Wenn man den Texten des deutschen Rappers SSIO glauben schenkt, besteht dessen Alltag aus Kiffen, Dealen und dem Besuchen von Puffs, Muckibuden und Clubs. Wobei natürlich stehts mit dicker Karre vorgefahren wird – da lässt sich der Herr nicht lumpen.
Diesen Samstag fährt der Benz von SSIO am «City Jam» im Alten Wasserwerk in Lörrach (D) vor. Via Facebook verkündet der Rapper voller Selbstironie: «Am 3. Mai mach ich Breakdance in Lörrach». Ironisch ist die Aussage, weil an Jams normalerweise der traditionellen HipHop-Kultur und ihren vier Elementen gefrönt wird – und nicht Gangsterrap, wie SSIO ihn fabriziert.
In seiner Musik bedient der Bonner so ziemlich jedes Gangster-Klischee, das Otto Normalverbraucher im Kopf hat. Und er überspitzt seine Stories bis zum Erbrechen. Das äussert sich etwa in Zeilen wie diesen:
Bull’n jagen mich durch Zeugenaussagen.
Leider vergebens, weil ich im Freudenhaus schlafe.
Nutte, ich fahr den Mercedes Benz.
Während aus dem Fenster-Rahmen der Penis hängt.
Was SSIO im Vergleich zu so vielen rappenden Muckibuden-Dumpfbacken aus Deutschland speziell macht, ist sein Humor und seine Selbtironie. Zwei Eigenschaften, die man bei den meisten seiner Artgenossen schmerzlich vermisst. Natürlich kann man generell darüber diskutieren, inwiefern derartiger Rap überhaupt sinnvoll ist – diese allgegenwärtige Grundsatzdebatte soll hier ausgeklammert werden. Wenn man die Musik von SSIO als Entertainment betrachtet – 50 Cent sagt ja auch immer, seine Musik sei wie ein Hollywoodfilm –, lässt sich feststellen, dass man bei ihm wunderbar unterhalten wird. Saudumm und smart zugleich.
Die Inhalte der SSIO-Tracks sind eigentlich stets die selben. Dementsprechend liessen sich die einzelnen Song-Strophen auch beliebig austauschen. Wie er aber seine Kleinkriminellen-Stories vorträgt, ist allererste Sahne. Aussagekräftiger als seine Lieder sind fast schon deren Titel: Sie heissen etwa «Einbürgerungstest für schwererziehbare Migrantenkinder» oder «Ein tiefsinniges, sozialkritisches und moralvermittelndes Lied» oder «Das Wasser ist nass» oder schlicht «Unbekannter Titel». Dadaistischer Gangsterrap voller Selbstironie und Stumpfsinn – wobei diese Untertöne vermutlich von einem Grossteil seiner Fans nicht herausgehört werden.
Oben genannte Songs stammen von SSIOs Debütalbum «BB.U.M.SS.N», das 2013 nicht nur in der deutschen Rapszene hohe Wellen warf – und das eher unerwartet auf Platz 6 chartete. Diesen Samstag kann man sich in Lörrach ein Bild davon machen, ob sich hinter der grossen Klappe von SSIO auch ein guter Live-Rapper verbirgt. Unterstützt wird der Deutsche unter anderem vom Basler Rapkollektiv Köpf wo andrs tikke (K.W.A.T.). Also ab über die Grenze! Wir schliessen mit zwei Zeilen von SSIO…
Manchmal denke ich, meine Sucht macht mich Blind.
Doch das fällt mir erst auf wenn die U-Haft beginnt.
SSIO, live in Lörrach:
Sa. 3. Mai, Altes Wasserwerk, Lörrach (D).
Vorgruppen: K.W.A.T. (Basel), Curlyman (Karlsruhe), Mr. Waks (Lörrach).