Club-Cosa Nostra? Eher nicht.
Mit schöner Unregelmässigkeit ploppt ein Beitrag über die mafiösen Strukturen im Zürcher Nachtleben aus dem ortsansässigen Blätter- und Bloggerwald: Was gehört wem, wer zieht im Hintergrund die Fäden und welche Club- und Bar-Hamsterer rangeln hinter den Kulissen um die gastronomische Vorherrschaft.
Die Texte tragen Titel wie «Gastro-Klüngel», «Die Clans» und «die Paten» und während des Lesens schleicht sich unweigerlich Nino Rotas Musik zu «The Godfather» ans Trommelfell. Den Exponenten dieser Gastro-`Ndrangheta werden durch die Verfasser der Beiträge Rollen zugeteilt: Michel Péclard mit seinem Faible für Buchhaltung ist das Mafia-Zahlengenie Meyer Lansky, Marc Blickenstorfer (Anwalt und Präsident der Bar- und Clubkommission) ist «Kommission»-Gründer Lucky Luciano und Consigliere Tom Hagen in Personalunion und hinter dem Vorhang orchestrieren Freddy «Arnold Rothstein» Burger und Koni «Al Capone» Frei den Reigen mit unerbittlicher Hand. Nach der Lektüre weiss der Leser, dass hier und vor seiner Nase eine für ihn unsichtbare Welt existiert, in der Recht und Gesetz nichts und Willkür und Vetternwirtschaft alles gelten und in der finstere und mächtige Figuren entscheiden, wer sich einen Krümel vom Kuchen sichern darf. Klar: Man bräuchte bloss im Handelsregister nachzuschauen um nachvollziehen zu können, wer woran beteiligt ist, und über die Vergabe von Bewilligungen für Nachtlokale entscheiden Beamte und nicht die Famiglia.
Dennoch: Seit der Prohibition weiss jedes Kind, dass Alkoholausschank und Mafia stets Hand in Hand gehen. Selbst dann, wenn der Alkohol nicht von unheimlichen Mobstern bei Nacht und Nebel über die kanadische Grenze geschmuggelt sondern vom überaus freundlichen Erwin Huber am hellichten Tag angeliefert wird. Es existiert in Zürich tatsächlich eine gastronomische Unterwelt, in der Moral und Anstand keinen allzu grossen Stellenwert haben, in der das Gesetz des Stärkeren zählt und in der im grossen Stil Waren umgeschlagen werden, die nicht im Coop oder im Denner erhältlich sind. All die obgenannten Personen haben mit diesem Sumpf nichts zu schaffen, im Gegenteil: Sie sind, mit viel Wohlwollen seitens Stadtverwaltung und mit Lokalen wie der Longstreet Bar, dem Gonzo und der Olé Olé Bar federführend bei der Verdrängung der wahrhaft zwielichtigen Gastronomie aus dem Langstrasse-Quartier.
Über diesen Teil des Nachtlebens weiss der Zürcher sehr wenig: Zwar hat der Korruptions-Skandal um den Sexclub Chili’s für einigen Wirbel gesorgt, aber wer im rot beleuchteten Teil der Langstrasse tatsächlich die Fäden zieht weiss keiner und es ist anzunehmen, dass so mancher erschrecken würde, wenn er wüsste, was dort hinter den Kulissen abläuft. Bloss ist es ungleich schwieriger und gefährlicher in diesem Umfeld Informationen zu sammeln, als im hell beleuchteten Teil des Zürcher Nachtlebens, der nichts an den Behörden und der Öffentlichkeit vorbeimanövriert. Also schaut man lieber weg und den anderen dafür umso genauer zu.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter Anderem für die Clubs Supermarket, Hive und Zukunft.
29 Kommentare zu «Club-Cosa Nostra? Eher nicht.»
Wir gehen prinzipiell in keinen Marc laden!
Es ist schon grausam, wenn man dem Flach seine Hochnäsigkeit verfolgen muss. Alex, Du bist einer der Menschen die glauben, er stehe geistig über allen Anderen.
Leute, die glauben, Sie seien was ganz Besonderes und stehen über allen anderen, sind es nicht.
Gratis imfall.
Réda: jetzt sag es doch endlich….wie hat er die Alte Börse GmbH finanziert??!! Muss doch ein lupenreiner Primöör sein!
Tja Vreni, das mit der „Authentizität“ ist spätestens seit Rita, Walti und Co. in der original Olé Olé Bar endgültig vorbei. Zumindest in dieser Gegend.
