Archiv für die Kategorie ‘Kino’

Oops, Emmerich did it again!

Fabian Kern am Mittwoch den 4. September 2013

«White House Down» läuft ab dem 5.9. im Capitol, Eldorado und im Küchlin.

«White House Down» läuft ab dem 5.9. im Capitol, im Eldorado und im Küchlin.

Warum gehe ich ins Kino? Um mich zu unterhalten. Klar, Zerstreuung, schlechtes Wetter oder das Prickeln, wenn es dunkel wird im Saal können ebenfalls Motive sein. Aber der Antrieb ist es, gut unterhalten zu werden – und zwar nach meinen Erwartungen. Gehe ich in eine Komödie, will ich lachen können, in einem Drama soll es ernst sein und ein Actionfilm muss krachen. Am angenehmsten ist es, wenn man kritisch eingestellt ist und dann positiv überrascht wird. So geschehen bei «White House Down». Verantwortlich dafür ist in erster Linie Antoine Fuqua. Der Regisseur ist zwar an diesem Film komplett unbeteiligt, hat aber mit seinem enttäuschenden, weil grimmigen und vor Patriotismus triefenden «Olympus Has Fallen» vor knapp drei Monaten die Erwartungshaltung ziemlich gedrückt. Denn wer hätte schon erwartet, dass Roland Emmerich, Regisseur von «Independance Day», bei einem Actionfilm, in dem das Weisse Haus angegriffen wird, weniger pathetisch ist als der hoch gelobte Macher von «Training Day»?

Master of Disaster: Roland Emmerich. (Bild: Keystone)

Master of Disaster: Roland Emmerich. (Bild: Keystone)

Den Übernamen «Master of Disaster» hat sich Emmerich redlich verdient. Nach dem Blockbuster-Erfolg von «Independance Day» spezialisierte sich der Schwabe auf die schamlose Zerstörung amerikanischer Grossstädte, glitt aber mit «Godzilla», «The Day After Tomorrow» und zuletzt «2012» zunehmend ins Lächerliche ab. Vielleicht hat er sich deshalb dazu entschlossen, wieder einmal das US-Heiligtum schlechthin zu demolieren: das Weisse Haus. Und das tut keiner so lustvoll wie Emmerich. Explosive Action, ein starkes Helden-Duo, ein glaubwürdiger Bösewicht und gut getimte coole Sprüche – «White House Down» bietet alles, was Popcorn-Kino ausmacht. Doch nicht nur im Ergebnis unterscheidet sich der Deutsche vom auf den ersten Blick so ähnlichen «Olympus Has Fallen». Fuquas Präsident war weiss (Aaron Eckhart) Emmerichs ist – politisch korrekt – schwarz (Jamie Foxx), die jeweiligen Backups entsprechend umgekehrt. Und der Held ist – im Gegensatz zum Schotten Gerard Butler in «Olympus Has Fallen» – mit Channing Tatum ein Amerikaner. So viel Patriotismus muss es dann schon sein.

Präsident Sawyer und Cale

Starkes Duo: John Cale (rechts) und Präsident James Sawyer. (Bild: Sony Pictures)

Mit diesem Helden erweist Emmerich dem Kult-Streifen «Die Hard» seine Referenz. Der vom Secret Service abgelehnte John Cale (Tatum) ist wie Bruce Willis in seiner Kultrolle als John McClane ein einfacher Polizist und nachlässiger Vater, der durch Zufall in ein Terroristen-Szenario gerät. Eben noch auf einer Sightseeing-Tour im Weissen Haus findet sich Cale schon bald im weissen Unterhemd – dem McClane-Markenzeichen – an der Seite des Präsidenten und schiesst auf alles, was sich bewegt. Und das mit einer ziemlichen Wut im Bauch, denn seine elfjährige Tochter ist in der Gewalt der ruchlosen Verbrecher, die dem liberalen Staatsoberhaupt ans Leder und einmal mehr einen Atomkrieg auslösen wollen. Doch was der rechtsradikale Sturmtrupp, vom verbitterten Secret-Service-Chef (souverän: James Woods) angeheuert, eigentlich im Schilde führt, ist zweitrangig. Die Übeltäter sind böse, und die Bösen müssen weg. Der Reihe nach und auf möglichst spektakuläre Weise. Das weiss Emmerich und treibt die Handlung entsprechend befriedigend voran. Gespickt mit viel passendem Humor – der Präsident gewöhnt sich das Rauchen ab und trägt AirJordans – und Twists, die nicht unvorhersehbar sind, aber der Story zusätzlich Drive geben.

Das Weisse Haus versinkt einmal mehr im Schutt.

Das Weisse Haus versinkt einmal mehr im Schutt. (Bild: Sony Pictures)

In einer Zeit, in der Actionfilme immer auch intelligent und vielschichtig sein sollen, ist ein Streifen wie «White House Down» erfrischend unverkrampft und erinnert an die grossen Sommer-Blockbuster der Neunziger Jahre. Die Protagonisten nehmen sich nicht allzu ernst, dafür gegenseitig auf die Schippe. Das Duo Tatum/Foxx funktioniert wie ein altes Ehepaar und macht richtig Laune. Kurzum: Mehr erwarte ich nicht von einem Actionfilm. Aber wissen Sie was? Am besten, Sie vergessen das Gelesene gleich wieder. Es gibt schliesslich nichts Schöneres, als sich im Kino positiv überraschen zu lassen.

