Stadtrats-Ersatzwahlen: Das Kuschelkarussell

Die Stadtparteien aller Couleur wollen das Kuschelkarussel im Stadtrat nicht stören.

Die Stadtparteien aller Couleur wollen das Kuschelkarussell im Stadtrat nicht stören.

Die diesjährigen Stadtratsersatzwahlen für den scheidenden Martin Vollenwyder verbreiten die Spannung eines ausgelutschten Kaugummis: Fad, farblos und eigentlich bereits gegessen. Wir haben nichts gegen die Kandidaten. Wie sollten wir auch? Wir kennen sie nicht. Es wird ja kein Wahlkampf geführt. Es gibt nur taktische Absprachen.

Taktische Wahlen sind doch immer ein wenig Verarschung der Demokratie und der Wähler, nicht? Da gibts nur den FDP-Kandidaten Marco Camin, der aus taktischen Gründen von breiter Seite favorisiert wird. Aber was soll man von einem Politiker halten, der sowohl von der SVP, der CVP, der FDP, der Hälfte der Grünen  und auch einem prominenten Teil der SP unterstützt wird? Dass er kein Profil hat? Dass er ein Fähnchen im Wind ist? Dass er der kleinste gemeinsame Nenner ist, oder das kleinste Übel für alle Parteien? Wo bleibt da der Kampf im Wahlkampf? Wo die Diskussionen, der Streit um Ideen? Und wo, bitte, bleibt die Unterhaltung für die Wähler, wenn schon keine politische Auseinandersetzung oder Positionierung stattfindet? Aber egal, Camin ist sowieso bereits so gut wie gewählt.

Der Kandidat der GLP, Daniel Hodel (wer?), hat das gleiche Problem der konturlosen Beliebigkeit, nicht in seiner Person, aber in seiner Partei. Niemand weiss gerade genau, wohin die GLP eigentlich will. Oder wer zum Teufel ihr Kandidat ist. Und dann ist da ja noch der Kandidat  Wolff von der AL, von denen ich immer das Gefühl hab, sie kommen direkt aus Winterthur in den 90ern. Seit die SP  in der Stadt tonangebend ist, fürchten sich Grüne und Linke, klare Konturen und kantige Köpfe zu zeigen. Aber Konsens können sie von mir aus später in der Zusammenarbeit anstreben, im Wahlkampf erwarten wir Ideen und Visionen.

Und die SVP? Gerade aus dieser Ecke hätte ich mehr erwartet. Die Partei der Polterer, Trötzler und Twitterer hätte sicher die eine oder andere Persönlichkeit, die etwas Lärm in diese Ersatzwahl hätte bringen könnte. Aber nein, sie unterstützen jetzt Allerwelts-Camin, damit die FDP ihnen später auch einen Gefallen schuldig ist. Milchbüechli-Strategen rechnen mit Stimmen, statt mit Ideen zu punkten.

Und diesmal finden die Ersatzwahlen auch ohne Joker statt. Niemand, der aneckt und auffällt, oder wenigstens die Wähler unterhält. Können Sie sich noch an Hans Ulrich Flückiger erinnern, der 2010 als Stadtpräsident kandidierte? Besser bekannt als «Hanf-Ueli». Den mochte ich. Nicht, weil er irgendwas Vernünftiges vertrat, sondern weil er Farbe in die Politik brachte. Oder Etienne Rainer, der Urzeit-Partyfrosch mit seiner «Sunneboge Party»? Der vier Mal (!) für mehr Techno in der Stadt fürs Stadtpräsidium kandidierte? Die hatten wenigstens Unterhaltungswert und Farbe. Nicht mal Philipp Meier, das Enfant Terrible der etablierten Kreis 4-Kunstszenis mit seiner «Party Partei», lässt etwas von sich hören.

Da wundern sich die Leute, wieso sich niemand mehr für die politischen Prozesse interessiert. Wenn man aber das Harmonie-Karussel der Wahltaktiker anschaut, ist einem klar warum. Absprachen, Kalkül, Verwaltung der Macht – und weit und breit keine Visionäre. Selbst die Parteien an der politischen Peripherie bringen lieber Kuschelkandidaten, als ein Statement für ihre politischen Ziele abzugeben.

Wenn das bei der Erneuerungswahl des Stadtrats so weitergeht, werden wir vom Stadtblog kandidieren. Ich versprechs!

