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Das Theater mit dem Theater

karen gerig am Montag den 24. Januar 2011

Kaum einer, der sich im Vorfeld der Baselbieter Abstimmung zum Theaterreferendum nicht zu Wort meldet. Auch von uns wurde von mehreren Seiten eine Stellungnahme gefordert. Wir vom Schlaglicht sind uns einig, dass ein Ja zum Theater unabdingbar ist. Unsere persönlichen Gründe und Argumente dafür sind hingegen vielgestaltiger und erinnern an die Argumente der unzähligen Gastbeiträge und Wortmeldungen in verschiedenen Medien der letzten paar Wochen.

Nur etwas für die Basler und Baselbieter Elite? Das Theater Basel. (Foto Lucian Hunziker)

Die Gegner der Subventionserhöhung fürs Theater Basel nutzen vordergründig finanzielle Argumente: Baselland müsse sparen, da sei die Verpflichtung auf höhere Ausgaben hirnrissig. Basel könne vom «Goldesel Baselland» nicht mehr und mehr verlangen. Solle man doch die Eintrittspreise erhöhen. Die Befürworter halten mit anderen Zahlen dagegen: 44,5 Prozent der Abonnenten des Theaters kommen aus dem Baselbiet, mehr als aus Basel-Stadt (41,3 Prozent). Trotzdem bezahle Basel mit 37,1 Millionen Franken den Löwenanteil der Subventionen, Baselland würde nach der Erhöhung der Subventionen 8 Millionen bezahlen – ein deutliches Ungleichgewicht.

Diese auf Zahlen beruhenden Gedankengänge könnte man auf beiden Seiten weiterführen. Man könnte anmerken, dass viele Baselbieter ihren Lohn in Basel-Stadt abholen, ihre Steuern aber auf dem Land bezahlen. Dass nur ein kleiner Teil der Baselbieter tatsächlich ins Theater Basel pilgert. Dass, wenn die Eintrittspreise erhöht werden müssten, nur noch Gutverdiener die Vorstellungen besuchen könnten, das Theater dadurch Zuschauer verlieren würde und wiederum weniger Geld zur Verfügung hätte.

Doch sind Zahlen und Budgetfragen die richtigen Argumente? Oder soll man stattdessen das Ansehen des Theaters ins Felde führen, die Auszeichnungen, die es erhalten hat? Den Leistungsauftrag, den es erfüllen muss? Die Spitzenleistungen, die das Theater erbringt? Soll man ans Verantwortungsbewusstsein des Stimmvolkes appellieren? Ans Partnerschaftsverhältnis, das bekanntlich auch in anderen Belangen leidet? Darf das Hauptargument sein, dass das Theater Basel am Ende wäre, wenn die Subventionen nicht erhöht würden?

Hoffen gemeinsam: Theaterdirektor Georges Delnon (l.) und der Baselbieter Kulturdirektor Urs Wüthrich-Pelloli. (Foto Margrit Müller)

Es hat wohl jedes Argument, ob pro oder kontra, in dieser Diskussion seine Berechtigung. Grundsätzlich geht es bei der Abstimmung aber um Solidarität – ein Grundwert, der in unserer Gesellschaft stetig schwindet. Egal, ob es ums Gesundheitswesen, um die Altersvorsorge oder eben um Kulturfragen geht. Eine der zentralen Fragen heutzutage scheint zu sein: Warum soll ich für etwas bezahlen, wovon ich nicht profitiere? Mein Nachbar will ins Basler Theater? Soll er, doch dann soll ER dafür zahlen. Doch auch diese Argumentationslinie führt uns nicht viel weiter. Denn irgendwann gelangt man damit ad absurdum. Keiner kann nur für das bezahlen, was er selber nutzen will.

Urs Wüthrich, Baselbieter Kulturdirektor, sagt heute Montag in der BaZ: «Kultur ist nicht einfach nice to have. Kultur ist lebenswichtig. Ohne Kultur ist man heimatlos.» Das widerspiegelt nicht nur seine Meinung. Kultur ist daneben auch ein anerkannter Wirtschafts- und Standortfaktor. Kultur ist vielfältig, dazu gehört der Dorfverein genauso wie das Theater Basel. Doch ist auch dies wiederum eine subjektiv gefärbte Meinung.

Streetart-Mob stürmt Theater-Passage

Joel Gernet am Samstag den 22. Januar 2011

«Egal wer meine Bilder mitgenommen hat, ich habe eine riesen Freude», strahlt der junge Mann kurz nach ein Uhr nachts in der Theaterpassage. Der Streetart-Künstler ist hin und weg von der Tatsache, dass seine einäugigen Aliens regelrecht von den Wänden gerissen wurden. Was ist passiert? Wir drehen die Uhr rund sechs Stunden zurück…

Es ist kurz vor sieben Uhr abends. Seit knapp einer Stunde laden Basels bekannte Kulturhäuser offiziell zur Museumsnacht. Bei der Elisabethenkirche versammeln sich rund fünfzehn junge Streetart- und Graffiti-Künstler mit ihrem Anhang – nun beginnt ein inoffizieller Teil der Museumsnacht. OpenArt.11 heisst das Projekt. Der Mob läuft die Treppe hinunter zur Theater-Passage und macht sich an den Wänden zu schaffen. Innert kürzester Zeit hängen mehrere dutzend Bilder in der Unterführung (Fotostrecke am Ende des Artikels): Ein Papier-Strassenmusikant mit Gitarre und nachdenklichem Blick klimpert auf seiner Gitarre, davor ein Becher mit realem Geld drin. Ihm gegenüber macht sich eine freizügige Frau in devoter Pose am Hosenbund eines Geschäftsmannes zu schaffen. Nicht weit davon entfernt blickt ein überlebensgrosses Kindergesicht vom einem Plakat. Dazwischen hängen dutzende weniger auffällige, teilweise sehr detailliert gestaltete Bilder, mit denen sich der Betrachter die Zeit bis um ein Uhr vertreiben kann – ab dann dürfen die Kunstwerke nämlich gratis mitgenommen werden.

In der Mitte der Passage pinkelt ein kleiner Junge quer über den Durchgang – als ob er auf seine Weise ein Statement platzieren will: Hier wird den grossen Kulturinstitutionen ans Bein gepisst. Und auch all den Passanten, die mit gesenktem Kopf durch die Passage eilen, jeden Blickkontakt meidend, als könnte es jederzeit zur Konfrontation kommen. Es ist, als ob die vielen Schreckensmeldungen über Gewaltverbrechen in der Stadt ihre Wirkung entfalten. Doch wir sind zum Glück nicht auf dem Albisgüetli und ein Grossteil der Passanten schlendert mit interessiertem Blick zwischen den herumstehenden Jugendlichen durch die Passage, voller Verwunderung über die aussergewöhnliche Guerilla-Galerie, die sich ihnen eröffnet.

Vor vier Jahren nahm eine Hand voll Basler Strassenkünstler an der ersten OpenArt am Jugendkulturfestival (JKF) teil. Im Jahr darauf zog der auf acht Künstler angewachsene Tross unter die Wettsteinbrücke – erstmals im Rahmen der Museumsnacht. Dann zog es die Aktion in die Theater-Passage. Und heute findet sich fast kein freier Platz mehr an den Wänden der Unterführung zwischen den Werken der rund fünfzehn Beteiligten Artists. Dort steht auch auf einem Flugblatt, worum es den anonymen Veranstaltern geht:

Wie immer wollen wir in einem angepassten Rahmen die Kulisse der Basler Gemäuer als Freiluft-Atelier nutzen. Das Interesse und die Auseinandersetzung mit der kulturellen Vielfalt dieser Stadt wollen wir so mitgestalten. Kunst soll jedem offen stehen. Jeder ist und soll ein Teil der «Kultur-Bewegung» sein.

Gegenüber Schlaglicht beschreibt ein Mitorganisator zudem, warum man den öffentlichen Raum erobert:

Tags, Schablonen und Poster sind ein Abbild der Lebendigkeit. Werbeplattformen beeinflussen die Menschen, welche daraufhin konsumieren. Wir wollen mit unseren Werken ebenfalls wahrgenommen werden. Graffiti, Streetart etc. sind keine Hochkünste, die gegen ein Entgelt gezeigt werden sollen, sondern sie sind eine Ausdrucksform der Gesellschaft. Die Freiräume für kulturelle Entfaltung in Basel sind zwar extrem eingeschränkt, doch mit kreativen Aktionen wie dieser wollen wir uns diese Räume zur Entfaltung zurück erobern.

Kurz vor ein Uhr nachts, wollen ziemlich viele junge Leute Teil der oben genannten «Kultur-Bewegung» sein. Die Unterführung ist gestossen voll. Seit es Mitternacht geschlagen hat, ist die Anzahl der Besucher sprunghaft gestiegen – einige kommen direkt vom Dreiländereck, wo im Brasilea die neue Ausstellung über Streetart aus Brasilien gezeigt wird. Ungeduld macht sich breit. Nicht wenige platzieren sich unauffällig vor ihrem Kunstobjekt der Begierde, schliesslich werden alle Werke bald verschenkt. Das freundliche Gezänk um die Bilder tut der sehr guten Stimmung keinen Abbruch. Punkt ein Uhr werden die Bilder, Collagen, Leinwände und Skizzen von den rund hundert Streetart-Freunden (so viel wie noch nie) von der Wand gerissen. Die Anspannung in den Gesichtern der Kunstjäger weicht einem breiten Grinsen. «So gut wie dieses Jahr war es noch nie», ist von vielen Seiten zu hören. Um fünf nach ein Uhr sind die Wände der Theater-Unterführung wieder leer. Als wäre nichts geschehen.

Halbleere Gänge vs. übervolle Räume: Der Kampf um die Publikumsgunst

karen gerig am Donnerstag den 20. Januar 2011

Bereits haben über 200’000 Leute die Wien-Ausstellung in der Fondation Beyeler besucht – täglich quetschten sich allein in den letzten Tagen und Wochen rund 2000 Besucher durch die Ausstellungsräume. Manch einer findet, das sei zuviel, um die Kunst noch geniessen zu können (vgl. hier). Weniger Probleme hat da der Besucher der Warhol-Ausstellung im Kunstmuseum – hier bleibt vor den Bildern genug Raum für Betrachtung. Genaue Zahlen sind vom Museum allerdings noch nicht in Erfahrung zu bringen.

Vollgestopfte Räume versus halbleere Gänge, wie kommts? Dürfte man nicht meinen, dass ein Name wie Andy Warhol die Menschen auch scharenweise ins Museum lockt? Wir erwarten ja keine halbe Million wie 2009 bei der «Jahrhundertausstellung» Vincent van Gogh. Doch wieso schaffte es eine Fondation Beyeler, selbst mit einem eher unbekannten Namen wie Jean-Michel Basquiat innert vier Monaten 110’000 Leute anzuziehen, während die Jahresbesucherzahl fürs Kunstmuseum (ohne Museum für Gegenwartskunst) gar nicht so weit darüber liegt? Betrachtet man die letzten zehn Jahre, so spielt das Kunstmuseum mit Namen wie Holbein, Kandinsky, Judd oder auch Gursky doch absolut in der oberen Liga mit.

Würde Andy Warhols Frühwerk in der Fondation Beyeler mehr Besucher anziehen? (Foto Margrit Müller)

Und trotzdem – wir wagen die unverschämte Behauptung: Würde Andy Warhols Frühwerk in Riehen gezeigt, läge die Besucherzahl um einiges höher. Und hätte das Kunstmuseum die Basquiat-Ausstellung gezeigt, hätten keine 110’000 Leute den Weg dorthin gefunden.

An den Eintrittspreisen kanns nicht liegen, diese sind in Riehen um vier Franken pro Person höher als am St. Alban-Graben. Ist die Fondation Beyeler also geschickter, wenn es um die Bewerbung des Museums geht? Machen wir einen Rundgang durch Basel: An den Plakatsäulen scheint das Wien-Warhol-Verhältnis ausgeglichen, und am oberen Ende der Freien Strasse wird fürs Kunstmuseum, am unteren für die Fondation Beyeler geworben. Die SBB bietet für beide Ausstellungen Packages an. Doch auf dem Bahnhofsplatz empfangen die Touristen nur mobile Plakatwände der Fondation mit dem Hinweis, wie man möglichst schnell nach Riehen gelangt. Das Kunstmuseum fehlt. Im Fernsehen wird schweizweit sowohl für die Wien- als auch für die Warhol-Ausstellung geworben, für die Wien-Ausstellung auch am Radio. In den Medien hingegen ist die Fondation Beyeler präsenter, ist öfter mal der Ausflugstipp, und sie wirbt auch stärker über die Landesgrenzen hinaus, vor allem in den angrenzenden Landesteilen – mehr als die Hälfte der Fondation-Beyeler-Besucher (52 Prozent) kommen aus dem Ausland, fast die Hälfte davon aus Deutschland. Doch auch das Kunstmuseum zieht viele ausländische Besucher an – Statistiken sind jedoch keine zu erhalten. Beide Museen werben zielgruppenorientiert.

Die Fondation Beyeler ist beliebtes Ausflugsziel - im Bild das Kaffeehaus in der Wien-Ausstellung. (Foto Pino Covino)

Allein an der Werbung kanns also nicht liegen. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt wohl aber die Positionierung der beiden Museen beziehungsweise ihre nationale und internationale Ausstrahlung. Das Kunstmuseum erinnert rein äusserlich an eine Festung und bietet auch im Innern nicht die modernste Architektur. Das ist natürlich wenig schmeichelhaft formuliert, und der Erweiterungsbau könnte hier Abhilfe schaffen – allerdings frühestens im Jahr 2015. Die Schwerfälligkeit der Architektur scheint sich manchmal im Ausstellungsprogramm zu spiegeln – gerade auch in kleineren Präsentationen im Kupferstichkabinett etwa. Überspitzt könnte man sagen, dass das Kunstmuseum ein elitäreres Publikum anspricht als die Fondation Beyeler. Die lichtdurchflutete Fondation liegt zudem harmonisch eingebettet im grünen Umland und bietet sich für einen Sonntagsausflug geradezu an, gerade auch für Tagesausflügler aus dem Ausland. Kommt dazu: Die Figur Ernst Beyeler und dessen herausragende Sammlung – ein populäres Identifikationsmerkmal, das dem Kunstmuseum fehlt. Die Kunst der Klassischen Moderne – der Schwerpunkt der Fondation Beyeler sowohl in Sammlung wie Sonderausstellungen – ist zudem immer noch die weltweit populärste Kunst.

Wird der Erweiterungsbau dem Kunstmuseum neue Besuchergruppen erschliessen? (Visualisierung Christ & Gantenbein)

Gerade im Hinblick auf den Erweiterungsbau täte dem Kunstmuseum ein Imageschub gut. Ein Patentrezept, wie dieser zu bewerkstelligen wäre, lässt sich leider nicht so einfach zusammenmixen. Das Wichtigste ist und bleibt, ein attraktives Ausstellungsprogramm anzubieten. Mit der Präsentation der Sammlung im Obersteg und einer Ausstellung zu den Landschaften Max Beckmanns, die für 2011 geplant sind, ist der Kassenschlager aber immer noch nicht in Sicht. Die Fondation Beyeler trumpft dagegen mit Brancusi, Dali, Serra und Louise Bourgeois auf.

Dem einzelnen Besucher können diese Überlegungen ja eigentlich egal sein. Im Gegenteil: wer die Kunst lieber in Ruhe geniesst, ist im Kunstmuseum ja sogar besser dran.

Welches Museum besuchen Sie lieber, liebe LeserInnen? Und warum?

Bühnenboykott gegen böse Buben?

Joel Gernet am Dienstag den 18. Januar 2011

Dass es am Wochenende beim Basler Konzert der deutschen Rapper Fard und Haftbefehl zu mehreren Schlägereien kam, verwundert kaum jemanden. Nicht einmal die Veranstalter: «Wir wussten, dass auch Schlägertypen ins Volkshaus kommen und waren vorbereitet», sagt Organisator Cem gegenüber Schlaglicht. Rund 700 Rapfans, die meisten davon knapp volljährige junge Männer, feierten am Samstag die aufstrebenden deutschen Rapper mit iranischen (Fard), beziehungsweise kurdischen (Haftbefehl) Wurzeln. Ihre Texte spiegeln das Leben in Deutschlands Problembezirken, wo Kriminalität und Perspektivlosigkeit zum Alltag gehören. Dementsprechend handeln die Songs der beiden nicht selten von Problemen mir der Polizei, Gewalt und den «Gesetzen der Strasse». Aber auch von Hoffnung und der Möglichkeit, «es» zu schaffen. Das ist Strassenrap, von einigen auch Gangsterrap genannt. Provokation und Überhöhung sind hier ein zentrales Stilmittel – und eine der Hauptursachen für Missverständnisse.

Gut gelaunt: Das Publikum beim Basler Konzert-Von Haftbefehl. (Foto: 4 Zero Ent.)

Dass es unter Leuten, die auf diese Ausprägung der Rapmusik stehen, zu Scharmützeln kommt, scheint bei einigen (wenigen) in diesem Kreis zum guten Ton zu gehören: Rap ist das Ventil für den angesammelten Frust. Und wenn man selbst kein Rapper ist, muss die Energie halt anders raus. Authentizität, Ehre und Loyalität sind die Werte, die Zählen. Es gilt das Recht des Stärkeren. Kein Wunder also, dass Konzerte wie jenes von Fard und Haftbefehl, zu einem Macho-Treffen mit Testosteron-geschwängertem Ambiente werden. Aber warum hat es ausgerechnet dieses Wochenende geknallt? Die Volkshaus-Konzerte des deutschen Strassenrap-Pioniers Azad und der Haudegen von Automatikk verliefen 2010 ohne nennenswerte Zwischenfälle.

«Über die Hälfte der Besucher kam von Auswärts, das war bisher nicht so», versucht Organisator Cem zu erklären. Er ist aber selber etwas ratlos. Beim nächsten Mal, überlege man sich zweimal, wen man buche. «Zwei Gangsterrapper von diesem Kaliber werden wir bestimmt nicht mehr holen – das schadet dem Image von HipHop», findet Cem, der in Basel auch als Rapper Zehir bekannt ist. Das fünfte Konzert hat seiner Organisation «4 Zero Entertainment» zwar den bisher mit Abstand grössten Zuschaueraufmarsch beschert, und einen Gewinn, glücklich ist der Basler dennoch nicht. Er wisse nicht, ob sich bei diesem Stress der Aufwand gelohnt habe. «Wir machen das für die Jugendlichen, wenn diese das nicht schätzen, hören wir auf.»

Cem wäre nicht der erste Konzertorganisator, der keine Strassenrapper mehr auftreten lässt. In der französischen Schweiz verzichten viele Veranstalter seit längerem auf Konzerte mit einschlägigen Rappern aus Frankreich (das Deutschland in Sachen Strassenrap ein paar Jahre voraus ist), weil diese ein gewaltbereites Publikum anziehen – oft aus dem Ausland. Und auch im Basler Konzertlokal Sommercasino ist man seit einer Schlägerei am Konzert des deutschen Strassenrappers Farid Bang im April 2010 vorsichtig geworden, wie die Zuständigen gegenüber Schlaglicht erklären.

So inszeniert sich Haftbefehl für sein aktuelles Album.

Doch ist ein Strassenrap-Boykott die richtige Lösung? Ich finde nicht. Man darf nicht vergessen, dass am Fard und Haftbefehl-Konzert im Volkshaus rund 700 Konzertbesucher den Auftritt ihrer Helden friedlich feierten, während sich eine Hand voll Trottel die Köpfe einschlug (und vor die Tür gestellt wurde – wo die Auseinandersetzung weiterging). Über die Inhalte des Strassenrap kann – und soll – man sich streiten, aber auch diese Ausdrucksform hat ihre Daseinsberechtigung als Sprachrohr und Ventil tausender junger, unterprivilegierter Menschen, deren Stimmen sonst ungehört bleiben. Schon mancher Bad-Boy hat sich dichtend zu einem vernünftigen, seriösen Mann entwickelt. Der Bann von der Bühne wäre wohl eher kontaproduktiv, viele würden so in ihrer Anti-Haltung bestärkt.

Natürlich müssen sich aber auch diejenigen Rapper, welche durch Gewalt und Kriminalität verherrlichende Texte auffallen, überlegen, ob es auf Dauer erfüllend ist, eine meist unbefriedigende, destruktive Lebensweise zu predigen. Wenn man frisch «von der Strasse kommt» und nichts anderes kennt, ok. Aber wer nach langjähriger Rapkarriere inklusive Lebenswandel noch immer die gleichen Themen beackert (wie z.B. Bushido), gehört auf das Abstellgleis. Man kann gespannt sein, wohin sich Fard und Haftbefehl, die am Anfang ihrer Karriere stehen, entwickeln.

Lo-Fi im Parterre

Luca Bruno am Dienstag den 11. Januar 2011
James Legeres

James Legeres

Real Estate, Times New Viking oder Wavves. Nur einige Beispiele aus den letzten 3 Jahren, die beweisen, dass «Lo-Fi » wieder voll im Trend liegt. Schliesslich braucht es für eine gute Platte in erster Linie gute Melodien und für solche reicht auch ein Vierspurrekorder aus. Vergangenen Samstag waren im proppenvollen Parterre mit James Legeres und The Golden gleich zwei Basler «Lo-Fi»-Hoffnungen am Start.

Alain Meyer alias The Golden ist hauptberuflich Gitarrist von Sheila She Loves You. 2008 gewann das Quartett den Sprungbrett-Contest, letztes Jahr veröffentlichten sie mit «Esztergom» ihr vielgelobtes Debütalbum und generell gelten sie als eine der grösseren Pophoffnungen der Stadt. Auf seinem Seitenprojekt The Golden schlägt Meyer jedoch viel ruhigere Töne als seine Hauptband an. So erinnern die Aufnahmen auf seiner selbstveröffentlichen EP «Hidden Mouth» an Sufjan Stevens oder Elliott Smith. An Konzerten tritt The Golden allerdings als komplette Band auf. So wird Meyer von einer Gitarristin und 2 Mitgliedern seiner Hauptband unterstützt.

Live klingen The Golden daher vielleicht nicht mehr ganz so «Lo-Fi» wie auf ihren Aufnahmen, an Authentizität mangelt es jedoch nicht. Herzerwärmenden Zeilen wie «Lay your light in my eyes, you’re all i want to see» mögen auf Papier vielleicht kitschig klingen, wenn man der Band jedoch dabei zuschauen kann, mit wie viel Spielfreude und Charme sie ihre Songs darbieten, erkennt man schnell, wie viel Wertschätzung sie jeder einzelnen Minute ihres Auftritts entgegenbringen. Alain Meyer sagt selbst, dass die relativ seltenen Liveauftritte als The Golden dazu führen, dass er jedes Konzert als etwas ganz Besonderes ansieht. Man merkt es.

Auch James Legeres, die Headliner des Abends, setzen konsequent auf eine «Lo-Fi»-Ästhetik. Und auch für James Legeres ist «Lo-Fi» nicht etwa ein Ausweg, sondern eine bewusste Wahl. Eine Wahl, die sie mit Freude zelebrieren. Drummer Tobias Koch mimt in der Mitte des Sets den Alleinunterhalter und zaubert aus ein paar simplen Keyboard-Presets einen grossartigen Popsong. Man wähnt sich urplötzlich auf einem Kreuzfahrtschiff oder auf einen High School-Abschlussball irgendwo in der US-amerikanischen Provinz. Szenen, wie man sie eigentlich nur aus dem Fernsehen kennt.

James Legeres‘ Musik ist abwechslungsreich, kreativ und kommt mit sehr viel Charme daher. In ihrem Auftritt finden sich ähnlich viele Ideen wieder, wie auf einer Guided By Voices-Platte. Doch wo Robert Pollard wusste, dass seine Ideen meist nur für zwei Minuten reichen, verpassen es James Legeres einige Male, am richtigen Zeitpunkt die Pointe zu setzen. Das Konzert zieht sich unnötig in die Länge und wird gegen Ende so zu einer Ausdauerübung. Für ein nächstes Konzert wäre es also zu hoffen, dass James Legeres nicht nur ihre Klangästhetik, sondern auch die eigene Setlist minimal halten würden.

The bianca Story zu Hause

Luca Bruno am Samstag den 8. Januar 2011


Seit kurzem ist «Coming Home», die brandneue Single von The bianca Story erhältlich. Zur Taufe dieses Songs veranstaltete die Band nun gestern Abend genau das, was der Titel des Songs vermuten lässt: Ein Homecoming-Konzert im Rossstall der Kaserne Basel.

Auf angesprochener neuen Single, welche die Band ihrem verstorbenen Förderer Nigel Paul Day gewidmet hat, präsentieren sich The bianca Story verletzlich und intim. Im dazugehörigen Video schimmert echte Melancholie durch den «Pop-Art»-Vorhang der Band. Umso enttäuschender ist es also, dass sich die Band gestern Abend als komplett austauschbar präsentierte.

Vor 3 Jahren fragte die deutsche Zeitschrift Musikexpress im Review zu ihrem Debütalbum «Hi Society!», ob man aufstrebenden Bands im Jahr 2008 eigentlich noch einen Gefallen tut, wenn man sie mit Bands wie den Strokes oder Franz Ferdinand vergleicht. Drei Jahre später gilt es ernüchternd festzustellen, dass The bianca Story auch weiterhin nichts gegen diese Vergleiche unternehmen. Sänger Elia Rediger hat seinen Alex Kapranos zwar vor längerer Zeit abgelegt, die Post-Punk-Gitarren, die an die Revialwelle von Mitte letzter Dekade erinnern, sind allerdings immer noch da und klingen weiterhin überholt.

Seit den letzten Personalwechseln sitzt nun Lorenz Hunziker, vormals bei Mañana, hinter dem Schlagzeug von The bianca Story. Zweifelsohne eine willkommene Addition zur Band. Er ist es nämlich auch, der sich während der ersten Hälfte des Konzertes allergrösste Mühe gibt, mit seinem druckvollen Schlagzeugspiel den Songs mehr Leben einzuhauchen. Als er gegen Mitte des Sets jedoch zu Höchstform aufläuft, wird er unnötigerweise ans elektronische Schlagzeug verbannt. Getaucht in rotes Licht versuchen The bianca Story nun, mit einem ruhigen Stück Intimität aufzubauen. Sie scheitern. Nur eines von vielen Beispielen, mit denen The bianca Story den Spannungsaufbau ihres eigenen Konzertes sabotieren.

So spielen sie auch ihren Hit «Tick Tack» in einer leicht veränderten Version, welche die Originalversion des Songs nicht verbessert. In der Bridge des Songs tauchen aus dem Nichts knackige «Dance-punk»-Gitarren auf, und für einen kurzen Moment könnte man meinen, dass die Band nun gleich The Raptures «House Of Jealous Lovers» Tribut zollen wird, aber schon 5 Sekunden später hat sich der Song wieder in sich selbst verloren und wird unter Keyboardflächen zerdrückt.

Die Call-and-Response-Einlagen, die seit Jahren zu einem festen Bestandteil von Konzerten der Band gehören, werden auch dieses Mal wieder euphorisch aufgenommen und gegen Ende des Konzertes gibt es im Rossstall sogar den einen oder anderen Crowdsurfer wahrzunehmen. Die Band hat ihr Publikum ohne Zweifel im Griff und zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, dass sich die Band auf der Bühne nicht wohlfühlt. Es gibt absolut nichts dagegen einzuwenden, wenn sich eine Band auf der Bühne möglichst vielseitig zeigen will, der gestrige Abend hat jedoch gezeigt, dass The bianca Story es zu vielen Recht machen wollen. Anstatt sich tiefer mit der Materie auseinanderzusetzen, kratzt man immer noch an zu vielen verschiedenen Oberflächen.

So ist es umso verwunderlicher, wenn die Band im letzten Song des Abends «We are living for a brand new vision» proklamiert. Von welcher Vision die Band da spricht, ist nämlich weiterhin nicht nachvollziehbar.

DER ERSTE BASLER FOTOMARATHON, mach mit!

chris faber am Freitag den 7. Januar 2011

Städte wie Berlin, Wien und Bern haben es vorgemacht und nun ist es auch in Basel soweit, am Samstag 8. Januar 2011 um 12:00 Uhr startet der erste Basler Fotomarathon. Schnapp dir deine Kamera und gehe auf die Pirsch nach den besten Bildern in Basel!

Ein Fotomarathon ist ein Fotowettbewerb unter extremen Bedingungen. Innerhalb von von zwölf Stunden setzen die Teilnehmer eine Serie von 12 Themen fotografisch um. Eine Stadt – 12 Bilder – 12 Themen. Der Fotomarathon ist unter anderem bekannt aus Berlin, Wien, Kopenhagen oder Cardiff.

Der erste Basler Fotomarathon steht unter einem bestimmten Rahmenthema, welches bis zum Start geheim bleibt. Die 12 Themen fordern Interpretationsfähigkeit und Kreativität von den Teilnehmern. Spontanität, Einfallsreichtum, Ausdauer und viel Spaß am gemeinsamen Erlebnis sind also Voraussetzung für eine gelungene Fotoserie.

Wer bis zum Schluss gute Ideen zu entwickeln und die Themen kreativ umsetzt, dem winkt vielleicht sogar ein Platz unter den zwölf Themensiegern. Die Themensieger sowie der Gesamtsieger werden in einer Internet-Abstimmung bestimmt.

Alle können kostenlos mitmachen.
Komm am 8. Jan um 12:00 auf den Barfüsserplatz in Basel. Dort erhälst du deine Startnummer und die 12 Themen. Durch das anschliessende hochladen deiner Fotos bis 00:00 sicherst du dir die Chance auf einen der 13 Preise.

Infos unter http://www.gonnado.com/basler-fotomarathon/

«Nacht Schatten Gewächse» Chansonkabarett von Stefanie Kerker, Ralf Schuon Klavier

chris faber am Freitag den 7. Januar 2011

Stefanie KerkerWie wirken sich Träume auf unser Leben aus? Wie beeinflussen wir unser Schicksal? In Nacht Schatten Gewächse, der Basler Premiere von Stefanie Kerker, wird die Bäckerei um die Ecke zum geheimnisvollen Ort der Suche nach dem Traumpartner. Ob Sie Ihn findet und was hinter seinen krassblauen Augen stecken könnte, sollten sie live erleben. Kleine witzige wortspielige Szenen wechseln ab mit emotionalen Chansons, ob energievoll, melancholisch, lachend oder bissig böse.

In Ihren wortgewaltigen Texten sind Beziehungen keine Probefahrten, Freundschaften Minenfelder und Glücksfindung ein Mix der richtigen Lebens(mittel)zutaten.

Begleitet vom feinen Ralf Schuon am Klavier wird Ihre samtige Stimme zum Ohrenschmaus. Ein rundum gelungener Abend, der auf das nächste Frühlingserwachen hoffen lässt.

Stefanie Kerker ist noch am Fr 7. / Sa 8. und Do 13. / Fr. 14. / Sa 15. Januar 2011, jeweils um 20.30 Uhr, im Theater im Teufelhof zu sehen.

Kuhglockengebimmel neben dem Wiener Kaffeehaus

karen gerig am Mittwoch den 5. Januar 2011

Neulich in der Fondation Beyeler. «Mir gefäl… Strich», sagt die eine Frau vor einem Aquarell von Egon Schiele zu ihrer Nachbarin. «Was hast Du gesagt?» fragt diese, deutlich hörbarer. Flüstern gehört im Museum immer noch zum guten Ton. Ebenso, dass man nicht rennt und sich überhaupt ruhig verhält. Schliesslich ist ein Museum eine Art von Tempel – damit ist Andacht angebracht. Doch was, wenn es in diesem Tempel summt und brummt wie in einem zu gut frequentierten Bienenstock? Da wird, wer flüstert, kaum mehr verstanden.

In die Fondation Beyeler gelangt man momentan, wenige Tage, bevor die «Wien»-Ausstellung zu Ende geht, nur mit Ellbogengewalt. Auf dieselbe Weise ergattert man sich einen Platz vor irgendeinem Bild in den Ausstellungsräumen. Fast wünscht man sich, dass man wie etwa in den Uffizien in Florenz im Einerkolonnensystem durch die Schau gelenkt würde. Aber nur fast, weil man dann garantiert vor den uninteressantesten Werken am längsten stehenbleiben muss. Doch ist in diesem Gedränge noch Kunstgenuss möglich?

Monica Studer und Christoph van den Berg vor ihrer Installation in der Fondation Beyeler. (Foto Dominik Plüss)

Die Fondation Beyeler bietet dem überforderten Besucher einen Ausweg. Sie nennt sich Untergeschoss. Dort findet man einerseits Sitzgelegenheiten im «Wiener Kaffeehaus». Gemütlich allerdings ist es dort nicht wirklich, und der in der Luft liegende Gulaschgeruch ist auch nicht jedermanns Sache. Besser, man wendet sich der linken hinteren Ecke zu und verschwindet durch den schmalen Durchgang ins «Hotel Vue des Alpes».

Das virtuelle Hotel des Basler Künstlerpaares Monica Studer und Christoph van den Berg existiert seit zehn Jahren. Man kann dort Zimmer buchen und durch die Alpenwelt spazieren, während man zuhause vor dem Bildschirm sitzt. In der Fondation bieten zwei Bildschirme inklusive Maus einen Vorgeschmack darauf. Eine grosse Projektion zeigt das «Gleissenhorn», die Kamera schwenkt langsam dessen 360-Grad-Panorama ab. Doch nicht nur aktuelle Wetterdaten des imaginären Gebirges werden angezeigt, sondern mittels Mausklick kann das Datum verändert werden. Falls man seinen Aufenthalt im nahegelegenen Hotel wettergerecht planen will.

In der Mitte des Raumes haben Studer/van den Berg eine graue Gesteinsformation aus Holz gebaut. Darauf kann sich setzen, wer müde ist, und mit dem Blick durch die virtuelle Bergflora wandern, die an die Wand projiziert wird. Immer neu setzt der Computer die Blüemli und Gräser zusammen, nie sieht man dasselbe. Sanftes Kuhglockengebimmel hilft bei der Entspannung. Man bleibt einfach sitzen, bis man sich gewappnet hat für den Rückweg durch die überfüllten Ausstellungsräume ein Stockwerk höher.

Zimmer 201 in Studer/van den Bergs «Hotel Vue des Alpes».

Hat man es schliesslich nach draussen geschafft, kann man zuhause dann ein Zimmer im «Vue des Alpes» reservieren – momentan sind für Kurzentschlossene sofort Plätze frei. Für all jene, die nach dem Museumsbesuch dringend Erholung nötig haben.

Rückblick #9: Starke Museen und der Zürich-Komplex

schlaglicht am Montag den 3. Januar 2011

Für den Rückblick auf das Basler Kulturjahr 2010 haben wir verschiedene Persönlichkeiten aus der Region zu ihren Höhe- und Tiefpunkten aus dem sich zu Ende neigenden Jahr befragt. Galerist Stefan von Bartha wünscht sich, dass Basel sein kulturelles Potenzial stärker wahrnimmt und nicht nur die bildende Kunst fördert.

Stefan von Bartha in seiner Galerie am Kannenfeldplatz. (Foto Daniel Desborough)

Stefan von Bartha, was war Ihr kulturelles Highlight 2010?
Die Art Basel-Woche mit den grossartigen Eröffnungen und der Messe. Die Museenszene hat mit Jean-Michel Basquiat, Rodney Graham und Matthew Barney ein unheimlich hohes Niveau erreicht. Art Basel, Design Miami, Liste und Art Unlimited waren sehr spannend, und es war für mich das absolute kulturelle Highlight dieses Jahr! So viele hervorragende Kunst auf so kleinem Raum und in einer Woche, das ist ziemlich unschlagbar. Diese Qualität hat wirklich noch keine weitere Messe erreicht und man kann davon ausgehen, dass dies auch in der Zukunft weiterhin eines der grössten Highlights bleiben wird.

Gab es auch einen kulturellen Tiefpunkt?
Ich würde es nicht «Tiefpunkt» nennen. Ganz allgemein muss Basel als Stadt sehr vorsichtig sein, das Kulturprogramm nicht zu vernachlässigen. Es werden spannende Studien zur Stadt präsentiert, grossartige Museumsausstellungen eröffnet. Wir haben die wichtigste Kunstmesse, und das Label Basel ist weltbekannt. Was aber sonst daraus gemacht wird, ist sehr mager. Es gibt viel zu viele Bereiche, welche kulturell spannend wären, aber überhaupt nicht beachtet werden. Abgesehen von der Art Basel Woche muss die Stadt mehr machen für die Kreativszene. Architektur, Design und Mode brauchen weitere Plattformen, um sich zu präsentieren und auch die Galerienszene muss wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen und an Dynamik gewinnen. Da fehlt es an der Unterstützung und bei manchen an Mut. Die Basler könnten auch noch etwas mehr Eigeninitiative zeigen, und in der Politik müssten gewisse Personen vielleicht etwas mehr Zeit und Engagement  in die Kulturszene investieren und die Stadt fördern statt mit Auftritten beim FC Basel. Kultur scheint in der Politik immer noch ein Fremdwort zu sein und es fehlt an klaren Ideen. Die Politik versteht die Museumslandschaft als Kultur. Dass es da noch weitere Bereiche gibt, scheint fremd.

Was haben Sie verpasst?
Art Basel Miami Beach und Jamiroquai an der Avo Session.

Haben Sie etwas vermisst?
Wie gesagt vermisse ich weitere starke Projekte für die Stadt. Wir müssen jetzt dringend etwas tun, um die verschiedenen Bereiche zu fördern. Manchmal scheint es mir, als wüssten die Menschen gar nicht, wieviele Highlights wir in der Stadt haben. Ein paar der besten Architekturbüros der Welt, interessante junge Mode, tolle Galerien und auch weitere fantastische junge Projekte entstehen, aber bekommen wenig Aufmerksamkeit. Da vermisse ich ganz deutlich das Selbstvertrauen in Basel! Dieser Basel-Zürich-Komplex muss dringend aufhören. Basel ist eine Stadt mit gewaltigen Möglichkeiten und grossem kulturellen Potenzial. Vergleiche sollte man da mit ganz anderen Städten suchen.

Was sind Ihre Kulturwünsche fürs 2011?
Ich wünsche mir, dass 2011 wieder mehr Bewegung in die allgemeine Kulturdiskussion in Basel kommt. Kulturelle und kreative Bereiche müssen wieder enger zusammen arbeiten und man muss von diesem kurzfristigen Denken wegkommen. Wenn jeder versucht, nur sein Ding durchzuziehen, besteht die Gefahr, dass in Basel nur noch ein Fokus auf den Museen und gewissen Projekten liegt. Das gesamte Jahr müssten mehrere Events die verschiedenen Bereiche fördern und die Personen, welche in Basel für Kultur stehen könnten, sich vielleicht etwas öfters zeigen und eine Debatte darüber führen, was besser gemacht werden könnte. Mein grösster Wunsch wäre es, dass anschliessend Besprochenes schnell und unkompliziert umgesetzt wird. Es fehlt an Reaktionen!
Für 2011 wünsche ich mir, dass die lokale Szene mehr Öffentlichkeitsarbeit macht und diese auch aufgenommen wird. Jeder, der ein Interesse an der kulturellen Szene in Basel hat, sollte diese auch nutzen. Wir haben eine hervorragende junge Szene, welche das Gebotene nutzen sollte und auch weitere neue Projekte vorantreiben.

Dies war der letzte Jahresrückblick. Danke fürs Lesen und bis zum nächsten Mal!

Bereits erschienen: Angelo Gallina, Guy Morin, Thomas Jenny, Smash 137, Sam Keller, Tobit Schäfer, Carena Schlewitt, Marlon Mc Neill.