Schnäppchen am Weihnachtsmarkt
Ich bin eigentlich kein grosser Fan von Weihnachtsmärkten. Normalerweise finden sich da Deko-Kunstwerkchen aus der lokalen Heimatwerk-Produktion, Glühwein und Christstollen. Doch gestern musste ich 20 Minuten am Hauptbahnhof warten und ich nutzte die Zeit, um durch den Weihnachtsmarkt in der grossen Halle zu schlendern.
Natürlich gabs auch da Laubsägearbeiten, die man sich an den Christbaum hängen kann, aber es gab eben auch die eine oder andere Überraschung. Zuerst einmal der Swarowski-Baum: Das ist wohl die meist fotografierte Geschmacklosigkeit der Stadt. Der Baum ist so kitschig, dass er beinahe schon wieder cool ist. Und diese wohl grösste temporäre Werbeinstallation der Stadt vermittelt uns ein authentisches Gefühl der Zürcher Weihnachten: Glitzer und Konsum. Aber der Baum selbst hat ja neben dem Werbeeffekt auch noch entfernt ein weihnachtliches Motto, was man von den ausgestellten Figuren rund um den Baum nicht unbedingt sagen kann. Ein Glitzertiger hats mir besonders angetan. Ich überlege fast drei Sekunden lang, wem ich sowas zu Weihnachten schenken könnte.
Drei kleine Holzhütten weiter wird mir von einer Blondine mit schwedischem Akzent Wodka angeboten. Ob wohl ich nicht ganz sicher bin, obs Wodka ist. Ich konnte sie nicht wirklich verstehen, der Akzent war so stark wie das Blond falsch. Aber der Stand ist sehr begehrt bei jungen Männern, die dort mit roten Nasen rumstehen. Zuerst wegen der Kälte, dann aus Schüchternheit, danach vom Alkohol.
Ich schlendere ein paar Schritte weiter und finde die ersten echten christlichen Symbole. Nein, es ist keine Krippe mit Esel, Ochs, Schäfern und Christkind. Es ist irgendwie eher vom anderen Teil des christlichen Glaubens: Ein Schwert, das Luzifer wohl an wichtigen Tagen tragen würde. Dazu gibts einen ungeheuer grossen Dolch, der mit seinen Zacken auf der Klingenrückseite sicherstellt, dass beim Herausziehen der Klinge die Eingeweide auch mit an die frische Luft kommen. Ich fühle schon etwas vom versöhnlichen Weihnachtsgeist. Einen Augenblick hoffe ich, dass keiner der jungen Männer von der Wodka-Bar sich nachher hier seine Weihnachtsgeschenke einkauft. Dass Alkohol und Schwerter nichts Gutes bedeuten, wissen wir schliesslich seit den Wikingern.
Ein paar Meter entfernt finde ich wirklich Frieden: Echtes weihnachtliches Nirwana. Inmitten vom geselligem Markttreiben sitzt Buddha und meditiert in halbem Lotussitz. Genauer gesagt sitzen da so viele Buddhas, dass alleine ihre Präsenz den Weltfrieden garantieren müsste. Offenbar sind Buddha-Statuen noch immer ein Renner für urbane, europäische Freizeit-Buddhisten. Solche Statuen sollten aber nur in Kombination mit einem Buch mit Dalai-Lama-Zitaten verschenkt werden. Als Kind meiner Zeit hab ich übrigens beides schon seit den 90ern bei mir zuhause.
Dass Weihnachten inzwischen wirklich ein kultur- und religionsübergreifendes Geschäft ist, wird mir an einem anderen Stand klar: Da bietet ein weit entfernter Cousin aus Nordafrika marokkanische Lampen an. Und etwas weiter finden sich indische Elefantengottheiten, die mit ihren Strasssteinchen den Bogen zum Swarovksi-Baum wieder schliessen. Es ist aber der letzte Stand, der für mich den weihnachtlichen Geist des HB-Christmarktes am deutlichsten ausdrückt:
Ich muss zugeben, der kleine Rundgang über den Weihnachtsmarkt war recht unterhaltsam und hat mir wieder mal den Blick für die wirklich wichtigen Dinge in der Adventszeit geöffnet. Nur, mein Geld mochte ich nicht da ausgeben. Ich glaube, dieses Jahr schenke ich meiner Schwiegermutter kein Monsterschwert und mein Göttibub bekommt auch keinen Buddha. Stattdessen trage ich mein Geld wohl hier hin.