Bist du sicher, dass du nicht gerade Authentizität mit Nostalgie verwechselst? 🙂
nostalgie ist wenn zeitgenössisch besoldete ‚urbanisten‘ im kreis 4 in den ausgang gehen und dabei folgendes erleben: sich in einem der rauhen und ‚echten‘ stadtquartiere zu befinden scheinen. doch dieses pionier- oder pfadigefühl ist reinster trugschluss. die langstrasse und das aussersihl waren vielleicht in den 90ern noch so, wie es der heutige besucher oder neubewohner wahrnehmen möchte. die einige beiz die ich im k4 als wirklich authentisch erlebt habe, hat für leute wie uns hier soviel wie gar nichts übrig, weil die besitzer wissen, dass wir sie aus dem quartier vertreiben werden. die langstrasse wird das vorzeigeprojekt der stadt zürich in sachen stadtentwicklung. hierzu schlage ich folgende lektüre vor: alexander mitscherlich – die unwirtlichkeit unserer städte
Ah ja, ich vergesse immer wieder: das einzig wahre Züri existierte nur von ca. 1986 bis ca. 1993, wehe, man gehörte da noch nicht dazu, dann kann mans eh vergessen…. Und in Zukunft wird es eh nur noch billige Kopien von diesen glorreichen Jahren geben…ist ja heute eh nur noch alles Abklatsch von den sooooo originären 80er.
Nei, echt jetzt, früher waren es nicht besser und später ist es nicht schlechter…
In einem Punkt gebe ich aber recht: habe immer noch eine Langzeitwette laufen; bin nämlich felsenfest davon überzeugt, dass bis Ende 2015 an der Langstrasse der erste H&M steht 😉
tststs; was für ein Szenario…. aber mal abgesehen von dieser Apokalypse; eine Stadt lebt und Leben heisst Veränderung. Klar ist es Schotter wenn Plätze und Orte verschwinden, an die man liebe Erinnerungen knüpft und wenn diese durch neue ersetzt werden. Bloss sind diese (neuen Orte) dann irgendwann in der Zukunft die lieben Erinnerungen der nächsten Generation und auch die wird ihnen dann nachtrauern wenn sie verschwinden. Bloss ist es dann nicht die alte Ole Ole Bar, sondern die jetzige.
Der Club-Promoter promotet seine Clubs. Schöne Plattform hier, gell Alex.
🙂 meinen Silvestertext nicht gelesen? Welche Clubs habe ich denn in diesem Text promotet? Ah ja… das Gonzo. Sorry. Kommt nicht wieder vor. Oder doch… kommt immer wieder vor irgendwie. Jedenfalls das, was du offenbar unter Promo verstehst. Kann man nix machen. Oder… doch; ich könnte doch was machen, habe ich aber kein Bock zu. Aber es gibt ja immer noch die Variante „nicht lesen“, Philipp.
Von den insgesamt 11 Kommentaren hier sind gerade mal drei (inklusive meinem) von Nicht-Redakteuren dieses Blogs. Oder sind das neu Blog-Einträge in Blog-Einträgen?
Nein, wir streiten uns hier auch mal untereinander. Öffentlich, damit ihr auch was davon habt. 🙂 Aber grundsätzlich diskutieren wir bei den meisten Posts mit. Hier vielleicht etwas ausschweifender, weil Alex und ich nicht gleicher Meinung sind. Nennt sich übrigens Web 2.0 😉
Huhu, das muss fast schon Web 3.0 sein…REA schreibt aus der Zukunft 😉
Und das schätze ich sehr! Go on – meine F5 Taste glüht schon fast! 😉
Der Leser zählt mit… 🙂
Nun, für die ganzen zugewanderten Agglos und Landeier reichen die Gastro-Klone jedenfalls aus, um sich wie in der grossen, weiten Welt zu fühlen. Dafür geht man dann bei der Wohnungsmiete auch gerne etwas über die Schmerzgrenze hinaus 🙂
Bin übrigens gespannt, wie lange es noch dauert bis die Szene-Mafia über das Niederdorf herfällt…
ou… das dörfli…. das ist schon viel länger den immer wieder angeprangerten mafia-strukturen unterworfen, das kannst du mir glauben… bloss bewegt sich dort nicht so vieles und das dann auch nicht so schnell, aber auch dort gibt es einige wenige, die das gros der lokale in der hand haben….
