Archiv für die Kategorie ‘Schlaglicht’

Der zweite Streich der Basler Überraschungsband

Gawin Steiner am Montag den 18. August 2014

Von Null auf Hundert. Oder in Hörerzahlen: von Null auf Hunderttausend. Das noch junge Basler Folk-Quintett Serafyn entschied sich erst zu Beginn dieses Jahres, ihre Musik zu professionalisieren. Dies, nachdem sie als Strassenmusiker durch europäische Städte zogen. Nun hat ihre Musik eingeschlagen wie eine Bombe, obwohl deren Klang eher zierliche Schönwetter-Wölkchen assoziert.

Erfolg aus dem Stehgreif: Die Band Serafyn.

Erfolg aus dem Stehgreif: Die Band Serafyn.

Hauptgrund für den Erfolg war der englische Singer-Songwriter Fink (vergangenes Wochenende auf der Bühne des Open Air Basel), der ihren Song Take To The Skies im Netz verlinkte. So erreichte die Band um Anna Erhard, Anja Waldkircher, Alexandra Werner und die Brüder JJ und Lucas Löw innert wenigen Wochen über 100’000 Klicks auf der Musikplattform Soundcloud. Mit ihrem bisher einzigen Song!


Der Song Take To The Skies wurde über 100’000 Mal abgespielt.

Nach diesem Überraschungs-Coup erschien nun am 18. die zweite Single Go Down North – zusammen mit einem Videoclip. Der Song besticht durch seine sanfte Ausgewogenheit zwischen Instrumental – Cello, Cajon, Bass, Gitarre und sanften Drums – und dem harmonischen Gesang der drei jungen Damen, der eine beruhigende, träumerische aber auch nachdenkliche Stimmung vermittelt.


Die neu erschienene zweite Single «Go Down North».

Das dazugehörige Video packt die Geschichte der Musiker an ihren Wurzeln. Es spielt sich auf den Strassen der Basler Innenstadt ab, immer wieder unter den neugierigen Blicken der Passanten, bis der Song schliesslich auf einer kleinen Bühne der Basler Aktienmühle vor kleinem Publikum ausklingt. Der Clip wiederspiegelt den Schritt von der Strasse zur Bühne, den die Band gemacht hat. Die kurze Sequenz in einem Weidling auf dem Rhein könnte zwar die Reise durch Europa beschreiben, kommt aber als einziger kleiner Tintenfleck im Reinheft ein wenig kitschig rüber. Doch bei diesem gelungenen Gesamtpaket wäre diese Kritik kleinkariert.

So vermag definitiv auch die zweite Serafyn-Single zu begeistern. Und der zweite Streich dürfte auch den Wunsch bei den neugefundenen Fans nach «mehr von Serafyn» vollends befriedigen. Der neue Song macht jedenfalls nochmals Lust auf mehr und die Band scheint das Potential zu haben, um mit ihren sanftem Tönen noch weiter nach oben zu kommen.

Natürlich schürt der anfängliche Erfolg auch bei der Band Hoffnungen, tatsächlich richtig gross zu werden, doch überstürtzen wollen sie nichts. «Wir bleiben vorerst unserem Zuhause, der kleinen Bühne, treu», sagt Alexandra, Sängerin und Cellistin. Und auf einer solchen kleinen Bühne stehen die Fünf bereits wieder am 22. August in der Basler Freiluft-Bar Nachbars Garten bei der Kuppel.

www.serafyn.jimdo.com
www.soundcloud.com/serafyn
Serafyn auf iTunes

Open Air Basel wirft erste Köder aus

Gawin Steiner am Dienstag den 25. Februar 2014

Es ist sicherlich ein Highlight am Basler-Sommer-Event-Himmel: Das Open Air Basel, welches 2014 erst zum zweiten Mal unter diesem Namen stattfindet. Im August soll bei der Kaserne wieder getanzt, gesungen und getrunken werden. Getanzt zu Musik, bei der wahrscheinlich nicht jeder sofort den Rhythmus findet. Und die breite Masse den Songtext wohl nicht aus dem Stehgreif hervorholen kann. Mit «Fink» am Freitag und «Mount Kimbie» am Samstag, wurden pünktlich zum Vorverkaufsstart die ersten beiden Acts bekannt.

