Sixpacks und die hysterische Hölle

Chippendales in Zürich: Bis in den Vorraum durfte unser Mann vor Ort die Kamera mitnehmen. Natürlich hatte er eine zweite Mini-Kamera dabei. Bilder weiter unten.
Die Chippendales sind in der Stadt. Eine Welle weiblicher Hormone schwappte gestern Richtung Volkshaus, um die renommierte Männerstrip-Truppe zu begrüssen (hier mehr zum spannenden und blutigen Hintergrund der Chippendales). Der Stadtblog schickte den unerschrockenen Reporter Reda El Arbi an das Spektakel. Hier sein Augenzeugenbericht:
«Kevin ist der Geilste» war die einhellige Meinung der meisten Damen, die ich kurz vor der Chippendales-Vorstellung im Volkshaus befragen konnte. Wer jetzt denkt, «Kevin» sei ein 23-jähriger kalifornischer Muskelprotz, irrt. «Kevin» ist ein 40-jähriger kalifornischer Muskelprotz. Er hatte letzten Mittwoch seinen runden Geburtstag. Schon etwas verstimmt klopfte ich auf mein 43 Jahre altes, nichtvorhandenes Sixpack. «Innere Werte zählen» murmelte ich vor mich hin und machte mich auf den Weg zum Eingang.
Ich drängte mich also zwischen gefühlten 10 000 Frauen in Highheels, Kleidchen und Makeup am Türsteher vorbei, der mich kritisch musterte und mein Ticket entwertete. Wie konnten wir nur auf die Idee kommen, einen Mann an eine Chippendales-Show zu schicken? Noch unauffälliger wär wohl nur ein Elefant in einem Flohzirkus. Aber eigentlich gingen wir davon aus, dass auch schwule Männer die Show besuchen würden. Aber nein, ich war der einzige Mann weit und breit. Wenigstens hatte ich die Kamera, hinter der ich mich verstecken konnte.
Naja, bis zur Eingangstür. Da musste ich sie abgeben. «Fotografieren strikt verboten». Natürlich sind wir vom Stadtblog auf solche Situationen vorbereitet. In Undercover-Techniken geschult und mit Spezialequipement ausgerüstet, konnte ich meine Mission fortführen. Drinnen auf meinem Platz machte ich meine Handy-Kamera klar.
Die Show begann. Und das hätte sogar ein Blinder mitgekiregt: Alle, wirklich alle anwesenden Damen begannen wie auf Kommando in derselben Tonhöhe zu kreischen. Nach ungefähr sechzig Sekunden waren meine Hörnerven soweit geschädigt, dass ich mich auf die Show konzentrieren konnte. Doch dann wurde ich durch einen Vorfall zwei Sitzreihen weiter unten abgelenkt. Securitys begleiteten eine sehr junge Dame aus dem Saal, die sie beim Fotografieren mit dem Handy erwischt hatten. Es schien, als ob die Veranstalter das Fotoverbot ernst meinten.

Fotografieren strengstens verboten! Aber der Stadtblog lässt sich nichts verbieten. Wenn Sie die Augen zusammenkneifen, können Sie die Chippendales knapp erkennen!
Die Show war inzwischen in vollem Gange. Ich machte ein, zwei versteckte und grauenhaft verwackelte Aufnahmen, nur um meinem Ruf als unerschrockener Reporter gerecht zu werden. Nun konnte ich in aller Ruhe beobachten, wie die wirklich gutgebauten Männer auf der Bühne zu allerlei 80er Jahre-Musik und Hiphop-Klassikern aus den Kleidern stiegen. Die Musik war wohl für ein älteres Publikum gedacht. Selbst ich war überrascht, wie viele attraktive Frauen in ihren frühen 20ern an das Spektakel gepilgert waren. Und alle schienen sich riesig zu amüsieren. Ich bestaunte ein Sixpack nach dem anderen und lernte, wie stark man mit den Füdlimuskeln zucken kann. Die Tanzeinlagen waren eher dürftig, eine Art Backstreet Boys für Arme, was der Begeisterung der Damen aber keinerlei Abbruch tat. Die jungen Damen neben mir wechselten zwischen Kreischen, Staunen und unkontrollierten Kicheranfällen.
Einer der Hauptgründe, weswegen ich mich freiwillig für diese Recherche gemeldet hab, war, dass ich wissen wollte, wie man als Mann elegant aus einer engen Jeans steigen konnte, ohne dass die Hose an den Füssen hängenblieb. Aber nada. Nicht einmal die weltbesten Stripper haben das auf der Bühne hingekriegt. Nur wirkte es bei ihnen irgendwie nicht peinlich. Die Show schien die Frauen wirklich anzuheizen. Sie gingen mit, kreischten was das Zeug hielt und einige durften sogar auf die Bühne und sich die Männer von Nahem ansehen und auch mal eine Hand auf einen Stahlhintern legen.