Alex: In der GANZEN STADT sind die Lokale in den Händen einiger Weniger. Darum „Mafia“. 😀
haha! das gilt in der Marktwirtschaft aber für so ziemlich alles und jeden; tamedia, ringier und az kontrollieren das Gros der Publikationen, die CS, die UBS und zwei, drei andere Grossbanken kontrollieren das Gros der Schweizer Vermögen, Migros, Coop und evtl. Denner bestimmen, was der Schweizer an Alltäglichem kauft, etc., etc… fairerweise hiesse es dann und deiner Definition entsprechend „Marktwirtschaft gleich Mafia“ .
richtig zusammengefasst lieber alex! das störende an der ‚clubmafia‘ – gerne dürfen da auch zukunft/cabaret/kauz/exil/des amis kreise dazugezählt werden – ist in meinen augen, dass sie dem besucher ‚underground‘ und authentizität verkaufen wollen. es dreht sich aber mit mitnichten um kunst&kultur! wer die (vornehmlich) herren etwas näher kennt, weiss, dass sie nur an der eigenen profilierung ihres egos und portemonnaies interessiert sind. nebenbei wird der künstlerische wert von einzelnen figuren in diesem ‚zirkus der eitelkeit‘ auf hochglanz poliert, figuren die vermutlich trotz guter arbeit sich nicht übers kleinstadtniveau hinaus steigern vermögen. dezidierte meinungen zu diesem thema dürfen allerdings nicht offen ausgesprochen werden, will man_frau ihre vorteile wie gästeliste, gratisdrinks, einladungen zu privat-clubs und -restaurants oder den job am eingang, garderobe, bar oder dj pult behalten. der mief stinkt derart, dass es ‚gewöhnlichen‘ besuchern wie mir zuwieder ist, mein geld in diesem teil des ausganges, aus dem fenster zu werfen. natürlich auch nicht den rotlichtmillieukönigen, menschenhändler oder ähnlichen gestalten in den rachen werfen… 😉
Meine bevorzugten Bars besuche ich hauptsächlich wegen Ambiente, Personal und Preisen. Natürlich, ich könnte mich dafür interssieren, wer jetzt genau dahinter steht (SHAB ist immer noch öffentlich zugänglich), aber wirklich Einfluss auf meine – zugegeben oberflächliche – Wahrnehmung hat dies nicht… Meine Güte, nicht mal bei meinem eignen Chef interessieren mich seine Profilneurosen, hauptsache er bezahlt pünktlich zum Monatsende 😉
Aaaaber ich profitiere auch nicht von irgendwelchem Gratis-Gästelisten-Gschmäus
Da bin ich bestimmt anderer Meinung als Du, verstehe es aber, wenn man das Ganze so sieht. Das gründet sicherlich auch in persönlichen Erfahrungen, ist ein Stück weit auch sicher subjektive Wahrnehmung. Aber darum geht es nicht; alleine schon das offensichtliche, Sex als Dienstleistung, die Frau als Ware, wäre Grund genug, dem Rotlicht-Nachtleben mehr Aufmerksamkeit zu schenken als dem „regulären“ Nightlife. Ganz zu schweigen von all den, nicht unbegründet, vermuteten Dingen, die hinter den Vorhängen dieser Clubs ablaufen… aber das geschieht nicht. Ich habe keine Ahnung, wer da was macht, wer der Strippenzieher ist, wie sich da die Verteilung der Lokale gestaltet, wem was gehört… keine Idee, null. Was hingegen jenes Nachtleben betrifft, in dem Du und ich uns bewegen; da weiss wohl mittlerweile sogar Frau Rosemarie Zwyssig aus Schüpfheim im Entlebuch, dass Marc Blickenstorfer sich unverschämterweise die GANZE Zürcher Gastronomie unter den Nagel zu reissen versucht. Dabei ist es bloss so wie sonst überall auch; Erfolgreiches das funktioniert setzt sich durch und wird grösser. Wären seine Lokale nicht erfolgreich, es gäbe nicht so viele davon. Kleines Einmaleins der Marktwirtschaft.
Gong…
1. Runde vorbei…
Beide Kontrahenten in ihre Ecke..
Und nur mal so nebenbei: Fröööölein Gerold muss dämfall mein Mami sein, ein solcher Garten existiert in der Agglo schon seit 30 Jahren, ja was sag ich da, seit 50 Jahren…nein wartet, bevor noch die Dörfler kommen: ich glaube Selbstversorgergärten mit Grill und Unterstand um Freunde zu treffen gibt es schon so lange, wie es die Schweiz gibt… Nur dass dafür jetzt noch extra Geld ausgegeben wird, ja das ist wirklich urban-innovativ (ich weiss nicht, ob es da noch einen Ruggel spielt ob Berlin oder Züri…) 😉
so kurz aus der rundenpause; gute sachen zu übernehmen ist doch nichts schlechtes. man kann nun mal einfach nicht von mal zu mal das rad neu erfinden. wenn man dann feine konzepte übernimmt und sie in ein anderes umfeld platziert…. das ist doch nichts verwerfliches. und es ist halt schon so, dass der quadratmeterpreis beim bhf hardbrücke um einiges höher ist als der auf einer weide irgendwo im emmental. und dass dann halt auch die einnahmen etwas höher sein müssen um den betrieb aufrecht halten zu können.
