Archiv für die Kategorie ‘Musik’

Drei starke Duos und ein funky Supplement

Joel Gernet am Donnerstag den 6. Juni 2013

Gleich drei neue regionale Rap-Releases lassen die Szene am Rheinknie zur Zeit im besten Licht erstrahlen: Mit «Airplane To Paradise» präsentieren die Ladies PearlBeatz und Quenn ihr erstes Kollabo-Album; Dirty D und Trace ballern mit «Startschuss» ein eindrückliches Signal in den Himmel; und Scout legt nach über einer Dekade seinen allerersten Solo-Release überhaupt vor.

Pearlbeatz & Quenn – Airplane To Heaven.

Pearlbeatz & Quenn – Airplane To Heaven.

Wie es sich gehört, gewähren wir an dieser Stelle den Damen den Vortritt. Insbesondere in der Testosteron-geschwängerten Rapwelt ist das ganz wichtig. Zum ersten Mal gemeinsam aufhorchen liessen PearlBeatz & Quenn im Herbst 2011 mit einem Song auf Pearls Produzenten-Album. Zwei Jahre später präsentiert das Duo nun ihr Kollabo-Album «Airplane To Paradise». Die samtweiche Stimme von Quenn zieht den Hörer sofort in Bann – der Rapperin und Sängerin würde man vermutlich auch zuhören, wenn sie Packungsbeilagen vorliest. Das Hochdeutsch der Baslerin ist einwandfrei, manchmal fast zu perfekt.

Dass der erste Song «Startklar» reimtechnisch nicht zu den besten des Albums gehört, ist leider etwas unglücklich. Scheint ein älterer Track zu sein, auf dem Quenn eigentlich mein Album-Fazit vorzieht: «Danke denen, die an uns glauben, die jetzt schon das in uns sehen, was erst Entwicklung braucht», rappt die Baslerin und liegt damit absolut richtig. Man hört nämlich, dass Quenns Raps und Pearls Beats hervorragend miteinander harmonieren. Und dass man sich in den letzten zwei Jahren gehörig entwickelt hat. Bester Beweis ist «Showgirl», ein Song über eine selbstbewusste Vorstadtfrau, die weiss, was sie will und macht. Ein Beat wie aus dem Pariser Varieté, dazu der buttwerweiche, lockere Singsang von Quenn – ganz gross, dieses Ding!


Ausnahmsweise auf Englisch: Pearlbeatz & Quenn mit «Evil Clowns». Dieser Song ist nicht auf dem Album vertreten.

Im Titeltrack «Airplane To Paradise» philosophiert Quenn über Todessehnsucht. Und kommt zum Schluss, dass sie das Paradies in sich selbst – im Diesseits – finden kann. Ebenfalls um den Tod gehts im Song «Der Zug rollt»: Über einen knackigen Beat mit sphärischen Stimm- und Piano-Samples schildert die Rapperin, wie sie im Alltagsstress bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt und danach die Szenerie vom Jenseits aus beobachtet. Packendes Storytelling.

Trotz seiner tragischen Momente ist «Airplane To Paradise» keine düstere Platte. Das beweisen Songs wie «Easy» und «Hallo mein Lieber» – zwei Tracks, so stark wie dieses Album, dessen Fazit ihr ja bereits oben lesen konntet. Ein solides Debut eines vielversprechenden Duos.

Trace & Dirty D – Startschuss.

Trace & Dirty D – Startschuss.

Ebenso vielversprechend kommen Trace und Dirty D mit ihrer Gratis-EP «Startschuss» (download hier) daher. Auf insgesamt sieben Songs zeigen sich die beiden selbstbewusst und nachdenklich zugleich. Nachdem man der Schweizer Rapszene einen «Tritt ins Gsicht» verpasst hat, lassen der Rodersdorfer Trace und der Allschwiler Dirty D auf «Alles wo blibt» die Höhepunkte und Tiefschläge ihrer bisherigen Rapkarrieren Revue passieren – ein ganz starker Song mit super Hook und stimmigem Beat. In eine ähnliche Richtung geht «Schall und Rauch» (siehe Video), der mich vor das Luxusproblem stellt, dass ich mich nicht entscheiden kann, welchen Song ich mehr mag. Worum es auf Songs wie «Kings» oder «Läbe für das» geht, muss bei diesen Titeln ja eigentlich nicht erklärt werden.

