Archiv für die Kategorie ‘Joël Gernet’

Öffentliche Provokation in Style am Rhein

Joel Gernet am Samstag den 11. Juni 2011


Ab heute Samstag, 19 Uhr, wird in der Carhartt Gallery in Weil am Rhein zum dritten Mal Graffiti, Streetart und artverwandte Kunst gezeigt. Wobei…zum dritten Mal ist eigentlich nicht ganz korrekt, denn streng genommen wird beim Steetwear-Outlet neben dem Rheincenter schon seit mindestens einem Dutzend Jahren Graffiti präsentiert. Damals zierten die farbigen Schriftzüge die Fassade der heruntergekommenen Fabrikhalle, heute hängen die Bilder im Innern des aussen unbefleckten Neubaus, der seit der Eröffnung 2006 mit einer integrierten Kunstgalerie auftrumpft. Diesen Beitrag weiterlesen »

Stadtentwicklung zum Selbermachen

Joel Gernet am Montag den 6. Juni 2011

Abgeschirmt: Medientermin auf dem Birsigparkplatz.

Wer hat schon einmal von «Seed Bombs» und «Backstein Curling» gehört? Oder vom «PARK(ing) Day»? Eine genaue Erklärung gibts in der Bildergalerie unten, soviel aber vorweg: Es sind Denkanstösse, mit denen die Vereine Neues Jugendkulturfestival (JKF) und Neubasel seit heute via Postkarten zur kreativen Eroberung des öffentlichen Raumes aufrufen. Da ist es nichts als konsequent, dass die Organisationen ihre gemeinsame «Pressekonferenz» an der frischen Luft veranstalten. Diesen Beitrag weiterlesen »

Zuerst Acapella-Rap, dann mit Liveband

Joel Gernet am Freitag den 3. Juni 2011

Freunde des experimentellen Raps kommen heute in Basel auf ihre Kosten: Mit dem Acapella-Event «Re:Quest» im Kulturpavillon und der «weCreate: Liveband Jam Session» im Hinterhof stehen gleich zwei Leckerbissen zur Auswahl. Bei letztgenanntem Anlass sorgen drei Jazzmusiker sowie DJ Steel für den Soundteppich der Session während Rapper und Sänger ihre (improvisierten) Texte zum Besten geben. Ganz ohne Begleitmusik kommen hingegen Hunter S. Thompson und Redcap beim «Re:Quest» aus: Hier bekommt das Publikum die Raptexte acapella um die Ohren gepfeffert – danach werden die beiden Samoon-Rapper mit Fragen zu ihren Texten gelöchert. Diesen Beitrag weiterlesen »

Ein Kunstraum für Allschwil

Joel Gernet am Dienstag den 31. Mai 2011

Neu in Allschwil: Die Installationen von Boris Tellegen (innen) und Reto Steiner (aussen).

Rechteckige Bilder an weissen Wänden – das war gestern. Ab Freitag wird in der ehemaligen Galerie Roland Aphold in Allschwil dreidimensionale Kunst geboten: Unweit der 8er-Endstation hat die Ausstellung «kunstRAUM» ihre Pforten geöffnet. Gastgeber ist der neu gegründete Verein kunstraum.ch, der in seiner ersten Schau skurrile Skulpturen von Boris Tellegen (NL) und Reto Steiner (CH) zeigt. Diesen Beitrag weiterlesen »

Die neue Musik-Bibel für Basler Bands

Joel Gernet am Freitag den 20. Mai 2011

Der Basler Rockförderverein (RFV) hat ein Monster erschaffen. Es umfasst satte 180 Seiten, auf denen Musikschaffenden so ziemlich alles vermittelt wird, was im «Haifischbecken Musikbusiness» neben dem Soundmachen dazugehört. Das ist wichtig, denn so sehr Künstler die Musik lieben, so sehr hassen die meisten das geschäftliche Drumherum (das hat auch der Basler Rocker Baschi Hausmann unlängst an dieser Stelle klar gemacht). «Rockproof 2.011 – Alles für deine Band» heisst der Gratis-Musikerguide, der seit gestern digital erhältlich ist (hier als PDF, oben als E-Book) und der von den Machern als «GPS fürs Musikbusiness» beschrieben wird.

