Archiv für die Kategorie ‘Musik’

Das Erste Konzert in den USA

the glue am Samstag den 5. März 2011

Gestern haben wir unser erstes Konzert in den USA gegeben. Davor standen wir einer Deutschklasse Rede und Anwort.

Reston Southlakes Highschool. Typisch amerikanische, junge, motivierte und beigeisterungsfähige Leute. Noch bevor das offizielle SingStrong Festival anfängt, haben wir für alle Schüler einen kurzen Auftritt absolviert. Die Stimmung war fantastisch und die Leute echt begeistert. Morgen folgt am gleichen Ort der grosse Mainevent mit vielen anderen Gruppen.

Kurz davor waren wir noch bei einer Deutschklasse zu Gast und beantworteten zahlreiche Fragen. Sie hatten sich länger auf diese Stunde vorbereitet,Videos von uns gekuckt und sich Fragen überlegt. Ungalublich nett und zuvorkommend die Leute hier.

Einzig das Polizeiauto vor dem Haupteingang wirkt etwas seltsam, aber immerhin gab es nicht erneut irgendwelche Sicherheitsschleusen.

Kulinarisch über London nach Washington

the glue am Freitag den 4. März 2011

Nach rund 16 Stunden Reise sind wir heute Nacht in Reston bei Washington angelangt. Zwischenstopp war ein höchst gourmandiser Pub im Flughafen von London.

Ein schöner Morgen war’s in Basel, als wir uns voller Vorfreude am Euroairport trafen, um unsere grosse Reise anzutreten. Check In problemlos, kaum Übergewicht beim Gepäck und ab ging’s mit British Airways nach London.

In Basel war auch die ganze Sicherheitskontrolle noch im üblichen Rahmen: Jacke aus, Gürtel aus, Laptop raus und so weiter. Kaum zwei Stunden später in London sah das Ganze schon etwas anders aus. Riesige Hinweisschilder, die das Prozedere erklären, eine ewig lange Schlange mit Leuten, die das anscheinend noch nie gemacht haben, etwa dreimal soviele Sicherheitsleute. Nun gut, auch das ging vorbei und so sassen wir bald darauf in einem Pub innerhalb des Flughafens und verköstigten uns mit typisch englischem Essen. Fish’n’Ships und Mixed Grill,dazu Bier oder Coke. Schön anzusehen war es nicht, aber geschmeckt hat es und vor allem konnten wir so die drei Stunden Wartezeit einigermasseen überbrücken.

Hier noch ein Foto. Rechts im Vordergrund unser Tontechniker Laurenz Zschokke, der uns die ganze Reise begleiten wird.

Was wir allerdings etwas unterschätzt hatten, war die Dimension dieses Flughafens. Im Nachhinein kamen wir uns schon etwas kleinstädtisch vor, aber dass es von einem Gate zum anderen (am gleichen Terminal) eine halbe Stunde dauern kann, hat uns dann doch überrascht. Irgendwie waren wir dann aber doch rechtzeitig.

Mit zwanzig Minuten Verspätung starteten wir und kurz darauf gab es schon wieder Essen.Und wir müssen zugeben, es war nicht mal schlecht. Besser auf jeden Fall als wir Flugzeug Food in Erinnerung hatten.

Wir waren also ziemlich fertig, als wir in Washington landeten, so fertig, dass wir als Letzte die Maschine verliessen den direkten Anschlussbus verpassten und uns zuhinterst in der Reihe für die Immigration Control wiederfanden. Das dauert ja auch bei uns eine Weile; aber keine Ewigkeit. Hier schon, denn jeder, der einreist, muss seine Fingerabdrücke hinterlassen, es wird ein Foto gemacht und man wird einer peinlichen Befragung unterzogen. Natürlich hatte sich die Zahl der Sicherheitsleute im Vergleich zu London nochmal verdreifacht und es wurden immer mehr. Natürlich passierte es dann auch noch, dass ein Herr vor uns einen gefälschten Pass hatte. Der Schalter wurde geschlossen, neu anstehen an der nächsten Reihe. Kurz und Gut, am Ende dauerte es über zwei Stunden bis wir raus waren.

Zum Glück liegt das Hotel ganz in der Nähe des Flughafens und nachdem wir dort eingecheckt hatten, wollten wir in einer Sportsbar etwas essen gehen.

Aber von wegen Gehen. Ohne Auto kommt man hier ja nirgends hin. Also fuhr uns der Hotel Shuttlebus zur Bar, wo wir uns glücklich in eine typisch amerikanische Karte vertieften und natürlich alle einen Burger bestellten. Kurze Zeit später hingen wir alle in den Seilen und konnten uns kaum noch bewegen. Fatalerweise hatte der Bar-Manager erfahren, dass wir eine Band sind und offerierte uns eine riesiges Stück Eistorte zum Nachtisch. Danach war Schluss. 16 Stunden unterwegs, nichts anderes gemacht, als gesessen und gegessen. Erschöpft fielen wir in unsere Betten. Heute steht das erste kurze Konzert an. Ein Event für die Highschool. Da sind wir gespannt.

Weitere News gibt es demnächst an dieser Stelle.

Technobeats und Glockenspiele

Luca Bruno am Donnerstag den 3. März 2011

Vor ein paar Wochen haben wir es bereits angekündigt, nun ist der Zeitpunkt endlich gekommen: Die Hinterhof Bar, welche sich in den letzten zwölf Monaten als geschmackssichere Addition zur Basler Clublandschaft bewies, darf dieses Wochenende zum ersten Mal Kerzen auspusten. Wir gratulieren herzlich und freuen uns auf das musikalisch hervorragend bestückte Wochenende mit Konzerten von Pantha du Prince und Efterklang.

Pantha du Prince2007 veröffentlichte Hendrik Weber unter seinem Pseudonym Pantha du Prince sein zweites Album «This Bliss». Es sollte dies sein erster erfolgreicher Versuch sein, die Grenzen des Minimal Technos weiter auszuloten. Während seine frühen Veröffentlichungen noch sehr traditionell daher kamen, klang «This Bliss» so mechanisch durchkalkuliert, dass das Album auf den Hörer nicht nur einfach kühl, sondern irgendwie schon fast bedrohlich wirkte. Mit diesem Album schuf Weber ein faszinierendes Werk mit Blick in die Abgründe des Technos und bot gleichzeitig den perfekten Soundtrack für kalte Winterlandschaften.

