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Ein randvolles Osternest in der Kaserne

Luca Bruno am Mittwoch den 20. April 2011

Die Frage, wieso uns an Ostern eigentlich ausgerechnet ein Hase die Eier bringt, konnten wir vorgestern nicht eindeutig beantworten, wenn er Basel allerdings so zahlreich beschenkt, wie die Kaserne dieses Jahr, akzeptieren wir das gerne und ohne weitere Rückfragen. Schlaglicht mit einer Vorschau auf die vielen bunten Eier, die in den nächsten vier Tagen im Osternest der Kaserne zu finden sind:

Am Gründonnerstag, dem Stiefkind der Osterfesttage, werden zuerst Wildbirds & Peacedrums für den gemächlichen Start ins Festwochenende sorgen. Seit drei Alben bezaubert das schwedische Duo mit ätherischen und ebenso mystischen Balladen, deren Herkunft eigentlich auch das noch nördlich gelegenere Island sein könnte. Unsere Blogkollegen von «KulturStattBern» waren von ihrem Auftritt letzten Oktober jedenfalls restlos begeistert und bezeichneten diesen als «akustischen und visuellen Konzerthöhepunkt».

Während am Donnerstag also noch «Zuhören» angesagt ist, wird es bereits einen Tag später von Vorteil sein, die Tanzschuhe besonders fest zugeschnürt zu haben. Am Karfreitag wird nämlich ein besonders eklektisches elektronisches Musikprogramm, angeführt vom Berliner Duo Modeselektor, die Wände des Rossstalls mit ordentlich viel Bass zum Vibrieren bringen. Als die beiden Berliner zum letzten Mal in Basel zu Gast waren, 2007 auf dem Schiff, hielt sich der Publikumsandrang noch in Grenzen, dieses Jahr wird das, wohl auch dank den Spezialgästen des Abends, garantiert anders sein.

Zum einen wäre da Moritz Friedrich, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Siriusmo, der heimliche Star des Lineups. Nach Jahren unzähliger EP- und Singleveröffentlichungen hat der gebürtige Berliner mit «Mosaik» endlich sein Debütalbum fertiggestellt. Der Titel dieses Albums und das dazugehörige Plattencover könnten dabei passender nicht sein: Über 17 Tracks verteilt, präsentiert uns Friedrich auf «Mosaik» elektronische Popmusik der besonders verspielten Art und verfügt mit «Einmal in der Woche schreien» darüber hinaus noch über einen der besten Tracks des Vorjahres.

Am Karfreitag wird jedoch nicht nur Berlin, sondern auch Bristol in der Kaserne zu Gast sein. Der britische Produzent Joker gilt seit mehreren Jahren als einer der interessantesten Dubstep-DJs und wird an diesem Abend in erster Linie die unteren Frequenzen der PA der Kaserne auf die Probe stellen. Seine fantastische letztjährige Single «Tron» ist uns auf alle Fälle noch immer noch in bester Erinnerung.

Tags darauf wird Cut Chemist, ehemaliger DJ von Jurassic 5 und einer der besten zeitgenössischen Turntablisten, sein Können an den Plattentellern unter Beweis stellen, bevor dann Architecture In Helsinki am Sonntag das Osterfestival der Kaserne abschliessen werden.

«Moment Bends», das neue Album des Quintetts aus Melbourne, deren Mitglieder übrigens weder Architekten noch Finnen sind, kann mit seinem hervorragenden Vorboten «That Beep», welcher bereits vor drei Jahren samt grossartigem Remix von Radioclit auf einer EP die Runde machte, leider nicht mithalten, allerdings hat sich die Band in den vergangenen Jahren einen Ruf als besonders schräge Liveband erarbeitet. Und mit ihren Vorgängeralben «In Case We Die» und «Places Like This» haben die Australier ja ohnehin genügend Hits in der Hinterhand, um das Osterfest stilgerecht abzurunden.

Donnerstagabend (21.4.): Wildbirds & Peacedrums, Combineharvester live. Doors: 22:00.
Freitagabend (22.4.): Modeselektor, Siriusmo, KRSN & Joker. Doors: 22:00.
Samstagabend (23.4.): Cut Chemist (AV-Set), Aim (DJ-Set), DJs Pun & Rainer. Doors: 23:00.
Sonntagabend (24.4.): Architecture In Helsinki, The Russian Futurists live. Doors: 21:00.

