Morgens um sieben im … Café Lang

Wo in Zürich gibt es eigentlich sonst noch klassische Pains au chocolat?

Morgens um sieben in einem Café zu sitzen, anstatt übers Trottoir zu hetzen, ist ein Luxus, den man sich wenn möglich öfter leisten sollte. Deshalb haben wir ja diese Serie gestartet. Und vielleicht hat das Im-Café-Sitzen ja auch etwas Subversives, bedenkt man, dass die eigene Energie in dem Moment nicht einer Firma oder einem Kunden zugutekommt, sondern bloss der eigenen gesteigerten geistigen Aktivität dient.

Das ist jetzt alles völlig übertrieben, aber es trifft trotzdem einen Punkt. Weshalb wir vom Stadtblog der Meinung sind, man sollte die spezifische Tätigkeit des Herumsitzens wieder mehr kultivieren. Wie das in Wien ja auch getan wird, wo Menschen tagelang in Kaffeehäusern lesen.

In Zürich aber gibt es wenige Einrichtungen, die dem Namen Kaffeehaus gerecht werden. Wir reden hier von grosszügigen, hellen Räumen, Bedienung in gepflegter Kleidung, gutem Kaffee und genügend gepolsterten Sitzmöglichkeiten, wo man ein paar Kaffees lang sitzen bleiben kann. Okay, das Odeon käme wohl infrage. Oder neu sicher auch das Café Lang am Limmatplatz, wo bis vor kurzem noch das El Greco beheimatet war.

Im diesem Café Lang haben wir uns dann auch um sieben schon niedergelassen, gerade als der Laden öffnete. Man sitzt auf einer dieser elegant gestreiften gepolsterten Sitzbänke, bestellt Milchkaffee – der übrigens wunderbar stark ist im Lang – und beäugt gespannt den Betrieb auf dem Limmatplatz. Bald schon kommt eine junge Kellnerin angerauscht und bringt das frische Pain au chocolat (Wo kriegt man das in Zürich eigentlich sonst noch?). C’est bon ça! Das kommt dem, was man sich unter einem Kaffeehaus vorstellt, schon recht nahe, denkt man.

Die Musik ist zwar eher auf morgens um vier getrimmt, kurz bevor man nach Hause geht. Es dringen Air, Bon Iver und anderer schwelgerischer Pop aus den Lautsprechern –  Entschleunigung schon kurz nach dem Aufstehen würden einige es nennen, wie wenn man aufsteht und erst mal eine raucht. Man wähnt sich jedenfalls schnell auf einer Art innerstädtischen Insel. Und genau das will man ja erreichen, besucht man morgens noch vor der Arbeit ein Café. Hier gelingt es!

Die Zeitungen sind auf Lesegerüste aufgezogen, die einem beim Blättern helfen sollen. Was ganz gut klappt, ausser dass man den ersten Buchstaben in der ersten Spalte nicht immer ganz lesen kann. Man wählt zwischen «Wall Street Journal», «New York Times», «Tages-Anzeiger» und NZZ. Wir sagen es mal so: Zürich braucht mehr Cafés wie das Lang. Rückzugsorte, die einem für einen kurzen Moment Schutz gewähren vor dem, was da draussen alles so los ist. 

Apropos Rückzugsorte. Die Toilette im Lang ist ebenfalls einen Besuch wert.

Café Lang, Limmatplatz 7, 8005 Zürich. www.cafelang.ch

15 Kommentare zu «Morgens um sieben im … Café Lang»

  • Christian sagt:

    Im Lang wissen sie nicht mal, was ein Café complet ist … Kein Vergleich zum el greco oder Mühlebach oder auch Mandarin. Cool und szenig tun reicht nicht.

  • barbara sagt:

    hmmm… also, wenn ich den dienst habe der um 8 anfängt… dann könnte ich den zug nehmen wie für auf den frühdienst (weniger Pendler) und könnte dann gepflegt auf dem arbeitsweg noch frühstücken… dem sagt man doch: lebensqualität schaffen.

    Herzlichen Dank für die Serie. Ich lese Euch gern und oft habe ich das Gefühl, ich kann die beschriebene Ambiance spüren. Kompliment.

  • Oida, wos? sagt:

    Warum im Zusammenhang mit dem Café Lang immer wieder „Wien“ und „Kaffeehaus“ aufkommt ist mir schleierhaft. Das Lang ist ein typisches zürcher Szene-Café mit von A-Z inszeniertem Innendesign samt künstlicher Patina und stilistisch völlig zusammengewürfelt: Caritaslampe meets Horgen-Glarus Beizentisch, wie man’s halt von zürcher Szene-Cafés kennt. Das ist nicht unsympathisch, sogar gemütlich, aber sowas von meilenweit entfernt von einem Kaffeehaus wie man es in Wien vorfindet; da hilft auch 1x die Woche Wiener Schnitzel mit „Vogerlsalat“ nix. Vogerlsalat ist übrigens einfach die österreichische Bezeichnung für Nüsslisalat. Warum man einen Kartoffelsalat mit ein paar Röschen Nüsslisalat drin unter „Vogerlsalat“ verkauft macht für mich als Österreicher keinen Sinn. Das wäre, wie wenn man „Tomatensalat“ auf die Karte schreibt, und dann einen Eisbergsalat mit zwei drei Tomatenschnitzen drauf serviert.

  • Carles Mayor sagt:

    Ein wunderschöner Café, der Service bei meinem Besuch vor einer Woche weniger, nach dem Motto „Jaaah nicht freundlich und aufmerksam sein, es könnte uncool wirken“…

  • Hans sagt:

    Das beste Pain au Chocolat weit und breit. Grund genug immer wieder mal hinzugehen.
    Bloss schade, dass die Stühle draussen so unbequem sind. 🙁

  • Winner sagt:

    noch besser: die mitarbeitertoilette benutzen. ein wahres erlebnis.

  • Paul sagt:

    Wirklich die New York Times? Die gibt es meines Wissens nämlich nirgends in Europa (ausser selbst ausgedruckt), ein Abo würde mehrere 1000 Franken kosten und mindestens 2 Tage verspätet in Zürich eintreffen. War es nicht die International Herald Tribune wie sonst üblich? Aber wenn das stimmen sollte, wäre das Grund allein, ins Cafe Lang frühstücken zu gehen!

    • Heinz Moser sagt:

      IHT wird neu die International NYT… aber damit kaum viel lesenswerter, wenn man die ‚richtige‘ NYT kennt und schätzt. Sei’s drum.

  • Pascal Sutter sagt:

    Naja. Das Lang ist ok, aber das El Greco fehlt mir. Genauergenommen fehlen mir dort Menschen, die nicht im Kreativbusiness tätig sind oder studieren.

  • Thomas Maurer sagt:

    Ist ja mal zur Abwechslung eine richtig gute Kritik über ein Zürcher Café. Ich werde demnächst also dementsprechend auch mal dort hingehen. Und wenn der Kaffee dann so gut ist wie im ehemaligen „El Gréco“ gibt’s demnächst dort einen Stammgast mehr. Leider hat die Service-Wüste Zürich nicht viele solcher Oasen…

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