Fiese «Friends»

Eine meiner Lieblingsserien ist 14 Jahre nach Sendeschluss wieder im Gespräch: «Friends» (1994–2004). Die US-Sitcom steht in der Kritik. Zu Recht? Machen wir den Check:

Zum einen wird ihr mangelnde Diversität vorgeworfen. Ja, «Friends», das ist eine Gruppe von sechs weissen Mittzwanzigern, zu denen sich dann und wann ein paar Quoten-Schwarze beziehungsweise Quoten-Asiaten gesellen. Dies ist allerdings kein «Friends»-spezifisches Problem. Noch bis Anfang dieses Jahrzehnts waren die sogenannten «Friend Groups» am amerikanischen TV dominiert von weissen Protagonisten: «Sex and the City», «How I Met Your Mother», «Girls». 2017 setzte Netflix mit seiner Eigenproduktion «Friends from College» auf ein differenzierteres Gesellschaftsbild – mit dem schwarzen Darsteller Keegan-Michael Key in der Haupt- und der asiatischen Darstellerin Jae Suh Park in einer wichtigen Nebenrolle.

Zum anderen stossen sich Kritiker am «Fat shaming», also an den zahlreichen Witzen auf Kosten Übergewichtiger. Die Hauptfigur Monica Geller war während der Schulzeit dick, weshalb Darstellerin Courteney Cox für Rückblenden in einen Fettanzug schlüpfte. Darin stellte sie sich auch ihrem zukünftigen Mann Chandler (Matthew Perry) vor: «Hi, ich bin Ross’ kleine Schwester!» Er wirft einen Blick auf ihren Hüftspeck und entgegnet: «Okaaay.» Harr, harr! Nein, im Ernst: Solche Szenen bilden den humoristischen Tiefpunkt der sonst so träfen Comedy. Die Figuren der Darstellerinnen sorgten auch sonst für Diskussionen: Sowohl Courtney Cox als auch Jennifer Aniston in der Rolle von Rachel Green litten während der Dreharbeiten unter Magersucht – zum Schock der Fangemeinde, die gegen den Magerwahn im Showbusiness protestierte. So trug «Friends» immerhin unfreiwillig zur Debatte über ein gesundes Körperbild bei.

Vorwurf Nummer drei: Die Serie sei homophob. Ross (David Swimmer) stichelt immer wieder gegen seine lesbische Ex-Frau Carol beziehungsweise deren neue Partnerin. Und Chandler ekelt sich ab seinem Vater, der als Transvestit auf der Showbühne steht. Aber die gleichen Drehbuchschreiber, die für solche Gags verantwortlich zeichnen, haben mit Susan und Carol ein starkes, sympathisches Lesbenpaar geschaffen, das in der 2. Staffel sogar heiratet – eine Folge, die 1996 weltweit von einigen konservativen Fernsehsendern boykottiert wurde. Und mit Chandlers Vater (hervorragend gespielt von Kathleen Turner!), haben sie einen Fanliebling kreiert, der sich trotz der ablehnenden Haltung Chandlers nie von seinem Weg abbringen lässt. Nicht die Serie ist homophob, sondern einige ihre Figuren.

Ja, die «Friends» sind nicht nur sympathisch. So muss ich auch bei der x-ten Wiederholung nicht über Dicke oder Lesben lachen, sondern vor allem über die Unzulänglichkeiten von Monica, Ross, Rachel, Chandler, Phoebe und Joey.

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