Trotz dieser musikalischen Kälte war die Rezeption der Musikwelt extrem positiv. Die Website «Resident Advisor», eine der besseren Anlaufstellen für elektronische Musik im Internet, zählt «This Bliss» zu den besten 100 Alben der 00er-Jahre und Geoff Travis, Gründer des britischen Kultlabels «Rough Trade Records», war von dieser Platte so begeistert, dass er um jeden Preis Webers nächstes Album veröffentlichen wollte. Pantha du Prince wurde so nicht nur zum ersten deutschen Künstler, der bei Rough Trade unter Vertrag steht, auch würde er damit den Nachfolger zu «This Bliss» bei einem Label veröffentlichen, welches sich in den Jahren zuvor hauptsächlich mit vielgelobten Releases aus dem Garagen und Indie Rock-Bereich (z.B. «Is This It» von den Strokes oder «Up The Bracket» von den Libertines) auszeichnete. Die Weichen für ein transzendentales Werk waren also gestellt.

Vor den Aufnahmen zu seinem nächsten Album tourte er 2009 als Supportact mit dem Animal Collective durch Europa und entwickelte sich so zu einem verlässlichen Liveact. Anschliessend reiste er in die Schweizer Alpen, um dort die Geräusche der Wälder aufzunehmen und sich von der Umgebung inspirieren zu lassen. Und es hat gewirkt. Mit «Black Noise», welches letzten Februar erschien, hat es Pantha du Prince nicht nur geschafft, seine Klangpalette nochmals um ein Vielfaches zu erweitern, durch die für ihn ungewohnten organischen Einflüsse konnte er seiner vormals sterilen und berechnenden Musik so Menschlichkeit und Wärme hinzufügen. «Black Noise» zeichnet sich ausserdem durch eine in der Technomusik bislang selten gehörte Dramaturgie aus – und das, obwohl Weber hauptsächlich wortlose Geschichten erzählt.

Pantha du Prince war zum letzten Mal im Januar 2009 in Basel zu Gast. Damals noch in der Übergangsphase, tritt er diesen Freitag nun zum ersten Mal mit dem vollendeten Werk hier auf.

Ebenfalls nicht zum ersten Mal in der Stadt ist das Folk Rock-Ensemble Efterklang. 2010 veröffentlichen sie ihr aktuelles Album «Magic Chairs» und begeisterten damals mit haufenweise Glockenspiel und Handclaps den 1. Stock.

DEfterklangas Quartett aus Dänemark ist in der Zwischenzeit allerdings nicht etwa untätig geblieben. Im letzten August zog man sich mit vier zusätzlichen Livemusikern auf eine kleine Insel vor der dänischen Küste zurück und nahm in Zusammenarbeit mit Vincent Moon den Film «An Island» auf. Moon kennt man durch seine essentiellen Videos für «La Blogothèque», bei denen er Bands in einer unerwarteten Location auftreten lässt, oder durch seine Arbeit bei Videoclips für The National oder R.E.M.

Vor ihrem Liveauftritt diesen Samstag werden uns Efterklang diesen Film in einem exklusiven Screening präsentieren und uns anschliessend mit ihrer unglaublich grossen Spielfreude, die man unbedingt live erleben muss, beehren. Wie auf all ihren Touren treten Efterklang zu acht auf und haben nebst angesprochenem Glockenspiel auch Bläser im Gepäck dabei. Wir freuen uns auf das Mini-Orchester im Hinterhof.

Abgerundet werden beide Abende durch zahlreiche DJ-Sets: Am Freitag werden u.a. Nik von Frankenberg und Thom Nagy, die bereits letztes Wochenende Ricardo Villalobos beim Presswerk-Finale an die Wand gespielt haben, hinter den Plattentellen stehen und am Samstag gibt’s elektronisches von den Lokalhelden Zaber Riders, sowie Hits aus der Indiedisco vom IndieNet.ch-DJ-Team.

Pantha du Prince: Diesen Freitagabend (4. Februar) live im Hinterhof. Bar: 20:00, Beginn: 23:00.
Efterklang: Diesen Samstagabend (5. Februar) live im Hinterhof. Screening
«An Island»: 20:30, Konzert: 22:15.

Rap von der Ostküste live im Sommercasino

Joel Gernet am Mittwoch den 2. März 2011

Mit dem Konzert von Termanology und DJ Statik Selektah bekommen Basler Rapfans am Donnerstagabend im Sommercasino einen absoluten Leckerbissen geboten. Das Duo bringt derzeit mit dem Album «1982» die Köpfe der Anhänger des klassischen Ostküsten-Boom-Bap-Rap der 90-Jahre zum nicken. Und zwar heftig. Für Kenner ein Must-See, für den Rest ein Geheimtipp.

Termanology und Statik Selektah

Traumduo: Termanology und Statik Selektah.

Zum ersten Mal zusammengearbeitet haben die beiden im Jahr 2005 für das Termanology-Mixtape «Hood Politics II». Dieses trug seinen Teil dazu bei, dass sich Beatproduzent Statik Selektah (aus Boston) und Rapper Termanology (aus dem rund 45 Kilometer davon entfernten Lawrence) auch in New York einen Namen machten. Seinen bisher grössten Hit landete der Rapper mit puertoricanischen Wurzeln dann 2006 mit dem von Gang-Starr-Legende DJ Premier produzierten Song «Watch how it go down», einem Vorboten zu Terms überzeugendem Debut-Album «Politics As Usual» (2008). Derweil belieferte Tausendsassa Statik Selektah fast die gesamte Undergroundrap-Garde der Ostküste mit Beats. Diese versammelt er auch auf seinen drei Produzenten-Alben, auf denen neben Künstlern wie Jadakiss, KRS-One und M.O.P. auch Reks zu hören ist.