«White House Down» läuft ab 5. September 2013 in den Basler Kinos Capitol, Pathé Eldorado und Pathé Küchlin.

Weitere Filmstarts in Basel am 5. September: Lovely Louise, Vijay and I, La cage dorée, An Episode in the Life of an Iron Picker.

Die unglaubliche Reise in einem verrückten Camper

Fabian Kern am Mittwoch den 28. August 2013

Filmplakat

«We’re the Millers» läuft ab 29. August im Capitol, Rex und Pathé Küchlin.

Eigentlich gibt es keinen Grund, warum der Kinofilm «We’re the Millers» lustig sein sollte. Zwar wird der Plot mit Jason Sudeikis von einem echten Komödianten (Saturday Night Live) getragen, aber schon beim Namen Jennifer Aniston zweifelt man, ob das nicht wieder eine dieser 0815-Komödien ist, mit denen sich zwar langweilige Abende totschlagen lassen, die einem aber nicht mehr als ein müdes Lächeln abringen. Dazu dieser Plot: Ein Gras-Dealer Ende dreissig, der nicht erwachsen werden will, muss Marihuana aus Mexiko in die USA schmuggeln, um bei seinem Boss die Schulden zu begleichen. Schnarch. Dazu seine zündende Idee: Er stellt sich aus drei Losern in seiner Nachbarschaft eine Bünzli-Familie par excellence zusammen, um das Dope in formvollendeter auffällig-unauffälliger Tarnung in einem Riesencamper über den Zoll zu bringen. Bitte.

Familienausflug nach Mexiko: die Millers. (Bilder: Warner Bros.)

Heiterer Familienausflug nach Mexiko: die Millers. (Bilder: Warner Bros.)

Doch damit nicht genug. Die hirnrissige Geschichte, dass eine Ansammlung von Verlierern einem mexikanischen Drogenkartell zwei Tonnen Gras klauen kann, lassen wir mal aussen vor. Denn schon der Humor – in einer Komödie nicht ganz unerheblich – ist diskutabel. Gags gibt es zuhauf, oft zielen diese aber unter die Gürtellinie. Sexual- und Fäkalhumor sind spätestens seit den Machwerken der Farrelly-Brüder («Dumb & Dumber», «There’s Something About Mary») out. Zu allem Übel zielt die Story offensichtlich nur auf eines ab: die Läuterung des chronischen Junggesellen und Kindskopfs David (Sudeikis). Ob er wohl mit der ungeliebten Nachbarin und Stripperin im Ruhestand Rose (Aniston) schliesslich zusammenkommt? Na? Wie oft haben wir das schon gesehen? Ausserdem hat der nervige «Sohn» Kenny (Will Poulter) akutes Nerd-Potenzial und die gemeinsame Nacht mit einer echten Camping-Familie das Zeug zum Fremdschämen.

David und der mexikanische Goliath.

David und der mexikanische Goliath.

Also: Es gibt keinen Grund, warum das alles lustig sein soll. Erstaunlicherweise ist «We’re the Millers» aber genau das: lustig. Und wie. Sie fragen warum? Die Frage ist berechtigt. Regisseur Rawson Marshall Thurber, dessen bisher bekanntestes Werk den politisch korrekten Titel «DodgeBall – voll auf die Nüsse» trägt, hat die richtige Mischung aus Klamauk und Action, Blödeln und Unterhaltung gefunden. Der Cast ist sichtlich gut aufgelegt, und man verzeiht ihm auch jene Geschmacklosigkeiten, die nun wirklich zu weit gehen – wie Davids Vorschlag, Kenny soll einem schwulen mexikanischen Polizisten mittels Oralverkehr bestechen. Das Erfolgsgeheimnis aber ist wohl die Tatsache, dass niemand sich oder den Film zu ernst nimmt. Man versucht nicht, um jeden Preis lustig zu sein, sondern ist es einfach. Und das trotz eines absurden Plots. Faszinierend.

«We’re the Millers» läuft ab 29. August 2013 in den Basler Kinos Capitol, Rex und Pathé Küchlin.

Weitere Filmstarts in Basel am 29. August: Feuchtgebiete, Planes, R.I.P.D., The Look of Love, Halb so wild, The Mortal Instruments: City of Bones, To the Wonder.

Captain Jack Sparrow im Wilden Westen

Fabian Kern am Mittwoch den 7. August 2013

Filmplakat

«Lone Ranger» läuft ab 8. August im Capitol und im Pathé Küchlin.

Es gibt wenige Rollen, die das Image eines Schauspielers derart geprägt haben wie jene von Jack Sparrow. Johnny Depp hat den stets angetrunkenen, ungepflegten, egoistischen, aber dennoch charmanten Piratenkapitän nicht gespielt – er ist Jack Sparrow. Und auch wenn der fünfte Teil von Pirates of the Carribbean angekündigt ist, die Reihe hat sich langsam totgelaufen. Deshalb müssen neue Geschichten her und eine neue Rolle für Johnny Depp, denn der Mann ist ein Publikumsmagnet sondergleichen.