Nur an kleinen Details merkte man, dass die Show ursprünglich auf ein amerikanisches Publikum zugeschnitten war: Bei einem Auftritt als Navy-Matrosen salutierten die Chippis ins Publikum und waren wohl ein wenig irritiert, als niemand zurück salutierte. Naja, bei uns funzt das nicht so mit dem Militärzeugs.
Und natürlich war, sauber und amerikanisch, trotz der ganzen Auszieherei niemals nur ein Fitzelchen eines amerikanischen Willys zu sehen. Eine der Damen, die auf die Bühne durften, verriet mir später, dass die Boys ihre Willys in kleine hautfarbene Socken gewurstet hatten, damit sie nicht herumhingen. Sehr ordentlich.
Nach fünfzig Minuten Sixpacks und kreischender Hölle hatte ich genug. Ich war zwar beeindruckt, wie schnell die Männer sich aus ihren Kleidern befreiten und sofort in einem neuen Outfit auf der Bühne standen. Das sie natürlich sofort wieder ablegten. Aber irgendwie ärgerte es mich auch, wie sie sich die teuren Zimmerli-Feinripp-Unterhemden in Fetzen vom Körper rissen, während ich sie zuhause sorgfältig nur im Schongang wasche.
Aber egal. Die gute Stimmung und die Party im Volkshaus hatten nur am Rande mit der Striptruppe zu tun. Die jungen und alten Girls waren für die ziemlich mitreissende Party verantwortlich. Ich schätze mal, wenn man 2000 Schweizer Frauen mit einem entsprechenden Vorrat an Prosecco in einen Raum sperrt, kann nur eine gute Party dabei herauskommen. Trotzdem verliess ich das Volkshaus in der Pause. Ich wollte in Sicherheit sein, bevor sie die hungrigen Löwinnen wieder auf die Strasse liessen.
PS: Ich werde mir ein Paar solcher Hosen, die man mit einem Ratsch ausziehen kann, zulegen. Unheimlich praktisch, wenn man spät nach Hause kommt und nur noch ins Bett fallen will.
18 Kommentare zu «Sixpacks und die hysterische Hölle»
he jungs – wann kommt der nächste stadtblog – mir ist grade etwas fad?! bringt doch mal was richtig schön provokatives, häh-häh!!?
well done! 🙂
peinlich dass man so etwas überhaupt thematisiert? ich wundere mich darüber wie medien es immer wieder schaffen uninteressanten mist aufzugreifen. viel spannender wären doch themen die über das „ernshafte“ miteinander von frau und mann berichten oder nicht? irgendwie scheinen die journalisten in der heutigen zeit krampfhaft themen zu suchen die sensationsgeilheit und effekt-hascherei befriedigen. schade…
Naja, vielleicht haben Sie sich im Gefäss geirrt. Dies hier ist der Stadtblog, der soll untehralten, mal ein wenig kritisieren und vor allem Spass machen. Aber wir haben noch den Mamablog hier: http://blog.tagesanzeiger.ch/mamablog/, der sicher eher ihren Ansprüchen gerecht wird. Wenn Sie aber von diesem Autor (mir) etwas zum Thema Gender lesen wollen, dürfte Ihnen hier, beim «Quotenmann» geholfen werden: http://www.clack.ch/ressort/Leben/ch/der_quotenmann
@Monika W. In der Tat, da bin ich auch als Mann wirklich überrascht. Vielleicht hat Kevin Maria-Sonderegger ja Soziologie studiert und über die Verhaltensweisen der Frauen in solchen Situationen und im Speziellen über die „Emanzen“ geschrieben, dass er darüber Auskunft geben kann. Ich bin mir sicher, er wird nicht übersehen haben, dass bei Polterabenden unter Männern dasselbe passiert und sicherlich wird er bei einer Stichprobe von N=1 bis max. N=5 ausgerechnet einen solchen Stripclub verpasst haben, in dem das erlaubt ist. Kann passieren.
🙂
Vielen Dank für die Erwähnung und die Ausführungen bezüglich des männlichen Pendants, Ano! Das ist Fairness und betrifft schlichtes Menschsein – auch wenn ich nicht wirklich nachvollziehen kann, warum Frauen solche Veranstaltungen besuchen. Aber wem’s Spass macht – wohlan!
ich habe schon beinahe alles „studiert“. daher rührt auch mein gewaltiges wissen. zum thema: männer verhalten sich in den einschlägigen etablissements meist eher verhalten. gut, ausser die besoffene, sabbernde bankbelegschaft aus der trader ecke; aber die darf man nicht ernst nehmen. ansonsten schleicht man(n) dem schatten nach und gibt sich mühe, sich nicht mit den ostblock-mädchen verständigen zu müssen, sondern möglichst schnell „zum punkt“ zu kommen. generell muss ich aber sagen, dass ich kein fan solcher etablissements bin – kostet viel und bringt nix.
interessant – bisher haben sich ausschliesslich Männer hier geäussert und auch der offenbar erwartete comments-Sturm ist ausgeblieben. Es ist zu hoffen, dass sich der Autor und die anderen Herren darüber nicht allzu sehr grämen.