Letztgenannten haben Termanology und Statik Selektah auch in Basel mit im Gepäck. Der nach einer persönlichen Krise wieder auferstandene Bostoner Rapper Reks verzückt die Szene derzeit mit seinem Vorab-Song «25th Hour» (der Beat ist ausnahmsweise nicht von Statik…sondern von DJ Premier). Sein Album «R.E.K.S» erscheint am 8. März – das Basler Publikum hat also das Privileg, die neuen Songs noch vor deren Veröffentlichung zu hören. Das Vorprogramm des Ostküsten-Mobs gestaltet mit Kaotic Concrete (und DJ Tray) passenderweise ein Basler Rapper, der Wurzeln in Boston hat.

Und nun das Gute zuletzt: Der Gig von Termanology, Statik Selektah und Reks ist nicht das einzige vielversprechende Rapkonzert im Soca dieses Frühjahr: Angekündigt sind bereits Konzerte des New Yorker Rappers Pharoahe Monch (2.4.) – das ist der mit «Simon Says – Get The F*#ck Up» –, der CunninLynguists aus Kentucky (8.4.) und der beiden Hardcore-Rapper Ill Bill und Vinnie Paz, zusammen bekannt als Heavy Metal Kings (5.5.). Alle sind sie Garanten für energiegeladene Rapkonzerte.

Doch woher diese Häufung hochkarätiger Rapkonzerte? «Wir profitieren davon, dass viele Künstler momentan wieder auf Tour sind», erklärt Serge Borer, der im Sommercasino seit September 2010 für die Rapkonzerte verantwortlich ist. Dass er ausgerechnet Statik Selektah nach Basel holt, ist aber kein Zufall. «Nach DJ Premier ist Statik Selektah für mich einer der besten Beatproduzenten der US-Ostküste», findet der 26-Jährige. Dasselbe lässt sich in Bezug auf Rap auch über den technisch versierten Termanology sagen (gebt Euch diese letzte Strophe!). Wen Borer aber schlussendlich für das Soca buche, entscheide er aus dem Bauch heraus. Bleibt zu hoffen, dass uns Borers Bauchgefühl auch künftig ganz viele Rapleckerbissen beschert.
Donnerstag 03.03.11

HipHop ShowOff-Tour
Do. 3. März 2011, Sommercasino Basel
Statik Selektah & Termanology, Reks & DJ Deadeye
Support: Kaotic Concrete & DJ Tray (BS)
Doors: 20:00 Uhr

Der Traum der Nordamerika-Tournee wird Wirklichkeit

the glue am Mittwoch den 2. März 2011

Nach intensivsten Wochen der Vorbereitung starten wir, The Glue, am Donnerstag zu unserer ersten Nordamerika-Tournee. An dieser Stelle berichten wir täglich über unsere Reiseerlebnisse.

The Glue Band ohne InstrumenteEs war im Oktober, als von Oliver Rudin, Manager und Bandmitglied von The Glue, die Nachricht kam: Wir sind an die Harmony Sweepstakes Regional Competition in New York eingeladen! Dass es sich dabei um den wichtigsten A-cappella-Wettbewerb Nordamerikas handelt, wussten wir anderen zu dem Zeitpunkt noch gar nicht – aber New York klang erstmal super.

Als dann nach und nach weitere Termine klar wurden, wie z.B. ein Auftritt am Main Event des SingStrong Festivals in Reston bei Washington am 5. März (auch das eines der bedeutendsten Vocal-Festivals des Kontinents), war der Rahmen der Tour bereits abgesteckt. Zuerst Washington und zwei Wochen später New York.

Die Zeit dazwischen würden wir schon irgendwie füllen. Und sie füllte sich wahrlich. Mittlerweile spielen wir sieben oder sogar acht Konzerte vom 3. bis 20. März und reisen auch nach Ottawa und Montreal in Kanada und nach Boston.

Anfang Jahr stand das Tourprogramm und wir mussten uns langsam überlegen, welche Songs wir überhaupt singen. Und ob wir diese auf Deutsch oder mit übersetzten Texten präsentieren. Letzteres erwies sich als praktisch unmöglich, zumal die Veranstalter sich deutsche Songs wünschten. Und vor allem wünschten sie sich Eigenkompositionen, weil das auch in der nordamerikanischen A-cappella-Szene nicht sehr verbreitet ist. Deshalb singen wir unsere Songs grösstenteils in den Originalsprachen, versuchen mittels der Ansagen den Inhalt wiederzugeben und hoffen einfach nur, dass den Leuten da drüben unsere Musik gefällt.

Morgen früh geht es mit British Airways zuerst nach London, dann weiter nach Washington, wo wir gegen 20 Uhr ankommen werden. Viele von uns waren noch nie oder schon sehr lange nicht mehr in den USA. Wir sind sehr gespannt, was uns da erwartet. Stimmen die Gerüchte? Sind die Einreisekontrollen so streng, wie immer behauptet? Die Vorfreude ist im Moment jedenfalls riesig und die Spannung steigt von Minute zu Minute. Jetzt noch letzte Dinge erledigen und los geht’s.

Unseren Flugbericht aus der Blackbox gibt es morgen an dieser Stelle.

Der «King» ist zurück in Basel

Joel Gernet am Freitag den 25. Februar 2011

Sechs Jahre lang hatte der Basler HipHop-Pionier DJ Ace seiner Heimatstadt den Rücken gekehrt, um in New York, Istanbul und Zürich seine Karriere voranzutreiben. Seit Januar 2011 ist der «King of Kings», wie sich der 36-Jährige gerne nennt, nun zurück am Rheinknie (zum King gekrönt wird in der HipHop-Szene, wer seinen Status durch Fleiss und Können erarbeitet hat). Diesen Samstag startet Ace seine neue Party-Reihe «Hip-Hop Hurraaayyy!!!» im Singerhaus am Marktplatz.