36 Kommentare zu «Stadtrats-Ersatzwahlen: Das Kuschelkarussell»

  • Manuel B sagt:

    Wer Camins Auftritt im Wahlpodium auf TeleZüri gesehen hat, kann ihn auf keinen Fall wählen. Ausser die nervigen Wahlkampffloskeln aufsagen kann der Mann nichts. Und seine Idee mit „Verkehr verflüssigen“? „Kopfschüttel“. Besser wir lassen ihn in Ruhe Weingut und Schlösser geniessen…

  • Mark sagt:

    Vielleicht heisst dieses „Durchwinken“ des Kandidaten Camin einfach, dass er ABSOLUT mehrheitsfähig ist? Wenn der Konsens als Schwäche ausgelegt wird, dann ist er sicher nicht wählbar. Wenn Konsens aber heisst, dass in einem Exekutiv-Gremium wie dem Stadtrat Leute gefragt sind, die unabhängig von Couleur und Partei zum Wohl der Stadt Zürich agieren, dann ist er der RICHTIGE. Eine Exekutive braucht keine ideologisch verhärteten Fronten, sondern pragmatische Lösungen, mit denen die Linke und der Rechte leben können, denn wir leben ALLE in dieser Stadt. Und das ist GUT so. DIese Stadt LEBT von ihrer Vielfalt und Farbe. Wer die Zusammensetzung des Stadtrates anschaut kommt zum Schluss: Marco Camin passt. Punkt.

  • walispor sagt:

    @Danke Rene ich bin gleicher Meinung nur würde ich noch
    die Srassensituation dazu nehmen, denn wenn der neue Kandidat
    gegen 20 oder 30 hkm ist, gilt er als inakzeptabel

  • Markus B. sagt:

    Weshalb zeigt der Tagi nicht das Smartvote-Profil der Kandidaten? Das könnte die Unterschiede aufzeigen und für Diskussionen sorgen … .

  • Kevin Maria Sonderegger alias Philipp Rittermann sagt:

    profillos – und das von links….(sehr gemässigt…)-rechts. man hat sich innerhalb des zürcher stadt-rates darauf geeinigt, „zweck-solidarisch“ zu sein. grundsätzlich ist das nicht das schlechteste, wenn man die konstellation mit dem lustigen 7ner-gremium in bundesbern vergleicht; nur leider kommt halt aus einer ruhigen see auch keine vernünftige welle zu stande. dem zürcher stadtrat würden wohl ein paar profiliertere persönlichkeiten gar nicht so schlecht tun.

    • René sagt:

      Wichtig für einen Kandidaten ist, dass er die Ruhe und die Ausgabenfreudigkeit des Stadtrates nicht stört. Enorm wichtig ist auch die gute Beziehung zu den linken Künstlerkreisen und ja keine Einsprachen gegen „wichtige“ Projekte wie Hafenkran etc. etc.machen.
      Auf Deutsch: in der Sozi-Regierung muss er genehm sein! Auch darf er keine Einsprachen gegen die bevorzugte und massiv verbilligte Wohnlage von Politikern auf Kosten der Steuerzahler machen wie z.B. die von CVP-Riklin . Auch Asylkriminalität und Sozialschmarotzertum darf nicht angeprangert werden. Und linke Saubannerzüge wie z.B. am 1.Mai muss verharmlost werden. Wenn er alle diese Kriterien erfüllt, hat er gute Chancen, gewählt zu werden!

      • Reda El Arbi sagt:

        Naja, die „Sozi“-Regierung ist von den Stadtbewohnern demokratisch gewählt worden. Also haben die einen legitimen Auftrag, linke Stadtpolitik zu machen. Vielen Linken ist die Stadtregierung schon zu bürgerlich.

        • René sagt:

          ist ja klar, alle die auf Subventionen angewiesen sind oder nicht arbeiten wollen vereinigen sich vor allem in Zürich, weil die Unterstützungen grosszügig sind. Das dank der links-grünen Politiker und der Asylindustrie. Wenn das einer nicht glaubt, soll er mal am Abend und in der Nacht im Kreis 4 oder 5 unterwegs sein. Da vergnügen sich hunderte von Asylanten und Sans-Papiers gemütlich bis in den Morgen.

          • Reda El Arbi sagt:

            Ja, und sie sehen den Leuten gleich ihren rechtlichen Status an. Mich würden Sie dann wahrscheinlich als nordafrikanischen Kriminaltouristen erkennen. 🙂

      • Kevin Maria Sonderegger alias Philipp Rittermann sagt:

        der kandidat rené hat 100 punkte! und – es ist klar und hier liegt der teufelskreis – je mehr nutzniesser dieser politik in zürich, desto mehr linkswähler. nur werden es die bürgerlichen irgendwann satt haben, den ganzen blast zu finanzieren.