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Wie eine blühende Blume am Strassenrand

Joel Gernet am Montag den 16. Mai 2011

Glory, nt/areal, Basel 2009.

«Ein Graffiti muss in die Umgebung passen», sagt Fotograf Jens Oldenburg beim Besuch in seiner Kleinbasler Altbauwohnung. Um zu zeigen, was er meint, blättert der 49-Jährige in seinem Fotoalbum und zeigt das Bild einer alten, von Farbschmierereien überzogenen Eisenbahnbrücke.

«Das ist ja kein schönes Graffiti, aber hier machen die Farbe und die Umgebung das Gesamtbild aus», erklärt der Wahlbasler. Was andere als Schmiererei und Vandalismus beschimpfen, fasziniert Oldenburg.

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Don't give me fucking Mehrheitsfähig!

Joel Gernet am Donnerstag den 12. Mai 2011


Um ein Haar wäre es nicht soweit gekommen – aber heute erscheint mit «Remember me Naked» das neue Album von Blood of Gold. Und am Abend wird das taufrische, zweite Album der Basler Band in der Kaserne getauft. Ein grosser Tag also für das Quintett um Tausendsassa Baschi Hausmann und Sängerin Martina Böhler – beide auch bekannt als Frontmann, beziehungsweise Frontfrau, von Fucking Beautiful, quasi dem bösen grossen Bruder von Blood of Gold. Aber dazu später. Zuerst wollen wir natürlich wissen, warum uns das zweite Album der Goldblüter beinahe vorenthalten worden wäre.

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Von den Sofas Europas zurück nach Basel

Joel Gernet am Montag den 2. Mai 2011
We Invented Paris

Flavian Graber (rechts) bei einem der WIP-Speedgigs in Mannheim.

Über 80 Konzerte in 40 Städten Europas innerhalb von sechs Monaten – das Indiepop-Kollektiv We Invendet Paris (WIP) ist zwar noch kein Jahr alt, dennoch hat das Projekt des Basler Sängers und Gitarristen Flavian Graber schon mehr von der Welt gesehen, als die meisten anderen Schweizer Bands in ihrer ganzen Karriere.

Am Freitag beendete das Quintett mit einem Konzert in der Kuppel Basel ihre zweite Tournee – genau ein halbes Jahr nach der Konzertpremière. Der Gig markierte den Schlusspunkt einer Konzertodyssee, die das Quintett seit ihrem ersten Gig im Kleinbasler Parterre über die Sofas Europas zurück ans Rheinknie brachte – mit im Gepäck die «Iceberg EP», deren Titelsong ab Freitag, 6. Mai, auch in digitaler Form erhältlich ist. Wir unterhielten und mit WIP-Frontmann Flavian Graber über die turbulenten vergangenen Monate, den Musikvertrieb im digitalen Zeitalter und das Leben als Strassenmusiker.

Flavian Graber, wie war das Heimkonzert in der Kuppel am Freitag?
Der Auftritt war sehr cool. Ich habe es genossen, nach den ganzen Strassenkonzerten wieder einmal auf einer grösseren Bühne zu spielen. Erstaunlicherweise hat es beim Publikum hier etwas länger gedauert bis das Eis bricht als in Deutschland. Zwei der Songs, die wir in der Kuppel präsentierten, haben wir in einer Akustik-Version mitten im Publikum gespielt – ich befürchtete zuerst, dass die Leute uns dabei nicht zuhören würden und miteinander reden. Aber zum Glück hat das toll geklappt.

Wie entstand «We Invented Paris»?
Ich war als Singer-Songwriter unterwegs, hatte dann aber genug vom alleine sein und habe «We Invented Paris» initiiert. Die Idee wurde vor gut einem Jahr geboren. In den folgenden Wochen kamen mehr und mehr Künstler dazu bis dann vergangenen Herbst der erste Gig und die erste Tour gespielt wurde. Auf der jetzigen, zweiten Tour haben 80 Prozent der Musiker ihren Wohnsitz in oder um Basel. Hier zu spielen heisst also immer auch, nach Hause zu kommen.