«Basel kunnt mr grad sauguet yyne», sagt DJ Ace im Gespräch mit Schlaglicht. Soeben ist der schweizerisch-türkische Doppelbürger von einem DJ-Auftritt aus Hongkong zurückgekehrt, wo er «die Masse rocken konnte». Sich in einer neuen Umgebung durchzusetzen, ist für DJ Ace kein Problem – im Gegenteil. Der Basler sucht die Herausforderung. Mit seinem ausgeprägten Selbstbewusstsein, seiner Rastlosigkeit und seinem Geschäftssinn hat es der DJ bis nach New York gebracht. Dorthin hat es den Basler 2005 verschlagen, nachdem er in der Schweiz mit «Jetzt Ich!» sein erstes Album als Beat-Produzent veröffentlicht hat. «Damit habe ich hier meine Kindheitsträume alle verwirklicht», sagt DJ Ace, der zwischen 1996 und 1998 drei mal in Folge Schweizer DMC-Champion wurde – also DJ-Schweizermeister (1989 hat übrigens ein gewisser DJ Bobo gewonnen).

«Stillstand bedeutet Rückschritt», heisst es in der Ace-Biografie. Und da DJ Ace 2005 in der Schweiz alles erreicht hatte, was er wollte, wagte er den Schritt nach New York, den Ursprungsort der HipHop-Kultur. Zunächst hatte es der Basler dort aber nicht leicht. «Niemand wartet in New York auf einen europäischen DJ, erst recht nicht auf einen Weissen – da wirst du abgestempelt als Vanilla Ice», erklärt Ace. Damit habe er aber gut umgehen können, schliesslich sei er ja nicht an den Big Apple gereist, um Freunde zu finden. Dass er schlagfertig ist, bewies Ace in NY dann bei einem DJ-Auftritt, an dem D.I.T.C.-Legende Lord Finesse am Mikrophon eine abschätzige Bemerkung über den Basler fallen liess – worauf Ace den Rapper mit seinem Sound übertönte und ihm so das Wort abschnitt. «Danach wusste er, wer ich bin», sagt DJ Ace mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.

Neben diversen Bookings als DJ konnte der 36-Jährige die Radioshow «New York Style» bestreiten – zusammen mit Stik-E & The Hoods aus dem Umfeld der Brüll-Rapper M.O.P., mit denen DJ Ace 2007 auf Tournee gehen konnte. Im selben Jahr meldete sich Columbia Records beim Basler, mit dem Wunsch, ihn zu managen. Das Label bescherte Ace den Höhepunkt seines NY-Trips: Er durfte das Mixtape zum neuen Album von Kelly Rowland (Destiny’s Child) mixen und mit eigenen Beats anreichern. Das Resultat dieses Mixes soll dem Vater und Manager von Rowlands Destiny-Child-Kollegin Beyoncé so gut gefallen haben, dass dieser DJ Ace unter seine Fittiche nehmen wollte. «Doch Columbia gab meinen Kontakt nicht weiter und erzählte mir erst später davon», erinnert sich Ace. Nach dieser Erfahrung war für ihn bald klar: «Hier habe ich das Maximum erreicht, es ist Zeit weiterzuziehen».

Sommer 2009: DJ Ace legt im Supperclub in Istanbul auf.

DJ Ace legt im Supperclub in Istanbul auf.

Auf drei Jahre USA folgte ein Zwischenjahr in Zürich. Dann ging es 2009 weiter nach Istanbul. Doch sowohl privat als auch als DJ lief es Ace in der Türkei nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Also baute sich der Basler vor Ort ein eigenes Studio auf und produzierte Lieder im Stil der 70er-Jahre-Klassiker aus der Türkei. Mit dem türkischen Rap konnte sich DJ Ace nicht anfreunden – ganz im Gegensatz zum Fussballclub Fenerbahce Istanbul, für den er 2009 eine Club-Hymne produzierte, die auch im Stadion gespielt worden sei. Nach rund einem Jahr ging es vom Bosporus zurück nach Basel.

25 Jahre nachdem aus Arsal Caglar der berüchtigte DJ Ace wurde und sechs Jahre nach seinem Weggang, schliesst sich nun also der Kreis: Was für den Teenager Anfang der 90er Jahre hinter den Plattenspielern an den ersten HipHop-Jams in den Jugendhäusern Gundeli, Birsfelden oder Bachgraben begann, findet jetzt seine Fortsetzung im Singerhaus. Natürlich, eine 2011er-Rapparty kann schlecht verglichen werden mit einem HipHop-Jam aus der Zeit, in der die Basler Szene noch in den Kinderschuhen steckte (Adidas Superstar oder Puma States – mit breiten Schuhbändeln, versteht sich) und bei jedem Event neben Rappern und DJs auch die Breakdancer und Graffiti-Sprayer zum Zuge kamen.

Aber wer die Karriere von DJ Ace unter die Lupe nimmt und auch nur über einen kleinen Funken Liebe zu HipHop verfügt, wird zwangsläufig nostalgisch. Und als Basler B-Boy ist man typischerweise traditionsbewusst. Da ist es sicher auch keine schlechte Idee, dass Ace seine neue Partyreihe mit dem altbewährten Schlachtruf «Hip-Hop Hurraaayyy!!!» betitelt. Geboten werden der Partycrowd am Samstag Untergrund-Banger und Party-Hits – und natürlich Rapklassiker aus den 90er-Jahren (kommt in Basel immer gut an). «Der historische Bezug zur HipHop-Kultur ist wichtig», sagt Ace, «gerade in Basel, wo die Leute was im Kopf haben».

Als Appetizer gibts hier den 65-Minuten-Mix der aktuellen DJ Ace Radioshow.
DJ ACE Show Week 08 2011 by DJ ACE

Hip-Hop Hurraaayyy!!!
Samstag, 26. Februar, 22:00 – 04:00 Uhr, Singerhaus, Basel
Mit: DJ Ace (Kings Organisation), DJ Tray (UCM) und DJ Giddla (TNN)
Special: Live Video-Clip-Shooting von Makale
Eintritt: CHF 20.- inkl. CD-Album
Alter: Jungs ab 21, Mädels ab 18 (Ausweispflicht!)