Und der Herr KevinMariaPhilipp scheint ja ein ausgesprochener Frauenkenner zu sein! Besonders die Hardcore Emanzen scheint er aus erster Hand zu kennen, so fundiert wie er sie beschreibt…
Frau W., sie lesen hier anscheinend nicht regelmässig mit. Der KevinMariaPhilipp weiss alles zu jedem Thema. In Kombination mit seinem Mitteilungsbedürfnis führt das dazu, dass er für gefühlte 10% aller Leserkommentare auf tagesanzeiger.ch und hier im Stadtblog verantwortlich ist.
Zum Thema: Klar ist das eine niveaulose Veranstaltung. Etwa gleich niveaulos wie eine Chilbi auf dem Lande. Nur: Gewisse solcher Abende zwischen Festzelt und Schnupf auf dem Dorfplatz haben sich so in mein Gedächtnis eingeprägt, dass ich mich hüten werde, negativ darüber zu urteilen. In diesem Sinne: Es muss nicht immer eine Lesung sein und 95% der Damen dort werden wahrscheinlich am nächsten Morgen wieder den intellektuell beschränkten Machos auf der Strasse die kalte Schulter zeigen. Als Frau wäre ich vielleicht auch gegangen 😉
WAAAS – nur 10%????!!!!! – ja da muss ich umgehend was tun – das ziel sind min. 35%!!! (mir tut die redaktion jetzt schon leid…). bezüglich alles wissen: herr müller, ich weiss nicht ob sies schon wissen, aber mein ursprünglicher iq betrug 324. ich habe ihn dann künstlich reduziert und bin jetzt bei 267. sie werden verstehen, dass ich damit immer noch mit gesellschaftlichen akzeptanz-problemen ringe.
frau W-underli: die damenwelt ist für mich wie ein offenes buch; allerdings eines mit 8.3 millionen seiten! durch meine intensive lebenserfahrung ist es mir aber durchaus möglich, die rudimentärseiten des weiblichen verhaltens, sowie die geistige inkontinenz des fraulichen denkens gesamtheitlich zu erfassen. ich tröste mich jeweils aber mit dem wissen, dass die frau „nur“ aus einer rippe adams erschaffen wurde -> da kann man(n) halt einfach nicht zuviel verlangen. 🙂
Der Mann als Ware. Wie entwürdigend.
Die Frauen (hiermit meine ich natürlich alle Frauen) sollten sich schämen den Mann (alle Männer natürlich) zum Objekt zu machen.
Scherz beiseite. Wirklich harmlos das Ganze. von dem her, wenns umgekehrt ist, die Frauen sollten sich mal emanzipieren und den Sex mal entkrampfter angehen und nicht immer gleich ein moralisches geheul draus basteln.
🙂 !
Warum müssen Männer eigentlich im Stripclub nicht schreien wie abgestochene Schweine?
weil wir dann sofort rausgeschmissen werden – nur die holde weiblichkeit darf sich dermassen entblöden.
Erster!
(macht man so, wenn viele kommentare zu erwarten sind :-))
…die reihenfolge geht von unten nach oben – erster!! 🙂
ps: die letztere gruppe ist meist auch die am hysterischsten kreischende…..merkt ihr was!? 🙂
schönes thema. a) haben bodybuilder meist kleine schnäbeli, (traurig aber wahr). b) sind die chippendales in der tat ganz witzig weil sie sich selbst nicht so bitter ernst nehmen und ihre programme professionell abspulen. c) die frauen….und das ist nun wirklich witzig: das stammpublikum der holden damen bewegt sich so in der alterskategorie 40….55 und setzt sich zusammen aus –
10% hausfrauen die das einfach mal legitimerweise lustig finden, 10% businessfrauen, welche sowas als äh-kundenanlass nutzen, 30% single-frauen anlässlich des monatlichen damenkränzchens, und – jetzt kommt’s – die restlichen 50% sind ausnahmslos hard-core emanzen, welche wenigstens 2 x jährlich einen (schönen) männerkörper auf relativ nahe sicht betrachten möchten. natürlich sind gerade diese damen dann anderntags wieder fix zur stelle mit männeranprangernden parolen. somit – ganz witzig das ganze.