Mit der Shotgun von Basel nach Berlin

Joel Gernet am Dienstag den 19. April 2011


«Shotgun» – zu Deutsch Schrotflinte – heisst die Ausstellung, die am Freitag in der Zero Gallery in Berlin Kreuzberg ihre Pforten öffnete. Das Besondere daran: Geladen ist das Schiesseisen von der Spree mit Munition aus Basel. Gezeigt werden an der «Shotgun» nämlich Werke der jungen Basler Künstler Stephan Hefti, Christine Keller und Marco Pittori. Die Gruppenschau markiert gleichzeitig den Startschuss zur Ausstellungsserie «Art Plan B», die künftig in diversen Städten mit Anfangsbuchstaben B halt machen soll mit dem Ziel, jungen Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten.

Konzipiert und umgesetzt wurde die Nomaden-Ausstellungsserie von Sandra Kramer (30). Die Berlinerin arbeitet als freie Kuratorin und lebt seit drei Jahren in Basel, wo sie derzeit den Nachdiplomstudiengang Kulturmanagement an der Uni Basel abschliesst. Wir haben uns mit Kramer über ihre Vorliebe für B-Städte, Schrotflinten und den nächsten Tourstop von «Art Plan B» unterhalten.

Sandra Kramer von der Art Plan B.

Sandra Kramer, wie kam es zur «Art Plan B»?
Als Berlinerin mit Aufenthalten in Basel, Baden-Baden (beim TV-Sender Arte Deutschland) und Boston (Aufbau einer Fotogalerie) sowie inspirierenden Reisen nach Barcelona, Bora-Bora und Buenos Aires habe ich überall viel mit jungen Künstlern zusammengearbeitet und mich mit ihnen ausgetauscht. Der grosse Wunsch der Künstler war es, ihre Werke in anderen Städten auszustellen, neue Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen zu sammeln. Dies hat mich gereizt und ich habe mich gefragt: «Wo soll ein junger Künstler, mit viel Talent aber wenig Ausstellungserfahrung überhaupt beginnen?» Ein Plan B musste her und mitten in einer Galerie in dem Galerienviertel San Telmo in Buenos Aires habe ich das Projekt «Art Plan B» ins Leben gerufen.

Warum kommen Basler Künstler als Erste zur Ehre?
Für den Auftakt von «Art Plan B» wollte ich zwei Städte kombinieren, in denen ich mich gut auskenne. Als Berlinerin und seit 3 Jahren wohnhaft in Basel war der Entschluss schnell gefällt. Gleichzeitig fühlen sich viele Basler Künstler von Berlin magisch angezogen. Viele haben mir von der Improvisation, dem offenen und unkomplizierten Leben und der jungen Kunstszene in Berlin vorgeschwärmt.

Interessiert man sich in der Berliner Kunstszene überhaupt für Basler Newcomer?
In Berlin interessiert man sich eigentlich für alles was kreativ, jung, anders und verrückt ist. Die Herausforderung besteht darin, in diesem Umfeld auch so aufzutreten – von den Werken über die Location bis zu den Einladungen. Wir sind selber sehr gespannt.

Warum haben Sie Stephan Hefti, Christine Keller und Marco Pittori ausgewählt?
Alle drei Künstler haben etwas in mir ausgelöst – das ist entscheidend. Ich arbeite mit Leuten zusammen, deren Werke mich inspirieren, von denen ich überzeugt bin! Und alle drei wollen nicht nur Kunst ausstellen – sondern sich auch austauschen. Die Werke von Hefti, Keller und Pittori laden – alle auf ihre eigene Art und Weise – dazu ein, auf eine Reise zu gehen. Die Welt in Schnappschüssen zu sehen und in ihren öffentlichen und versteckten Momenten zu betrachten. Die jungen, teilweise noch unetablierten Talente, wagen mit ihren unterschiedlichen Techniken etwas Neues, um die die Muster des Gewöhnlichen aufzubrechen und neu einzufangen.

Wieso heisst die Gruppenausstellung «Shotgun»?
Die Shotgun taucht in den verschiedensten Formen auf – roh als Schrotflinte, provokativ bei den sexy Polizistinnen, trashy in Form der freistehenden Matchboxautos auf einem Farb-Schlachtfeld oder in der Rolle des Beifahrers (engl. Shotgun) – an dem phantastische und collagierte Landschaften der Imagination vorbeiziehen. Und mit der Mit Shotgun-Ausstellung in der Zero Gallery Berlin fällt auch der «starting shot», der Startschuss, zur «Art Plan B».

Können Sie noch etwas zur Zero Gallery sagen, wo die drei Basler ausstellen?
Die Zero Galerie im Berliner Stadtteil Kreuzberg, ist ein freier und unabhängiger Kunstraum, der Neues entstehen lassen will. Die Off-Galerie vermietet ihre Räumlichkeiten für ausgewählte, innovative Kunstprojekte. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf junge, osteuropäische Kunst – durch die entstandene Kooperation mit der Zero Galerie, kam auch die Idee, das «Art Plan B»-Netzwerk auf osteuropäische Städte, wie zum Beispiel Budapest zu erweitern. Und…die Zero Galerie hat auch eine Partnergalerie in: Barcelona!