Von Hoffnungsträgern und Möchtegern-Stars

Joel Gernet am Mittwoch den 23. Februar 2011

Nicht weniger als vier Rap-Alben aus der Region erscheinen diesen Februar. Das ist beachtlich, zeichnet sich die Rapregion Basel doch – trotz reichlich vorhandenem Talent – dadurch aus, dass es viele Rapper nicht auf die Reihe kriegen, ihre Kreativität auf einem Tonträger zu bündeln. Umso erfreulicher also der Release-Reigen von Rapbau, Kush, Ay-Cut und L-Montana. Und einer schwingt dabei weit oben aus: Kush mit seinem lang erwarteten Debut-Album «Karisma» (veröffentlicht am 4. Februar).

Schon im Intro – auf dem er von Sänger Baschi unterstützt wird (ja, der Baschi) – macht Kush klar, was den Hörer erwartet: «Das isch e Album zwüsche Vernunft und Unvernunft, zwüsche Geduld und Ungeduld. (…) Das isch s puure Läbe, Liebi und Hass uff Beats, zwüsche sensibel syy oder aggressiv,» rappt der 23-jährige Basler. Dass er ungeduldig und aggressiv sein kann, bewies der junge Kush vor rund fünf Jahren, als er in einem Internet-Song lauthals seinen Unmut darüber äusserte, dass er nicht am Basler-Allstar-Rapkonzert «Basel, dä Jam isch für di» in der Kaserne auftreten konnte. Damals war Kush noch weit davon entfernt, ein guter, anerkannter Rapper zu sein. Was aber schon vor einer halben Dekade nicht zu überhören war: Der Junge ist hungrig, emotional, und er hat Ehrgeiz.

Genau diese Eigenschaften machen Kush heute zu einem der komplettesten Rapper, die Basel zu bieten hat. Seine direkten und oft von Wut geprägten Texte zeichnen Kush noch heute aus. Dazugekommen ist, dass er seine Raptechnik massiv weiterentwickelt hat, und dass er sich nun auf seinem Debut-Album nicht scheut, sehr Persönliches preiszugeben. Auf dem zweiten Track «Läbenswäg» etwa schildert Kush, dass er ein jähzorniges Problemkind war, das in der Schule gemobbt wurde und erst im Fussball Bestätigung fand. Er erzählt, wie er auf bestem Weg zu einer Fussballerkarriere war – bis er sein Bein brach, anfing Gras zu rauchen und durch die Strassen zog. Schon alleine wegen diesem Song mit einem Klavierbeat, der unter die Haut geht, lohnt sich der Kauf des Albums. Mit «Dies und das» geht es gleich fulminant weiter: Über die bitterböse Sound-Unterlage von Jakebeatz spuckt Kush Strassen-Poesie, wie man sie von ihm gewohnt ist. Nur besser. Das ist Musik fürs Autoradio.

Auch was in den weiteren 19 (!) Tracks folgt, hat es in sich: Kush offenbart persönliche Abgründe und kehrt sein Innerstes nach Aussen. Er rappt über Zukunftszweifel, über die konsumgeile «Generation Millenium», über Drogen, Bullenstress, Frauen und – natürlich – übers Party machen. Eine der ganz grossen Stärken des Albums ist der Mut von Kush, neue Wege zu beschreiten und über Beats zu rappen, über die man ihn früher so nie gehört hätte. Bestes Beispiel dafür ist der Song «Ich red dir Muet zueh», in dem der 23-Jährige seinen Kopf-hoch-Text über einen poppigen Pianobeat rappt, unterstützt von der Sängerin Stephifresh (zu dem Song soll es bald ein Video geben).

Federführend bei der Entstehung von «Karisma» war Jakebeatz, ein Basler Beat-Produzent, Rapper und Betreiber des Labels PW-Records. Ihm, der die meisten Album-Beats produziert hat, ist es zu verdanken, dass wir heute ein Kush-Album in den Händen halten, das man getrost als Meisterwerk bezeichnen kann. Jake hat Kush während rund drei Jahren unterstützt, mit erstklassigen Beats versorgt und zu musikalischen Experimenten ermuntert. Seine Soundunterlagen passen perfekt zu Kushs brachialen Rapstil. Da haben sich zwei gefunden. Vor über zehn Jahren war Jake mitverantwortlich für die ersten Erfolge des Basler Rappers Mory, der später als Griot von sich reden machte. Nach drei gemeinsamen CDs gingen die beiden aber getrennte Wege. Nun hat Jakebeatz also einen neuen Rapper gefunden, der wie geschaffen ist für seine Beats. Bleibt zu hoffen, dass das Dreamteam Kush/Jake auch in Zukunft zusammen unterwegs ist. Und dass sie mit «Karisma» den Erfolg haben werden, der ihnen zweifelsohne zusteht. Das Kush-Album beinhaltet übrigens eine Bonus-DVD mit dem preisgekrönten Kurzfilm «Störfaktor» von Manuel Widemann, in dem Kush die Hauptrolle verkörpert – ein toller Film… erinnert irgendwie an «La Haine».

Während die Musik von Kush direkt aus dem Bauch kommt und den Hörer mitten in die Magengrube trifft, entstammen die Texte bei Rapbau eher der Kopfregion. Kopfschüsse sozusagen. Die zweite CD «3πR» des Basler Trios erschien am 2. Februar und beinhaltet philosophische Ergüsse («Was blybt»), eine reggae-geschwängerte Hommage an Basel («Summer in dr Stadt») und viel funky Gesellschaftskritik. Zum Beispiel auf «Schöni neui Wält», wo es heisst: «Scho elei will si vorgitt, was wohr sig, hett d Struktur immer vor dr Moral Vortritt. (…) Bisch e Produkt vom globale Märt und gisch e Figg uf unseri lokale Wärt.» Zeitweise wirken die Texte der Rapper Otaku und Trigger MC etwas zu verkopft. Und an manchen Textstellen wären etwas weniger Silben der Verständlichkeit – und dem Rapflow – zuträglich gewesen. Die Sample-lastigen Beats von Produzent MR. L.I.M.E. wurden über weite Strecken mit E-Gitarre und E-Bass, aber auch mit Saxophon oder Klarinette angereichert. Sie könnten aber – wie die Raps – mehr Durchschlagskraft vertragen. Mit «3πR» liefert Rapbau eine solide EP ab – mit Luft nach oben.