2013 konnten «Crystal Fighters» das Publikum auf dem Kasernenareal begeistern.

2013 vermochten «Crystal Fighters» das Publikum auf dem Kasernenareal zu begeistern. (Bild: Lucian Hunziker)

Doch das sind erst die ersten beiden ‹Tropfen› des Line Ups. Die weiteren Acts werden dann Ende März und Anfang April bekannt gegeben. Dann soll auch der eigentliche Headliner genannt werden.

Einen kleinen Vorgeschmack auf die bereits bekannten Acts wollen wir unseren Lesern aber trotzdem nicht vorenthalten:
Fink, zu bürgerlichem Namen Finian Paul Greenall, ist ein englischer Singer/Songwriter aus Brighton. Der 32-Jährige schlägt zusammen mit seinem Bassisten und seinem Drummer sanfte Töne an. Mit seiner beruhigend wirkenden Stimme baut er immer wieder Spannung auf, die kurz vor dem Höhepunkt aber wieder zur Ruhe selbst wird.


Musik für Geniesser: «Fink» in Studioqualität (l.) und live (r.).

Ruppiger geht es bei Mount Kimbie zu: Die Londoner Band um Dominic Maker und Kai Campos lässt Minimal aus den Lautsprechern ertönen mit einer ordentlichen Portion Bass. Mit jeder Menge eingebauter orientalischen Klängen differenzieren sie sich aber stark vom typischen Minimal in den Basler Clubs. Definitiv tanzbar.


Tanzbar: Elektronische Klänge von Mount Kimbie in Studioqualität (l.) und live (r.).

Openair Basel, 15./16. August 2014, Kasernenareal Basel
www.openairbs.ch
www.facebook.com/OpenAirBasel
Tickets gibts auf www.starticket.ch

«Krieger» – eine geballte Portion Emotionen

Gawin Steiner am Montag den 17. Februar 2014

Es ist keine Premiere, eher eine Dernière und ein vermeintliches Ende eines erfolgreichen Kursierens eines Kurzfilms. Am 22. Februar flimmert «Krieger» im Neuen Kino Basel am Kurzfilmfestival «Kurz&Knapp» noch einmal über die Leinwand. Protagonist und «Krieger» im Film ist der 24-jährige Mickey, ein Freund des Regisseurs aus der Region. «Ich kenne Mickey seit vier, fünf Jahren und ich wusste, ich will einen Film mit ihm machen», sagt Regisseur Patrick Meury.

Die Erzählung von Mickey lebt von Gestik und Emotionen.

Die Erzählung von Mickey lebt von Gestik und Emotionen.

Es habe aber lange gedauert, bis er realisiert habe, dass er dafür gar kein Drehbuch braucht, sondern Mickey nur seine Geschichte erzählen lassen muss: Dem Heroin verfallen, reiste Mickey nämlich nach Peru um seiner Sucht zu entkommen. Mit traditioneller schamanistischer Methoden, wo eines der stärksten bekannten Halluzinogene, Ayahuasca, eingesetzt wird. Es ist ein Kampf, von dem Mickey auf einem Stuhl sitzend erzählt, surreal, in einer eigenen Welt. Zwölf Minuten geballte Emotionen in einem dunklen Raum.

Patrick Meury, Regisseur von «Krieger»

Patrick Meury, Regisseur von «Krieger».

Dass es eben nicht nur ein «Erzählen» ist, davon lebt die Geschichte: Schreie und Emotionen, mit total authentischer Wirkung. Es ist genau das, was die Geschichte ausmacht, kein Drehbuch, es ist bloss ein Zusammenschnitt eines zweistündigen Interviews, welches nicht gespielt, sondern gelebt wird.

Dafür wurde Regisseur Patrick Meury Anfang 2013 an den Schweizer Jugendfilmtagen in Zürich mit dem 2. Rang ausgezeichnet: «Durch die formale Einfachheit der intensiven und kraftvollen Erzählung, erhält der Zuschauer Einblick in eine ganz besondere Reise», begründet die Jury die Platzierung. «Krieger» war die Abschlussarbeit von Patrick Meury an der Filmhochschule Luzern, die ihn aufnahm, bloss anhand seiner bereits produzierten Filme. Gezeigt wurde der Film unter anderem auch an den Solothurner- und Winterthurer Filmtagen sowie am «Zoom – Basler Filme im Fokus». Das Highlight erlebte der 29-jährige Röschenzer Filmemacher aber erst im vergangenen November in München, wo sein Film für das 33. Internationale Festival der Filmhochschulen ausgewählt wurde. Reise und Unterkunft bezahlt. So nahm sich der freischaffende Schreiner eine Woche frei und reiste ohne jegliche Vorstellungen nach München.


So professionell kommt das Internationale Festival der Filmhochschulen in München daher.

Einen Preis gewann er nicht, so viel vorweg. Doch dies war auch nicht nötig: Eine riesige Eröffnungsfeier mit Prominenz wie dem Münchner Bürgermeister, ein vollgepacktes Programm mit vielen Interviews und stets vollbesetzten Kinovorführungen. «Ein perfekt organisiertes Festival», schwärmt Meury. Vor allem aber auch eine ideale Plattform für den Austausch mit anderen 48 jungen Filmemachern aus aller Welt. «Es war einfach grossartig, an so einem grossen Festival dabei zu sein». Nun ist aber Kurz&Knapp das letzte Filmfestival, das den im Sommer 2012 erschienenen Film im Programm hat. Doch: «Bei Kurzfilmen erhält man immer wieder Anfragen für ein Festival, wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet», sagt Meury. Und so schnell wird Meury auch nicht einen neuen Film aus dem Boden stampfen, Qualität und Lust haben Vorrang gegenüber der Quantität.

Der Protagonist von Krieger ist bis heute clean.

www.patrickmeury.ch
«Krieger», Samstag, 22.02.2014 ab 21.00 Uhr, Neues Kino Basel

Die Abgebrühte und die Neuland-Betreterin

Gawin Steiner am Montag den 20. Januar 2014

Zwei Sängerinnen aus der Region geben Gas: Mit Anna Aaron und Lena Schenker haben dieser Tage gleich zwei Sängerinnen aus der Region ein Video lanciert. Viel nackte Haut gibt es im neuen Videoclip «Linda» von Anna Aaron zu sehen: Eine Tänzerin bewegt sich, bloss mit einem Slip bekleidet, mit faszinierender Körperspannung vor einer mit wechselnden Neonröhren belichteten Wand. Kunstvoll und passend zu der melancholischen Ballade. Anna Aaron erscheint jeweils zwischen den Tanzsequenzen ebenfalls vor den Lichtstreifen – bekleidet mit einem Wollkragen-Pullover bis zum Kinn. Mit Spezialeffekten, die gegen Ende des Videos eingesetzt werden, lösen sich die beiden Protagonistinnen dann langsam in Luft auf. Wie man sich das von der Basler Pop-Preis-Gewinnerin gewöhnt ist, kommt das Ganze professionell daher. Sehens- und hörenswert. Der Clip ist ein Vorbote zu Anna Aarons Album «Neuro», das am 28. Februar erscheinen wird.

Im Gegensatz zu Anna Aarons Videoclip steht derjenige von Lena Schenker aus Liestal. Die ehemalige «Voice of Switzerland»-Teilnehmerin betritt mit der Veröffentlichung ihres neuen Videos «Fallen One» Neuland. Was musikalisch durchaus zu überzeugen vermag, wird leider durch ein wenig authentisches Video abgewertet. Bei den aufwendig wirkenden Dreharbeiten wäre die Devise «weniger ist mehr» angebracht gewesen: Weniger Lippenstift und weniger Drama, um die Stimme der talentierten 17-Jährigen besser herauszustreichen. Denn das Talent ist da – eindeutig.

Allen, die mit Anna Aaron und Lena Schenker noch nicht genug bedient sind, sei Folgendes gesagt: Ende Woche erscheint mit «The Spell» das Debutalbum der vielgelobten Sissacher Sängerin Ira May.

Vom Rapper zum Bünzli

Joel Gernet am Donnerstag den 15. August 2013

Die Schweizer Streetrap-Ikone Griot heisst jetzt wieder Mory – und ist Komiker: Mit seinem Allschwiler Kumpel Djibril bildet der Binninger das Comedy-Tagteam «Zwei Bünzlis». Wir haben uns mit den beiden im Video-Interview über Latrinen-Geschäfte, Gesellschaftskritik und einen Bünzli namens Eric Weber unterhalten.


Grossmäuler unter sich: Djibril und Mory erklären, warum sie Bünzlis sind.

Wenn Mory redet, ist man sich nie ganz sicher, was grösser ist – seine Klappe oder sein Bizeps. Ausser er ist mit Kumpel Djibril unterwegs, dann plappern sie sich ihre Lippen wund. So auch am Grossbasler Rheinufer, wo wir uns treffen, um über ihr Podcast-Projekt «Zwei Bünzlis» zu reden. Noch bevor die Kamera läuft, übertreffen sich die beiden mit Anekdoten zu Muhammad Ali, dessen Name auf Morys Muskelshirt prangt. «Ali macht das gleiche wie wir: Er hat eine riesige Klappe, ist eigentlich als Boxer bekannt, aber sobald man ihn ein Mikrophon hinhält, gehts los – sensationell!», schwärmt Djibril.

Seit Anfang Jahr stellen die Zwei Bünzlis ihre Dialoge in unregelmässigen Abständen ins Internet. Ins Auge stechen coole Comic-Bilder statt Fotos. Auf die Ohren gibts nach einer hämischen Warnung an die Hörer ein Brett von einem Intro, bei dem Kuhglocken und Handörgeli plötzlich von einem basslastigen Dubstep-Beat weggeblasen werden. Dicke Post!

Zwei Bünzlis: Griot und Djibril.

Ganz klar: Der Reiz der selbsternannten «Neo-Bünzlis» besteht vor allem auch darin, dass die beiden «afroeidgenössischen Euroafrikaner» so gar nicht dem gängigen Spiesser-Klischee entsprechen. «Wenn man uns betrachtet, sieht das zuerst gar nicht nach Bünzli aus», erklärt Mory. Aufmerksamkeit durch Irritation heisst hier das Konzept. Und Djibril ergänzt: «Schweizer sind pünktlich, zuverlässig und seriös, das ist eigentlich etwas Tolles – doch die Schweizer machen mit dem Wort Bünzli etwas Negatives daraus.» Djibril und Mory jedenfalls sind stolz darauf, Bünzlis zu sein. Und ähnlich wie afroamerikanische Rapper das negativ behaftete Wort «Neger» zu dessen Gegenteil konvertiert haben haben, verwenden die beiden Schweizer mit Wurzeln in Guinea und Mali nun den – zugegeben wesentlich weniger problematischen – Bünzli-Begriff im positiven Sinn um.

Auch die beiden Bünzli haben sich in ihrer vorletzten Episode eingehend mit dem N-Wort und dessen Verwendung beschäftigt. Comedy als Gesellschaftskritik – noch offensichtlicher zeigt sich dies bei der eben veröffentlichten sechsten Episode, in der Djbril und Mory zum zweiten Mal den Basler Rechtspopulisten Eric Weber auf die Schippe nehmen. «Wir machen zwar gerne Spässe über ihn, aber man darf nicht vergessen: Weber ist ein Rassist – das muss man im Hinterkopf behalten», stellt Djibril klar. Natürlich kommen bei den Afro-Bünzlis auch Macho-Gehabe und Sprüche unter der Gürtellinie nicht zu kurz. Wenn sich Djibril und Mory über Latrinen-Geschäfte bei der Arbeit philosophieren, überkommt den Hörer ein Gemisch aus Faszination und Ekel, wie man es von anderen Feuchtgebieten her kennt.

Begonnen hat das Bünzli-Gehabe nach Morys Rücktritt als Solo-Rapper im Jahr 2010. War früher Djibril an Griots Konzerten als Stand-Up-Comedian mit dabei, heftete sich der Rapper nun an die Versen seines Kumpels. Vom Rapper zum Komiker – insbesondere bei Griot ist das ein bemerkenswerter Schritt, hat der Binninger in den vergangenen rund 15 Jahren doch das Schweizer Subgenre Streetrap wesentlich mitgeprägt, einige sagen sogar: begründet. Für viele ist Griot noch heute ein Vorzeigebeispiel, wenn von Schweizer Rap mit Gangster-Attitüde die Rede ist. «In meinen Raps war immer schon viel Humor, nur hat das niemand verstanden – im Podcast kommt diese Seite nun mehr hervor», findet Mory lachend, um kurz darauf mit einem Augenzwinkern klarzustellen: «Ich lache nur, weil ich fröhlich bin, nicht, weil ich lustig bin – sonst meinen die Leute noch, ich sei sympathisch.»

Wer ist authentischer: Rapper Griot oder Komiker Mory? So siehts der Protagonist…

Im echten Leben sind Djibril Traoré und Mory Konde gemäss eigenen Angaben übrigens «IT Psychologe» und «Bodyflüsterer». Dass es ihr Audio-Geblödel eines Tages auch in Bewegtbild gibt, schliessen sie ebenso wenig aus wie Bühnenauftritte. Zuerst gilt es aber, den noch jungen Podcast voranzutreiben – dazu wären eine verbesserte Tonqualität und eine zeitliche Straffung der Episoden nicht die schlechteste Idee. Weiter gehts auf jeden Fall, denn wenn die beiden Kumpel aufeinandertreffen, sitzt das Mundwerk lockerer als der Büstenhalter von Topless-DJane Micaela Schäfer.

Das temporäre Streetart-Stübli beim Bahnhof

Joel Gernet am Mittwoch den 12. Juni 2013

Kunststübli mit Industriecharme: In der «Artstübli Pop Up Exhibition» treffen Werke wie jene von Rae Martini (rechts hinten) auf das stylische Interieur der Schleifferei. (Fotos: Joël Gernet).

Bröckelnde Wände, Eisenrohre, eine vom Rauch angeschwärzte Decke…mehr urbanen Industriecharme als die «Schleifferei» kann einem ein Ausstellungsraum kaum bieten. In Kombination mit wild durcheinander gewürfelten Kronleuchtern, Stehlampen und Sofas ergibt das den perfekten Ort für die kleine aber feine «Artstübli Pop-Up Exhibition». Die rohen, absichtlich abgefuckten Leinwände der französischen Graffiti-Ikone Tilt oder die vom Flammenwerfer malträtierten Plakatwände des Italieners Rae Martini wirken wie geschaffen für den Eventraum beim Gundeli-Seitenausgang des Bahnhof SBB. Diesen Beitrag weiterlesen »

Tanzende Flaschengeister an der Volta 9

Joel Gernet am Dienstag den 11. Juni 2013

Seit heute Dienstag ist auch die Kunstmesse Volta 9 in der Dreispitzhalle für jedermann zugänglich. Bei einem ersten Streifzug sind wir unter anderem tanzenden Flaschengeistern von Gabriel Barcia-Colombo (USA), einem Hamsterrad für Menschen von Hartmut Stockter (D) und einer Hochhausstadt im Miniaturformat von Rik Smits (NL) begegnet.

Die tanzenden Flaschengeister «Animalia Chordata» (2006/2013) des New Yorkers Gabriel Barcia-Colombo werden von hinten mittels eines Projektors in die Gefässe projiziert. Gesehen bei der Muriel Guépin Gallery.

Senf? Nein, BrainDrain! Specta aus Kopenhagen (DK) zeigt die Skulptur Brain Drain (2013) von Andreas Schulenburg.

«Das gibt doch Löcher in die Wand», meint das Töchterlein zur Installation «Crossfire» (2012) von Sanell Aggenbach, ausgestellt bei Brundyn + Gonsalves aus Kapstadt (SA).

Das «Wiesenpfad Menschenrad» (2009) von Hartmut Stockter, präsentiert bei der Larmgalleri aus Kopenhagen (DK)

«Fuck The Poor» – auch provokante Installationen gehören an der Volta 9 zum Ausstellungsprogramm. Das geht wohl unter die Rubrik Gesellschaftskritik.

Porzellan und Gummi: Die Skulptur «I don’t want your freedom» von Nadine Wottke. Dahinter die imaginäre Miniaturstadt «Capital 1» (2013) von Rik Smits. Alle Häuser hat er eigenhändig aus Styropor ausgeschnitten.

Basserboxen: Die mit Wasser gefühlten «Volume»-Lautsprecher von Serge Baghdassarians und Boris Baltschun weisen je nach Vibration ein aussergewähnliches Muster auf ihrer flüssigen Membran auf.

Wieder dominiert Blau: Die Bilder von Ritums Ivanivs der Gallery Bastejs aus der lettischen Hauptstadt Riga.

Städtchen im Häuser-Boot: Dieses Werk von Bo-Christian Larsson steht bei der Christian Larsen Gallery aus Stockholm.

Blick in die Koje von Andreas Binder aus München.

Volta 9, Dreispitzhalle, Dreispitz Areal, Tor 13, Helsinki-Strasse 5, Münchenstein. Di. 11. Juni bis Sa. 15. Juni 2013, 10-19 Uhr.

So sieht Sieber Solo aus

Joel Gernet am Dienstag den 21. Mai 2013

Bei Adrian Sieber läuft es rund: Seit heute wirbelt das neue Lied des Lovebugs-Sängers durch das Internet. «Round Round Song» heisst das Ding. Und natürlich gibt es dazu auch ein passendes Video – mit skurrilen Szenen, die im Loop rotieren, als hätte sie Regisseur Danila Kostil mit twitters Kürzestvideo-App Vine gedreht. Zu sehen gibt es etwa einen Gitarre spielenden Felsbrocken. Oder ein zweigeteilter Adrian Sieber am Strand.

Das in Barcelona gedrehte Video ist kurzweilig, der Stimmung sonnig. Jetzt müsste nur noch das Wetter passen zu dieser heiteren Single. Grund, den Kopf aus dem Stand zu strecken, hat Sieber jedenfalls allemal – denn fast so sicher wie die Sonne auf den Regen, folgt im Musikzirkus das Album auf die Vorab-Single. Eine erste Duftmarke ist gesetzt. Jetzt könnte gerne auch der Sommer kommen.

Adrian Siebers Single «Round Round Song» ist ab sofort auf iTunes erhältlich.

Rache auf europäisch

Fabian Kern am Mittwoch den 3. April 2013

Filmplakat

«Dead Man Down» läuft ab 4.4. im Pathé Küchlin und im Rex.

Europäer, die in den USA einen Film drehen, bieten meist eine andere Perspektive als Amerikaner. So auch Niels Arden Oplev. Weil der Däne mit der Stieg-Larsson-Verfilmung «Verblendung» ein bestechendes Thriller-Debüt hingelegt hat, bekam er seine Chance ennet des grossen Teichs. Und nutzte sie – zumindest in den Augen eines Europäers. Für den Rache-Thriller «Dead Man Down» nahm Oplev gleich einen Trumpf seines grossen Erfolgs mit: die Schwedin Noomi Rapace, bekannt geworden in der Rolle der Lisbeth Salander. Ihr Part als die Französin Beatrice gibt dem Film einen interessanten zusätzlichen Aspekt und hebt ihn aus der Masse des Genres heraus.

Victor

Hat Alphonse im Visier: Victor. (Bilder Rialto)

Die Hauptrolle ist einem anderen Europäer vorbehalten – allerdings einem, der zu Hollywoods Elite gehört. Die Rolle des schweigsamen Victor ist Colin Farrell auf den Leib geschrieben. Als ungarischer Einwanderer nimmt der Ire unaufhaltsam Rache für seine Frau und Tochter. Diese wurden von den Schergen des New Yorker Gangster-Bosses Alphonse (Terrence Howard) ermordet, weshalb sich Victor in die Bande einschleust. Mit gezielten Sabotageakten treibt er Alphonse in die Raserei und scheint seinem Plan, die Verantwortlichen auf einen Schlag zu eliminieren, immer näher zu kommen.

Beatrice

Leidet unter ihren Narben: Beatrice.

Doch dann kommt Beatrice ins Spiel. Die Französin lebt in Sichtweite von Victor, auf dem selben Stock im Hochhaus gegenüber. Was als Romanze beginnt, endet jäh in einem Erpressungsversuch: Victor soll jenen Mann umbringen, der sie in betrunkenem Zustand angefahren und entstellt hat. Das ist nur eine von vielen Wendungen, mit welchem die Auge-um-Auge-Geschichte aufwertet. Victor muss fortan an verschiedenen Fronten kämpfen, denn Alphonse hat zur Jagd auf den unbekannten Maulwurf geblasen. Ausgerechnet sein bester Freund Darcy (Dominic Cooper), der in der Organisation aufsteigen will, rückt Victor immer mehr auf die Pelle.

Alphonse

Weiss nicht, wer ihn im Visier hat: Alphonse.

Ob wegen der europäischen Perspektive oder nicht – «Dead Man Down» überzeugt. Als Actionthriller genauso wie als ungewöhnliche Beziehungsgeschichte. Auch wenn Victor mehr wie ein Profikiller als wie ein ungarischer Ingenieur mit Armee-Erfahrung agiert, auch wenn sich Alphonse etwas gar naiv zum Narren halten lässt, der vielschichtige Film unterhält ausgezeichnet. Das liegt nicht zuletzt an der Besetzung. Die ist bis in die Nebenrollen exquisit. So glänzt Frankreichs Filmdiva Isabelle Huppert sogar als Beatrices schwerhörige Mutter die Ehre. Auch wieder eine Europäerin.

«Dead Man Down» läuft ab 4. April 2013 in den Basler Kinos Pathé Küchlin und Rex.

Weitere Filmstarts in Basel am 4. April: Argerich, A perdre la raison, Children of Sarajevo, Le magasin des suicides, Paul Bowles: The Cage Door is Always Open.

Eine schrecklich nette Steinzeit-Familie

Fabian Kern am Mittwoch den 20. März 2013

Filmplakat

«The Croods» läuft ab 21.3. im Küchlin, im Plaza und im Rex.

«Verlass nie die Höhle!» Als Familienoberhaupt Grug (Nicolas Cage) das oberste Überlebensprinzip für seine Sippe zum ersten Mal propagiert, ist schon klar, womit die Croods konfrontiert werden: mit der gefürchteten Veränderung. Zwar hat der bärenstarke Höhlenmensch mit der Unterdrückung der Neugier seine sechsköpfige Familie bisher am Leben erhalten gesichert, was angesichts der Vielzahl an natürlichen Feinden vor ein paar Millionen Jahren bereits eine Leistung ist. Doch seine Tochter Eep (Emma Stone) will sich mit dem kümmerlichen Dasein in der schummrigen Höhle nicht abfinden. Sie ist ihrer Zeit weit voraus, will Sonnenschein und Lebensqualität. Ihre Abenteuerlust wird noch zusätzlich angestachelt, als ihr der schnucklige Visionär Guy (Ryan Reynolds) über den Weg läuft, der trotz seiner Jugend so viel mehr zu wissen scheint als die Croods.

Die Croods

Auf zu neuen Ufern: die Croods. (Bilder: 20th Century Fox/DreamWorks)

Eep und Guy

Mehr als nur Sympathie: Eep und Guy.

Die Wahl, ob man Guys krude Prophezeiung von Erdbeben und Lavaströmen glauben oder sich einfach wieder in die Höhle verziehen will, wird den Croods einfach gemacht, da ihr Heim durch einen Felssturz zerstört wird. Wohl oder übel muss sich die urzeitliche Familie auf den ersten Road Trip der Menschheit machen und entdeckt dabei Erstaunliches: Regenwälder mit bunten Geschöpfen aus Mutter Naturs Evolutionslabor, neue Feinde und neue Verbündete sowie – das Feuer. Die Suche nach einer sicheren neuen Heimat wird nicht nur ein Kampf gegen die Tücken der Kontinentalverschiebung, sondern auch gegen den eigenen Charakter. Vor allem für Grug.

Grug

Ausgeprägter Beschützerinstinkt: Grug.

DreamWorks begeht mit «The Croods» ein Stück weit Neuland. In den bisherigen Blockbustern des Animationsstudios waren immer Tiere oder Fantasiegestalten die Protagonisten: Shrek, Kung Fu Panda, Madagaskar und deren Sequels waren die grössten Hits von Jeffrey Katzenberg und Co. Nun stehen erstmals menschliche Helden im Mittelpunkt. Die Croods sind eine Familie von ungehobelten, aber liebenswerten Figuren, deren Identifikationsgrad um einiges höher ist als jener der Ice-Age-Konkurrenz. Die platte Botschaft, die der Story unterlegt ist, wird wettgemacht mit rasanter Action und gut sitzenden Gags. Das 3D-Abenteuer kann sich sehen lassen, ist aber nicht für die Kleinsten geeignet.

«The Croods» läuft ab 21. März 2013 in den Basler Kinos Pathé Küchlin, Pathé Plaza und Rex.

Weitere Filmstarts in Basel am 21. März: Le Plan Parfait, Spring Breakers, Himmelfahrtskommando, Fill the Void, Ostwind, When Pigs Have Wings, No.