Das tue ich bestimmt nicht, weil’s mich nichts angeht. Es ist sehr schwierig auf diesen Kommentar zu antworten, da ungemein subjektiv…. Ich finde Kinski, Plaza, Geroldsgarten und Talacker ähneln sich überhaupt nicht wie Klone, im Gegenteil. Und den sog. „wirklich kreativen Leuten“ steht auch keiner im Wege. Wie sollte das überhaupt gehen? Wie sollte man denen im Wege stehen? Indem man die entscheidenden Beamten exklusiv für sich reserviert? Ich glaube das Thema ist seit Raphael Huber durch… der wahre Grund ist wohl eher, dass esn diese wirklich kreativen Leute in Deinem Sinn einfach nicht gibt und dass die Projekte von Marc und Co. am Ende halt doch die besten und funktionstüchtigsten und schlussendlich auch kreativsten sind. Das mit den engen Beziehungen zur Stadtverwaltung ist eine ziemlich gefähtliche Unterstellung… findest Du nicht?
🙂 Gerolds Garten hab ich in Berlin 5 Mal gesehen. Und dann sind ja noch die ganzen Gastrosachen von Peclard … Und natürlich geben die verantwortlichen der Stadt Lokale an die Leute, mit denen Sie bereits zusammenarbeiten. Hei, wir sind in Zürich, hier ist Filz erfunden worden. Man duzt sich, man kennt sich …
Ein bisschen Filz will ich ja gar nicht bestreiten (wobei ich echt nicht weiss, ob zwischen den Genannten und der Stadtverwaltung einer existiert). Auch Peclards Sachen unterscheiden sich voneinander; Fischers Fritz, Schober und Pumpstation… wenn man nicht wüsste, dass die derselbe macht… Aber mal ganz pragmatisch; ein wenig filzen kann jeder. Es ist doch tatsächlich so, dass das Treiben im Milieu mit tödlicher Sicherheit viel mehr Stoff für Skandalgeschichten und Texte mit Crime-Titeln abwerfen würde. Und dort ist der Filz wohl meterdick und wird auch mit ganz anderen Mitteln „gepflegt“; das Chili’s dürfte wohl nur die oberste, letzte Spitze des Eisbergs sein. Da geht aber keiner wühlen.
Lieber Alex
das Verbrechen der von dir beschriebenen Szene-Inzestgrüppchen besteht nicht darin, Steuern zu hinterziehen oder andere illegale Aktivitäten (ausser dem Drogenkonsum in Clubs) zu fördern. Ihr Verbrechen besteht darin, uns ihre kriminell langweiligen M-Budget-Berlin-Klone (Blickenstorfer) und ihren Einheitsbrei (Gastroklüngel) als Innovation anzudrehen und wirklich kreativen Leuten mit ihrem Geld und ihrem dichten Netzwerk (gerade mit ihren Beziehungen zur Stadtverwaltung) den Zugang zur Stadt zu verwehren. Das ist mafiös.
Und ehrlich, Blickenstorfers Läden sind für Zürich, was Starbucks für die Welt ist. Daneben sind die Milieu-Figuren im Chili’s gleich ganz originell.
Apropos: Frag doch den Marc mal, woher das Anfangskapital für die Alte Börse GmbH stammt. 😉
Ein grosses Kompliment an REA! Voll ins Schwarze getroffen. Je mehr Marc Läden es gibt, desto weniger Platz ist für das andere, was hätte sein können. Die Läden sind vielleicht erfolgreich, aber der wirkliche Erfolgsfaktor ist, wie der Marc seine Organisation aufgebaut hat. Nämlich mit vielen Partnern (sicherlich rechtlich schlecht abgesichtert), die in diesen Läden (am Erfolg etwas mitbeteiligt) ackern wie blöd und Herzblut geben, weil sie denken, der Laden gehöre irgendwie ihnen (und nicht wie in Wirklichkeit mehrheitlich dem Marc).
So ist auch das Wachstum in relativ kurzer Zeit zu bewältigen. Die Gastrobarone von früher à la Tschanz haben nicht nur die Strippen gezogen und abgezockt, sind dafür auch nicht so schnell gewachsen.
Woher das Anfangskapital der Alte Börse GmbH stammt, weiss ich leider auch nicht, wüsste es aber gerne! 😉