Am 25. Februar erscheint mit «Feel It» das Produzenten-Album des Arlesheimer Beat-Bastlers Ay-Cut. Einen Namen gemacht hat sich der 22-Jährige mit türkischen Wurzeln als Beatlieferant diverser Rapper aus der Region, mit der CD «Breathe It» – und als Breakdancer der ABCrew. Mit «Feel It» beweist Ay-Cut, dass er ein Versprechen ist für die Zukunft.

Einen Clubbanger wie «Whatever» zu schrauben, bereitet ihm eben so wenig Mühe, wie das Arrangieren melancholischer Pianobeats – etwa der Titeltrack «Feel it» – oder düsterer Beatbretter wie «Heyo». Von den Gästen hinter dem Mikrophon sind vor allem Krime (Rapreflex) und Contrast (DKZ, K.W.A.T.) hevorzuheben, die auf einem Grossteil der 18 Songs zu hören sind. Auch Chilz und Manoo (der Regisseur von «Störfaktor») mit ihren überdeutlich betonten Raps fallen positiv auf. Inhaltlich bewegen sich die meisten Songtexte im Themengebiet Party- und Battlerap, was auf Dauer etwas langweilig wird. Solche Ergüsse ist man sich sonst eher von (Gratis-)Mixtapes gewohnt. Hier hätte Produzent Ay-Cut dafür sorgen sollen, dass das Album einen roten Faden hat – zumindest teilweise. Weitere Gäste auf «Feel It» sind u.a. Zehir, Abart (TripleNine), R. Hood, DJ Steel (Makale), Double M und Mumi. Auch Kush ist auf zwei Songs zu hören – an der Seite von seinem DKZ- und K.W.A.T.-Kollegen Contrast. Wer sich einen Überblick über das regionale Rapgeschehen abseits der etablierten Namen verschaffen will, ist mit «Feel It» gut bedient. Hier einer der Album-Tracks…

Kommen wir zum letzten Raprelease aus der Region diesen Monat. Wie Ay-Cut veröffentlicht auch der Pratteler Rapper L-Montana am 25. Februar sein Album «Bald e Star». «Ein junger Rapper mit albanischen Wurzeln will nach oben, ganz nach oben. L-Montana ist heute noch ein Strassenkind und morgen schon greift er nach den Sternen und ist ein Star,» heisst es im Pressetext. Die Album-Songs, die ich vorab erhalten habe, hinterlassen aber einen zwielichtigen Eindruck. Ebenso das Video zum Titeltrack. Die Musik ist zwar durchgehend gut produziert (federführend war Soundkolonee-Produzent D.Digital), L-Montanas Flow ist aber teilweise noch etwas holprig. Darüber kann man noch hinwegsehen – schliesslich rappt der Herr noch keine vier Jahre.

Was aber extrem stört, ist das – textlich und visuell – völlig ironiefreie Wiederkäuen von Rapklischees, wie man sie aus US-Videos kennt: Uninspirierte Texte, dicke Schlitten und ein Mädel mit dicken… Hupen. Auch hier wieder: Das Video ist technisch einwandfrei, ja sogar überdurchschnittlich gemacht, aber inhaltlich ist die Ich-bin-der-Macker-und-die-Chicks-stehen-auf-mich-Schiene sowas von abgelutscht. Da hat L-Montana seinen Album-Titel «Bald e Star» wohl etwas zu ernst genommen. Dabei würde man dem Rapper, der durchaus auch mal ein Lächeln zeigt, den Erfolg ja gerne wünschen, möchte dieser doch nun mit Musik und nicht wie früher mit Gewalt- und Drogengeschichten von sich reden machen.

Beim Durchhören des ganzen Albums bestätigt sich dann der erste Eindruck: Geboten wird dem Hörer hauptsächlich altbewährte Gangsterrap-Kost. Drogengeschichten, Selbstbeweihräucherung und Luxusgüter dominieren die Texte – «Ghettomentalität mit Niveau» nennt das L-Montana, der im Pratteler Längi-Quartier aufgewachsen ist. Ob es seinen «Kunden» gefällt, dass er beschreibt, wie er das Koks streckt, das er auf den Strassen vertickt? Positiv hervorzuheben sind die Gastparts des Zürchers Mo3ta, der mit seinen arabischen Raps bisher immer zu überzeugen wusste, und der Berliner Rapschnauze Bass Sultan Hengzt.

Abschliessend kann festgestellt werden, dass die Alben von L-Montana und Kush ähnliche Ansätze haben. Beide berichten vom Strassenleben und den damit verbundenen Problemen. Während Kush aber sehr selbstkritisch zur Sache geht und viel Persönliches offenbart, also auch «Schwächen» zeigt, beschränkt sich L-Montana auf Übertreibungen und Angebereien – ein bewährtes Stilmittel des Genres. Klar, wer wie L-Montana neu auf der Bildfläche erscheint, muss auf den Putz hauen, um sich erstmals zu behaupten. Dennoch hätten ein, zwei nachdenklichere, persönlichere Songs (Ansätze sind auf dem Album vorhanden) mehr auf «Bald e Star» gut getan. So bleibt der Eindruck, dass einer zu schnell zu viel will. Aber wer weiss, vor ein paar Jahren hätte auch noch niemand gedacht, dass der Berliner Bushido mit seinem Sound zum erfolgreichsten deutschen Rapper ever wird.

Kush – Karisma (PW-Records), erhältlich ab 4. Februar 2011 u.a. im 4Elements-Store an der Heuwaage, via Rappartment.ch oder direkt auf iTunes.

Ay-Cut – Feel It (Golden-Musix), erhältlich ab 25. Februar 2011 u.a. bei 4Elements oder auf hiphopstore.ch.

