Die Schweizer Streetrap-Ikone Griot heisst jetzt wieder Mory – und ist Komiker: Mit seinem Allschwiler Kumpel Djibril bildet der Binninger das Comedy-Tagteam «Zwei Bünzlis». Wir haben uns mit den beiden im Video-Interview über Latrinen-Geschäfte, Gesellschaftskritik und einen Bünzli namens Eric Weber unterhalten.
Grossmäuler unter sich: Djibril und Mory erklären, warum sie Bünzlis sind.
Wenn Mory redet, ist man sich nie ganz sicher, was grösser ist – seine Klappe oder sein Bizeps. Ausser er ist mit Kumpel Djibril unterwegs, dann plappern sie sich ihre Lippen wund. So auch am Grossbasler Rheinufer, wo wir uns treffen, um über ihr Podcast-Projekt «Zwei Bünzlis» zu reden. Noch bevor die Kamera läuft, übertreffen sich die beiden mit Anekdoten zu Muhammad Ali, dessen Name auf Morys Muskelshirt prangt. «Ali macht das gleiche wie wir: Er hat eine riesige Klappe, ist eigentlich als Boxer bekannt, aber sobald man ihn ein Mikrophon hinhält, gehts los – sensationell!», schwärmt Djibril.
Seit Anfang Jahr stellen die Zwei Bünzlis ihre Dialoge in unregelmässigen Abständen ins Internet. Ins Auge stechen coole Comic-Bilder statt Fotos. Auf die Ohren gibts nach einer hämischen Warnung an die Hörer ein Brett von einem Intro, bei dem Kuhglocken und Handörgeli plötzlich von einem basslastigen Dubstep-Beat weggeblasen werden. Dicke Post!
Ganz klar: Der Reiz der selbsternannten «Neo-Bünzlis» besteht vor allem auch darin, dass die beiden «afroeidgenössischen Euroafrikaner» so gar nicht dem gängigen Spiesser-Klischee entsprechen. «Wenn man uns betrachtet, sieht das zuerst gar nicht nach Bünzli aus», erklärt Mory. Aufmerksamkeit durch Irritation heisst hier das Konzept. Und Djibril ergänzt: «Schweizer sind pünktlich, zuverlässig und seriös, das ist eigentlich etwas Tolles – doch die Schweizer machen mit dem Wort Bünzli etwas Negatives daraus.» Djibril und Mory jedenfalls sind stolz darauf, Bünzlis zu sein. Und ähnlich wie afroamerikanische Rapper das negativ behaftete Wort «Neger» zu dessen Gegenteil konvertiert haben haben, verwenden die beiden Schweizer mit Wurzeln in Guinea und Mali nun den – zugegeben wesentlich weniger problematischen – Bünzli-Begriff im positiven Sinn um.
Auch die beiden Bünzli haben sich in ihrer vorletzten Episode eingehend mit dem N-Wort und dessen Verwendung beschäftigt. Comedy als Gesellschaftskritik – noch offensichtlicher zeigt sich dies bei der eben veröffentlichten sechsten Episode, in der Djbril und Mory zum zweiten Mal den Basler Rechtspopulisten Eric Weber auf die Schippe nehmen. «Wir machen zwar gerne Spässe über ihn, aber man darf nicht vergessen: Weber ist ein Rassist – das muss man im Hinterkopf behalten», stellt Djibril klar. Natürlich kommen bei den Afro-Bünzlis auch Macho-Gehabe und Sprüche unter der Gürtellinie nicht zu kurz. Wenn sich Djibril und Mory über Latrinen-Geschäfte bei der Arbeit philosophieren, überkommt den Hörer ein Gemisch aus Faszination und Ekel, wie man es von anderen Feuchtgebieten her kennt.
Begonnen hat das Bünzli-Gehabe nach Morys Rücktritt als Solo-Rapper im Jahr 2010. War früher Djibril an Griots Konzerten als Stand-Up-Comedian mit dabei, heftete sich der Rapper nun an die Versen seines Kumpels. Vom Rapper zum Komiker – insbesondere bei Griot ist das ein bemerkenswerter Schritt, hat der Binninger in den vergangenen rund 15 Jahren doch das Schweizer Subgenre Streetrap wesentlich mitgeprägt, einige sagen sogar: begründet. Für viele ist Griot noch heute ein Vorzeigebeispiel, wenn von Schweizer Rap mit Gangster-Attitüde die Rede ist. «In meinen Raps war immer schon viel Humor, nur hat das niemand verstanden – im Podcast kommt diese Seite nun mehr hervor», findet Mory lachend, um kurz darauf mit einem Augenzwinkern klarzustellen: «Ich lache nur, weil ich fröhlich bin, nicht, weil ich lustig bin – sonst meinen die Leute noch, ich sei sympathisch.»
Wer ist authentischer: Rapper Griot oder Komiker Mory? So siehts der Protagonist…
Im echten Leben sind Djibril Traoré und Mory Konde gemäss eigenen Angaben übrigens «IT Psychologe» und «Bodyflüsterer». Dass es ihr Audio-Geblödel eines Tages auch in Bewegtbild gibt, schliessen sie ebenso wenig aus wie Bühnenauftritte. Zuerst gilt es aber, den noch jungen Podcast voranzutreiben – dazu wären eine verbesserte Tonqualität und eine zeitliche Straffung der Episoden nicht die schlechteste Idee. Weiter gehts auf jeden Fall, denn wenn die beiden Kumpel aufeinandertreffen, sitzt das Mundwerk lockerer als der Büstenhalter von Topless-DJane Micaela Schäfer.