Party-Crash im Problemviertel

Drinnen ist Party, draussen herrscht nicht Morgen-, sondern Abenddämmerung.

Drinnen ist Party, draussen herrscht nicht Morgen-, sondern Abenddämmerung.

Samstagabend in Zürich: Vier Polizisten sind nötig, um den jungen Mann (kräftig, kahlgeschoren, Typ Schweizer) abzuschleppen. Obwohl er in Handschellen ist, windet er sich, tritt mit den Beinen in alle Richtungen und beschimpft die Beamten mit den Worten: «Wenn ich euch noch einmal wieder sehe, schiesse ich euch eine Kugel in den Kopf!» – «Sowas sollten Sie aber nicht zu uns sagen», erwiderte die Polizistin freundlich und unbeeindruckt. Sie ist sichtlich um Deeskalation bemüht. Die Leute gaffen.

Solche Szenen finden sicher Wochenende für Wochenende statt, denkt man. Doch etwas ist an dem Vorfall besonders. Denn eingangs Beschriebenes ereignete sich nicht morgens um fünf in den Ausgangs-Kreisen 4 und 5 – während der «Stunde der Idioten», wie die Polizei es nennt – sondern um 21 Uhr in jenem Quartier, wo die Leute gerne ihre Statussymbolen ausführen: im Kreis 1. Nicht im «Balkanviertel», wie einige das Ausgangsquartier in Zürich West verächtlich nennen, sondern im Bankenviertel also – doch dieser Witz hat einen bitteren Nebengeschmack.

Selbst die Polizei attestierte: «Solche Einsätze fahren wir gewöhnlich erst später in der Nacht». Vor diesem Lokal aber findet das Nachtleben zeitlich verschoben satt, denn man öffnet die Pforten schon um 15 Uhr am Nachmittag. 21 Uhr entspricht somit  fünf Uhr morgens in einem Club, der erst um 23 Uhr öffnet. Wir jedenfalls haben seit unserer Pubertät nicht mehr so früh am Abend so viele sturzbetrunkene Leute, am Boden kauernde, weinende Mädchen, zerschellte Gläser und stets sich anbahnende Raufereien gesehen, ungelogen. Würden da nicht ein Maserati und ein Jaguar in gefährlicher Reichweite der Schlägerei parken, man wähnte sich in einem Hinterhof in Baltimore in der Fernsehserie «The Wire».  Aber es ist ja nur ein uns unbekannter Teil des Zürcher Nachtlebens, einfach bereits am frühen Abend. Wir flüchteten in den Kreis 4, direkt an die Langstrasse, wo wir uns schon wieder viel sicherer fühlten.

47 Kommentare zu «Party-Crash im Problemviertel»

  • Chris Heyduk sagt:

    Kann ich nur bestätigen. I wohne im Umfeld von Valman, Jade und 2akt und hab auch schon einiges gesehen. Ich würde auch davon abraten, das Auto in besagter Gegend über Nacht zu parkieren oder zumindest nichts im Auto liegen zu lassen.

  • Tom Mueller sagt:

    Immer wieder schoen, wie aus einer einfachen Geschichte eine Spiegelbild der Gesellschaft herbei-kreiert werden kann. Lasst doch einfach mal eine Geschichte eine Geschichte sein. So kann man sich auch mal ganz einfach daran erfreuen.
    Auf jeden Fall ein weiteres Danke an die Blogschreiber, dass Ihr Euch auch in den Kommentaren mittummelt. Dies ist echter interaktiver Journalismus. Gefaellt.

  • Manuel sagt:

    Was z.B in Deutschland bereits seit Jahren passiert kommt nun auch in die Deutsch…
    Der Ausgang hat heute so einen Stellenwert… Ist teilweise fast schon Peinlich… als gäbe es z.B in der reichen Schweiz keine andere Möglichkeiten sich zu amüsieren.
    Grundsätzlich finde ich es gut, das man solche Berichte postet – geschönte Partybilder gibt es auf diversen Plattformen.

  • Markus Hutter sagt:

    Erinnert mich an London. Mit der UBahn um 22:00 von der City in die Suburbs.