Basler Bohème: We Invented Paris in Heidelberg.

Wie verliefen die vergangenen Monate?
Das Highlight war sicher der Startschuss mit der «Tour d’Europe» Ende 2010. Innerhalb von 60 Tagen spielten wir 50 Konzerte in 40 europäischen Städten wie Amsterdam, Gent, Wien, Berlin und Basel. Wir gaben Konzerte in Clubs, Cafés, WG-Wohnzimmern, Frisörsalons, Hausbooten und Balkonen. Und wir übernachteten bei Fremden und Freunden auf Couches, Matratzen und in Schlafsäcken – das war ein grosses Erlebnis. Wir haben viele tolle Leute kennengelernt – etwa die Jungs der Hamburger Indierock-Band Kettcar. An der diesjährigen BScene kreierten wir dann mit den Künstlern Bryan Haab (CAN) und Simon Siegenthaler (BS) zusammen mit den Zuhörern ein interaktives Kunstwerk unter dem Motto «We Invented BScene».
Daneben haben wir einige Videos gedreht. In den letzten Wochen waren wir dann auf unserer zweiten Tour, bei der wir auch bei der Musik-Talk-Show TV Noir in Berlin spielen konnten zusammen mit der Kölner Popband Klee. Und an Ostern haben wir in Heidelberg rekordverdächtige 30 Speedgigs an einem Tag gespielt.

Und wie hast Du den Tag mit diesen 30 Kurzauftritten erlebt?
Es war unglaublich anstrengend und wir mussten an unsere Grenzen gehen. Doch es hat vor allem Spass gemacht. Wir spielten zum Beispiel ein paar Songs in einem Gewürzladen – dort hätten wir ewigs bleiben können. Aber auch auf der Wiese im Innenhof der Heidelberger Uni-Mensa war es interessant. Zudem spielten wir u.a. noch in der Chocolaterie, im Kaffeerösthaus, in einer Buchhandlung, im Kunstkeller und in einer Bäckerei. Die Leute reagierten sehr positiv, viele blieben stehen oder kamen in die Geschäfte hinein, um zuzuhören. Es kam aber auch vor, dass nur zwei bis drei Leute in einem Geschäft waren. Dies schaffte aber auch sehr spezielle und intime Konzertchen. Abends, beim 30. Konzert im Club, war es dann richtig schön zu sehen, wie viele Leute, für die wir am Tag in den Shops und auf der Strasse gespielt haben, tatsächlich gekommen sind. Es war ein grossartiger Tag.

Wie ist denn das Leben als «Strassenmusikant»?
Es kann sehr schön sein, wenn man beachtet wird und die Leute stehen bleiben. Man wird zu einem Teil der Strasse, man ist nicht mehr derjenige, der durch die Strasse geht. Man beobachtet die Passanten und nicht umgekehrt. Es kann aber auch sehr hart sein, wenn man von den Leuten ignoriert wird.

WIP bei einem Gig in einem Heidelberger Geschäft.

Geht einem das Übernachten in fremden Wohnzimmern auf Dauer nicht auf die Nerven?
Wir waren schon froh, nach der Tour wieder in unseren eigenen Betten pennen zu können. Aber es ist auch sehr beeindruckend, die unterschiedlichen Kulturen so hautnah mitzuerleben. Und wir sind ja noch jung…

Kam es vor, dass Du beim Aufwachen nicht wusstest, in welcher Stadt Du bist?
Das mit der Stadt weiss ich meistens noch, aber das Gefühl für den Wochentag geht auf Tour vollkommen verloren.

