Doktorin Who

«Ich mag dich, aber . . .», «Ich habe nichts gegen Ausländer, aber . . .», «Ich würde dir gerne helfen, aber . . .»: Solche «aber»-Sätze kommen selten gut. Trotzdem höre ich mit unerfreulicher Regelmässigkeit: «Ich bin für Gleichberechtigung, aber . . .»
Meistens stammt die Äusserung von einem Y-Chromosomen-Träger und bezieht sich auf ein männliches Popkulturphänomen, auf das die Damen der Schöpfung plötzlich Anspruch erheben. Etwa auf die Rolle des James Bond. Warum nicht mal eine Jane Bond? «Ich bin für Gleichberechtigung, aber James Bond ist ein Mann.» Ein weisser Mann, versteht sich. Protestiert wurde auch, als der Film «Ghostbusters» 2016 neu aufgelegt wurde – mit vier Schauspielerinnen. «Ich bin ja für Gleichberechtigung, aber die Geisterjäger sind im Original Männer.»
Sie können sich ausmalen, wie ein Teil der Fangemeinde reagiert hat, als bekannt wurde, dass mit Jodie Whittaker ab 2017 erstmals eine Frau für die britische Science-Fiction-Serie «Dr. Who» in die Kultrolle des Doktors schlüpft. Da der zeitreisende Doktor nach einer tödlichen Verwundung in neuer Gestalt zurückkehren kann, spielten ihn seit Serienstart 1963 auf BBC bereits 12 Darsteller (darunter Christopher Eccleston, Tom Baker, David Tennant, Peter Capaldi, Matt Smith oder Jon Pertwee) – und nun eben eine Darstellerin.
Die Interpretation einer kulturellen Produktion ist nichts Starres und gegenwartsabhängig. Durch das Vertauschen von Nationalitäten, Hautfarben oder eben Geschlechtern können im besten Fall neue Aussagen und Erkenntnisse gewonnen werden. Macht es wirklich einen Unterschied, ob der taffe Held männlich oder weiblich ist? Und wenn ja, weshalb? Gerade Popkultur eignet sich vorzüglich, solche Fragen in einer breiten Öffentlichkeit zu verhandeln. Wer da zu früh «aber» ruft, überhört womöglich das «weil».