Rapbau – 3πR, erhältlich ab 2. Februar u.a. bei Rocksi oder iTunes. Plattentaufe: Fr. 1. April, 24h, am BScene-Festival im Volkshaus Basel (mit Samoon & Open Mindet, Makale)

L-Montana – Bald e Star (Dramatic Soul), erhältlich ab 25. Februar

Europa endlos

Luca Bruno am Dienstag den 22. Februar 2011

Mitte 2006 war es, als jeder Besitzer eines gutsortierten Plattenladens notfallmässig ein «Ed Banger»-Regal nahe seines Eingangs installieren musste und an Indie Rock-Parties alle nur noch die neuen Singles von Digitalism oder Justice hören wollten. Elektronische Musik mit «Rockstar»-Attitüde war plötzlich im Trend und auch die Musikpresse, welche in den Jahren zuvor damit beschäftigt war, die wiederauferstandene britische Gitarrenmusik zu zelebrieren, fand Gefallen an dieser neuen Szene. Selbst das britische Musikmagazin NME, bei welchem traditionell die Gitarre immer an erster Stelle steht, sprang ziemlich schnell auf diesen Zug auf, und in den kommenden Monaten grinsten buntgekleidete Bands wie die Klaxons oder Shitdisco vom Frontcover. Das Genre «Nu Rave» war geboren, und schrille Keyboardklänge, treibende Basslinien und Glowsticks gehörten für die kommenden 12 Monate zum Standardrepertoire jeder neuen Band.

Wie immer, wenn der Vorrat an geeigneten Bands für das neugeschaffene Genre im eigenen Land knapp wird, sorgt das europäische Festland unfreiwillig für Nachschub. So wurden kurzerhand auch Bands wie Datarock aus Norwegen oder Goose aus Belgien zu einem Teil dieser „Nu Rave“-Szene ernannt – und das obwohl ihre Debütalben schon seit über einem Jahr erhältlich waren.

Doch wie schon zahlreiche andere Trends zuvor, war auch die Halbwertszeit von «Nu Rave» nur von kurzer Dauer und wenn Goose nun knapp 4 Jahre nach «Nu Rave» ein Gastspiel in der Kaserne geben, stellte sich eigentlich nur eine Frage: Was blieb übrig vom Hype?

Im Pressetext zum Konzert kündigen Goose an, dass die Hauptinspiration für ihr letzten Oktober erschienenes zweites Album «Synrise» die Musik des Discoproduzenten Giorgio Moroder gewesen sei. Schnell dürfen wir an diesem Samstagabend erfreut feststellen, dass für dieses eine Mal der Pressetext auch tatsächlich die Wahrheit sagt. Anstatt mit dem Haudrauf-Electrorock ihres ersten Albums «Bring It On» beginnen die 4 Belgier Ihren Auftritt nämlich mit dem Titeltrack von «Synrise». Dort stapeln Goose nun über 10 Minuten hinweg minutiös genau Synthesizer- und Keyboard-Linien übereinander und lassen ein unaufhaltbares Monster auf das Publikum los. Auch «Can’t Stop Me Now», die Leadsingle ihres neuen Albums, welche in der Studioversion platt und leblos klingt, erwacht kurz danach durch die exakte Arbeit des Quartetts zu neuem Leben. Und als die vier Belgier dann anschliessend mit «Black Gloves» und «Bring It On» die Hits ihres Debütalbums auspacken, ist die Stimmung endgültig auf dem Höhepunkt. Moroder, Kraftwerk und New Order: Während den ersten 25 Minuten machen Goose alles richtig und beweisen eindrücklich, dass sie den Hype überlebt haben. Das Publikum im Rossstall dankt es ihnen während jeder beatlosen Sekunde mit Szenenapplaus.

Doch so fulminant wie Goose beginnen, so schnell scheint ihnen in der Mitte des Sets die Puste auszugehen. Die Band interagiert zwar gekonnt mit dem Publikum, doch alle Spielfreude der Welt kann nicht über die Eintönigkeit ihrer weniger bekannten Songs hinwegtäuschen. Spätestens dann aber, als die vier gegen Ende ihres Hauptsets mit «British Mode» zum letzten Feuerwerk ansetzen, bleibt im Rossstall wieder kein Fuss mehr länger als eine Sekunde auf dem Boden.

Nach einer guten Stunde Spielzeit ist kein T-Shirt mehr trocken und die Band verabschiedet sich mit den Worten «Tomorrow, we’re going back to Belgium. The first thing that we’re gonna say to our people is: BASEL ROCKS!». Wir finden: Goose auch.

«Ich möchte gehört werden»

Luca Bruno am Donnerstag den 17. Februar 2011

Musikjournalisten machen es sich sehr gerne sehr einfach. So wird neuerdings beispielsweise jede aufstrebende junge Künstlerin mit Akustikgitarre ohne genauer hin zu hören kurzerhand dem Musikstil «Sophie Hunger» zugeordnet. Dabei steht eigentlich ausser Frage, dass auch das Genre «Singer/Songwriter» in so vielen Facetten daherkommt, dass man es eigentlich nicht auf eine einzige Referenz reduzieren sollte.

Diesen Samstag (19. Februar) wird uns Lena Fennell ihre Interpretation des Genres «Singer/Songwriter» darbieten. An diesem Abend wird die 26-Jährige nämlich im Parterre ihr Debütalbum «Nauticus» taufen, welches vor knapp einer Woche erschienen ist. Grund genug also, kurz vor der bevorstehenden Plattentaufe mit ihr über ihr Album, ihre Ambitionen und Sophie Hunger-Vergleiche zu reden.

Stört dich die Tatsache, dass jede aufstrebende Schweizer Singer/Songwriterin sofort mit Sophie Hunger verglichen wird?
Lena Fennell:
Sophie Hunger ist eine tolle Musikerin und mir persönlich gefällt ihre Musik ausgezeichnet. Der Vergleich stört mich also keinesfalls, ich empfinde ihn eigentlich sogar als Kompliment. Die mediale Aufmerksamkeit, die Sophie Hunger momentan erhält, öffnet auch Türen für andere Songwriterinnen, also kann mir der Vergleich eigentlich nur recht sein.
Wer allerdings dazu bereit ist, genauer hinzuhören, wird merken, dass nicht jede junge Schweizer Singer/Songwriterin mit Akustikgitarre auch automatisch die gleiche Musik macht. Wer sich «Nauticus» anhört, wird schnell feststellen, dass Sophie Hunger und ich zwei komplett verschiedene Musikerinnen sind.