Nun ist Johnny Depp Tonto, der Indianer. Mit ihm ist die ganze «Pirates»-Produktionscrew um Jerry Bruckheimer von der Karibik in den Wilden Westen des Jahres 1869 umgesiedelt. Regisseur Gore Verbinski rührt wieder gross an, diesmal erzählt er die Legende des maskierten Helden «Lone Ranger». Dieses Abenteuer hat als Hörspiel das amerikanische Radiopublikum ab 1933 fast 20 Jahre lang in seinen Bann gezogen. Auch darin kam Tonto vor. Analog zur «Pirates»-Reihe spielt Depp auch hier nur den Sidekick des Helden, ohne den aber gar nichts laufen würde. Denn erst der schräge Indianer mit der toten Krähe auf dem Kopf hilft dem Lone Ranger erst auf die Sprünge.

Tonto und das Geisterpferd

Schau mir in die Augen, Kleines! Tonto und das Geisterpferd. (Bilder: Disney)

Tonto und John

Kannst du mich mal kratzen? Tonto und John.

Ohne Tonto hätte John Reid (Armie Hammer) in der texanischen Wüste als weibischer Staatsanwalt sein Ende gefunden. Weil er aber vom weissen «Geisterpferd» aus der niedergemetzelten Truppe von Aufrechten um seinen Bruder und Sheriff Dan (James Badge Dale) auserwählt und ins Leben zurückgeholt wird, hat Tonto keine andere Wahl, als aus dem weichen Juristen einen hartgesottenen Westernheld zu formen. John will Rache am ruchlosen Mörder Butch Cavendish (William Fichtner). Sein Plus ist, dass dieser ihn für tot hält, weshalb Tonto John mit einer schwarzen Maske ausstattet. Ganz nebenbei kommt das ungleiche Duo dem skrupellosen Eisenbahn-Unternehmer Latham Cole (Tom Wilkinson) auf die Schliche, der einen Krieg gegen die Indianer anzetteln möchte, um ein direktes Gleis nach San Francisco bauen zu können. Was Tonto seinem Partner aber vorenthält, ist, dass er noch ganz eigene Rachepläne verfolgt, die ihren Ursprung tief in seiner traurigen Vergangenheit haben und nicht ganz kompatibel sind mit den hehren Absichten des Lone Ranger.

John Reid

Mein Name ist Ranger, Lone Ranger.

Die epische Geschichte füllt die Kinoleinwand voll und ganz aus. Verbinski nutzt die ganze Bandbreite an Elementen, die ein Sommer-Blockbuster braucht. Action, schwarzer Humor, starke Figuren und ein Schuss Romantik machen «Lone Ranger» zu einem mitreissenden Abenteuer, bei dem aber im Gegensatz zu den «Pirates»-Filmen auch ernste Zwischentöne Platz finden. Wiederum drückt Depp mit seinem unvergleichlichen Spiel dem Film seinen Stempel auf. Er schafft die Verwandlung zum Indianer absolut mühelos. Zu beachten gilt es aber auch Armie Hammer, der dem breiten Publikum noch nicht bekannt sein dürfte. Der knapp 27-Jährige glänzte bisher erst als Nebendarsteller in «The Social Network» und an der Seite von Leonardo Di Caprio in Clint Eastwoods «J. Edgar». Nach seinem fulminanten Auftritt in «Lone Ranger» wird er wohl einige Angebote für weitere Hauptrollen bekommen.

Tonto

Hat jemand den Zugführer gesehen?

Bisher ist «Lone Ranger» aber erstaunlicherweise das Sorgenkind der Disney Studios. Ausgerechnet in den USA fiel der Streifen bisher komplett durch und spielte erst knappe 87 Millionen Dollar ein – bei Produktionskosten von 215 Millionen ein Disaster. Deshalb ruhen die Hoffnungen auf dem europäischen Publikum. Es wäre gelacht, wenn das rasante Abenteuer nicht noch in die schwarzen Zahlen käme, denn wer Johnny Depp mag und mit Western etwas anfangen kann, für den ist «Lone Ranger» Pflichtprogramm.

«Lone Ranger» läuft ab 8. August 2013 in den Basler Kinos Capiton und Pathé Küchlin.

Weitere Filmstarts in Basel am 8. August: Trance, Shadow Dancer, Cloclo.

Die totale Erniedrigung

Fabian Kern am Mittwoch den 31. Juli 2013

Filmplakat

«Vénus noire» läuft ab 1. August im kult.kino Camera.

Sarah «Saartje» Baartman (Yahima Torrès) möchte das, was viele Frauen möchten: heiraten, Kinder kriegen, ein ruhiges Familienleben in ihrer Heimat führen – ein ganz normales Leben halt. Leider schreiben wir das frühe 19. Jahrhundert, und Südafrika heisst noch Kapland. Deshalb sieht sie leider Chance dafür in Hendrick Caezar (André Jacobs). In dessen Familie hat die Afrikanerin in Kapland, dem heutigen Südafrika, als Hausmädchen gearbeitet. Weil sie nach dem Tod von zwei unehelichen Kindern in ihrer Heimat nichts mehr hält lässt sie sich von Caezar sie mit Versprechungen von Abenteuer und Reichtum zur Reise nach Europa überreden. Denn Saartje hat etwas Seltenes zu bieten: ihren Körper.

Caezar und Saartje

Billige Show: Caezar und Saartje. (Bilder Xenix)

Saartje gehört zum Stamm der Khoikhoi, in Europa besser bekannt unter dem Namen «Hottentotten». Die Frauen fallen durch ein enorm ausgeprägtes Hinterteil auf, sowie durch sehr lange innere Schamlippen. Das verrät auch schon die Geschäftsabsicht von Caesar: Er lässt Saartje in einer Freakshow in London als «Hottentot Venus» auftreten. Dort präsentiert sie sich als nur schwer bezähmbare Wilde und wackelt mit ihrem Hintern. Als entwürdigenden Höhepunkt dürfen sich die Zuschauer durch Betatschen von der Echtheit des überdimensionalen Pos überzeugen. Kurz: Es ist die totale Erniedrigung.