31 Kommentare zu «Schnäppchen am Weihnachtsmarkt»
So einen Gutschein für Sonnenspiegel, Lichtcafés und Strandoasen http://www.tagesschau.de/schlusslicht/skandinavien-polarnacht100.html wäre auch in hiesigen Breitengraden der Renner und würde ich mit Vorliebe verschenken und auch selbst konsumieren. Frohe Weihnachten!
Der Gabentisch ist öd und leer,
die Kinder gucken blöd umher.
Da läßt der Vater einen krachen,
die Kinder fangen an zu lachen.
So kann man auch mit kleinen Dingen
den Kindern Weihnachtsfreude bringen.
🙂
Dank diesjährigem Durchackern der Monate September bis Dezember kam bisher bei mir keine „Weihnachtsstimmung“ auf – noch weniger, als ich zwischen indischen Take-Away und dem Handpuppen-Stand (mit einem Alice-Cooper-Verschnitt als Verkäufer) die alljährlich gleichen, sogar an demselben Ort stehenden, mürrischen Gesichter mit dieser ultra-weihnachtlichen Auslage von Silikonbackförmchen und Bauchnabel-Piercings umherzog und meinen Glühwein (nur echt aus der Konserve!) schlürfte..
Da passt das Frostmourne ja wirklich perfekt wie die Faust aufs Auge an die Spitze des Swarovski-Baumes ^^ eigendlich fehlen nur noch Weihnachtskugeln in Dürüm-Form und Glückskekse als Weihnachtsguetsli! 😀
Multikulti-Konsum-Pseudo-Weihnachtliche-Gemütlichkeits-Massenveranstaltung x_X
oder wie Loriot meinte: „Und jetzt sei ein bisschen gemütlich!“
Die Menschen sollten zu Weihnachten kreativer werden. Ein gebuchter lebender Elch für den Weihnachtsabend in Wohnzimmer/ Garten oder ein freudestrahlender Witze erzählender halbnackter Mann/ Frau in einer Krippe der/ die dann auch den Haushalt erledigt könnten den Unterhaltungswert der Tage enorm steigern.
Stattdessen trage ich mein Geld wohl hier hin.
schöner Artikel, nur klickt kein geld beutel auf
“ hier hin “
oder ist der Pfarrer Sieber- werbung bei euch
sonst würde doch sein konto da stehen…
übrigens gehe ich davon aus, dass das halbe
honorar vom artikel gemäss Jorge Mario Bergoglio
mit den armen geteilt wird!
Die Kontaktadresse ist am Ende des Sieber-Artikels.
Oi!
„Dazu gibts einen ungeheuer grossen Dolch, der mit seinen Zacken auf der Klingenrückseite sicherstellt, dass beim Herausziehen der Klinge die Eingeweide auch mit an die frische Luft kommen.“ HAHAHA so geil! Gut gemacht. Und auch nicht mehr so herumgemotzt wie sonst. We’re getting there! Siehste Reda, MEIN Gemotze hat ein bisschen gewirkt!
Schoen Festtage und kusschen aus der „stinkigen“ stadt (nyc),
Sara
P.S: Jaja, ich habe bereits gespendet an Sieber. All good!
Aber ich mag konstruktives arkastisches Motzen.
Zum Glück gibt es bei mir in China keine Weihnachten. Dieser zum reinen Kommerz verkommenen Anlass mit dem ganzen Klim-Bim hat mich früher schon gestört. Aber auf ein gemütliches und feines schweizerisches Weihnachtsessen mit der Familie hätte ich schon mal wieder Lust. Deshalb frohe Weihnachten an alle in meiner alten Heimat!
P.S. Und ja, ich weiss, der ganze Kitsch wird hier hergestellt, aber eben nur deshalb, weil er in der Schweiz gekauft wird. 🙂
ho-ho-ho, herr laugun – andere länder, andere titten, wie man so schön sagt! 🙂
ich denke mal an sie – prost nach china!
Vielen Dank! Ich denke dann Ende Januar an Sie, wenn wir das nächste Fest feiern, nämlich das chinesische Neujahr, auch mit etwas Klim-Bim, aber nicht so schlimm wie bei Weihnachten 🙂
Ni Hao Maiko!
Hier kann ich Ihnen (oder besser gesagt: Dir – man ist ja per Du unter Expats im Reich der Mitte …) mal unzensiert antworten – hoffentlich!
Mir ging/geht es nämlich genauso: ich hatte etwelche Mühe mit dem „Kommerz total“, wie er jeweis zu Weihnachten in der Schweiz „zelebriert“ wurde/wird … ! Da lobe auch ich mir das Chinesische Neujahrsfest: zwar unheimlich laut – aber (noch) nicht so sehr vom Kommerz versaut.
Auch ich wünsche allen Landsleuten in der guten (?) alten Schweiz ein besinnliches, fröhliches Weihnachtsfest – und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!