    • Reda El Arbi sagt:

      In London sind die Leute immer noch mental darauf eingestellt, dass die Pubs um 11 schliessen. Um 5 ins Pub, um 9 besoffen um 11 schwanger oder besoffen auf dem Randstein 😀

  • IVan sagt:

    Es geht hier nicht um Banker. Diese Parties finden ab und an am Samstag statt. Für das Shopping-Publikum. Es sind die gleichen Leute die auch die ü175 Parties organisieren. Wer am Samstag im K1 unterwegs ist, sieht nicht K4 oder Züri-West oder den Zürichberg, Goldküste oder die Parkside – Er sieht …..schwierig zu sagen; die Schweiz? Das Konzept mit 15.00 Türöffnung ist also somit offengelegt (Samstags). Nun aber die Kritik am Text; diese Parties sind nicht das Stammgeschäft. Wird aber so dargestellt. Es geht auch nicht um das klassische Publikum (Arbeitstätige aus dem K1 und Anhang). Natürlich ist es schon eher die (teilweise auch nur temporär) kaufkräftigere Kundschaft. Beim zweiten Durchlesen und im Glauben, dass es sich um wirklich junge Menschen (Mädchen) handelt, und vorausgesetzt es handelte sich um diese Samstag Events; würde ich auf die Belegschaft von zwei verschiedenen Internaten tippen. Eins oder zwei Villen ohne Eltern, also steigen Riesenfeten am Weekend. Nur mal so laut gedacht.

  • Marcel sagt:

    Ist ja logisch im Bankenviertel beginnt die „Stunde der Idioten“ halt schon bald mal nach Feierabend. Und mit der Happyhour wird das alles noch kräftig „geleveraged“ – Vor allem besoffene Banker können dann ganz unerträglich werden – da schlägt dann der „Masters of the Universe Groove“ voll durch! Da hilft nur noch die Flucht in den Kreis 4 oder 5, wie der Autor richtig bemerkte

    • Die stunde der Idioten findet da leider schon ab 9.00 Uhr morgens statt.

    • roberto idioto sagt:

      @Marcel: Völlig am Thema vorbei geschossen. Aber die Vereinheitlichung der Banker und das Bashing dergleichen ist ja momentan sehr populär. Deshalb haben vermutlich auch die beiden Folge-Kommentatoren nicht gecheckt, dass es Blödsinn ist was sie schreiben. Die ersten 3 Worte im Text lauten: Samstagabend in Zürich.
      Folglich hat die hier beschriebene Situation vordergründig rein gar nichts mit Feierabend und Banker zu tun.

      Bedauerlich, dass Sie sich nicht mehr Zeit nehmen die Beiträge richtig zu lesen.

    • Anton sagt:

      Marcel, wenn du irgendwo in der Stadt Happyhour siehst, dann würde ich der Polizei anrufen. Die sind nämlich Verboten in der Stadt. Vondahre hast du entweder keine Ahnung oder bist einfach neidisch, dass es Leute gibt, die sich schon am frühen Nachmittag abschiessen können/dürfen, ohne Reue.

  • Yves Kueng sagt:

    Dachte schon Reda El Arbi haette endlich eine lustige Kolummne geschrieben. Aber es war David Sarasin, haha. 🙂
    Nichts fuer ungut, Herr El Arbi

  • Michael Haenni sagt:

    War auch schon im Valmann, ohne Probleme, Hier wird aus der Maus ein Elefant generiert. Im und vor Kaufleuten, Indochine, etc. gab’s schon dutzende Vorfälle. Darüber wird selten bis nie geschrieben. So ein Zufall.

  • Pascal Sutter sagt:

    Wird heute tatsächlich mehr gesoffen als damals™?, das frage ich mich schon die ganze zeit. ich kann mich wirklich nicht erinnern soviel „harten Alk“ reingeschüttet zu haben.

