Morgens um sieben im … Belcafé

Fast wie Mailand: Das Belcafé verströmt grossstädtisches Flair.

Bisher haben wir vor allem über Cafés als städtische Oasen berichtet, wo man verweilen und wohin man sich zurückziehen kann. Anders verhält es sich mit dem Belcafé am Bellevue. Man müsste bei diesem Café im Zentrum der Stadt von einem Drive-thru sprechen. Hier behalten morgens um sieben alle ihre Jacken an. Die meisten sitzen allein an der silbern glänzenden Bar, ein paar rauchen draussen an den Tischen, Zeitung lesen nur wenige. Für den ersten Boxenstopp des Tages müssen ein paar Minuten eben reichen.

Im Belcafé ist man auf den immensen Andrang vorbereitet: Unterteller mit Trikolore-Logo liegen reihenweise bereit, Kaffee tröpfelt stetig aus den Maschinen, die Belegschaft in der einheitlichen Arbeitskleidung rotiert souverän. Man glaubt sich für einen kurzen Moment in Mailand oder Rom.

Jenseits der Fensterscheiben dieses Cafés verschieben sich die Menschen stromweise entweder in Richtung Paradeplatz oder zur Uni. Ein Tram nach dem anderen fährt ein. Die Wohlstandsmaschine ist gut geschmiert, denkt man. Auch wenn kurz darauf einer mit Besen und Eimer in der Hand auf den Tischchen direkt vor dem Belcafé tanzt und brüllt. Er ist ganz allein.

Der Soundtrack zur Szenerie: Backstreet Boys, Bee Gees, Abba – es könnte Radio 1 sein. Es spielt aber keine Rolle. Das Belcafé ist ein Ort der knappen Zeit und keiner des Müssiggangs – oder gar der Kontemplation. Man verlässt den tausendmal begangenen Pfad zur Arbeit bloss für eine oder allerhöchstens zwei Kaffeelängen.

Draussen schimmert derweil der See, der Tag nimmt Formen an. So anmutig wie um sieben wird es aber nicht mehr, denkt man. Stunde um Stunde verliert der Tag an Unschuld, wird immer greller, denkt man. Zumindest bis man sich nach Sonnenuntergang in einer Bar wiederfindet. Das aber ist eine andere Geschichte.

Hier geht es um den Morgen – und um Kaffee. Der schmeckt im Belcafé ausgezeichnet. Mehr noch: Er ist so stark und würzig, wie man sich Kraftstoff bei einem Boxenstopp vorstellt. Auch die Cornetti schmecken. Dazu kommt diese spektakuläre Aussicht, man befindet sich mitten in einem Wimmelbild. Doch die Zeit bleibt knapp. Um nicht aufzufallen, verschwinde ich nach 15 Minuten wieder. Zudem findet man im Belcafé keine Toilette, sondern muss sich auf die andere Seite der Tramgeleise bewegen.

www.belcafe.ch

14 Kommentare zu «Morgens um sieben im … Belcafé»

  • Adam sagt:

    Ich weiss nicht, ich weiss nicht. Ich konnte mich nie anfreunden. Zu kalt, zu geschäftig, zu unpersönlich.

    a) ich fand mal beim Heuried ein Funkgerät der VBZ auf einer Bank und brachte es zurück. Kein Problem. Als „Dank“ bekam ich einen VBZ-Bleistift mit abgebrochender Spitze und einen abgelaufenen Gutschein für einen Kaffee beim Belcafe, was ich aber erst merkte, als ich den Kaffee schon bestellt hatte. Die Reaktion des Personals war – äh – grenzwertig. Und ich spazierte aus lauter trotz aus dem Raum mit Flüchen beworfen.

    b) der Lagerfeld-Verschnitt mit Mantel, Sonnenbrille und Hund knurrt gerne Gäste an, die ihm angeblich zu nahe kommen.

