden selbst als Hauptakteure auftreten. Etwa, als sie in New York die gealterten Protagonisten des Style-Wars-Films aufspüren und diese in den Galerien, in denen deren Graffiti jetzt ausgestellt sind, befragen. Bald wird klar, der rebellische Geist von früher musste in New York längst restriktiven Gesetzen weichen oder ist im Kunstmarkt verpufft. Frustriert und ohne Geld in der Tasche ziehen Veli & Amos Richtung Osteuropa, wo sie nicht nur den Schöpfer der besagten Sprayerei auf dem U-Bahn-Waggon vermuten, sondern auch den Geist früher Graffiti-Tage.

Banksys Kunst auf der Sperrmauer in der Westbank.

Banksys Kunst auf der Sperrmauer in der Westbank.

Die chaotisch anmutende Reise der beiden Künstler führt von Maribor über Zürich und Berlin bis nach Jerusalem. Mit sicherem Instinkt spüren sie an den von ihnen bereisten Orten die schrägsten Vögel der Szene auf. Jene, die den anarchistischen Geist der Anfangstage des Graffiti verkörpern. Etwa ein Zürcher Aktivist namens Mr. White, dessen Ziel es ist, Sprayereien etablierter Painter mit weisser Farbe zu übermalen. Oder ein Bodybuilder in der Westbank, der die Bilder von Banksy grossflächig aus der Sperrmauer zwischen Israel und Palästina hämmert – nur um sie später an Sammler zu verticken. («Sylvester Stallone hat beinahe eins gekauft»). Eine der besten Szenen des Films. Einmalig auch die israelische Künstlergruppe Nanachs, deren Mitglieder mit Zapfenlocken bestückt in den Strassen Jerusalems spontane Partys feiern.

Wahrheit oder Fiktion?

Ob sich all die Sachen im Film tatsächlich so zugetragen haben, man weiss es nicht. Wie der berühmteste Vertreter von Street Art, Banksy, haben es auch die beiden Zürcher Sprayer mit ihrem Film geschafft, den Zuschauer diesbezüglich im Dunkeln tappen zu lassen. «Die Typen haben wir alle tatsächlich getroffen», sagt Amos Angeles am Telefon. Klar ist, dass «Style Wars 2» unterhält. Klar ist auch, dass der Film weltweit Anerkennung findet – auch bei Banksy selber. Und er gewährt den Zuschauern Einblick ins kompromisslose Schaffen zweier Künstler. Das Stück (Zürcher) Zeitgeschichte ist nur noch wenige Tage im Kino Riffraff zu sehen.

2 Kommentare zu «Der Geist des Graffiti»

  • WeksOne sagt:

    Graffiti ist nicht tot, es ist nur nach Europa umgesiedelt. In Amerika kriegt man jahrelange Gefängnisstrafen und verliert sogar sein Stimmrecht wenn man seinen Namen an eine Wand schreibt, kein Wunder verschiebt sich die Szene und stirbt in Amerika aus. Hier in Europa hingegen lebt Graffiti in all seiner Pracht. Bombings, Tags, Pieces,Trains, ich seh sie und es werden wieder mehr. Wer glaubt Graffiti sei tot oder verpufft soll doch bitte mal bei youtube „graffiti“ eintippen und dann bitte schön still sein. Das schöne an Graffiti ist, dass es ein Selbstläufer ist. Solange irgendwo irgendwer seinen Namen tagt oder ein Throw up malt wird jemand anders vorbeilaufen und sich denken: „Verdammt ist das geil, das will ich auch machen.“ So kam ich zu Graffiti und so werden immer wieder Leute zu Graffiti finden. These walls don’t lie!

  • johann sagt:

    graffiti ist nur noch eine lachnummer? wenn jugendliche noch an facebook hängen und kreativität mit selfies ausleben.
    aber verständlich, sogar die rotefabrik bittet auf schmierereien an den wänden zu verzichten. obwohl dies gar nicht mehr nötig scheint, da wir schon lange ein wohlstandsbäuchlein haben und bestens integriert sind…
    liebe grüsse
    serial tagger bres1

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