Seit 2007 spielst du Konzerte, dein Debütalbum erscheint aber erst jetzt. Warum hast du so lange mit der Veröffentlichung eines Albums gewartet?
Ich habe während den letzten Jahren mit vielen verschiedenen Personen und Formationen zusammengearbeitet und zahlreiche Demos aufgenommen. Der richtige Zeitpunkt, meine Songs auf einer Platte festzuhalten, ist allerdings erst jetzt gekommen. Für mich war es immer wichtig, für meine Aufnahmen eine Band zu finden, auf die ich mich jederzeit verlassen kann und mit welcher «es» einfach stimmt. Mit Antoine Kauffmann (Schlagzeug) und Pascal Ujak (Bass) habe ich nun zwei Mitmusiker, mit denen die Zusammenarbeit hervorragend klappt.
«Nauticus» sind die ersten Aufnahmen von mir, die ich mir auch nach dem Aufnahmeprozess sehr gerne anhöre und dabei nie das Gefühl habe, dass sie bereits wieder veraltet sind.

Was versprichst du dir vom Release deines Debütalbums?
Ich möchte gehört werden. Wer auch immer behauptet, es sei ihm egal, ob seine Musik gehört wird oder nicht, ist nicht ehrlich. Ich wünsche mir jedoch nicht nur, dass sich möglichst viele Leute mein Album anhören werden, sondern dass sie zu meinen Konzerten kommen werden. Konzerte geben ist schliesslich trotz Veröffentlichung meines Albums noch immer mein Kerngeschäft. Es gibt nichts Schöneres, als die Atmosphäre in einem Club zu spüren und mit eigenen Augen zu sehen, was die eigene Musik bei anderen auslöst.
Ausserdem hoffe ich, dass sich mit dem Release von «Nauticus» der Radius meiner Livekonzerte vergrössern wird. Ich würde gerne in der Romandie spielen, und selbstverständlich bin ich auch dem Ausland nicht abgeneigt.

Während die eine Hälfte von «Nauticus» ganz traditionell in einem Studio aufgenommen wurde, hast du die andere Hälfte bei dir zu Hause oder am Rhein aufgenommen. Was hat der Rhein, welcher auch Inspiration für den Titel deines Debütalbums war, für eine Bedeutung für dich?
Der Rhein ist ein Ort, an welchem ich mich früher wie heute oft aufgehalten habe und mich jederzeit erholen konnte. Mir war es wichtig, dass genau diese Stimmung, das Gefühl von Gelassenheit und Harmonie, ebenfalls auf dem Album repräsentiert wird.

Und inwiefern ist die Musik von anderen Künstlern eine Inspiration für dich?
Ich habe zwar einen ziemlich breiten Musikgeschmack, bin allerdings nicht eine Person, die einzelne Elemente oder Sounds bewusst in die eigene Musik einbaut. Ich denke, dass mich die Musik von anderen Künstlern oder Künstlerinnen eher auf emotionaler und unbewusster Ebene inspiriert. Ein Beispiel, das mir spontan einfällt, das mich bewusst inspiriert hat, ist das Fingerpicking des britischen Künstlers Fink.

Dein Album wird diesen Samstag im Parterre getauft. Hast du etwas Besonderes geplant?
Ja! Meine Kernformation wird von zwei zusätzlichen Musikern und einer Gastsängerin unterstützt. Unter anderem wird Jan Krattiger, ehemaliger Gitarrist von Mañana, seinen Teil zu diesem Abend beisteuern. Ausserdem werde ich zum ersten Mal ein Cover spielen, welches vielen Baslerinnen und Baslern bekannt vorkommen wird. Als besonderes Extra wird es eine limitierte, mit Goldstift nummerierte Edition des Albums zu kaufen geben, so dass sich alle Besucherinnen und Besucher eines der ersten hundert Exemplare meines Albums sichern können.

Lena Fennell: Diesen Samstagabend (19. Februar) live im Parterre. Türöffnung: 20:00, Beginn: 20:30.

The Wave Pictures: Die Messlatte liegt hoch

Luca Bruno am Donnerstag den 10. Februar 2011

Diesen Freitagabend (11. Februar) treten The Wave Pictures zum zweiten Mal im 1. STOCK in Münchenstein auf. Die Musik des Trios aus Wymeswold, eine kleine Stadt irgendwo im englischen Nirgendwo, orientiert sich zwar an amerikanischen Lo-Fi Helden wie Jonathan Richman oder den Feelies, könnte jedoch britischer nicht sein. Doch David Tattersalls smarte Lyrics kommen nicht nur mit einer gesunden Portion britischer Nonchalance daher, sie lassen sich auch endlos zitieren. So findet sich auf den bisher erschienenen neun Alben der Band garantiert ein Satz für jede Lebenslage wieder.

Als das Trio am 1. Februar 2009 zum ersten Mal in Münchenstein spielte, verabschiedete es sich nach knapp 50 Minuten Spielzeit mit den Worten «We’re gonna take a short break and will be back in a few minutes for another set. Stay tuned!» vom Publikum. Als die Band dann nach einer kurzen Pause wieder auf die Bühne trat, spielten sie tatsächlich nochmals zwei volle 50-minütige Sets. In insgesamt drei Stunden gab es an diesem Abend somit fast jeden Song aus der ausführlichen Diskographie der Band zu hören. Ein Sonntagabend, von dem man im 1. Stock auch knapp zwei Jahre später noch schwärmt.

Wer heute einen Blick auf ebenjene Diskographie wirft, stellt fest, dass das Trio in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben ist. Seit ihrem letzten Auftritt im 1. Stock haben sich schon wieder zwei neue Alben und vier neue Singles zum ohnehin schon üppigen Output der drei Briten dazugesellt. Und mit «Beer In the Breakers», welches diesen April erscheinen soll, steht bereits das nächste Album in den Startlöchern. Es wäre vielleicht ein wenig zu viel verlangt, aufgrund der vielen neuen Songs nun sogar vier Sets zu erwarten, die Messlatte liegt jedoch auf alle Fälle hoch.

The Wave Pictures: Diesen Freitagabend (11. Februar) live im 1.STOCK. Türöffnung: 21:00, Beginn: 21:45.