«We Invented Paris» ist laut Bandbio «ein europäisches Künstlerkollektiv – ein Zusammenschluss von Multiinstrumentalisten und Freunden, die ihre feinsinnig arrangierten Indiepop-Songs in wechselnder Besetzung ‘neu erfinden’». Das erinnert doch irgendwie an Bonaparte – das Berliner Musik- und Künstlerkollektiv mit Wurzeln in Zürich. Gibt es Parallelen?
Ich glaube die Entwicklung der Musikindustrie mit dem Internet zwingt einzelne Künstler immer mehr dazu, zusammen zu arbeiten – weil einfach keine grossen Firmen mit grossen Budgets mehr vorhanden sind. Dies sehe ich aber als eine sehr positive Entwicklung, welche die Kreativität fördert. Abgesehen von der Bezeichnung des Kollektivs gibt es aber nicht viele Parallelen zu Bonaparte. Wir machen keine Partymusik, sondern eher Mitfühl-Musik.

Der Titelsong der «Iceberg EP» kann ab dem 6. Mai online gekauft werden – die CD selber ist nur an euren Konzerten erwerbbar. Warum pfeifft ihr auf die herkömmlichen Vertriebswege?
Die physische Version der «Iceberg EP» wird es nur an unseren Konzerten oder via Bandhomepage geben. Wir wollen einfach den Leuten, die an unsere Konzerte kommen oder via Homepage direkt mit uns kommunizieren etwas Spezielles bieten können. Und für eine EP lohnt sich der Aufwand eines physischen Vertriebs nicht wirklich.

Ein allfälliger Charteinstieg, der ja massgeblich von CD-Verkäufen in «herkömmlichen» Geschäften abhängt, kommt so kaum in Frage.
Oje. Wer glaubt schon an die Charts.

Und so tönt der Titelsong der «Iceberg EP»…

We Invented Paris – Iceberg (Indietronic Version) (HD) from We Invented Paris on Vimeo.

In der Hoffnung, dass die Konzertreisen und Begegnungen der vergangenen Monaten ein solides Fundament oder gar ein Sprungbrett für den weiteren Verlauf des Abenteuers «We Invented Paris» sind, plant Flavian Graber für diesen Herbst das erste WIP-Album – natürlich inklusive Tournee. Nebenbei arbeitet er bereits am übernächsten Album.

Google prophezeit auch Engel Anna einen Absturz am Song Contest

Joel Gernet am Donnerstag den 28. April 2011

Noch bevor Anna Rossinelli am Eurovision Song Contest (ESC) in Düsseldorf abheben kann, werden ihr von Google die Flügel gestutzt: Das ESC-Prognose-Tool des Internet-Giganten sieht die Basler Sängerin am Donnerstag nämlich auf dem 33. Platz unter den 43 Kandidaten (edit: am Freitag stürzte Rossinelli ab auf Platz 43). Das wäre immerhin besser als das Abschneiden von Goldkehlchen Michael von der Heide, der 2010 in Norwegen mit seinem Song «Il pleut de l’Or» vom TV-Publikum auf Platz 39 versenkt wurde – bei 39 Teilnehmenden.

Schweizer Hoffnung: Die Basler Sängerin Anna Rossinelli. (Foto: Dirk Wetzel)

Obwohl sich die Schweiz und ihre Vertreter traditionsgemäss Jahr für Jahr am Eurovision Song Contest demütigen lassen, ist man auch 2011 wieder guter Dinge: Das grösste Schweizer Boulevardblatt etwa hofft, dass die europäische Gay-Community die schöne Baslerin weit nach vorne bringt – wegen ihrer attraktiven Musiker Manuel Meisel (Gitarre) und Georg Dillier (Bass).

Mit Anna Rossinelli hat man – so finden viele hierzulande – eine strahlende, bildhübsche Kandidatin, die sich vor Titelverteidigerin Lena Meyer-Landrut nicht zu verstecken bracht. Zudem haben nun ja auch die gmerkigen Schweizer ihre diesjährige ESC-Teilnehmerin vom Fernsehpublikum bestimmen lassen. Da kann ja nichts schief gehen. Oder vielleicht eben doch – gerade deshalb. Klar ist, dass die Schweizer ESC-Fans nach den Enttäuschungen der letzten Jahre umso mehr nach europäischer Anerkennung lechzen.

