Ausstellung? Wer sich aktuell in den Hinterhof Offspace begibt, der wird sich eher in einer Werkstatt wähnen als in einem Ausstellungsraum. Eric Andersen, schweizerisch-dänischer Plakatkünstler, hat nicht nur Plakate mitgebracht, sondern stellt sie hier gleich her. Zu Dutzenden hängen sie an Wäscheleinen von der Decke, immer dasselbe Motiv, mit immer anderen Fehlern – weil beim Siebdruck gar nichts anderes möglich ist. «Genau das ist es, was mir daran gefällt», sagt Andersen. «Es ist nicht wie beim Offsetdruck, wo entweder alles perfekt aussieht oder beabsichtigt Flecken produziert werden, die dann bei jeder Kopie an derselben Stelle sitzen. Beim Siebdruck ist jedes Plakat ein Unikat – trotz des seriellen Gedankens.»

Martin Stollenwerk und Eric Andersen (r.) am Handdrucktisch im Hinterhof. (Foto Dirk Wetzel)
Dass Eric Andersen seinen Handdrucktisch in den Hinterhof Offspace verlegt hat, hat seinen Grund. In wenigen Wochen wird er zusammen mit dem Fotografen Martin Stollenwerk nach New York reisen, um die hier hergestellten, vom Dadaismus inspirierten Plakate in einer Druckerei mit Texten zu versehen. Und weil bis dahin die Zeit drängt, wurde die geplante Ausstellung kurzerhand zur Work-in-Progress umfunktioniert. Für den Besucher wirds so noch spannender: Schliesslich kann man nicht nur zugucken oder aber die fertigen Werke betrachten, sondern auch gleich mit dem Künstler plaudern, wenn man Fragen hat.
Eingeladen hat den in Zürich tätigen Künstler Johannes Willi – die Plakate Andersens waren ihm in Zürich öfters aufgefallen, dann hat er ihn zufällig kennengelernt. Zusammen mit Thomas Keller und Philippe Hersberger betreibt Willi den Hinterhof Offspace. Die drei bestimmen, wer dort ausstellt, allerdings nicht nach festen Kriterien – ausser einem: «Uns muss überzeugen, was jemand macht», sagen sie. Es müssen auch nicht zwingend bildende Künstler sein.

Thomas Keller (l.) und Johannes Willi vom Hinterhof Offspace-Team. (Foto Dirk Wetzel)
Die aktuelle Ausstellung ist nach einer Gruppenschau Anfang Jahr erst die zweite in diesem 200 Quadratmeter grossen Raum, den die Betreiber mittels mehrerer Bausteine, die an ein Tetrix-Spiel erinnern, unterschiedlich gestalten und einteilen können. «Jeder Künstler kann so den passenden Rahmen für seine Werke schaffen», erklärt Thomas Keller. Wem die Module zu kleinteilig sind, der baut daraus einen grossen Würfel oder eine Wand. Eric Andersen hat einen Raum im Raum gebaut, mit Nischen und kleinen Ablageflächen. So grenzt sich ein kleiner Ausstellungsraum, der die Entstehung seiner Plakate zeigt, von der Werkstatt daneben ab.
«Wir wollen, dass dieser Raum lebt», sagt Willi. Dazu gehört die Beweglichkeit der Infrastruktur genauso wie das, was darin gezeigt wird. Das Team wählt in diesem Sinne auch die Künstler und Künstlerinnen für Ausstellungen aus. «Wir sehen uns nicht als Galerie, die einfach Bilder an die Wände hängt», sagt Willi. Das zeigt die aktuelle Ausstellung klar, und auch die erste Schau war so konzipiert: Damals arbeitete beispielsweise Mañana-Sänger Manuel Bürkli an neuen Songs. Ins Konzept passt auch, dass die Ausstellung jeweils abends geöffnet ist, während des Barbetriebs. «So kommen einige Leute hier rein, die sonst vielleicht nicht kommen würden. Die Hemmschwelle ist um einiges weniger hoch, vor allem wenn man vielleicht schon ein, zwei Bier getrunken hat», erzählt Keller. «So entstehen vielfältige Arten von Kontakten.»
Ende Jahr soll die Lagerhalle, die den Hinterhof beherbergt, abgerissen werden. Zwar hoffen die Initianten, dass dieser Termin sich verzögert, doch «dieses Datum zwingt uns auch, uns jetzt so richtig reinzuhängen», sagt Willi. Und so wird weiter nach passenden Künstlern gesucht, geplant und fleissig von Ausstellung zu Ausstellung umgebaut – wenn nötig gar mit der tatkräftigen Unterstützung der Eltern. Und wenn denn tatsächlich Schluss sein sollte Ende Jahr, dann sucht man sich für das Projekt einen neuen Ort. Soviel scheint schon man sicher.