    • Reda El Arbi sagt:

      Das „nicht erinnern“ kann durchaus mit dem harten Alk zu tun haben 😀

      • Pascal Sutter sagt:

        aahha. war wohl eher das grüne kraut : ) hmmm… vielleicht waren wir in den neunzigern weniger unter druck und hatten daher nicht soviel dampf abzusondern. ich meine, heute muss man schon eine bewerbung für eine schnupperlehre schreiben und mit 13 wissen, ob man in die lehre oder ins gymi geht. da würde ich auch das wochenende saufen wollen…

    • Thomas Meier sagt:

      Ja, klar, und die Sprache wird immer schlechter, die Jugendlichen immer krimineller, die Armen immer ärmer und die Wäsche immer weisser. Wir müssten längst in einer Welt leben, in der es nur noch Gewalt und Armut gibt, wir uns nicht mehr verständigen können und die Kleider so sauber sind, dass sie durchsichtig werden nach ein paar Waschgängen.
      Wenn man sich die Statistiken anschaut ist meist genau das Gegenteil der Fall. Noch nie gab es so wenig Gewalt und Armut. Mit steigender Bildung und dem Wirtschaftswachstum, ist unser Lebenstandard stets gestiegen und die Gewalt hat abgenommen. Mit dem Alkohol ist es genau so. Vor hundert Jahren haben sich viele Leute täglich betrunken, was ganz war normal und um die negativen Folgen von Alkohol hat sich kaum jemand gekümmert. Was heute als Problem betrachtet wird, hat man früher gar nicht beachtet.

      • Andre Kunz sagt:

        Heute brauchen die Medien auch immer etwas zu schrieben, so kann ein kleines Problem sehr schnell zu einer Staatsaffäre werden, bei der Empörungskultur die wir mittlerweile pflegen.

  • Gaffer sagt:

    Stadblog delivers! Ich bedanke mich recht herzlich für diesen Tip, ich ergeötze mich recht gern an betrunkenen rüpeln und weinenden Mädchen, komme aber meist nicht auf meine Kosten, weil ich gerne um Mitternacht, spätestens ein Uhr schlafen gehe…
    Demnächst bin ich also auf dem Trottoir auf der gegenüberliegenden Strassenseite an zu treffen, in respektvollem Abstand vom Geschehen. Ich bin sicher das wird fast so cool wie die Masoalahalle oder das Affenhaus.

    • Luce sagt:

      Hat sie das Ende der Talkshows so schwer getroffen? Sie scheinen ja verzweifelt nach einer neuen Möglichkeit zu suchen, ihr Ego durch das betrachten von (vermeintlich) dümmeren Kreaturen aufzupolieren. Stellt sich bloss die Frage, ob sie wirklich der Gaffer sind… …oder vielleicht doch der Begaffte.

      • Gaffer sagt:

        Die Frage, wer wen begafft stellt sich ja auch im Zoo. Das Ende der Talkshows ist in der Tat bedauernswert. Es ist ja auch nicht weit her geholt, jemanden der Kommentare in der Onlineausgabe einer Zeitung schreibt mit jemandem der Talkshows guckt gleich zu setzen; es sind genau die selben Leute die am Montagvormittag nichts zu tun haben.

        • Zaunsitzer sagt:

          Applaus.

          • Keinstein sagt:

            Herr Gaffer!
            Bitte nehmen SIe mich mit beim Bordsteinboarden, ich als abgehalftertes Talkshow-Groupie weiss nichts mit meiner üppigen Freizeit anzufangen, da die Gerichts- und scripted reality-Shows meinen Intellekt übersteigen.
            Ich täte Ihnen auch gerne ein Bier offerieren, alleine nur wegen Ihres pointierten Konterkommentars.

  • Sherlock sagt:

    Valman

    • Kaller sagt:

      @ Reda El Arbi: Sie scheinen bewusst den Namen des Valmans nicht genannt zu haben. Absicht? Gehört es nicht zum guten Journalismus Transparenz zu schaffen? Scheinbar wussten sie mit definitiver Bestimmtheit dass der kahlgeschorene ein Schweizer war (ich weiss, diese Info ist in der heutigen Zeit besonders relevant). Aber der Name des Clubs etwa nicht? Meine ganz einfache Frage: Warum nannten Sie den Namen des Clubs nicht? (auswärtige würden nie auf Valman kommen denn die wissen gar nicht wo das ist). Diese Info wäre doch relevanter als die Info wie die Frisur (oder eben nicht Frisur) des verhafteten Schweizers aussah.