Welche Kriterien müssen künftigen Ausstellungsorte haben?
«Art Plan B» ist eine Nomaden-Projekt: als Ausstellungsfläche in den B-Städten sind daher temporäre Räume am besten geeignet – dabei kann es sich um eine klassische Galerie, ein Schaufenster, oder ein Waschsalon handeln. Somit bekommt die Plattform etwas freies, unkompliziertes und ungebundenes.

Und wo wird die nächste «Art Plan B» statt finden?
Die nächste Ausstellung soll umgekehrt in Basel mit Berliner Künstler stattfinden. Lassen Sie sich überraschen.

Wie wird dieses Projekt finanziert?
Mit viel Herzblut und Leidenschaft – und derzeit ausschliesslich aus privater Tasche und mit Hilfe von Gönnern. Leider erhält «Art Plan B» momentan keine Kulturförderung. Es ist eine ähnliche Situation, wie bei jungen Künstlern: junge, innovative Projekte werden nur selten unterstützt – meistens erst dann, wenn sie mainstream werden. Es muss ein Kulturförderungs-Plan-B her;)

Art Plan B – Shotgun
Group Show mit Christine Keller, Marco Pittori, Stephan Hefti
16. April – 14. Mai 2011
Zero Gallery, Berlin Kreuzberg

Viel Gelächter zwischen den Zeilen

chris faber am Sonntag den 17. April 2011

Das Duo «Ohne Rolf» war gestern Abend im Theater Basel mit Ihrem genialen Stück «Schreibhals» zu sehen.

Jonas Anderhub und Christof Wolfisberg haben nach diversen Schauspielausbildungen und Engagements die Blattcomedy entwickelt und werden Euch aktiv in Ihr Stück einbinden. Zu viert stehen sie diesmal auf der Bühne, mit ihrem Nachwuchs und dem Hund Tippex. Gemeinsam wird das Publikum Zeugen einer Taufe, der Entwicklung ihres Nachwuchses, und es lernt Götti und Gotte kennen. Den Schweizer Innovationspreis SurPrix sowie den Deutschen Prix Pantheon haben sie bereits gewonnen. Mit dem zweiten Programm «Schreibhals» brachte das junge Schweizer Duo das Basler Publikum gestern Abend zum vielen Lachen zwischen den Zeilen  – mit ihren 1000 gedruckten Sätzen auf Plakaten. Musikalisch war es auch, und zum Mitsingen. Die Texte sind

KNAPP

TREFFEND

WITZIG

und ihre Gesichter erzählen Euch genau das, was nicht zu lesen ist. Wollen wir nicht auch manchmal ein Gespräch anhalten und eine Frage oder Aussage genau wirken lassen?

Ihr könnt «Ohne Rolf» nur noch heute um 19.15 Uhr in der Kleinen Bühne im Theater Basel sehen!

Basel wird für ein Wochenende zum Designmekka

chris faber am Donnerstag den 7. April 2011

Dieses Wochenende findet nach dem tollen Anfangserfolg 2010 wieder die Designmesse Blickfang in der E-Halle auf dem NT-Areal statt.

Rund 100 ausgesuchte Designer/Innen, davon viele aus Basel, zeigen ausgewählte Produkte, die Eure Lieblingsstücke werden könnten. Hier wird mit dem Trend zu Nachhaltigkeit gezeigt, dass wir nicht immer mehr im Leben brauchen, sondern besondere Stücke, die uns berühren, die uns immer begleiten und nicht nach einem Jahr in der Mülltonne oder Kleidersammlung landen. Ich habe etwa letztes Jahr ein schönes Bücherregal erlegt.

Ausserdem sind viele Basler Aussteller vertreten, etwa der Showroom Basel mit seinen feinen Labels, Rainer & Tobias Kyburz, Claudia Güdel, MATRIX, Laura Pregger oder Isabel Bürgin.

Ein sonniges Designwochenende in Basel steht vor der Tür!!

Wir würden gerne von Euch wissen: Was sind Eure Lieblingsstücke auf der Blickfang und was wünscht Ihr Euch für die nächste Blickfang 2012?

Apropos: Wer noch mehr Zeit hat, sollte sich noch die in am 05.04.2011 gestartete Austellung «Designwert – Designwerte. red dot präsentiert: Prämiertes Kommunikationsdesign 2010/2011» anschauen. In der Schule für Gestaltung sind wie letztes Jahr wieder sämtliche im red dot award ausgezeichneten Arbeiten zu sehen, ob Plakate, Jahresberichte, Videospiele, Webseiten oder Werbefilme. Jeweils von 12-19 Uhr Schule für Gestaltung, Spalenvorstadt 2, 4051 Basel, Montags geschlossen.