        • Reda El Arbi sagt:

          SP-Wähler gehören noch immer dem oberen Mittelstand an und bezahlen ziemlich gute Steuern 🙂

          • Kevin Maria Sonderegger alias Philipp Rittermann sagt:

            stimmt und das ist positiv. denn wenn auch den mittelständischen sp’lern die kohle ausgeht, wird sich wahrscheinlich auch in der politik was regen. ich schätze mal, dass das in zürich in rund 5 jahren der fall sein wird.

          • René sagt:

            ja und all die SP- und CVP-Beamten haben beim Staat eine totsichere Dauerstelle und eine tolle Pensionskasse, die im übrigen wieder von den arbeitsamen Steuerzahlern ausfinanziert werden muss, Hr. El Arbi ! Das gleiche gilt für die Künstler, die mit vielen Aufträgen vom Staat unterhalten werden. Auch unsinnige Projekte wie der Hafenkran! Es gibt noch viele Beispiele, wie sich die Linken von den Bürgerlichen aushalten lassen. Wichtig ist für die Sozis: Die Steuerzahler haben gefälligst ihre Ansprüche und Wünsche zu befriedigen und zwar subito !

  • Hallo, noch nicht gemerkt, dass es noch einen vierten Kandidaten gibt, der sich von den übrigen abgrenzt: TONI STADELMANN. Ich bin parteilos, also nicht Mitglied des Parteienkartells. Als studierter Volkswirtschafter (Uni Zürich!) bin ich als einziger der Kandidaten ein echter Finanz- und Steuerfachmann (habe bis zur Pensionierung im Finanzdepartement der Stadt Zürich gearbeitet). Mit 62 Jahren habe ich Kompetenz sowie Berufs- und Lebenserfahrung und kann auch die Senioren vertreten. Zudem bin ich bereit, auf die 244’000 Franken Jahreslohn zu verzichten und das Amt ehrenamtlich auszuüben! Alle Zürcherinnen und Zürcher, die das ParteiHickHack und die strategischen Parteienkalküls satt haben, wählen den partei- und interessenungebundenen Kandidaten TONI STADELMANN. Ich beanke mich für jede Stimme. Merci.

    • Kevin Maria Sonderegger alias Philipp Rittermann sagt:

      sorry herr stadelmann. als ehemaliger sp’ler und in ihrem alter sind sie mutmasslich auch nicht in der lage, sachpolitisch unabhängig zu agieren. geniessen sie ihr rentner-dasein und spielen sie schach.

    • Daniel Münger sagt:

      Sehr sozial, als Rentner eine freie Stelle zu besetzen.

  • Philipp Klaus sagt:

    und am langweiligsten und unbedarftesten ist die Berichterstattung der Medien, z.B. Tagesanzeiger. Sauglatt.

    • Reda El Arbi sagt:

      Wir sind nicht „Die Medien“, wir sind nur ein einfacher kleiner Stadtblog, der Themen aufnimmt und sie subjektiv beleuchtet. Bloggen. er zählen, unterhalten. und ab und zu ein wenig sticheln. 🙂

      Die Blogger.

  • R. Binswanger sagt:

    Ich werde im ersten Wahlgang leer einlegen. Und dann hoffe ich auf einen 2. Wahlgang und dass die FdP ihren Kandidaten auswechselt und die SVP einen eigenen Kandidaten (wenn möglich Hardliner, kein Kuschelkandidat) bringt. Und vielleicht findet selbst die GLP noch einen profilierten Kandidaten (sofern es solche bei dieser Partei überhaupt gibt).

  • Marcel sagt:

    Die ehrgeizigsten Abstimmungen der letzten Jahre, die angenommen wurden:

    Ausbau der Kinderbetreuung
    2000-Watt-Gesellschaft
    Reduktion des Autoverkehrs
    mehr bezahlbare Wohnungen.

    Da gibt es eigentlich nur einen, der all diese Volksabstimmungen unterstützt hat und dem man jetzt die Chance geben sollte etwas davon umzusetzen- Richie Wolff

    • Daniel Münger sagt:

      Birkenstock-Wolff wird sowieso nie etwas umsetzen. Und wieso sollte man nur eine dieser einst ehrgeizigen Abstimmungen, die teilweise erst durch miese Tricks, beschönigende Unwahrheiten und satten Lügen zum Erfolg werden konnten, weiterhin verfolgen? Weil es immer mehr Stimm- und Wahlberechtigte gibt, die die eigenen Hand zwar nicht mehr vor Augen sehen, aber trotzdem zur Urne gehen, werden Minderheiten plötzlich zur Mehrheit. Die Kinderbetreuung bevorzugt in vorderster Linie Ausländer und ihren Anhang, den wir ohnehin teuer bezahlen. Schon vergessen? Wir haben bewusst auf KInder die wir uns nicht leisten können verzichtet. Nur die zugewanderten Armen haben 3 und mehr Kinder und holen sich so ungeniert unser Steuergeld. Die 2000-Watt-Gesellschaft, sowie der zu reduzierende Autoverkehr vertragen keine weitere Zuwanderung! Der Autoverkehr in der Stadt Zürich hat sich bereits mehr als halbiert. Und wozu auch noch mehr bezahlbare Wohnungen, wenn wir diese ausschliesslich für Zuwanderer bauen, statt die Schweiz wieder zurück auf ein erträgliches Mass an Einwohnern zu bringen? – Unsere sogenannten Sozialen politisieren seit Jahren nur noch Asozial. Wird Zeit, dass das die Mehrheit endlich sieht und kapiert und entsprechend reagiert! Linke sind die wahren AbzockerInnen! – @Reda El Arbi – Meine Kreuzchen kriegt Ihr!

      • Reda El Arbi sagt:

        Naja, wir versprechen Ihnen, dass wir als erstes das Stimmrecht für alle Ausländer einführen würden.

        • Kevin Maria Sonderegger alias Philipp Rittermann sagt:

          nein, lieber herr el arbi, ein stimmrecht für ausländer ist der erste schritt in’s grabe der schweiz. jede nation ist bestrebt, ihre eigenständigkeit zu wahren. zeigen sie mir ein land, wo die nicht-bürger ein stimmrecht haben.

        • Fabien sagt:

          Im Gegenzug könnte man den SVP-Schweizern das Stimmrecht entziehen. So hätte man endlich eine politisch korrekte Stadt. @Daniel Münger hat Recht: Die wahren Abzocker sind die Linken, mindestens für die rote Filzstadt Zürich trifft dies zu.

        • Daniel Münger sagt:

          Stmmrecht für Ausländer geht gar nicht. Aber ein Wahlrecht kann ich mir durchaus vorstellen. Sehr viele Einwanderer sind nämlich sehr viel konservativer als wir…

      • Kevin Maria Sonderegger alias Philipp Rittermann sagt:

        *seufz*. glücklicherweise sind sie nicht in der politik aktiv! 😉

  • Ike Conix sagt:

    Wenn ich wetten müsste, würde ich eher auf Kunigunde Grätzer als auf Richard Wolff setzen.

    • Marcel sagt:

      Kunigundes Glantzresultat waren 1425 Stimmen 1994 – seither gings nur noch abwärts 1998 noch 300 Stimmen – da würde ich noch dagegen wetten

  • Lucas Tschan sagt:

    Seit wann wird Camin von der SP unterstützt? Die Partei hat offiziell Stimmfreigabe beschlossen. Bitte korrigieren.

    • Ike Conix sagt:

      @Lucas Tschan: Das ist tatsächlich so. Die SP mag es eben, wenn jemand die Arbeit tut. Im Finanzbereich ist die Stadt Zürich jedenfalls mit der FDP seit Jahrzehnten nur gut gefahren.

      • Pawel Silberring sagt:

        So viel Mist auf 2 Zeilen. Die FDP ist im Finanzbereich aktuell so ziemlich die chaotischste Partei, die zur Zeit Einnahmenausfälle von ca. 100 Mio vorschlägt. (60 Mio allein durch einen Verzicht auf die Einnahmen von Ordnungsbussen). Und ich bin sehr überzeugt, dass es für die SP richtig ist, Stimmfreigabe zu kommunizieren. So haben die Kandidaten die Möglichkeit, sich bei den SP WählerInnen als die beste Wahl zu empfehlen und die Stimmen zu erhalten, ohne dass die SP als Partei da eingreift. Macht da jemand die „Arbeit“ für die SP? Nur für Leute, denen eine linke Partei sowieso nichts recht machen kann.

        • Ike Conix sagt:

          @Silberring: Sie scheinen wohl gerne Ordnungsbussen zu bezahlen. Und darauf wollen Sie einen geordneten Haushalt bauen? Ich hoffe, Sie haben aber auch noch bessere Ideen. Offensichtlich genügen dazu nicht mal 7 Zeilen.

  • Ein Wahlkampf wie der Hanf-Ueli? Zürich braucht ja einiges, aber nicht mehr Fun-Kandidaten!

    Wer sich auch nur ein Podium angetan hat, kann eigentlich kaum zur Ansicht gelangen, dass die drei Kandidierenden kuscheln. Sie grenzen sich pointiert voneinander ab. Entgegen meiner eigenen überholten Prognose vom 5.Dezember gehe ich nun von einem zweiten Wahlgang aus.

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