      • Reda El Arbi sagt:

        Wir waren nur einmal da, haben gerade diese Szene erlebt. Wir würden auch einen Club im Kreis 4 nicht deshalb an den Pranger stellen. Wir sind Blogger und erzählen Geschichten, wir machen nicht News-Journalismus. Hier liegt die Wahrheit in der Atmosphäre, nicht in den Fakten.

        • Kaller sagt:

          @ Reda El Arbi: Hat ja nichts mit Pranger zu tun, sondern mit falscher Rücksichtsnahme. In anderen Blogs erwähnten Sie die Clubs (vermutlich halt immer etwas noch Werbung dabei), aber kein Problem, jetzt weiss man ja um welchen Club es sich handelte (obwohl Valman nicht wirlich ein Club im eigentlichen Sinne ist, eher eine Bar mit etwas Musik- und Tanzbetrieb am Wochenende). Und war der verhaftete kahlgeschorene dann definitiv Schweizerbürger? Oder liegt auch dort die Wahrheit (in wohl ihrer) Atmosphäre begraben oder ist nur alles einfach eine Geschichte eines Bloggers

          • David Sarasin sagt:

            Wir schreiben nirgends Schweizer Bürger sondern nur: Typ Schweizer. Und erzählen damit bloss eine gegenteilige Geschichte, als sie sonst gerne erzählt wird: junger Balkantyp in einschlägigem Lokal im Kreis 4 verhaftet.

          • Adam sagt:

            Kaller, Sie mit ihrem ewigen Schweizerbürger, also echt jetzt. Das – Valmann übrigens – ist auch bei Eishockeyspielern beliebt, und das sind allermeistens so richtige zünftige Schweizer. Und nun? Das ist ja fast schon manisch.

          • Kaller sagt:

            boker tov Adam, nun, mir ist es tatsächlich egal, welche Nationalität jemand aufweist. Es geht nur um transparentes Schreiben, damit ja keine falschen Eindrücke erscheinen oder entstehen können. Ich selber verurteile Gewalt ob diese jetzt von CH-Bürgern oder von Menschen mit anderen Nationalitäten ausgehen.

          • Adam sagt:

            Rhabarber, Rhabarber. Hören Sie mir auf mit ihren Räubergeschichten.

      • Kurt Bachstett sagt:

        @Kaller
        Das nennt man Gonzo Journalismus

        • Lena Lu sagt:

          Erstaunlich wie häufig im Zusammenhang mit Clubgeschehen und Kolumnen im Tagi in letzter Zeit Transparenz gefordert wird…würde das nur im Wirtschaftsteil auch so häufig gerforndert werden…

  • KMS a PR sagt:

    welcome to real city-life. aufgrund perspektivenlosigkeit, härterer gangart im job, wohlstandsegeneration, aufgestautem frust, etc-etc. werden eskalationen, gerade in den ballungscentren, je länger je mehr zunehmen. die „erdung“ fehlt halt einfach, trotz all den schönen, netten neuzeitlichen kompensationen. auch im zuge unserer globalen entwicklung, fallen anstand, sittlichkeit, respekt und der situation angemessenes verhalten weg-; ob bei den banker-szene-schnöseln im kreis 1, oder beim multi-kulti treff im 4i. die gewalt als zeichen höchster unzufriedenheit, ohmacht und überforderung, wird sich in vollem masse in den städten entladen. mir tun die polizisten jetzt schon leid. u.a. die politik ist gefordert, um den zukunftsglauben und die zufriedenheit der bürger wieder herzustellen.

    ich für meine person, werde mittelfristig wohl auswandern – in ein land, das es einem noch ermöglicht, perspektiven wahrzunehmen ohne an jeder ecke über den tisch gezogen zu werden. lieber etwas weniger „wohlstand“ zu gunsten eines „zufriedenen“ lebens.

  • Alex sagt:

    und wo isch jetzt de club bzw. wie heisst de?

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