Stornoway «unplugged»

Luca Bruno am Donnerstag den 7. April 2011

StornowayIm Juli 2009 machte die britische Band Stornoway dank ihrer hervorragenden Debütsingle «Zorbing» zum ersten Mal von sich reden. Ende Mai 2010, rechtzeitig zum nächsten Sommer also, veröffentlichte die Band aus Oxford dann ihr ziemlich gelungenes Debütalbum «Beachcomber’s Windowsill». Um den Sommer 2011 einzuläuten, erschien die Band nun gleich persönlich in Basel und spielte vergangenen Dienstag ein Konzert im Parterre.

Wie so oft bei Konzerten im Parterre wurde der Abend dabei in zwei Sets aufgeteilt, leicht ungewöhnlich war dabei allerdings die Entscheidung der Band, die zweite Hälfte komplett «unplugged» zu bestreiten. Zuerst war es jedoch die erste, elektronisch verstärkte Hälfte ihres Sets, die daran erinnerte, wieso man sich letzten Sommer ins Debütalbum der Band verlieben konnte.

Die Studioversionen von «Beachcomber’s Windowsill» glänzen durch eine klare Produktion und besonders dann, wenn Stornoway mehrstimmige Passagen in ihre Songs einbauen, erreichen sie schon fast die orchestralen Qualitäten der Fleet Foxes. Die Akustik des Parterres machte eine exakte Umsetzung dieser Stücke zwar unmöglich, «I Saw You Blink» oder «Watching Birds» klangen allerdings auch in einer etwas leicht rumpligen Version ziemlich gut. Bisweilen unterstützt von Trompete und Geige erinnerten Stornoway an diesem Abend mehr an Bands wie die Wave Pictures oder Belle & Sebastian und klangen dadurch weitaus charmanter und spontaner, als es ihr Debütalbum erahnen liess.


«The End Of The Movie» – unplugged im Parterre

Für die zweite Hälfte grüsste die Band nun mit Kontrabass statt Bass und Cajon statt Schlagzeug von der Bühne. Das Konzept «unplugged» setzten sie jedoch vor allem durch den Verzicht auf Mikrophone wortwörtlich um. Die nun zurückhaltendere Instrumentierung und die damit verbundene punktgenaue Umsetzung der mehrstimmigen Passagen liess ihre ruhigeren Stücke erst recht zur Geltung kommen und begeisterte dementsprechend das Publikum. Spätestens für «Zorbing» aber, welches standesgemäss als letzter Song des Zugabenblocks gespielt wurde, hätte man sich gerne wieder ein bisschen mehr elektrische Power gewünscht.

Stornoway benannten sich nach einer Stadt hoch im Norden von Schottland und als Inspiration zu «Zorbing» diente eine obskure Sportart aus Neuseeland. Und genauso abenteuerlich wie die Referenzen, auf welche sich die Songs der Band beziehen, waren auch die sehr amüsanten Geschichten, die Sänger Brian Briggs zwischen den Songs erzählte. Geschichten über Hühner, die vom Teufel besessen waren, über das Verspeisen von Schnecken und Erlebnisberichte über wenig bekanntere Museen waren es, die das Konzert erst recht versüssten. Wir können nur hoffen, dass die Band bereits einen Plan hat, wie und wann sie uns den Sommer 2012 bringen will.

Die BScene im 360-Grad-Winkel

Luca Bruno am Dienstag den 5. April 2011

Würde man zehn verschiedene Personen fragen, wieso sie gerne Konzerte besuchen, dann würde man auch zehn verschiedene Antworten erhalten. Für die einen ist es wichtig, dass sie Künstlern dabei zusehen können, wie diese ihre Studioaufnahmen möglichst detailgetreu wiedergeben, andere erwarten Improvisation, und wiederum andere möchten an Konzerten einfach nur die eigenen Emotionen mit Freunden und dem restlichen Publikum teilen. Das BScene-Programm der Voltahalle vom Samstagabend liess alle auf ihre Kosten kommen.

We Are Drums!

We Are Drums! (Foto: Sandro Simon)

Auch Dekaden nach ihrer Entstehung bleibt die elektronische Livemusik noch immer ein Sorgenkind der Konzertwelt. Mikrofonständer lassen sich herumwerfen, und mit Gitarren kann man sich ziemlich schnell in eine coole Pose werfen. Jemandem dabei zuzusehen, wie er sich hinter einem Laptop versteckt und dabei still Knöpfchen drückt, kann allerdings schnell langweilig werden. In der Voltahalle ist an diesem Abend durch den besonderen Bühnenaufbau zumindest dafür gesorgt, dass sich heute niemand hinter irgendwelchen Geräten verstecken kann. Aufgrund der Performance von We Are Drums wurde die Bühne in der Mitte des Raumes aufgebaut, womit Künstler von allen Seiten beobachtet werden können und erst recht gefordert sind, das Knöpfchen drücken irgendwie spannend aussehen zu lassen.

laFayette, ein Duo bestehend aus Jascha Dormann und Simon Hauswirth, scheitern an dieser Aufgabe. Interaktion mit dem Publikum findet während ihres Auftritts keine statt, und immer wieder muss man sich fragen, ob sich die beiden nicht gerade viel lieber in den eigenen vier Studiowänden aufhalten würden. Das ist deswegen besonders schade, weil laFayette in ebendiesen Wänden Musik produzieren, die grosse Beachtung verdient.

