CH-DJs: Tops und Flops

Der Romand DJ Luciano

Der Romand DJ Luciano

Das Londoner DJ Magazine hat an diesem Wochenende seine alljährlichen Top 100 der besten DJs der Welt veröffentlicht. Bezeichnenderweise liegen die beiden Schweizer in der Liste, Mike Candys und DJ Antoine, gleich nebeneinander auf den Plätzen 67 und 68.

Böse Zungen behaupten nun, dass Antoine Konrad alias DJ Antoine (Rang 68) und Michael David Kull alias Mike Candys (Rang 67) beim selben Anbieter für Onlinevoting-Klicks gelandet sind und diesem dieselbe Summe überwiesen hätten. Dann habe DJ Antoine aber vergessen für sich selbst zu stimmen. Auch wenn sich das ein wenig anders abgespielt haben dürfte, so vermitteln die DJ Mag-Top 100 ein streckenweise erbärmliches Bild, denn ein Grossteil der gelisteten Plattenleger dürfte sich seine Platzierung tatsächlich via eingekaufter Votes erschlichen haben, kennt man doch weder ihre Gesichter noch ihre Pseudonyme.

Und: Was hat der grosse Richie Hawtin, auch unter dem Namen Plastikman berühmt, neun Ränge hinter Mike Candys zu suchen? Dass da etwas nicht stimmen kann, dürfte auch dem Laien einleuchten. Die DJ Mag Top 100 mit ihrem rein öffentlichen und damit unkontrollierbaren Voting sind eine Farce. Es sind denn auch andere DJs, die dafür gesorgt haben, dass die Schweiz immer mehr als Hochburg für elektronische Musik wahrgenommen wird.

Dies ist der Verdienst von DJs, Produzenten und Labelbetreibern, für die Ranglisten-Plätze keine Rolle spielen, allen voran der Cadenza-Labelchef Lucien Nicolet alias DJ Luciano. Der Romand mit chilenischen Wurzeln zählt auf Ibiza, nach wie vor einer der weltweit wichtigsten Spots für elektronische Musik, zu den meistgebuchten und beliebtesten DJs, mit Residencies an den angesagtesten Partys, insbesondere jenen des Luxushotels Ushuaia Beach. Mittlerweile erhält Luciano jedoch Konkurrenz aus dem eigenen Haus und zwar in der Person seines Cadenza-Schützlings, des Baslers Andrea Oliva.

Auch er hat mittlerweile gleich mehrere Festanstellungen bei Top-Partylabels auf Ibiza, hat in diesem Jahr den Preis für den Ibiza-Newcomer des Jahres nur knapp verpasst und soll bisweilen seinen Ziehvater Luciano geradezu an die Wand spielen. Dies dürfte diesem egal sein, kann er doch von sich behaupten, Andrea Oliva fürs internationale Parkett entdeckt zu haben. Auch das Zürcher DJ-Duo Adriatique vermochte mit der Vertragsunterzeichung und erfolgreichen Veröffentlichungen bei Diynamic, dem Label des Hamburger Electronica-Stars Mladen Solomun, viel Staub aufzuwirbeln.

Last but not least wäre da auch noch der nach Vancouver emigrierte Berner Cyril Hahn, dessen Remixkünste von der Londoner Tageszeitung The Guardian mit einem ausführlichen Artikel gewürdigt wurden und dessen Tracks auf Youtube die Millionengrenze locker sprengen. Dies sind die wahren Botschafter einer elektronischen Schweiz. Eine Platzierung in den Top 100 des DJ Mags ist hingegen nur ein Hinweis darauf, dass man es vorzieht, mehr Energie in die Erreichung von Ranglistenplatzierungen zu investieren, als in die Musik.

Alex Flach

5 Kommentare zu «CH-DJs: Tops und Flops»

  • Castro sagt:

    Ok, ihr wollt nicht mehr über Hippster, Südkurve, Street Parade, etc. schreiben? Akzeptiert!
    Aber wenn dann so ein Artikel dabei rauskommt, dann lieber keinen Blog mehr für mich.

  • Hansi sagt:

    Es wäre interessant, wie diese DJs auf Youtube und Spotify&Co. abschneiden. Aber auch hier aufgepasst: Ein Remix mit Millionen von Klicks sollte nicht gleich zählen wie ein selbstproduzierter Titel.

  • tststs sagt:

    Treffer, versenkt!

  • adam gretener sagt:

    Mein liebster DJ aus Zürich, immer noch. Marianne aus dem Fizzen. Ein paar Platten im Migros-Sack und nur einen Plattenspieler. Dafür einen guten Musikgeschmack.

  • dominic short sagt:

    word!

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