Saartje

Abgestumpft: Saartje beim «Frühstück.

Réaux und Saartje

Leder und Peitsche: mit Réaux in Frankreich.

Diese Meinung vertreten allerdings auch bereits im London des Jahrs 1810 viele Leuten – schliesslich ist Sklavenhandel seit 1807 verboten. Deshalb muss sich Caezar vor Gericht für seine Show verteidigen, was ihm mithilfe von Saartje gelingt. Die Hauptdarstellerin erklärt, sie sei aus freiem Willen in England und spiele nur eine Rolle. Sie verrät nicht, dass sie zunehmend unter den Erniedrigungen leidet und immer öfter zur Flasche greift. Das wird auch nicht besser, als der skrupellose Dompteur Réaux (Olivier Gourmet) zur Truppe gesellt, der schliesslich Caezar auszahlt und in Frankreich allein mit Saartje auf Tour geht. In der französischen Oberschicht kommt die exotische Show, die zusehends ins S/M-Genre abgleitet, so lange gut an, bis es Réaux mit der Brutalität übertreibt. Er sucht und findet andere Einnahmequellen. Erst lässt er Saartje für viel Geld von Pariser Naturwissenschaftlern untersuchen und vermessen. Als sie sich weigert, vor den Gelehrten ihre Genitalien zu präsentieren, wird sie ins Bordell abgeschoben, wo sie langsam zugrunde geht.

Saartje in Paris

Katalogisiert wie eine Pflanze: Saartje in Paris.

Abdellatif Kechiche erzählt in «Vénus noire» eine tieftraurige Geschichte mit einer starken Hauptdarstellerin. Die 160 aufwühlenden Minuten sind nichts für Zartbesaitete und zeigen, dass Rassismus nichts mit Stand oder Bildung zu tun hat. Die Folgen der Kolonialzeit werden einem in nicht effektheischenden, aber sehr eindringlichen Bildern vor Augen geführt. Und das Traurigste an der Geschichte: Sie ist wahr. Sarah Baartman hat tatsächlich gelebt, 1815 wurde sie im Alter von nur 26 Jahren von ihrem freudlosen Dasein erlöst. Der Gipsabdruck ihres Körpers ist heute immer noch im «Musée de l’Homme» in Paris ausgestellt. Ihre sterblichen Überreste aber fanden den Weg zurück in die Heimat. 2002 wurde ihr Skelett nach jahrelangem Insistieren von Nelson Mandela nach Südafrika gebracht und dort in einer grossen Zeremonie beigesetzt. Für die arme Saartje war das aber kein Trost mehr.

«Vénus noire» läuft ab 1. August 2013 im kult.kino Camera in Basel.

Weitere Filmstarts in Basel am 31. Juli und 1. August: Gambit, Möbius, Die Schlümpfe 2, Plato’s Academy, Rebelle.

Ein echter Redford

Fabian Kern am Mittwoch den 24. Juli 2013

Filmplakat

«The Company You Keep» läuft ab 25. Juli im Küchlin.

Ist das nun ein Thriller oder nicht? Diese Frage muss sich «The Company You Keep» gefallen lassen. Die einfache Antwort: Egal, es ist ein waschechter Robert Redford. Und somit eine packende Geschichte um Ethik und Menschlichkeit mit politischem Hintergrund und starken Figuren. Die Hauptrolle hat sich der Altmeister gleich selbst auf den Leib geschrieben. Einmal mehr in seiner langen Filmografie ist der mittlerweile 76-Jährige, der im Alter nichts von seinem Charisma eingebüsst hat, der Gejagte. 30 Jahre lang hat er sich hinter der falschen Identität des Anwalts Jim Grant vor dem FBI versteckt und im New Yorker Hinterland ein beschauliches Leben geführt. Bis ihn seine unrühmliche Vergangenheit einholt.

Robert Redford

Ausstrahlung: Robert Redford. (Bilder: Ascot Elite)

Die Bewegung der «Weathermen» gab es wirklich. Die Widerstandsbewegung protestierte zu Beginn der 70er-Jahre gegen den Einsatz der USA im Vietnamkrieg. Nachdem die friedliche Hippie-Bewegung mit der Botschaft «Make love, not war» nichts bewirkte, griff der radikale Kern der Weathermen zu drastischeren Mitteln – Terroranschlägen im eigenen Land. «Durch den Gebrauch von Waffen begann sich die Bewegung selber zu fressen», sagte Robert Redford kürzlich in einem Interview mit der SonntagsZeitung. Die Weathermen machten sich angreifbar. So erging es auch Sharon Solarz (Susan Sarandon), Mimi Lurie (Julie Christie) und Nick Sloan (Robert Redford). Bei einem Anschlag auf eine Bank kommt ein Wachmann ums Leben, was das Trio zerschlägt und in alle Winde zerstreut.

Susan Sarandon

Hat genug vom Verstecken: Sharon Solarz.