Dormann und Hauswirth lassen die Bässe wummern und beweisen immer wieder, dass sie auch von Experimenten abseits konventioneller elektronischer Popmusik nicht abgeneigt sind. So spielen sie in der Mitte des Sets einen Song mit gesampelten Steel drums, der sich als eindeutiges Highlight ihres Auftritts auszeichnet. Nach ihrem BScene-Konzert werden sich die beiden nun mit der Produktion ihres Debütalbums beschäftigen, und man kann nur hoffen, dass sie dabei in erster Linie das Spektrum ihrer instrumentalen Seite weiter vertiefen werden. Der einzige Song mit Vocals, den die beiden an diesem Abend spielen – beigesteuert übrigens von Lena Fennell – ist es nämlich, welcher deutlich vom Rest ihres Sets abfällt. Ausserdem mangelt es Basel ja sowieso noch immer an poporientierten Instrumentalproduzenten.

Dan Deacon hingegen verdient für seine Leistung im Fach «Publikumsinteraktion» Bestnoten. Wie versprochen hat er sein Performance-Pult inmitten des Publikums aufgebaut, und es ist beeindruckend anzusehen, wie er das Publikum innert weniger Minuten zum Toben bringt. Er tut dies unter anderem mit spontan organisierten Dance Contests und Gruppenumarmungen in der Mitte des Saales.

Dort wo sich laFayette kurz vor ihm auszeichneten, liegen jedoch Deacons Schwächen. Musikalisch gesehen bleibt sein Auftritt nämlich äusserst durchschnittlich, da im ganzen Trubel vor allem der Song- und Setaufbau viel zu oft auf der Strecke bleibt. Trotzdem: Liveshows sollten ab und zu auch einfach nur Spass machen, und der passende Act für den nächsten Kindergeburtstag wäre hiermit auch gefunden.

Doch auch wenn Dan Deacon der letzte Liveact des Abends ist und die BScene von sich behauptet, keine Unterscheidung zwischen Headliner und Vorband zu machen, ist es trotzdem eindeutig, wer die wahren Stars des Abends sind: We Are Drums.

We Are noch immer Drums

We Are noch immer Drums (Foto: Sandro Simon)

Hinter diesem Namen stehen acht Basler Drummer (Michel Anklin, David Burger, Marco Wolfgang Faseth, Flavio Gortana, Florian Haas, Georg Müller, Stefan Schneider und Fabian Trümpy) aus sieben verschiedenen Bands, die sich für die diesjährige Ausgabe der BScene für eine einmalige Performance vereinigt haben. Vier Drumkits und vier Drumpads stehen bereit, als die in weissen Overalls gekleideten Künstler kurz nach Mitternacht die Bühne betreten.

Das Motto des Voltahallen-Abends lautet «Electro». Die acht Protagonisten beschränken sich dementsprechend in der ersten Hälfte ihrer Performance darauf, aus ihren Instrumenten möglichst viele tanzbare Rhythmen zu holen. Es findet nur wenig Laut/Leise-Spiel statt und die Samplearbeit der Drumpad-Gruppe gestaltet sich als zu repetitiv. Die Lehrstunde in Synchrondrumming, welche die Gruppe an den richtigen Drumkits dem Publikum heute erteilt, bleibt dennoch äusserst beeindruckend. In der zweiten Hälfte weichen die Drummer dann vollständig auf Improvisation aus und finden den Groove immer mehr. Unter dem besonderen Antrieb von Fabian Trümpy werden nun «Call and response»-Einlagen eingebaut, die Drummer werden lockerer und das Dargebotene wird von Minute zu Minute lebendiger. Das Experiment We Are Drums gipfelt nach einer halben Stunde in einer spontanen Zugabe und trotzdem bleibt die Lust nach noch mehr.

Dass es in naher Zukunft eine Wiederholung des exakt gleichen Projektes geben wird, ist zu diesem Zeitpunkt höchst unwahrscheinlich. Es ist der Basler Musikszene jedoch nur zu wünschen, dass das Experiment «We Are Drums» als Dominostein für weitere Projekte dieser Art wirken wird. Schliesslich soll die BScene nicht nur Nabelschau der vielseitigen Musikszene dieser Stadt sein, sondern auch daran erinnern, dass sich die Mitglieder dieser Szene musikalisch so oft wie möglich gegenseitig befruchten und voneinander profitieren sollten.