Und jetzt kommt das böse Google und macht alle Vorfreude und den letzten Funken (Zweck-)Optimismus zunichte mit seinem ESC-Tool. Dieses analysiert Suchanfragen an Hand von täglich aktualisierten Daten und zeigt, welche Punktzahl die Teilnehmer zum jeweiligen Zeitpunkt erreichen würden. Ähnlich wie bei den Telefonanrufen am tatsächlichen ESC, werden Suchanfragen für Concours-Teilnehmer aus dem eigenen Land nicht gezählt.

Heute würde Anna Rossinelli gemäss Google 10 Punkte einfahren. Das wäre gleichbedeutend mit dem 33. Platz – Tendenz sinkend. Die Frage ist nun, ob wir uns über dieses Zwischenresultat freuen dürfen, oder nicht: Immerhin stünde unsere Anna so um einiges besser da, als einige ihrer Vorgänger. Andererseits hofft man in der Schweiz dennoch insgeheim bis zur letzten Sekunde auf ein kleines Stimmwunder. An dieser Stelle sei jedoch ausdrücklich vor zu viel Optimismus gewarnt: 2009 sah das das Google-Tool den Norweger Alexander Rybak und 2010 die Deutsche Lena Meyer-Landrut als Sieger voraus – beide gewannen tatsächlich.

Der ESC-Halbfinal mit Anna Rossinelli findet am Dienstag, 10. Mai, in Düsseldorf statt. Der Final geht am Samstag, 14. Mai, über die Bühne – mit oder ohne Schweizer Beteiligung.

Mit der Shotgun von Basel nach Berlin

Joel Gernet am Dienstag den 19. April 2011


«Shotgun» – zu Deutsch Schrotflinte – heisst die Ausstellung, die am Freitag in der Zero Gallery in Berlin Kreuzberg ihre Pforten öffnete. Das Besondere daran: Geladen ist das Schiesseisen von der Spree mit Munition aus Basel. Gezeigt werden an der «Shotgun» nämlich Werke der jungen Basler Künstler Stephan Hefti, Christine Keller und Marco Pittori. Die Gruppenschau markiert gleichzeitig den Startschuss zur Ausstellungsserie «Art Plan B», die künftig in diversen Städten mit Anfangsbuchstaben B halt machen soll mit dem Ziel, jungen Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten.

Konzipiert und umgesetzt wurde die Nomaden-Ausstellungsserie von Sandra Kramer (30). Die Berlinerin arbeitet als freie Kuratorin und lebt seit drei Jahren in Basel, wo sie derzeit den Nachdiplomstudiengang Kulturmanagement an der Uni Basel abschliesst. Wir haben uns mit Kramer über ihre Vorliebe für B-Städte, Schrotflinten und den nächsten Tourstop von «Art Plan B» unterhalten.

Sandra Kramer von der Art Plan B.

Sandra Kramer, wie kam es zur «Art Plan B»?
Als Berlinerin mit Aufenthalten in Basel, Baden-Baden (beim TV-Sender Arte Deutschland) und Boston (Aufbau einer Fotogalerie) sowie inspirierenden Reisen nach Barcelona, Bora-Bora und Buenos Aires habe ich überall viel mit jungen Künstlern zusammengearbeitet und mich mit ihnen ausgetauscht. Der grosse Wunsch der Künstler war es, ihre Werke in anderen Städten auszustellen, neue Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen zu sammeln. Dies hat mich gereizt und ich habe mich gefragt: «Wo soll ein junger Künstler, mit viel Talent aber wenig Ausstellungserfahrung überhaupt beginnen?» Ein Plan B musste her und mitten in einer Galerie in dem Galerienviertel San Telmo in Buenos Aires habe ich das Projekt «Art Plan B» ins Leben gerufen.

Warum kommen Basler Künstler als Erste zur Ehre?
Für den Auftakt von «Art Plan B» wollte ich zwei Städte kombinieren, in denen ich mich gut auskenne. Als Berlinerin und seit 3 Jahren wohnhaft in Basel war der Entschluss schnell gefällt. Gleichzeitig fühlen sich viele Basler Künstler von Berlin magisch angezogen. Viele haben mir von der Improvisation, dem offenen und unkomplizierten Leben und der jungen Kunstszene in Berlin vorgeschwärmt.