Als 30 Jahre später Solarz dem schlechten Gewissen nachgibt und sich stellt, kommen die Ermittlungen erdrutschartig ins Rollen, zumal Jim Grant vom ehrgeizigen Lokalreporter Ben Shepard (Shia LaBoeuf) enttarnt wird. Auf den Vater einer elfjährigen Tochter wird vom leitenden FBI-Agenten Cornelius (Terrence Howard) eine unerbittliche Jagd eröffnet. Dieser aktiviert seine alten Kontakte, um Mimi Lurie ausfindig zu machen und die wahren Hintergründe der fatalen Ereignisse von damals aufzudecken. Dabei findet er Dinge über sich heraus, die er nicht einmal selbst wusste.

Terrence Howard und Shia LaBoeuf

Uneinig: Agent Cornelius und Ben Shepard.

Verschiedene Faktoren machen «The Company You Keep» sehenswert. Einerseits, dass die zwei Stunden Laufzeit beinahe ohne Actionszenen auskommt und trotzdem keine Länge aufweist. Andererseits fasziniert die Zusammenführung verschiedener Generationen von Schauspielern. Die Alte Garde von Robert Redford, Susan Sarandon, Nick Nolte und Julie Christie bis zu Chris Cooper, Richard Jenkins, Brendan Gleeson, Sam Elliot und Stanley Tucci bildet zusammen mit den angesagten Jungen Terrence Howard, Shia LaBoeuf, Anna Kendrick und Brit Marling einen hochkarätigen Cast, den nur ein Mann vom Format Redfords gemeinsam vor die Kamera bringt.

Robert Redford

Gewissensbisse: Jim Grant aka Nick Sloan.

Ebenfalls typisch für Redford sind die grossen Themen des Werks: Vergänglichkeit, menschliche Werte und philosophische Fragen wie in diesem Fall, ob man Terrorismus legitimieren kann. Das ist wieder einmal einer derjenigen Filme, an dessen Ende man sich fragen kann: Wie hätte ich gehandelt? Ob Thriller oder nicht – wenn er nicht zum Nachdenken anregen würde, wäre er kein echter Redford.

«The Company You Keep» läuft ab 25. Juli 2013 im Kino Pathé Küchlin in Basel.

Weitere Filmstarts in Basel am 25. Juli: The Wolverine, Frances Ha, La grande bellezza, Le fils de l’autre.

Bei Anruf Spannung

Fabian Kern am Mittwoch den 10. Juli 2013

Filmplakat

«The Call» läuft ab 11. Juli im Kino Pathé Küchlin.

«Gebt niemals ein Versprechen ab. Ihr werdet es nicht halten können.» Als Jordan Turner (Halle Berry) den grossäugigen Rookies in der Ausbildung zum 911-Telefonisten diese Worte einbläut, ahnt der routinierte Kinogänger schon, dass sie bald ihre eigene Regel brechen wird. Und tatsächlich: Einige Stunden später verspricht sie der jungen Casey (Abigail Breslin), alles werde gut enden. Die Teenagerin liegt gefangen im Kofferraum ihres Entführers und sieht einem unschönen Schicksal entgegen. Ihre einzige Hoffnung ist das versteckte Handy und somit die Stimme am anderen Ende der Telefonleitung. Für Jordan selbst bedeutet dieser Fall die Aufarbeitung eines Traumas. Bei einem ähnlichen Fall ein halbes Jahr zuvor wurde ein Mädchen umgebracht – weil Jordan falsch reagierte. Nun muss sie, die eigentlich nur noch als Ausbildnerin tätig ist, selbst einspringen und Casey betreuen. Damit ist der Puls an beiden Enden des Drahts etwa gleich hoch.

Jordan Turner

Bekämpft ihr Trauma: Jordan. (Bilder: Rialto)

Der Eindruck täuscht nicht: «The Call» bedient viele Klischees und erfindet den Entführungs-Thriller nicht neu. Dennoch ist der Indie-Film – Halle Berry steht nicht mehr für die grossen Studios vor der Kamera – sehenswert. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens baut Drehbuchautor Richard d’Ovidio, der selbst unter Klaustrophobie leidet, geschickt die Spannung auf. Man kann sich gut in Caseys ungemütliche Situation im engen, heissen Kofferraum hineinversetzen. Und da wären wir auch schon bei Grund zwei: Das Duo Berry/Breslin funktioniert hervorragend und beweist, dass auch in einem Thriller Charakterdarstellerinnen nicht schaden können. Besonders Abigail Breslin, die vor sieben Jahren noch als etwas pummlige «Little Miss Sunshine» verzauberte und nun zu einem attraktiven Teenager herangewachsen ist, liefert eine Glanzleistung ab. Sie wird uns in den nächsten Jahren wohl noch viel Freude bereiten.

Michael und Casey

Täter und Opfer: Michael und Casey.

Der letzte Grund schliesslich, der für gelungenes Spannungskino sorgt, ist der Bösewicht. Einmal mehr ist der Entführer ein psychisch gestörter Typ, den an einem schweren Kindheitstrauma leidet. Der mit dem absoluten Durchschnittsgesicht ausgestattete Michael Eklund spielt ihn sondern mit einem gewissen Realismus. Er lässt sich aus dem Konzept bringen, als Casey zu fliehen versucht und wird zunehmend hysterisch. Die Figur ist eine angenehme Abwechslung zu jenen berechnenden Über-Tätern, die trotz geistiger Verwirrung immer an alles gedacht haben. Allgemein verhalten sich die Personen zwar immer noch Kino-gerecht, aber auf glaubwürdige Art. Regisseur Brad Anderson hat somit genau die Vorstellungen des Drehbuchautors um, der die emotional unglaublich anspruchsvolle Arbeit der 911-Alarmzentrale ins Zentrum seiner Geschichte rücken wollte. Versprechen sollten die echten Telefonisten aber wirklich nicht abgeben – erst recht nicht in einer Millionenstadt wie Los Angeles.

