Welches Volk steht im Ruf, das frivolste zu sein? Richtig, die Franzosen. Dieses Klischee hat mir vor ein paar Jahren auch meine Ex-Freundin bestätigt, indem sie mir einbläute: «Fang einfach nie etwas mit einer Französin an, das sind die Schlimmsten. Die können einfach nicht treu sein!» Sie muss es wissen, schliesslich lebt sie in Paris. Und in ebendiesem Paris beschäftigt sich Emmanuel Mourets Film «L’Art d’Aimer» mit der schönsten Hauptsache der Welt und ihren Verstrickungen, die wir wohl alle schon erlebt haben. Nur stellen sich die Bewohner der Stadt der Liebe darin keineswegs unkomplizierter an als wir Nicht-Franzosen.
Die vier Episoden, die der Regisseur von einem Erzähler begleiten lässt und zu einem schwungvollen Ganzen verwebt, drehen sich alle um Lust und Leidenschaft oder etwas profaner ausgedrückt: um Sex. Weil die verklemmte Isabelle (Julie Depardieu) seit einem Jahr keinen hatte, wird sie von ihrer Freundin Amélie (Judith Godrèche) kurzerhand dazu verdonnert, deren Platz als ungezwungene Beischlaf-Partnerin von Boris (Laurent Stocker) zu übernehmen. Amélie hat sich von Boris nämlich dazu überreden lassen, mit ihm Sex zu haben – allerdings im Dunkeln und ohne zu sprechen. Weil Amélie aber Gewissensbisse gegenüber ihres Freundes hegt, kommt ihr Isabelles Sex-Abstinenz gerade recht.
Achille (François Cluzet, «Les Intouchables») ein Playboy alter Schule hat da ganz andere Sorgen. Zwar hat ihm seine neue Nachbarin (Frédérique Bel) – jung und sexy – zu verstehen gegeben, dass sie an einem amourösen Abenteuer interessiert ist. Das vermeintliche Heimspiel droht aber zu einem Rohrkrepierer zu verkommen, denn die Namenlose erweist sich als äusserst komplizierte Knacknuss. Und schliesslich erlebt der Kinogänger zwei ganz verschiedene Paar-Therapien. Einerseits schlägt Paul (Philippe Magnan), dessen Frau Emmanuelle (Ariane Ascaride) ihn nach vielen Ehejahren verlassen möchte, weil sie Lust auf andere Männer hat, ihr eine offene Beziehung vor. Andererseits läuft das junge Traumpaar William (Gaspard Ulliel) und Vanessa (Elodie Navarre) in den Bumerang der eigenen Abmachung, immer bedingungslos ehrlich zueinander zu sein. Als sie beschliessen, gleichzeitig fremd zu gehen, merken sie, dass sie das eigentlich gar nicht wollen. Mit dem Ergebnis, dass beide einen Seitensprung vortäuschen.
Was will uns Mouret mit seiner leichtfüssigen Sommerkomödie sagen? Dass Offenheit in Beziehungen nicht immer der Weisheit letzter Schluss ist? Nein. Er sagt lediglich, dass es in Sachen Liebe und Lust kein Patentrezept gibt, sowie dass man auf Herz und Partner hören muss. Und dass die Franzosen nicht a priori die besseren Liebhaber sind. Tröstlich.
«L’Art d’Aimer» läuft ab 21. Juni im kult.kino club in Basel.