Die BScene im Zeichen der Gitarren

Luca Bruno am Montag den 4. April 2011

15 Jahre hat die BScene mittlerweile auf dem Buckel und scheut sich trotzdem nicht davor, Jahr für Jahr weiterzuwachsen. Und damit sind nicht nur die 500 zusätzlichen Zuschauer gemeint, welche der diesjährigen Ausgabe zu einem erneuten Besucherrekord von gesamthaft 8500 Eintritten verholfen haben, oder die indessen 15 Bühnen, welche die über 50 Künstler und Bands dieses Jahr beherbergten, sondern viel eher die blosse Präsenz, welche die BScene mittlerweile in den Köpfen Basler Musikinteressierten und Bands einnimmt. Die BScene ist längst mehr als ein blosses Schaulaufen der gerade angesagtesten Basler Bands und Projekte wie die diesjährige Schlagzeug-Extravaganza «We Are Drums» werden hoffentlich dafür sorgen, dass das Clubfestival in den folgenden Jahren noch mehr Austauschforum für lokale Bands werden wird.

Sei es Hip Hop, Reggae oder Folk-Rock: Seit Jahren kommt an der BScene kaum ein Musikstil zu kurz. Blickt man auf das Lineup und das Logo der diesjährigen Ausgabe, so ist es allerdings noch immer der Gitarrenrock, der an der BScene am meisten vertreten ist. In der ersten Hälfte unserer Reviews beschränken wir uns daher auf ausgewählte Auftritte von Gitarrenbands, bevor wir dann morgen noch auf die elektronische und perkussive Seite der BScene eingehen werden.

My Heart Belongs To Cecilia Winter (Freitag 21:30, Kaserne – Reithalle)

Thom Luz (oder etwa doch ein Patrick Wolf-Double?) Foto: Dirk Wetzel

Festivalbesucher verfügen gerne über eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne als normale Konzertgänger. Thom Luz, Sänger und Songwriter von My Heart Belongs To Cecilia Winter, scheint darüber Bescheid zu wissen und trifft daher die weise Entscheidung, die wunderbare Ballade «I Made You A Tape», welche er normalerweise alleine und gegen Ende der Sets der Band darbietet, für einmal zu Beginn eines Konzertes zu spielen. Ein äusserst stimmungsvoller und gelungener Beginn eines Auftritts, der – zumindest am Anfang – allerdings noch vor zu wenig Publikum stattfinden muss. Es ist anzunehmen, dass einige Besucher die Wartezeit an den Bändchenaustausch-Stellen unterschätzt haben.

In Reviews zu ihrem 2010 erschienenen Debütalbum «Our Love Will Cut Through Everything» musste das Trio des Öfteren den Vergleich mit der Band Arcade Fire über sich ergehen lassen. Eine Referenz, die nicht nur unfair, sondern auch einfach falsch ist. Zwar schreiben auch My Heart Belongs To Cecilia Winter gerne euphorische Hymnen, ihr Noise Pop Musik erinnert aber mehr an Bands wie die Raveonettes. Und beim Trio aus Zürich ist es auch heute wieder einmal das stimmliche Zusammenspiel der Vocals von Luz und Bassistin Betty Fischer, welches die meisten Höhepunkte setzt.

Noch verfügen My Heart Belongs To Cecilia Winter aber nicht über genügend Material, um ein Publikum über die volle Distanz bei Laune zu halten. Nach den ziemlich grossartigen «Eighteen» und «Guide Me To The Starts», die in der ersten Hälfte gespielt werden, funktioniert die Gratwanderung zwischen geradlinigen Popsongs und experimentelleren Tracks mit Autoharp nicht mehr. Oder vielleicht war die Aufmerksamkeitsspanne doch einfach zu kurz.

Sheila She Loves You (Freitag 22:50, Kaserne – Reithalle)

Sheila She Loves You (Foto: Dirk Wetzel)

Sheila She Loves You (Foto: Dirk Wetzel)

Während des Überhits «Don’t Give Us Poets, Give Us Bread» kann sich in der Reithalle zwar kein Fuss länger als eine Sekunde auf dem Boden halten, Sheila She Loves You zeigen sich davon allerdings unbeeindruckt. Popsongs? Been there, done that! Anstatt die mittlerweile bis auf den letzten Quadratzentimeter vollgestopfte Reithalle mit den bereits bekannten Hits zu beliefern, zeigt uns die Band an diesem Abend in erster Linie, wie fest der bandeigene Kosmos seit dem Release ihres Debütalbums «Esztergom» gewachsen ist. So ist bereits der Opener des Konzerts, eine Hommage an den Soundtrack zu «The Lord Of The Rings», die ziemlich schnell in eine brachiale Rockoper ausartet, ein guter Indikator dafür, wie sehr man sich in den letzten zwölf Monaten musikalisch weiterentwickelt hat.

Doch nur weil die an diesem Abend dargebotenen neuen Songs eine vielschichtigere und komplexere Seite der Band zeigen, heisst das noch lange nicht, dass man das Ohr für gute Melodien verloren hat. Nimmt man die neuen Songs als Gradmesser, dann wird das hoffentlich bald erscheinende Nachfolgewerk das Publikum vielleicht nicht mehr so fest zum Tanzen bringen wie die Ohrwürmer der ersten Platte, dafür aber ein umso stärkeres Songwriting repräsentieren. Wir halten die Ohren offen und sind gespannt.

4th Time Around (Freitag 23:59, Kaserne – Rossstall)

«Ladies & Gangsters» heisst das soeben erschienene neue Album von 4th Time Around. Ausser einer Lady, welche die Band an diesem Abend mit einem Cello unterstützt, fehlt von den Gangstern allerdings jede Spur. Viel mehr sind es waschechte Gentlemen, welche da den souveränsten Auftritt der Freitagsbands hinlegen. 4th Time Around schlagen zwar ruhigere Töne als die an gleicher Stelle vor ihnen aufgetretenen 77 Bombay Street und Kapoolas an, halten das Publikum aber dennoch mit Leichtigkeit bei Laune.

4th Time Around (Foto: Dirk Wetzel)

4 Gentlemen Around (Foto: Dirk Wetzel)

Besonders Tobias Hügin, der sich auch heute wieder die Leadvocals mit Marc Givel teilt, hat sich seit dem Release von «A Morning Prayer» (2007) zu einem äussert souveränen Sänger entwickelt, dessen hervorragende stimmliche Präsenz angenehm an John Darnielle erinnert. Es ist jedoch die ganze Band, die an diesem Band einen sehr positiven und vor allem spielfreudigen Eindruck hinterlässt. Die Songs des neuen Albums sind eine willkommene Ergänzung zum bereits bekannten Material, zeigen eine um einiges abwechslungsreichere Seite der Band und bei «Lost», welches die Band in der Mitte des Sets spielt, sind für einmal sogar Tom Waits-Vergleiche völlig gerechtfertigt.

Reding Street (Samstag 21:30, Volkshaus – Grosser Saal)

Machen unzählige Gitarrensoli, unerwartete Breaks und überraschende Tempowechsel einen Song wirklich besser? Das ellenlange Lied über die Frage, ob die technische Versiertheit ihrer Mitglieder einer Band dabei hilft, bessere Songs zu schreiben, erhält mit dem Auftritt von Reding Street jedenfalls eine weitere Strophe.

Selbstverständlich ist es auf eine Art beeindruckend, wie sich Reding Street technisch einwandfrei und mit nötiger Durchschlagskraft durch ihr Programm wälzen, ihre Version von New Prog bleibt aber dennoch viel zu durchschaubar. Zum einen ist es bereits nach dem zweiten Song eindeutig, dass sich die Band zu fest an ihren Vorbildern Muse orientiert, zum anderen verkommt der rund 45-minütige Auftritt viel zu oft zu einem Showcase für die Fingerfertigkeiten der einzelnen Mitglieder.

Das Quartett wird in Zukunft weiterhin Bandcontests gewinnen und bedenkt man, dass Muse mit Regelmässigkeit auf Platz 1 der Schweizer Hitparade landen, so sieht die Zukunft von Reding Street eigentlich ziemlich rosig aus.

Fotos vom BScene-Freitag im Volkshaus

Joel Gernet am Samstag den 2. April 2011

Kurz nach Mitternacht ist das Trottoir vor dem Volkshaus dicht bevölkert – offensichtlich hat das Traumwetter die Massen nicht davon abgehalten, an die BScene-Konzerte in der Rebgasse zu pilgern. Zumindest hier. Oder liegts am Programm? Mit Schwellheim und Famara stehen nämlich mindestens zwei Acts mit hervorragendem Live-Ruf auf. Letztgenannter hat im Grossen Saal soeben die Bühne betreten, im Rücken seine vierköpfige Band. In der folgenden Bildstrecke gibts ein paar Eindrücke von der zweiten Hälfte des Konzertabends.

Elektroniktüfteleien und We Are Drums an der BScene

Luca Bruno am Freitag den 1. April 2011

Heute Abend beginnt die 15. Ausgabe der BScene. Gestern haben wir vierzehn teilnehmenden Künstlern das Wort überlassen, heute möchten wir selbst noch einen Blick auf das Samstagsprogramm in der Voltahalle werfen.