«The Call» läuft ab 11. Juli im Kino Pathé Küchlin in Basel.

Weitere Filmstarts in Basel am 11. Juli: Despicable Me 2, Now You See Me, First Position, Sommerzeit, The Grandmaster.

Sandra Bullock: Back to the Roots

Fabian Kern am Mittwoch den 3. Juli 2013

Filmplakat

«The Heat» läuft ab 4. 7. im Capitol und im Küchlin.

Sandra Bullock ist eine starke Schauspielerin. Dies bewies sie nicht zuletzt mit ihrer Leistung Drama «The Blind Side», die 2010 zurecht mit dem Oscar prämiert wurde. Dennoch pflegt sie ihren Ruf, auf leichte Komödien abonniert zu sein und kehrt nach einem zwei Filme dauernden Ausflug ins Charakterfach zu ihren komödiantischen Wurzeln zurück. In ihrem jüngsten Film «The Heat» (zu deutsch «Taffe Mädels») bemüht sie sich gar nicht erst um eine differenzierte Darstellung ihrer Figur, aus dem einfachen Grund, dass das bei diesem Drehbuch schlicht nicht möglich ist. Zu sehr ist die Bully-Komödie auf Stereotypen fixiert. Deswegen sei auf die Tagline des Films verwiesen: «Guter Bulle. Irrer Bulle.» Das sagt alles.

Mullins und Ashburn

Schwierige Annäherung: Mullins und Ashburn. (Bilder: Fox)

Als FBI-Special-Agent Sarah Ashburn verkörpert Bullock genau jene arrogante Bundespolizistin, die bei der normalen Polizei so verhasst ist. Sie bemüht sich nicht um einen konstruktiven Dialog, sondern verweist immer nur auf ihre übergeordneten Befugnisse und hält sich streng an die Etikette. Und auch in der eigenen Truppe ist die Karrieristin unbeliebt: Sie ist besserwisserisch und sehr anstrengend. Um die angestrebte Beförderung aber dennoch zu erreichen, übernimmt die New Yorkerin einen Fall in Boston – und tritt dort der unzimperlichen Shannon Mullins (Melissa McCarthy) ins Gärtchen. Die übergewichtige Polizistin ist – natürlich – das pure Gegenteil der pedantischen Ashburn: schmuddelig, laut und ungehobelt. Die einzigen Attribute, die sie mit Ashburn, mit der sie – natürlich – zusammenarbeiten muss, sind die Unbeliebtheit bei den Kollegen und – natürlich – die Qualität als Ermittler. Das ungleiche Duo harmoniert – natürlich – wider Erwarten und rückt einem gefürchteten Drogenbaron auf die Pelle.

Mullins und Ashburn

Der Alkohol bringt alle zusammen.

Was man «The Heat» nicht vorwerfen kann, ist Inkonsequenz. «Bridesmaids»-Regisseur Paul Feig zieht das Konzept bis zum Ende durch und garniert es mit sehr derbem Humor. Die Überzeichnung der Figuren übertreibt er aber. Mullins’ Schimpftiraden werden ebenso bis zum Abwinken wiederholt wie jene Szenen, in denen sich Ashburn blamiert. Auch bei der unvermeidlichen Verbrüderungs-, pardon, Verschwesterungsabsturz in einer Bar wird die Geduld über die Massen strapaziert. Bullock und McCarthy hatten während der Dreharbeiten einen Heidenspass, es sei ihnen gegönnt. Was nicht heisst, dass man sich als Zuschauer während den etwas langen 118 Minuten von «The Heat» nicht amüsieren kann. Man hat dieselbe Geschichte einfach schon mehr als einmal besser erzählt bekommen. Aber Humor war schon immer Geschmackssache. Und Sandra Bullock bekommt für diese Leistung eher eine goldene Himbeere als einen Oscar.

«The Heat» läuft ab 4. Juli 2013 in den Basler Kinos Capitol und Pathé Küchlin.

Weitere Filmstarts in Basel am 4. Juli: When I Saw You, Who Killed Johnny, Les beaux jours.

24 trifft Die Hard

Fabian Kern am Mittwoch den 12. Juni 2013

Filmplakat

«Olympus Has Fallen» läuft ab 13.6. in den Kinos Küchlin und Capitol.

«Olympus has fallen.» Der Funkspruch eines sterbenden Secret-Service-Agenten sorgen für ungläubiges Staunen in der Einsatzzentrale. Das Weisse Haus, das vermeintlich sicherste Haus der Welt mit dem Codenamen «Olympus», ist eingenommen – in gerade mal 13 Minuten, wie der nordkoreanische Oberbösewicht Kang (Rick Yune) dem Präsidenten Benjamin Asher (Aaron Eckhart) genüsslich unter die Nase reibt. Dieser ist nämlich im eigenen Bunker in Geiselhaft des Terroristen, leider in Gesellschaft der Verteidigungsministerin und des Oberbefehlshabers. Leider darum, weil damit alle drei Halter eines Codes für das «Zerberus»-System, das alle amerikanischen Atomsprengköpfe vernichten kann, in einem Raum vereint sind. Dumm gelaufen.

