Francis vs. Donald

«House of Cards»: Vom Politthriller zur Farce.
Es ist einfach, über «Scandal» (seit 2012) herzuziehen. Die US-Serie folgt der hartgesottenen «Aufräumerin» Olivia Pope (Kerry Washington), die im Weissen Haus Probleme auch schon mal in Form von Leichen aus dem Weg räumt. Aber eigentlich geht es um ihre Liaison mit dem Präsidenten Fitzgerald Grant (Tony Goldwyn). Eine Seifenoper im Hochglanzlook also, die ich nur schaue, weil ich «Fitz» attraktiv finde – ein Grund, der einer Seifenoper würdig ist.
«House of Cards» (seit 2013) war bisher ein Gegenstück. Auch dies eine Serie über Intrigen im Weissen Haus, aber intelligent erzählt, verstrickt – und glaubhaft. Doch nun ist das Prestigestück vom Streamingdienst Netflix, der Mutter aller neuzeitlicher Qualitätsserien sozusagen, ebenfalls zur Farce verkommen. Politische Feinde werden von Präsident Francis Underwood (Kevin Spacey) nicht mehr nur notfallmässig, sondern gleich reihenweise aus dem Weg geräumt. Aufmüpfiger Liebhaber? Vergiften! Aufmüpfige Secretary of State? Treppe runterschubsen! Aufmüpfige Beraterin? Von der Strasse drängen! Oh, hoppla: Spoiler Alert, wollte ich noch sagen.
Viele monierten nach dem Start der aktuellen, fünften Staffel, «House of Cards» sei durch die Regentschaft von Donald Trump zum Abklatsch verkommen, die Realität habe die Fiktion überholt. Ich hoffe jetzt mal, dass die Überlebenschancen für Mitarbeiter des Weissen Hauses auch unter Trump noch einigermassen intakt sind. So oder so bietet die amerikanische Realpolitik derzeit aber mehr Unterhaltungspotenzial als «House of Cards» – denn im Gegensatz zur Serie bleibt sie unberechenbar.
Ein Kommentar zu «Francis vs. Donald»
Etwas ganz ähnliches haben die Macher der grossartigen Comedy „Veep“ berichtet: ihre irrwitzigen Einfälle wurden von der Realität überholt und es wurden bereits gedrehte Szenen wieder entfernt (Julie Louis Dreyfus nannte etwa ein Pipi-Video eines Politikers).
Zum Glück gibt es noch Serien wie „Madam Secretary“, wo die Politiker die Guten sind…