Die Beats auf der «Startschuss»-EP überzeugen durchs Band und bewegen sich alle im Bereich gut bis sehr gut. Vom Club-Banger bis zum melancholischen Piano-Heuler ist alles dabei. Dass die sieben Soundunterlagen von sechs verschiedenen Produzenten stammen (von denen ich schändlicherweise noch nie gehört habe), macht die Sache umso interessanter. Dass Dirty D ein guter Rapper und Hoffnungsträger ist, habe ich ja bereits einmal geschrieben. Die grosse Offenbarung dieser EP ist für mich Trace: Früher hat man den jungen Rapper weniger wegen seiner Skills, sondern vielmehr wegen seiner Aufdringlichkeit wahrgenommen, beziehungsweise ignoriert. Jetzt steht uns da ein selbstbewusster Rapper gegenüber, der massive Fortschritte gemacht hat und wunderbare Refrains schreiben und singen kann. Chapeau! Von der Nervensäge vom Hoffnungsträger – ich mag solche Geschichten. Und ich liebe Gratis-Downloads von derart herausragender Qualität. Jungs, jetzt muss ein Album her!

Scout – Ohni Sorge.

Scout – Ohni Sorge.

Als Letzter reiht sich Scout MC aus Pratteln ein. Nach über zehnjähriger Absenz präsentiert der Ausnahmerapper nun sein erstes Solo-Album «Ohni Sorge». Und der Name ist Programm: Man hört dem Familienvater an, dass sich in seinem Leben einiges verändert hat – in die richtige Richtung.

Wenn Scout über Freunde, Familie und das Leben im Allgemeinen rappt, strahlt er eine ansteckende Zufriedenheit aus. Man meint beim Zuhören förmlich das Lächeln auf seinen Lippen zu sehen. Das erlebt man nicht oft. Aus dem herausragenden Freestyle-Rapper, der um die Jahrtausendwende von sich Reden machte, ist ein Musiker geworden.

Neben dem positiven Vibe bestechen vor allem Scouts intelligente Texte – und seine Gesangskünste, die er etwa auf dem Titeltrack «Ohni Sorge» zeigt. So ist eine Art Songwriter-Rap-Album entstanden, das auch durch die Handschrift des Gitarristen Andreas Röthlisberger geprägt wird. Im Kellerstudio des Muttenzers wurde Scouts Album in Eigenregie produziert und aufgenommen. Das hat Vor- und Nachteile. Einerseits verfügt das Album so über einen ganz eigenständigen Klang; andererseits würde den Gitarren-dominierten Beats auf Albumlänge etwas mehr Abwechslung nicht schlecht bekommen. Scout und Röthlisberger haben mit wenigen Mitteln ein hervorragendes Album erschaffen – und damit auch das Fundament für weitere Musik.

Das funky Supplement kommt an dieser Stelle von DJ Ace. Der Basler bereichert die HipHop-Szene am Rheinknie mittlerweile seit rund zwei Jahrzehnten als Sprayer, Breaker, Party-Organisator, Shop-Betreiber – und vor allem als DJ und Beat-Produzent. In eben dieser Funktion hat der Tausendsassa kürzlich das neue Video zu seinem Breakdance-Song «Arsal The B-Boy» veröffentlicht. Der Track – ich würde ihn liebevoll als Mariachi-Funk bezeichnen – erschien 2012 auf auf dem Soundtrack zum «Battle Of The Year», das sind sozusagen die Weltmeisterschaften im Breakdance. Im Video zu sehen ist das Who-is-Who der Basler Breakdance-Szene: Jay-Roc, Still-Ill, Ben-X, TK-O, Janick und Pedrolic, gemeinsam bekannt als Ruff’n’X. Das Video ist von Jakebeatz (PW Records). Viel Spass…

So sieht Sieber Solo aus

Joel Gernet am Dienstag den 21. Mai 2013

Bei Adrian Sieber läuft es rund: Seit heute wirbelt das neue Lied des Lovebugs-Sängers durch das Internet. «Round Round Song» heisst das Ding. Und natürlich gibt es dazu auch ein passendes Video – mit skurrilen Szenen, die im Loop rotieren, als hätte sie Regisseur Danila Kostil mit twitters Kürzestvideo-App Vine gedreht. Zu sehen gibt es etwa einen Gitarre spielenden Felsbrocken. Oder ein zweigeteilter Adrian Sieber am Strand.