Secret Service Agents

Fallobst: Der Secret Service. (Bilder: Ascot Elite)

So dumm, dass man hofft, die USA hätten in der Realität ihre Lehren aus 9/11 gezogen und seien nicht so leicht zu düpieren wie im Actionthriller von Antoine Fuqua. Mit einem einzigen Flugzeug dringen die Nordkoreaner – amüsanterweise am 5. Juli, einen Tag nach dem amerikanischen Nationalfeiertag – ohne grosse Gegenwehr in den Flugraum von Washington D.C. ein und richten im Herzen der «Greatest Nation» ein Blutbad an. Beim folgenden Boden-Angriff scheinen sich dann die top-ausgebildeten Secret-Service-Leute gar nicht schnell genug ins feindliche Feuer werfen zu können. Kein Wunder, ist der Präsident mir nichts, dir nichts isoliert.

Mike Bannister

Die letzte Hoffnung: Mike Bannister.

Aber noch ist nicht alles verloren im Land der Tapferen und Freien. Das Sternenbanner wird zwar, vom Kugelhagel zerlöchert, von den Besetzern vom Dach des arg ramponierten Weissen Hauses geworfen, aber die bösen Asiaten haben die Rechnung ohne Mike Bannister (Gerard Butler) gemacht. Der zum Bürogummi degradierte ehemalige beste Leibwächter von Asher wirft sich ebenfalls ins Getümmel und wütet sich als Ein-Mann-Armee im Weissen Haus durch die feindlichen Linien. Er soll zuerst Präsidenten-Sohn Connor finden und aus der Gefahrenzone bringen, der das einzige Druckmittel darstellt, das Asher zur Herausgabe seines Zerberus-Codes bewegen kann. Damit erhält er die Chance, seine Mitschuld am Tod der First Lady wieder gut zu machen. Auch kein ganz unbekanntes Muster.

Kang und Asher

Präsident am Wickel: Kang und Asher.

Man hätte etwas mehr erwartet vom gefeierten «Training Day»-Regisseur. Fuqua beweist, dass er trotz seines unamerikanischen Namens ein Patriot reinster Güte ist. Schon mit dem pompösen Soundtrack zur Begrüssung wird einem im Kinosaal bewusst, worum es geht: um die Huldigung der amerikanischen Werte. Dass er das amerikanische Verteidigungssystem nach intensiven Recherchen beim echten Secret Service als Haufen von Dilettanten darstellt, ist allerdings bedenklich. Handwerklich ist an «Olympus Has Fallen» nichts auszusetzen. Die Kampfszenen sind eindrucksvoll inszeniert, der Spannungsbogen hält bis zum Schluss. Auch die Besetzung ist top. Neben Gerard Butler, quasi einer Kreuzung aus Jack Bauer («24») und John McClane («Die Hard»), überzeugt Aaron Eckhart ebenso wie Routinier Morgan Freeman und Angela Bassett.

Das Weisse Haus

Eine Nation unter Feuer: das Weisse Haus.

Das ist aber erst der erste Actionstreifen, der im Weissen Haus spielt. Bereits im September soll «White House Down» von Roland Emmerich mit verdächtig ähnlichem Plot in unsere Kinos kommen. Während Fuqua mit Butler einen Schotten als einzige Hoffnung des Präsidenten in die Schlacht schickt, tritt dann «Sexiest Man Alive» Channing Tatum zur Rettung des wichtigsten Manns der Welt – gespielt von Jamie Foxx – an. Wir sind gespannt, ob Emmerich ebenfalls auf die Karte Pathos setzt. «Independence Day» lässt grüssen.

«Olympus Has Fallen» läuft ab 13. Juni 2013 in den Kinos Pathé Küchlin und Capitoö.

Weitere Filmstarts in Basel am 13. Juni: The Big Wedding, The Purge, Les invisibles, Une Estonienne à Paris.

Schweigen am Grill

Fabian Kern am Mittwoch den 29. Mai 2013

Filmplakat

«Césars Grill» läuft ab 30. Mai im kult.kino camera.

Wie lebt man in einem anderen Land? Diese Frage treibt schon seit Jahrhunderten Reisende über den Globus. Antworten erhält man nur bedingt, wenn man mit Rucksack oder Rollkoffer durch die Kontinente trampt oder fährt. Die Touristenrolle wird man nicht so leicht los, auch wenn man das vielleicht möchte. Das gelingt oft nicht einmal Auswanderern, wie einem in den diversen Doku-Soaps immer wieder vor Augen geführt wird. Ob Ambato auf einer Anden-Hochebene in Ecuador zu den beliebtesten Destination für Emigranten gehört, ist zu bezweifeln. Wer sich aber dafür interessiert, wie das Leben in einer 220’000-Einwohner-Stadt auf 2570 Metern über Meer aussieht, dem sei «Césars Grill» ans Herz gelebt.