Selbstverständlich ist die BScene in erster Linie das Schaufenster der Basler Musikszene, allerdings ist es auch seit Jahren Tradition, mindestens eine internationale Band einzuladen. Während diese Gäste in der Vergangenheit jedoch von leicht durchschnittlicher Natur waren (Infadels, Dúné u.a.), konnte man für die diesjährige Ausgabe keinen geringeren als Dan Deacon verpflichten. Seit einigen Jahren begeistert er uns mit seinem ADHD-Elektropop und auch seine Liveshows geniessen einen hervorragenden Ruf.

Nach Jahren im Untergrund wurde die Musikwelt dank «Spiderman Of The Rings», Deacons’ drittes Album, im Jahr 2007 auf den heute 29-jährigen Künstler aus Baltimore aufmerksam. Auf diesem Album zelebrierte Deacon den neonfarbenen Overkill, der sogar den hartgesottensten Chiptune-Anhänger neidisch werden liess. Und für sein nächstes und bislang letztes Album «Bromst», welches 2009 erschien, erhöhte er den Einsatz sogar noch: Anstatt seine Musik weiterhin mit seinen zahlreichen elektronischen Geräten – einsetzbar ist alles, was irgendwie Töne von sich gibt – zu machen, begann er nun auch richtige Instrumente zu verwenden. Da seine Ideen allerdings zu schnell für menschliche Hände waren, musste er sich Pianolas anschaffen und sie zuerst umbauen, damit diese mit seinen Kompositionen fertig werden.

Und so hyperaktiv seine Alben sind, seine Liveauftritte sind oftmals noch um einiges verrückter. Gerne performt er inmitten der Zuschauer oder animiert das Publikum zu Gymnastikübungen. Und alle, die besorgt darüber sind, dass ein ausländischer Künstler den einheimischen Bands vor der Sonne stehen wird, können wir beruhigen: Wenn Dan Deacon um 1:30 morgens loslegen wird, sind in allen anderen Locations nur noch DJs am Start.

Es ist allerdings nicht nur der Auftritt von Dan Deacon, für den sich der Besuch in der Voltahalle lohnt. Vor seinen wahnwitzigen Tüfteleien geben sich unter dem Projektnamen We Are Drums acht Drummer aus verschiedenen Basler Bands die Ehre, ihre eigens für diesen Auftritt geschaffenen Kompositionen vorzutragen. Um Punkt Mitternacht werden Mitglieder von Bands wie Cloudride, Kapoolas, Laser, Slag In Cullet, We Invented Paris und We Loyal ein Feuerwerk aus Drumpatterns und Samples zünden. Der Beschreibung nach klingt das nach der Basler Ausgabe des legendären «77 Boadrum»-Projekt der Boredoms und darf dementsprechend auf keinen Fall verpasst werden.

Und zum Schluss nochmals unsere BScene-Vorschau, in der ausgewählte Bands schreiben, warum man ihr Konzert nicht verpassen sollte…

Wie viele Persönlichkeiten verkraften wir?

chris faber am Samstag den 26. März 2011

David Bröckelmann ist zurzeit als freischaffender Schauspieler, Regisseur und Autor tätig und mit seinem ersten Soloprogramm „Dr. Klapp hat Hunger – Oder warum man bei Wissensdurst essen sollte“ noch heute in Basel im Fauteuil zu sehen. Vor allem bekannt ist er aus der Satire-Sendung Giacobbo / Müller als genialer Imitator von Matthias Hüppi, Christian Gross, Hakan Yakin, Pascal Couchpin, Christian Levrat und Peter Bodenmann.

David Bröckelmann ist seit 15 Jahren Schauspieler und wird in seiner Figur als Dr. Klapp von Geheimdiensten aus aller Welt gesucht, weil er Menschen jeglicher Art verinnerlichen kann, um sie zu verstehen und zu studieren. Er bringt Prominente, Therapeuten, bachblütige Anthroposophen, Vorarbeiter und Politiker jeder Parteiausrichtung als multiple Persönlichkeit so zusammen, dass Ihre wahrer Charakter aus Ihnen rausgekitzelt wird. Möchten Sie wissen, was passiert, wenn Hakan Yakin, Matthias Hüppi und Christian Gross aufeinandertreffen und rappen? Was hat Kurt Aeschbacher in dieser illustren Runde zu suchen? Lassen Sie sich von seinen Erkenntnissen überraschen! Der erste Teil des Programms ist dabei etwas zu fussballlastig, der zweite Teil umso besser. Nur noch heute!

“Dr. Klapp hat Hunger” Samstag, 26. März 20 Uhr im Fauteuil Basel