Freundliche Grüsse aus NanNing, Provinz GuangXi, VR China,
HansPeter Lechner.
…dabei hätte der göttibueb tränen in den augen gehabt vor freude über das schwert. damit hätte er noch ein paar jahre lang bei freunden angeben können (und den einen oder anderen notfalls enthaupten)
cooler text 😀
ich habe die erfahrung gemacht, dass man die dinger erst noch fein schleifen lassen muss – ansonsten sie beim enthaupten mehrmals kräftig zuschlagen müssen. 😉
.. und was hat der Titel mit dem Inhalt zu tun?
Bestimmt war das ironisch, an einem Weihnachtsmarkt (und dann noch in Zürich), gibt es mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Schnäppchen.
Hach, wenn ich am Baum vorbeilaufe, erinnert es mich irgendwie immer an Hundertwasser…
„The Absence of kitsch makes our life unbearable.“
mir gefällt das schwert. ein wenig pompös zwar, aber durchaus eindrücklich. und mir sind derartige äh weihnachtspräsente durchaus lieber als irgendwelche schwülstigen heuchler-accessoires, (wie beispielsweise haaarrrguccitäschchen). aber gut, wie wir ja wissen, ist das mein persönliches kleines problemchen. (achtung – doppelverniedlichungen – therapeutenalarm)! eine laser-kanone wäre auch cool. wir alle sind dem kommerz erlegen. und unser werter herr br schneider-ammann hat nun ja auch dafür gesorgt, dass der schwermetallbelastete spielzeugmüll aus china bei uns offene tore vorfindet. tjaja. weiter geht das grausame spiel. die nächste „echtholz“-krippe kaufen wir dann von da dorten. mit manga-figuren und aus edlem, veritablen pvc-holz…äh. ja. in diesem sinne, meine lieben – ein „frohes“ fest.
@KMS a PR:
Therapeutenalarm ?! Aber sicher !!
Und apropos „schwermetallbelasteter Spielzeugmüll aus China“ (Zitat); da kommt mir eine (wahre!) Geschichte aus der Schweiz in den Sinn: es war in den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, als die Story von den GIFTIGEN Ostereier-Farben die Runde machte. Wenn die Schale beschädigt war, konnte das Gift ins Ei eindringen … – und war für die Konsumenten (wohl vorwiegend Kinder!!) alles andere als ungefährlich! – Aber: anstatt das Verwenden dieses Mülls SOFORT zu verbieten, wurde den Produzenten erlaubt, ihren Vorrat an (echt gesundheisschädigenden!!) Eierfarben noch aufzubrauchen … – was dann aber noch gut drei (!!) Jahre gedauert hat.
Also, sehr geehrter Herr KMS a PR: wie wär’s mit zuerst mal vor der eigenen Türe wischen ?! (Womit ich nicht gesagt haben will, dass hier in China alles zum Besten bestellt ist … – aber die Devise: „Schweiz perfekt und China katastrophal“ hält halt einer genaueren Überprüfung auch nicht stand … !!!)
Das ist nicht Luzifers Schwert sondern Frostmourne! Tsk, Bildungslücke 😉
Ich spiel schon seit drei Jahren nicht mehr WoW. Und damals gehörte es einem Spieler namens LuciFair 😀
Haha! Beinahe so gut wie ‚Praystation‘, ‚Shambulance‘, oder ‚FearVorZwölf‘ 😀
Glückwunsch zum Ausstieg. Erliegen Sie nicht der Versuchung, WoW wieder anzufangen, man fällt schneller in Suchtverhalten zurück, als gut ist.
Es ist wirklich Frostmourne und ist das Schwert des Lich King.
Für die Horde!
🙂 Click! Recht haben sie reda, denn für die Lebendigen ist es wirklich wert….schöne Weihnachten noch…
shalömle frau feldmann! ich löse nun mein בר מצוהkonto auf und kaufe mir das schwert, jawoll!
🙂
Ich wusste ja, rittermänndle das sie das KAMEL sind, welches sie so SCHÖN verkocht haben, im zedernholz-Food-Blog…..:)
und ich wünsche ihnen schöne festtage, frau feldmann – bleiben sie nicht so wie sie so nicht sind, äh, oder so! 🙂
Auch nach 50 Jahren fahre ich noch in jeder Kurve gerade weiter….:) happy holidays Philipp…..im 2014 erwarte ich von ihnen das sie täglich einen eigenen Blog schreiben 🙂 und jetzt gehe ich Geschenke einpacken….
take care beim gradeausfahren, aber recht haben sie – machen sie’s gut.