  • Karin sagt:

    Für mich, der nur am Wochenende zu Hause frühstückt, ist das Belcafé der ideale Ort auf dem Weg ins Büro. Ein Treffpunkt war es früher und ist es heute. Entsprechend laut ist die Geräuschkulisse, vor allem am Morgen. Für manche Menschen, die einsam sind, ist das Rondell ein Ort, der lebt, an dem man sie freundlich bedient und sie ihr Alleinsein für einen Moment vergessen lässt. Ich bin am Morgen noch nicht so gesprächig. Mir gefällt, dass die Mitarbeiter(innen) immer schon wissen, wie ich meinen Kaffee am liebsten trinke. Und der ist im Belcafé heiss, stark, gut und mit 3.90 Franken ein Preis-Leistungs-Scnäppchen – für Zürich. Kommt man am Abend spät aus dem Büro und verpasst das Tram, kann man auf ein Glas und eine Tranche Pizza einkehren. Gäbe es das Belcafé nicht, wäre Zürich um einen wichtigen Ort ärmer. Aber das kann natürlich nur beurteilen, wer regelmässig dort ist.

  • maia sagt:

    Früher war das Bellevue-Rondell ein wunderbarer Treffpunkt! Rund um die Uhr konnte man sich da treffen, quatschen, singen, tanzen, trinken, rauchen, notfalls sogar schlafen. Man war nie allein, irgendjemand war immer da. Leider muss in Zürich aus allem Geld gemacht werden. Deshalb war ich auch noch nie da. Lieber trink ich meinen Kaffee ein paar Meter weiter im Deli: Sehr freundliche Bedienung, super Sändwichs, leckere Suppen und Salate und der Kaffee kostet nur 3.90!

  • KMS a PR sagt:

    herr sarasin – gibt es auch WURSTweggen in cafés?

  • KMS a PR sagt:

    gibts da auch alkohol? – ich habe mir seit meinen militärzeiten angewöhnt, zum espresso jeweils einen weissen martini zu bestellen.

  • Mathias sagt:

    Ja, der Caffè ist wirklich sehr gut. Keine Säure- und auch keine Bitterbombe, sondern eben ein richtiger Illy-Caffè, sodass es fast ein Hohn ist, wenn ein Durchschnittszürcher in dieses auch architektonisch spannende Lokal reinhumpelt und nach «Gaffigräm» verlangt.

    Leider hat eine Begebenheit meinen sonst zufriedenen Eindruck getrübt, als nämlich der Chef de Service (einer der wenigen Schweizer Angestellten beim Rosenberger-Imperium) die ihm gereichten fünf Franken einkassierte, ohne mir danach Rückgeld zu geben. Er beachtete mich dann auch nicht mehr, sondern ging seiner Putzen-umräumen-delegieren-Arbeit nach als wäre nichts geschehen. Das was vor etwa drei Jahren, und seither ist es gelaufen zwischen mir und dem Belcafé.

    • Fredi Feuz sagt:

      Ich geniesse seit Jahren den ausgezeichneten „Gaffigräm“ im Belcafé. Jeder 11. ist übrigens gratis!

    • Anna sagt:

      Ja, das mit dem automatischen einkassieren des Trinkgelds ohne Rückgeld ist mir dort auch schon passiert. Da war ich auch etwas pikiert.
      Auf der anderen Seite ist die Bedienung dort wirklich sehr speditiv und man erhält immer genau das was man will – im Gegensatz zu vielen anderen Cafes in Zürich.

  • gd sagt:

    chapeau herr sarasin.sie evozieren sehr angenehme und wohltuende bilder mit ihrem schreiben.

  • Claudio sagt:

    In der Tat, dort bekommt einen sehr feinen Kaffee (Espresso), alles geht schnell und tip-top sauber und freundlich.

  • Gunnar Jauch sagt:

    Es ist wahr — der Kaffee im Belcafé ist phänomenal und die Bedienung gut gelaunt und freundlich. Und dazu gibt’s noch ein Guezli!

  • Daniel sagt:

    Ich war noch nie dort, aber das Cafe sieht sehr Appetitlich und Sauber aus dort! Ich denke das Cafe kann man Problemlos weiterempfehlen!

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