Interessiert man sich in der Berliner Kunstszene überhaupt für Basler Newcomer?
In Berlin interessiert man sich eigentlich für alles was kreativ, jung, anders und verrückt ist. Die Herausforderung besteht darin, in diesem Umfeld auch so aufzutreten – von den Werken über die Location bis zu den Einladungen. Wir sind selber sehr gespannt.

Warum haben Sie Stephan Hefti, Christine Keller und Marco Pittori ausgewählt?
Alle drei Künstler haben etwas in mir ausgelöst – das ist entscheidend. Ich arbeite mit Leuten zusammen, deren Werke mich inspirieren, von denen ich überzeugt bin! Und alle drei wollen nicht nur Kunst ausstellen – sondern sich auch austauschen. Die Werke von Hefti, Keller und Pittori laden – alle auf ihre eigene Art und Weise – dazu ein, auf eine Reise zu gehen. Die Welt in Schnappschüssen zu sehen und in ihren öffentlichen und versteckten Momenten zu betrachten. Die jungen, teilweise noch unetablierten Talente, wagen mit ihren unterschiedlichen Techniken etwas Neues, um die die Muster des Gewöhnlichen aufzubrechen und neu einzufangen.

Wieso heisst die Gruppenausstellung «Shotgun»?
Die Shotgun taucht in den verschiedensten Formen auf – roh als Schrotflinte, provokativ bei den sexy Polizistinnen, trashy in Form der freistehenden Matchboxautos auf einem Farb-Schlachtfeld oder in der Rolle des Beifahrers (engl. Shotgun) – an dem phantastische und collagierte Landschaften der Imagination vorbeiziehen. Und mit der Mit Shotgun-Ausstellung in der Zero Gallery Berlin fällt auch der «starting shot», der Startschuss, zur «Art Plan B».

Können Sie noch etwas zur Zero Gallery sagen, wo die drei Basler ausstellen?
Die Zero Galerie im Berliner Stadtteil Kreuzberg, ist ein freier und unabhängiger Kunstraum, der Neues entstehen lassen will. Die Off-Galerie vermietet ihre Räumlichkeiten für ausgewählte, innovative Kunstprojekte. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf junge, osteuropäische Kunst – durch die entstandene Kooperation mit der Zero Galerie, kam auch die Idee, das «Art Plan B»-Netzwerk auf osteuropäische Städte, wie zum Beispiel Budapest zu erweitern. Und…die Zero Galerie hat auch eine Partnergalerie in: Barcelona!

Welche Kriterien müssen künftigen Ausstellungsorte haben?
«Art Plan B» ist eine Nomaden-Projekt: als Ausstellungsfläche in den B-Städten sind daher temporäre Räume am besten geeignet – dabei kann es sich um eine klassische Galerie, ein Schaufenster, oder ein Waschsalon handeln. Somit bekommt die Plattform etwas freies, unkompliziertes und ungebundenes.

Und wo wird die nächste «Art Plan B» statt finden?
Die nächste Ausstellung soll umgekehrt in Basel mit Berliner Künstler stattfinden. Lassen Sie sich überraschen.

Wie wird dieses Projekt finanziert?
Mit viel Herzblut und Leidenschaft – und derzeit ausschliesslich aus privater Tasche und mit Hilfe von Gönnern. Leider erhält «Art Plan B» momentan keine Kulturförderung. Es ist eine ähnliche Situation, wie bei jungen Künstlern: junge, innovative Projekte werden nur selten unterstützt – meistens erst dann, wenn sie mainstream werden. Es muss ein Kulturförderungs-Plan-B her;)

Art Plan B – Shotgun
Group Show mit Christine Keller, Marco Pittori, Stephan Hefti
16. April – 14. Mai 2011
Zero Gallery, Berlin Kreuzberg