Das in Barcelona gedrehte Video ist kurzweilig, der Stimmung sonnig. Jetzt müsste nur noch das Wetter passen zu dieser heiteren Single. Grund, den Kopf aus dem Stand zu strecken, hat Sieber jedenfalls allemal – denn fast so sicher wie die Sonne auf den Regen, folgt im Musikzirkus das Album auf die Vorab-Single. Eine erste Duftmarke ist gesetzt. Jetzt könnte gerne auch der Sommer kommen.

Adrian Siebers Single «Round Round Song» ist ab sofort auf iTunes erhältlich.

Elektronische Musik zum Anfassen: Brandt Brauer Frick

Luca Bruno am Freitag den 17. Mai 2013
Jan Brauer (Foto: Nico Stinghe & Park Bennett)

Jan Brauer: Hier für einmal mit wenig Fingerspitzengefühl (Foto: Nico Stinghe & Park Bennett)

Man kann der hiesigen Konzertlandschaft ja vieles vorwerfen, aber dass es den Bands, die sich tatsächlich nach Basel verirren, hier nicht gefallen würde, kann mit grösster Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Nur so ist es nämlich zu erklären, warum sich so viele Acts kurze Zeit nach ihrem ersten Konzert auf einer der hier beheimateten Konzertbühnen ein erneutes Stelldichein geben wollen.

So sind fast auf den Tag genau anderthalb Jahre vergangen, dass Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick, kurz Brandt Brauer Frick ein Konzert in der Kaserne gespielt haben und nun statten sie Basel am kommenden Pfingstwochenende erneut einen Besuch ab. Mit ihrem aktuellen Album «Miami» im Gepäck sind die drei Berliner diesen Sonntagabend, am 19. Mai 2013 im Hinterhof zu Gast… Diesen Beitrag weiterlesen »

Basler Rapper lancieren ein Silbengewitter

Joel Gernet am Donnerstag den 16. Mai 2013

Beim «Swiss Video Battle Turnier» bekämpfen sich Schweizer Rapper via Videoclip. Das «Schlaglicht»-Fazit nach der Qualifikation zeigt: Die Region Basel ist mit 13 Silben-Söldnern nicht nur überdurchschnittlich stark vertreten – diesmal liegt sogar der Titel drin.

Siegerlachen: Der Basler MadCed gewann die Vorrunde. (Screenshot: VBT)

Das ist beachtlich: Bei der Erstausgabe 2012 schafften es bei halb so viel Teinehmern nur zwei der auch heuer wieder antretenden vier Basler ins Viertelfinale – nämlich die beiden B1Recs-Söldner Bone und Rippa. Wenn am 19. Mai die KO-Runde des Swiss VBT startet, sind sie ebenso wieder am Start wie TMC Ries und ATeP. Die weiteren VBT-Vertreter aus der Region heissen MadCed, Misandope, Leikos, Sherry-ou, Muddy Pents, Smoky, Skip, R.I.G. und King Phips, aufgelistet nach ihrem Abschneiden in der Qualifikation. Diese wurde von einem starken Basler MadCed gewonnen. Die Bewertung erfolgt zu zwei Dritteln durch eine Jury-Urteil (Song, Video, Gesamteindruck), ein Drittel macht das Publikums-Voting aus.

Auf dem zweiten Platz: Bone sorgte bereits am VBT 2012 für Aufsehen. (Screenshot: VBT)

Die Vorrunde startet kommenden Sonntag (19.5.). Danach ist ein heisser Sommer angesagt, denn die Kämpfe ziehen sich hin bis Anfang Oktober – schliesslich gibt es zu jeder Begegnung eine Hin- und Rückrunde, damit ein Rapper das Gesagte des Gegners über dessen Beat kontern kann (hier mehr zu den Regeln). Wer es bis in den Final schafft, wird am Ende nicht weniger als zehn Videos abgeliefert haben – eine respektable Leistung.

Hier nun die Übersicht aller Vorrunden-Paarungen mit Basler, bzw. Baselbieter, Beteiligung (Reihenfolge gemäss Quali-Ranking). Die Rapper freuen sich bestimmt über Unterstützung der Schlaglicht-Leser. Wer weiss, vielleicht wandert nach DJ Bazookas Triumph am «Red Bull Thre3 Style»-Contest auch die VBT-Krone ans Rheinknie. Die Chancen scheinen nicht schlecht zu stehen. Diesen Beitrag weiterlesen »

Alle wollen auf die JKF-Bühne, keiner will voten

Joel Gernet am Mittwoch den 15. Mai 2013

Am Donnerstag endet das Publikums-Voting zum Jugendkulturfestival – die Bilanz ist durchzogen. Dennoch haben alle Beteiligten Grund zur Freude. Eine kleine Polemik von einem, der den Mund eigentlich nicht zu weit aufreissen dürfte.

Das JKF 2013 findet am 30. und 31. August statt. (Fotos: zvg)

Das JKF 2013 findet am 30. und 31. August statt. (Fotos: zvg)

Da soll noch einer sagen, die Jungen sitzen nur zu Hause. Auf die Bühne zieht es sie! Ans JKF! Noch nie wollten so viele Bands am Basler Jugendkulturfestival auftreten wie dieses Jahr. Nicht weniger als 205 Musikformationen wollen am letzten Augustwochenende eine der zahlreichen Bühnen in der Innenstadt rocken – ein Viertel mehr als beim letzten JKF 2011.

Dazu kommen noch über hundert Anmeldungen aus den Bereichen Tanz, Theater, Sport und Freestyle. Das ist ein neuer Rekord, wie die Organisatoren stolz verkünden. Für Jugendliche und Kreative ist das alle zwei Jahre statt findende JKF einer der kulturellen Höhepunkte des Sommers. Wann sonst gehört die Innenstadt ganz der Jugend?

Bands, die sich ihrer Teilnahme am 8. Jugendkulturfestival ganz sicher sein wollen, lassen sich beim Publikums-Voting auf der JKF-Homepage unter die ersten Zehn wählen. Diese sind nämlich auf sicher dabei. Alle anderen durchlaufen das gängige Selektionsverfahren der Organisatoren. Das Voting endet am Donnerstagabend, 16. Mai 2013. Zeit also für den Endspurt und eine kleine Zwischenbilanz kurz vor dem Zieleinlauf. Eigentlich sind solche Votings ja eine gute Sache. Insbesondere für junge Bands mit treuer Fanbasis, aber geringem Bekanntheitsgrad.

Aber überspitzt könnte man sagen: Die Band-Anmeldungen mögen in die Höhe schnellen – doch keine Sau nimmt am Voting teil. Alle wissens, keiner votet. 14 der über 200 Bands kommen am Mittwochvormittag auf mehr als 100 Stimmen, davon zwei auf mehr als 200 (hier werden der Fairness halber bewusst keine Bandnamen genannt). Bei den restlichen Formationen ergibt sich ein tristes Bild: Wenn es eine Band nicht einmal schafft, 40 Stimmen zu mobilisieren, fragt man sich schon, ob die überhaupt einmal jemandem erzählt haben, dass man Musik macht. Und wenn man dann sieht, dass es etablierte Bands gibt, die weniger Stimmen als Bandmitglieder haben, dann kann man schon von einem kleinen Desaster reden.

Woran liegt das? (Ausser am für den Voter lästigen Registrierungsverfahren – wie wärs z.B. mit einem Facebook-Login?) Erstens wissen die etablierten Acts, dass sie den JKF-Gig so gut wie sicher in der Tasche haben. Ebenso eine tolle Auftrittszeit auf einer der grösseren Bühnen – dafür gibt es ja zu Recht das Organisationskomitee. Dieses kennt die Basler Bandszene und weiss, wie man ein ansprechendes Festival programmiert. Und junge Bands, die wirklich gut sind, könnten sich ihrer Sache eigentlich auch sicher sein – sofern sie genug Selbstvertrauen haben, um dem OK zu vertrauen. Das bedeutet eigentlich, dass sich nur durchschnittliche oder blutjunge Bands via Voting in die Top Ten katapultieren lassen müssten. Dass dies nicht so ist, zeigen die ersten 15 des Votings, wo durchaus auch grosse Namen zu finden sind.

Fotobeweis: 2011 war der Autor selber am JKF dabei – nachdem er mit «Brandhärd» das Publikums-Voting gewann.

Meiner Meinung nach liegt das dürftige Interesse am JKF-Voting vor allem am Voting selber. Hier also Punkt zwei: Die Leute haben Votings satt! Heute wird wegen jedem Furz (und damit meine ich nicht das JKF) eine Publikumsabstimmung lanciert in der Meinung, dass man so via Social Media «die Jungen» erreicht und gratis Promo erhält. Das ist zum kotzen!

Ich habe langsam keine Lust mehr, meinen Facebook-Account zu besuchen, weil ich zugebettelt werde von Musikern und anderen Kreativen, die sich für irgendwas verknechten lassen. Als Künstler kann man sich doch heute keine coole Aura mehr erarbeiten, wenn man seine Fans permanent auf Knien anbetteln muss. Hallo! Wo bleibt denn da der Rock’n’Roll? Das sage ich als Fan und Musiker zugleich – wobei ich jetzt hoffe, das ich mit meiner Band demnächst nicht auch wieder auf eine Voting-Teilnahme angewiesen bin. Ich habe keine Lust, meine Freunde zu nerven.

Denn ich weiss, es geht vielen wie mir. Darum: Hört um himmels Willen auf mit diesen lästigen, degradierenden Votings! Wer einen Künstler unterstützen will, soll seine Konzerte Besuchen, CDs kaufen und YouTube-Videos anclicken. Und zwischendurch vielleicht ausnahmsweise ein Voting wie das des JKF. Denn eigentlich, das darf man nicht vergessen, kann die Diktatur solcher Mini-Mehrheiten auch eine gute Sache sein – in der richtigen Dosis.

Also votet! Ihr habt noch Zeit bis am Donnerstagabend. Danach kehrt zumindest in dieser Sache Ruhe ein – und wir können uns auf das Wochende vom 30. und 31. August 2013 freuen. Dann findet zum achten mal das Jugendkulturfestival statt und die Innenstadt gehört für einmal ganz der Jugend und allen Junggebliebenen.

PS: Vielleicht habe ich es verdrängt – oder ich bin einfach schon alt – aber ich möchte und sollte an dieser Stelle natürlich nicht verschweigen, dass ich 2011 mit meiner Band Brandhärd das JKF-Voting gewonnen habe. Allerdings ohne Bettel-Tour.

Die nächste Generation?

Luca Bruno am Donnerstag den 9. Mai 2013

Unter dem Banner der «Set it Off»-Tour touren derzeit die fünf jungen Produzenten XXYYXX, Slow Magic, Giraffage, Beat Culture und Blackbird Blackbird – mit Ausnahme von Erstgenanntem alle aus Kalifornien stammend – quer durch Europa. Eine neue Generation Musiker, die an ihrer Musik vorwiegend in den eigenen Schlafzimmern bastelt um sie gleich anschliessend ihrem massiven Gefolge auf Twitter und Facebook via Soundcloud oder Bandcamp verteilen zu können – und das meistens ohne dafür Geld zu verlangen. Fünf Produzenten, die dementsprechend mehr Wert auf die korrekte Tumblr- und Vaporware-Ästhetik legen, als mit dem Verkauf von physischen Tonträgern Geld zu verdienen. Gestern Mittwochabend, am 8. Mai 2013, machte die Tour halt in der KaserneDiesen Beitrag weiterlesen »

«Es ist an der Zeit, dass jemand diesen Schritt wagt»

Luca Bruno am Mittwoch den 8. Mai 2013
Sandro Bernasconi, Festivalleiter (l.) und Vereinspräsidentin Danielle Bürgin (r.) präsentieren das Lineup des «Open Air Basel» 2013.

Sandro Bernasconi, Festivalleiter (l.) und Vereinspräsidentin Danielle Bürgin (r.) präsentieren das Lineup des «Open Air Basel» 2013.

Bern und St. Gallen haben schon lange eins, Zürich ist seit kurzem ebenfalls ziemlich erfolgreich mit dabei und jetzt zieht auch Basel endlich nach. Die Rede ist natürlich vom stadteigenen Openair-Festival. Am 9. und 10. August 2013 soll auf dem Kasernenareal das brandneue «Open Air Basel» zum ersten Mal über die Bühne gehen.

Zum allerersten Mal? Nun, nicht ganz! Schliesslich fand während den letzten drei Jahren an gleicher Ort und Stelle schon das «Viva Con Agua Kaserne Basel Festival» statt. Ein neuer Name und ein noch internationaleres Lineup sollen dem Festival jetzt aber zu noch mehr Glanz verhelfen. Anlässlich der gestrigen Medienkonferenz haben wir uns nach der Programmverkündigung mit Festivalleiter Sandro Bernasconi über Lineup, Eintrittspreise und Zukunftsvisionen des Festivals unterhalten… Diesen Beitrag weiterlesen »

Basler Sieg am DJ-Showdown in Zürich

Joel Gernet am Freitag den 3. Mai 2013

Update vom 5. Mai: Die DJ-Krone bleibt in Basel. DJ Bazooka gewinnt zum zweiten Mal den Schweizer «Red Bull Thre3 Style»-Contests – dank seines Triumphs wird er am Weltfinale in Toronto mit dabei sein. Auf dem zweiten Rang landet DJ Mitch Cuts (LU), den dritten Platz belegt Bazookas Basler DJ-Kollege Montes (Goldfinger Brothers).

Triumphiert in Zürich: DJ Bazooka. (Foto: Christoph Däppen, Red Bull)

Triumphiert in Zürich: DJ Bazooka. (Foto: Christoph Däppen, Red Bull)

Am 4. Mai kämpften DJ Montes und DJ Bazooka im Final des «Thre3 Style»-Contests im Kaufleuten um die Krone – und um die Weltfinal-Teilnahme in Toronto. Wir haben mit den befreundeten Turntable-Rockern über die spezielle Ausgangslage gesprochen.

Mixen in Zürich ausnahmsweise gegeneinander: DJ Montes und DJ Bazooka (mitte) mit ihren Crewkollegen Larry King und La Febbre (v.l.).

Mixen in Zürich ausnahmsweise gegeneinander: DJ Montes und DJ Bazooka (mitte) mit ihren Crewkollegen Larry King und La Febbre (v.l.).

Hartgesottenen HipHop-Heads dürften die DJ-Organisationen DMC und ITF noch ein Begriff sein – sie krönten früher die besten HipHop-Plattendreher in der Schweiz und weltweit. Das war einmal. Heute ist die Schweizer Ausgabe des «Red Bull Thre3 Style»-Contests der einzige DJ-Wettbewerb mit landesweiter Ausstrahlung. Seit seiner Lancierung thront die «Thre3 Style»-Krone auf Basler Häuptern: Bei der Erstauflage 2010 holte DJ Montes den Titel – beim Weltfinale in Paris wurde er Dritter – und ein Jahr später wurde der Wahlbasler DJ Bazooka beim internationalen Final in Vancouver Zweiter nachdem er die Trophäe erneut ans Rheinknie holte.

Goldfinger Brother: DJ Montes wurde Dritter. (Foto: Thomas Stöckli Red Bull)

Goldfinger Brother: DJ Montes wurde Dritter. (Foto: Thomas Stöckli Red Bull)

Und die Chancen stehen gut, dass die Krone in Basel bleibt: Im sechs DJs umfassenden Final der dritten Auflage treffen die beiden Basler Freunde nämlich aufeinander. «DJ Bazooka wir wohl mein härtester Konkurrent sein», sagt Montes vor dem Showdown. Pikant: Montes legt nicht nur regelmässig mit Bazooka auf, er hat ihn vor dem Final im vergangenen Jahr gecoacht und ihm als Jury-Mitglied zum Titel verholfen: «Ich fand Bazooka einfach am geilsten», sagt Montes. «Dieses Jahr würde ich es ihm gönnen und umgekehrt – aber ich will nach Toronto, ich war noch nie in Kanada.»

Und was meint Bazooka? «Das ist natürlich schon speziell – ich trete nicht gerne gegen ihn an», sagt der 27-Jährige. Kurz nachdem Bazooka vor sechs Jahren nach Basel kam, gewann der gebürtige Schaffhauser einen DJ-Wettbewerb und wurde zum Resident-DJ der Partyreihe Soulsugar in der Kuppel – an der Seite von DJ Montes und dessen Goldfinger Brother La Febbre. «Schon damals guckte ich zu ihm hoch», sagt Bazooka.

Bongo Kid: DJ Bazooka. (Foto: Christoph Däppen Red Bull)

Bongo Kid: DJ Bazooka. (Foto: Christoph Däppen Red Bull)

Und nun soll er quasi zum Vatermörder werden? «Ich sehe die Sache ziemlich gelassen – ich mache aus purem Spass mit», sagt Bazooka, der seiner DJ-Show für den Final noch den letzten Schliff verpassen will. Von Montes erwartet er ein «Bomben-Set» – und kündigt ein ebensolches von sich selber an. Und Routinier-Montes ist ohnehin ready: «Ich habe eine gute Show mit lustigen Überraschungen und zwei ganz dicken Beats im Gepäck», sagt er. «Kein 0815-Set, bei dem HipHop-Klassiker runtergeleiert werden.»

Es ist also angerichtet zum grossen DJ-Showdown im Zürcher Kaufleuten-Club. Neben Bazooka und Montes werden Doobious, Mitch Cuts, Ob One und HiGH.Fi antreten – es dürfte spannend sein, zu sehen, wie sie gegen die Basler Kronfavoriten abschneiden. Die Chancen stehen jedenfalls nicht schlecht, dass die «Red Bull Thre3 Style»-Krone zum dritten Mal in Folge nach Basel wandert.

Über den «Red Bull Thre3 Style»-Contest
Zum dritten Mal führt Red Bull der Schweiz das Red Bull Thre3 Style durch: Es stehen sich jeweils sechs DJ’s gegenüber. Diese haben je eine Viertelstunde, um mit ihrem Können zu punkten. Dabei gilt es, mindestens drei verschiedene Styles – von Hip-Hop bis Klassik – auf möglichst überzeugende Art zu Mixen. Der Schweizer Gewinner darf zieht ins Weltfinale in Toronto ein.

«Red Bull Thre3 Style» Swiss Finals
Samstag 4. Mai 2013; Kaufleuten Klub, Zürich; Türöffnung: 22h; Eintritt (inkl. Afterparty) CHF 20 (ab 23.30h CHF 30); Afterparty: A-Trak & Tiga (vs the World). Mehr Infos.

«Die BScene hat an Bedeutung gewonnen»

Luca Bruno am Donnerstag den 14. März 2013

Siebzehn Jahr, Blondes Haar… Dieses Wochenende, am 15. und 16. März 2013, geht das Basler Clubfestival BScene zum siebzehnten Mal über die zahlreichen Bühnen der Stadt. Einmal mehr geben sich also neue und alte Bekannte während zwei Tagen die Ehre und zeigen dabei die Basler Musikszene von ihrer hoffentlich besten Seite.

Viel haben wir in den letzten beiden Jahren über die BScene geschrieben. Höchste Zeit also, dass auch die Organisatoren einmal zur Sprache kommen dürfen. Deshalb standen uns Christoph Meneghetti, Präsident der BScene, und Jennifer Jans, Programmverantwortliche des Festivals, in einem längeren Gespräch Red und Antwort. Sie gewährten dabei einen ausführlichen Einblick hinter die Kulissen des Festivals…

BScene 2012: Jaro Milko & The Cubalkanics in der Kuppel. (Foto Dominik Plüss)

BScene 2012: Jaro Milko & The Cubalkanics in der Kuppel. (Foto Dominik Plüss)

Wo beginnt die Organisation einer BScene?
Christoph Meneghetti: Am Anfang einer jeden Ausgabe steht immer die Frage, wie gross die diesjährige BScene werden soll. Sobald wir dies festgelegt haben und somit wissen, welche Grössen von Clubs wir benötigen, beginnen wir damit, die jeweiligen Lokalitäten anzuschreiben. Wir sprechen uns dabei logischerweise schon weit im Vorfeld des Festivals mit den jeweiligen Clubs ab, damit sich diese das Datum des Festivals reservieren können. Über die Jahre sind zahlreiche freundschaftliche Beziehungen entstanden und dank eines intensiven Feedback- und Debriefing-Prozesses kommt es relativ selten vor, dass Clubs kein Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen. Schliesslich darf auch nicht vergessen werden, dass die BScene für die teilnehmenden Clubs auch eine Möglichkeit sein kann, Publikum zu erreichen, welches an den anderen 51 Wochenenden des Jahres vielleicht nie bei ihnen vorbeischauen würde.
Neue Räume gehören im Idealfall dazu und trotzdem könnten wir nie eine BScene organisieren, die sich ausschliesslich aus Lokalitäten zusammensetzt, welche im Vorjahr nicht dabei waren. Die Frage, welche Clubs wir unbedingt dabei haben müssen, um das aktuelle Ausgangsverhalten der Stadt optimal wiederspiegeln zu können, stellt sich für uns aber jedes Jahr wieder aufs Neue. Selbstverständlich würden wir auch sehr gerne vermehrt kleinere und speziellere, beziehungsweise temporäre, Lokale mit ins Programm nehmen, wollen aber nicht vor bewilligungstechnische Probleme gestellt werden. Dass wir letztes Jahr mit der Jägerhalle in die Falle getappt sind, war uns Warnung genug… Diesen Beitrag weiterlesen »

Ein rastloser Rene beim Zwischenhalt in Basel

Joel Gernet am Mittwoch den 13. März 2013

«Es gibt nichts dazwischen.» MC Rene erklärt im ausführlichen Interview, warum er sein bürgerliches Dasein hinter sich gelassen hat für ein Leben auf Reisen und ohne viel Besitz. (Interview: Joël Gernet)

Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht liegt MC Rene auf der Bühne des FAKT und präsentiert seine neusten Songs. Hier, im Kunst-, Konzert- und Barbetrieb bei der Markthalle, wird der 36-Jährige heute Mittwochabend aus seinem Buch vorlesen und – vielleicht – auch rappen. «Das kommt ganz auf die Stimmung an», meint der Braunschweiger mit einem Augenzwinkern, «aber in letzter Zeit ist das öfters passiert».

Neuer Sound: MC Rene mit seiner «USBahncard 100».

Rene kommt gerade aus Baden, zuvor war er in Zürich. Eine knallrote Pudelmütze mit weissem Kreuz zeugt von seinem Schweiz-Trip. Drei Jahre dauert die abenteuerliche Reise des René El Khazraje inzwischen. Zuvor hat er seinen Job in einem Callcenter an den Nagel gehängt, seine Wohnung gekündigt und einen Grossteil seiner Habseligkeiten verschenkt.

Seither reist MC Rene mit einer Bahncard 100, vergleichbar mit dem Schweizer SBB-Generalabonnement, quer durch Deutschland, schreibt, rappt und bleibt, wohin es ihn gerade treibt. Dabei agiert er nicht nur als Rapper, sondern auch als Stand-Up-Komödiant. Fast schon prophetisch muten da die Zeilen an, die MC Rene auf seinem Debut-Album «Renevolution» (1995) rappte:

«Bekomme meinen Zug und steige ein. Setz meine Kopfhörer an, die Fahrt wird lang sein» (Auf: Ein anderer Ausflug)

«Ich passe mich nicht an, will nicht sein wie alle andern. Will wandern, nach meinen eigenen Plänen. Als Alternative bestehn zu einem Spiessersystem (…). Ich will kein kleiner Angestellter in einem grossen Betrieb sein, der nur lebt, um ein Arbeiter zu sein»
(Auf: Nutze den Tag)

Seine Erfahrungen als rappender Vagabund hat Rene im Buch «Alles auf eine Karte» zusammengefasst. Dass er die Erlebnisse seiner permanenten Reise aber auch in Reimform verarbeitet, zeigen die Rapsongs, die im FAKT aus Renes mobilen Boxen pumpen. Im Track «Bereuen» betitelt sich der Mcee als «beratungsresistenten Karriereverweigerer» und beschreibt, wie er sich von seinem bürgerlichen Ballast befreite und seither seinem Traum folgt.

Die Reime des 36-Jährigen sprudeln immer noch so fliessend und locker aus seinem Mund wie Mitte der 90er-Jahre, als der Teenager mit marokkanischen Wurzeln als eines der grössten Raptalente in Deutschland gehandelt wurde. Und eine Freestyle-Wundertüte war er obendrauf. Ein Improvisations-König, dessen Gabe ihm auch bei der Moderation der Viva-Rapsendung «Mixery Raw Deluxe» zugute kam.

Kein Wunder, heisst der bemerkenswerteste neue Rene-Song «Mein Leben ist ein Freestyle». Begleitet von einem schönen Klavier-Beat erzählt der Rapper von seinem Leben auf der Schiene. Das Video zum Song wurde kürzlich in Heidelberg gedreht – inklusive Gastauftritten langjähriger Weggefährten wie den Stieber Twins, Mirko Machine oder Spax. Von seiner Zeit im Callcenter handelt «Stefan Eckert», betitelt nach Renes Pseudonym als Telefonarbeiter. Ein funky Track, auf dem Rene sein damaliges Leben seziert und das Klischee des überangepassten Spiessbürgers auf die Spitze treibt. Eine herrliche Audio-Karrikatur.

Insgesamt sechs neue Songs lässt MC Rene über die FAKT-Bühne brettern. Sie sollen in wenigen Wochen auf einem USB-Stick in Form einer «USBahncard 100» veröffentlicht werden – gemeinsam mit dem Audiobuch und einem Experimentalfilm. Mit sechs Stunden Spielzeit eignet sich Renes neuster Wurf bestens für längere Zugfahrten. Wer nicht bis zur offiziellen Veröffentlichung warten will, kann seinen Allerwertesten ins FAKT bewegen. Gut möglich, dass MC Rene einige Kostproben zum Besten gibt.

MC RENE Alles auf eine Karte (2012) from mc rene on Vimeo.

Live: MC Rene, Mittwoch, 13. März 2013, F A K T, Viaduktstrasse 10, Basel. Eintritt: 10.- Franken (mit Buch 15.-). Programm: 20h DJ Core, 21.30h MC Rene, 23h Freestyle Session.

Buch: MC Rene – Alles auf eine Karte: Wir sehen uns im Zug (272 Seiten). rororo-Verlag 2012.