César

César Aguirre am Werk. (Bilder: Xenix)

Dieses Ambato hat Dario Aguirre eigentlich schon vor zwölf Jahren hinter sich gelassen. «Ich wollte Ecuador vergessen», erklärt der heute 31-Jährige sein Exil in Hamburg. Als Vegetarier mit einer Leidenschaft für Musik, Kunst und Film fühlte er sich in der eigenen Familie fremd. Speziell mit César, seinem Vater, fand Dario einfach keinen gemeinsamen Nenner. Doch genau jener steckt nun in der Klemme. Nicht, dass der stolze Latino das zugeben würde, aber sein Imbiss-Restaurant steht kurz vor dem Konkurs. Der Hilferuf der Mutter lockt Dario schliesslich mit allerlei Verbesserungsvorschlägen zurück in die alte Heimat. Dort muss er feststellen, dass «Césars Grill» tatsächlich kurz vor der Schliessung steht, die Mutter aber nicht da ist, um zwischen ihm und seinem Vater zu vermitteln. Dario und César, beide «Meister der Nicht-Kommunikation», wie der Junior gesteht, haben nur eine Chance, das kleine Lokal zu retten: Sie müssen miteinander sprechen – über das Geschäft, aber auch über ihre Gefühle.

Dario

Dario Aguirre nimmts mit Humor und Musik.

«Césars Grill» auf ein Genre zu beschränken, ist schwierig. Dario Aguirres biografische Erzählung ist eigentlich eine Dokumentation, unterhält aber gerade wegen ihrer lebensbejahenden Aussage. Darios Mutter hat Krebs – und trotzdem klagt sie nicht. César ist Zeit seines Lebens überschuldet, hat ein Restaurant in einem Gebäude, das wohl nie zu Ende gebaut wird – und trotzdem klagt er nicht. Nun gut, der Familienvater übertreibt es etwas mit dem Stolz, schliesslich geht er beinahe bankrott. Trotzdem können wir verwöhnten Mitteleuropäer uns eine Scheibe von den Einwohnern Ambatos, die alles andere als auf Rosen gebettet sind, abschneiden. Der Film vermittelt jede Menge Lokalkolorit und einen feinen Humor. Er zeigt aber auch, dass es dort wie hier im Grunde um dasselbe geht: um die Verwirklichung der eigenen Träume und das Streben nach Anerkennung der eigenen Familie.

«Césars Grill» läuft ab 30. Mai 2013 im kult.kino camera in Basel.

Weitere Filmstarts in Basel am 30. Mai: The Hangover 3, Seven Days in Havanna, Rosie, Schlafkrankheit.

Unzertrennlich

Fabian Kern am Mittwoch den 22. Mai 2013

Filmplakat

«Main dans la main» läuft ab 23. Mai im kult.kino camera in Basel.

Wer schon einmal verliebt war, kennt das Gefühl. Man fühlt sich zu einem anderen Menschen beinahe körperlich hingezogen. Die französische Filmemacherin Valérie Donzelli hat dieses Phänomen wörtlich genommen und karikiert es in «Main dans la main» bis an die Grenze des Grotesken. Die Begegnung von Joachim Fox (Jérémie Elkaïm) mit Hélène Marchal (Valérie Lemercier) stellt das Leben der beiden auf den Kopf. Sie küssen sich, bevor sie ihre Namen kennen und können fortan nicht mehr ohne den anderen leben. Die beiden gibt es nur noch zusammen, sie kleben buchstäblich zusammen wie Plus- und Minuspol eines Magneten. Das klingt romantisch, ist es aber nicht. Denn die beiden können sich zu Beginn nicht leiden.

Hélène und Joachim

Hautnah: Hélène und Joachim. (Bilder: Frenetic)

Joachim und Hélène bewegen sich in Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Er ist ein Handwerker in einem Spiegelunternehmen, der mit Grossmutter und der Familie der Schwester unter einem Dach in der Provinz lebt und am liebsten auf seinem Longboard durch die Gegend cruist. Sie ist Direktorin der Pariser Ballettschule bewegt sich in der High Society der französischen Hauptstadt. Deshalb müssen sich die beiden Unzertrennlichen arrangieren. Nach einem unseligen Gastspiel in Joachims Heimat begleitet er Hélène nach Paris. Dort versuchen sie, einander loszuwerden. Doch wollen sie das auch wirklich?

Véro und Jean-Pierre

Regisseurin und Darstellerin: Valérie Donzelli.

Regisseurin Donzelli, die gleichzeitig die Rolle von Joachims Schwester besetzt, dreht das Prinzip des Sich-Verliebens um. Anstatt dass sich das Paar zuerst ineinander verliebt und dann voneinander angezogen ist, herrscht in «Main dans la main» die umgekehrte Reihenfolge. Doch leider weist der Film einige Mängel auf. Einerseits wird das Aneinanderkleben nicht konsequent durchgezogen. Andererseits verleiht der körperliche Magnetismus dem Streifen slapstickartige Züge, die nicht ganz passen. Das Werk will Komödie und Liebesgeschichte gleichzeitig sein, doch für eine richtig gute Liebeskomödie fehlt etwas der rote Faden. Liebhaber des französischen Kinos kommen aber dennoch auf ihre Kosten. Komödiantin Valérie Lemercier beweist eindrucksoll, dass sie nicht nur lustig, sondern auch gefühlvoll sein kann, und mit Jérémie Elkaïm überzeugt ein frisches Gesicht.

«Main dans la main» läuft ab 23. Mai 2013 im kult.kino camera.

Weitere Filmstarts in Basel am 23. Mai: Fast and Furious 6, The Broken Circle, Le sommeil d’or.

Und hier noch ein Video-Interview mit Valérie Donzelli und Jérémie Elkaïm: