Archiv für die Kategorie ‘Joël Gernet’

Das Schuhwerk der Art-Besucher

Joel Gernet am Donnerstag den 14. Juni 2012


Absätze, so hoch wie der Messeturm. Sohlen, so leuchtend wie manche Werke an den Wänden. Während der Art Basel tummeln sich am Rheinknie Menschen, die sich kleiden, als ob sie selber ein Kunstwerk sind. Besonders ins Auge sticht bei diesen Paradiesvögeln nicht selten das Schuhwerk.

Wir waren an der Art Basel auf Fotosafari und haben den Besuchern auf die Füsse geguckt. Von eleganten High Heels über gediegene Budapester Lederschuhe bis hin zu schrecklichen Plastiktretern war alles dabei – zu sehen in der Fotostrecke oben. Ende Woche gibts dann vielleicht eine Bildergalerie mit den geschundenen Füsschen der Art-Besucherinnen. Oder mit den besten Botox-Gesichtern. Oder mit sämtlichen Kunstwerken, die Geschlechtsteile zeigen. Vielleicht.

Mit iPad und «digitalem Heiligenschein» verblüfft er die Art-Besucher

Joel Gernet am Mittwoch den 13. Juni 2012


Ohne schräge Vögel wie Claudio Di Bene wäre die Art Basel nur halb so schön. Ausgerüstet mit iPad, digitaler Brille, Elektro-Feder und einer runden Scheibe, die über seinen weissen Haaren schwebt, sticht der Italiener selbst unter den bunt gekleideten Art-Besuchern heraus.

Die Scheibe über seinem Haupt sei eine Art «digitaler Heiligenschein», erklärt Di Bene mit Handzeichen und in brüchigem Englisch. Er komme aus den Abruzzen und sehe sich als digitale Version des «Homo Technologicus». Mit seiner erlektronischen Feder zeichnet Di Bene Bilder in die Luft. Diese tauchen via Datenübertragung auf dem Monitor seines iPads auf. Dank seiner Space-Brille kann der Italiener die digitale und die reale Welt simultan sehen.

An die erstaunten Reakionen der Passanten hat sich Di Bene inzwischen gewöhnt, schliesslich ist er seit Jahren in dieser Montur an Kunstmessen unterwegs. Di Bene, der sich gerne als «digitalen Touristen» bezeichnet, kommt direkt von der Kunstmesse Documenta aus Kassel. Bereits 2005 war er mit Tablet-PC an der Biennale in Vendig anzutreffen – der Italiener ist also sozusagen ein Pionier im Umgang mit dem iPad und dessen Vorgängern. Und in deren kreativen Verwendung sowieso.

Mehr zu Claudio Di Bene gibts hier, hier und hier.

Vor der Art attackiert die Strassenkunst

Joel Gernet am Donnerstag den 7. Juni 2012

Nicht weniger als vier Graffiti- und Streetart-Ausstellungen bereichern dieser Tage den regionalen Kunstkosmos zwischen Dreispitz und Riehen. Vom Galeristen-Liebling bis zum Untergrund-Künstler gibts dabei alles zu sehen – und kaufen. Ein Überblick.

Einfach weggeputzt! Über 300’000 Euro soll es wert gewesen sein, das Bild des britischen Streetart-Stars Banksy an einer Londoner Hausfassade. Die Behörden allerdings hatten keine Freude daran. Sie beseitigten das unerlaubt angebrachten Werk, das eine Szene des Kultfilms «Pulp Fiction» zeigte, in der John Travolta und Samuel L. Jackson mit Bananen anstatt Pistolen hantieren. Das war im März 2007. Heute, nach fünf weiteren Jahren Banksy-Hype, würde das Strassenbild wohl noch wertvoller eingeschätzt werden.

Rooftop: Das Banksy-Bild mit John Travolta und Samuel L. Jackson wurde 2007 in London weggeputzt.

Und es könnte ohne Weiteres an der Art Basel gezeigt und verkauft werden. Schliesslich geben hier Kunstsammler ohne mit der Wimper zu Zucken sechsstellige Beträge aus für Kunstwerke. Manchmal auch für solche aus dem Graffiti- und Streetart-Bereich. Allerdings ist Banksy in diesem Kosmos noch immer eine Ausnahmeerscheinung, der personifizierte Spagat zwischen Kunst und Kommerz. Er steht aber auch für eine steigende Zahl urbaner Künstler, die es in Galerien und an Kunstmessen zieht und die dort zunehmend Anklang finden.

Das liegt auch daran, dass viele Graffiti- und Streetart-Kenner zu potenziellen Käufern herangewachsen sind. Und dass viele Exponenten jetzt in einem Alter sind, in dem sie von der Kunst leben wollen, beziehungsweise müssen, oder eine Galerie gründen. Die Region Basel mit ihrer langjährigen Graffiti-Tradition ist dafür nicht das schlechteste Pflaster. Das zeigen auch die vier Graffiti- und Streetart-Ausstellungen, die rund um die Art Basel zum Besuch einladen: «Public Provocations» in der Carhartt Gallery Weil am Rhein (D), «Suspect» in der Galerie Schöneck Riehen, «L’art de vandalisme» in der YourGallery auf dem Dreispitz und die NeoVandalism Gallery im Gundeli. Hier gibts dieser Tage die Künstler zu sehen, deren Werke vielleicht morgen – oder übermorgen – an der Art Basel für teures Geld den Besitzer wechseln. Diesen Beitrag weiterlesen »

«Mode muss nicht unbedingt bequem sein»

Joel Gernet am Freitag den 25. Mai 2012

In ihrem Atelier am Vogesenplatz entwirft Yana Ryabenkaya (links) ihre Mode – zum Beispiel die aktuelle Sommerkollektion (rechts). Bilder: Joël Gernet / Ale Frigo

Keine Kleider – nur Hosen und Oberteile ohne Form! Yana Ryabenkaya kann nicht nachvollziehen, warum sich viele Schweizerinnen «wie Touristen» anziehen. «Ich verstehe die Mentalität der Frauen hier nicht», sagt die russische Modemacherin über ihre Geschlechtsgenossinnen in funktionaler Outdoor-Bekleidung. Wobei Letzteres perfekt zur Kreation passen würde, mit der sich Ryabenkaya in ihrem Basler Atelier gerade beschäftigt. Sie näht an einem Zelt.

Ein Kleid aus Yana Rays Sommerkollektion. (Bild: Eva Flury)

Die Frage, wer das anziehen soll – bei der heutigen Mode muss man sich ja über nichts mehr wundern –, beantwortet die blonde Russin mit schallendem Gelächter. Sie schneidert das Zelt für den Designermarkt des «Laufsteg Oslo», welcher am Samstag auf dem Dreispitzareal Mode, Markt und Musik zusammenbringt. Rund ein Dutzend Schweizer Jungdesigner und aufstrebende Labels werden ihre neusten Kreationen präsentieren – die Hälfte davon aus Basel.

Es wird also viele stilvolle Kleider zu kaufen geben für die in Ryabenkayas Augen zu oft zu bescheiden gekleideten Schweizer Frauen. Zugegeben, wer eine Modedesignerin auf den Kleidungsstil des Otto Normalverbrauchers anspricht, erhält eigentlich immer knackige Zitate. Erst recht, wenn diese wie Ryabenkaya aus Russland kommt, wo die Damen sich nicht so einfach mit ihrer naturgegebenen Schönheit abspeisen lassen, sondern diese mit entsprechender Kleidung und Schminke unter- beziehungsweise überstreichen. Dass aus der Russin die Basler Modemacherin Yana Ray wurde, ist dennoch aussergewöhnlich. Nicht wegen des Metiers, aber wegen des Weges dorthin. Diesen Beitrag weiterlesen »

Basler Skateboarder im besten Licht

Joel Gernet am Donnerstag den 24. Mai 2012

Sie brechen Knochen und Gesetze vor laufender Kamera: Am Sonntag feiert der neuste Basler Skateboard-Film «Key Light» im Jugi Gundeli seine Premiere. Zuvor küren die Skater den Champ der Miniramp.

Prostituierte und Skateboarder, beide werden sie auf den öffentlichen Plätzen Barcelonas gleich hart angepackt vom Arm des spanischen Gesetzes. Von einer Wegweisung bis zur saftigen 700-Euro Busse liegt alles drinn. Das haben auch zehn Basler Skaterfreunde beim Dreh zum neusten Basler Skateboardfilm «Key Light» hautnah miterleben dürfen, also ihnen die Polizei mehr als einmal die Kamera wegnehmen wollte – hätte sie die Jungs nur erwischt. Doch im Gegensatz zu den Trottoirschwalben in Stöckelischuhen können sich die Trottoirsurfer auf ihren Brettern ziemlich rasch aus dem Staub machen. Diesen Beitrag weiterlesen »

«We Invented Paris» im exklusiven Remix

Joel Gernet am Freitag den 18. Mai 2012

Vor einem Jahr toure Flavian Graber, Sänger und Songwriter aus Liestal, mit seinem Indiepop-Kollektiv «We Invented Paris» quer durch Europa. In über 80 Konzerten und mit der «Iceberg EP» im Gepäck wurden die Herzen der wachsenden Fangemeinde zum schmelzen gebracht – in kleinen Clubs, auf der Strasse oder in Wohnzimmern. Inzwischen haben «We Invented Paris» Ende 2011 das gleichnamige Debutalbum veröffentlich und Dutzende Konzerte auf tendenziell immer grösseren Bühnen – etwa beim Basler Clubfestival BScene – sind dazugekommen.

Mit «Bubbletrees» erscheint heute die dritte Single-Auskopplung aus dem Album-Debut der selbsternannten Paris-Erfinder. Ein radiotauglicher Popsong ist es geworden, auf dem Flavian Grabers Stimme begleitet wird von Akustikgitarre, Piano, Schellenkranz, Beat und Akkordeon – zumindest in der Originalversion (siehe Video).

Elektronischer, geprägt von Synthietönen, Bongo-Trommeln und Glöcklein, kommt der Mama-Africa-Remix des Songs daher, den wir Euch an dieser Stelle exklusiv anbieten können. Hier könnt Ihr euch den Song anhören, den Gratis-Download gibts wie gewohnt per Click mit der Rechten Maustaste.

Flavian Graber (rechts), der Liestaler Kopf von «We Invented Paris».

Das nächste Konzert des Kollektivs gibt es am Samstag, 19. Mai in Mannheim (Maifeld Derby), das nächstgelegene gibts dann am 23. August am Summerstage-Festival in der Grün80 im Park im Grünen bei Münchenstein.

Wer hat Platz für dieses Nashorn?

Joel Gernet am Donnerstag den 10. Mai 2012

«Zeug, das keiner will, ist eigentlich Abfall – wir machen daraus Kunstwerke», sagt Nashorn-Vater Joël Lobsiger. Das kunstvoll verschweisste rostige Rhinozeros muss seinen Platz Ende Mai räumen.

Imposant sieht es aus, das Nashorn am Rand des nt-Areals. Zusammengeschweisst aus zweieinhalb Tonnen Altmetall thront es in zweieinhalb Metern Höhe zwischen der versprayten Skateboard-Bowl und dem «Funambolo». Die kunterbunte Bar ist eine der letzten Ausgeh-Bastionen auf dem verglühenden Party-Mekka Erlenmatt. Ende Mai muss auch das «Funamolo» verschwinden – und mit ihm das rostige Rhinozeros, welches wie ein Wahrzeichen auf dem Dach des Nachtlokals steht.

«Jetzt suchen wir für das Nashorn ein neues Zuhause – und zwar äusserst dringend», sagt Joël Lobsiger, der das wuchtige Tier im Sommer 2010 erschaffen hat. Vier Wochen Altmetall zusammenpuzzeln und verschweissen, gemeinsam mit dem Künstlerkollegen Pascal Martinoli. Mit Filip Wolfensberger und Manager Manou Clément bilden die beiden das Basler Künstlerkollektiv Cicolupo, welches sich nun zum dritten Mal auf dem nt-Areal austobt: Vergangenen Sommer schweisste das Quartett bei der damals frisch eröffneten Zwischennutzungs-Freiluftbar Sommerresidenz einen imposanten Eisen-Basilisk zusammen.

Seit zwei Monaten bereiteten sich die Cicolupo-Jungs für ihre erste grosse gemeinsame Ausstellung in Basel vor, an welcher bei der Sommerresidenz von Freitag bis Sonntag Bilder, Skulpturen sowie ein Puppentheater gezeigt werden – man ist vielseitig. Diesen Beitrag weiterlesen »

Pingpong im Hinterhof, Drinks auf dem Dach

Joel Gernet am Freitag den 4. Mai 2012

Bar mit Aussicht: Die «Hinterhof»-Dachterrasse kurz vor der Eröffnung.

Am Horizont geht die Sonne unter. Gleich hinter der Abrissruine auf dem SBB-Rangiergelände. Daneben prägen der Lonza-Turm und das Coop-Hochhaus die Silhouette. Bagger, Bauschutt und Bahngeleise dominieren im Vordergrund. Ja, auf dem umfunktionierten Dach der Hinterhof-Bar auf dem Dreispitz kommen urbane Stadtromantiker auf ihre Kosten. Ebenso Freunde gepflegter Drinks und argentinischer Rindssteaks. Wer den Blick ins Grüne der Betonmelancholie vorzieht, lässt seinen Blick in die entgegengesetzt in Richtung Wolfgottesacker schweifen.

Die neue DJ-Kanzel.

Heute öffnet dieses aus Holz erschaffene Mini-Paradies, diese Perle unter den Basler Freiluftbars, ihre Pforten. Und natürlich wurden zur zweiten Ausgabe der Hinterhof-Dachterrasse einige Sachen verändert und verbessert. Für die DJs wurde gleich neben der überdachten, kleinen Bühne eine eigene Kanzel gezimmert – leider dürfen sie die Terrasse auch diesen Sommer nur in gefühlter Zimmerlautstärke beschallen. Derzeit bemüht sich das Hinterhof-Team allerdings um Ausnahmebewilligungen, damit dreimal etwas mehr Dampf durch die Boxen gepfeffert werden kann. Ebenfalls neu ist der Essbereich neben dem argentinischen Grillstand – hier wurde vergangenen Sommer noch Minigolf auf kunstvoll gestalteten Courts gespielt. Diesen Beitrag weiterlesen »

Basler sind die besten Jerks

Joel Gernet am Mittwoch den 18. April 2012

Laute Rapmusik hallt über den Betonplatz unter der Dreirosenbrücke. Immer wieder wird der Sound übertönt vom Gejohle euphorisierter Teenager, die dicht gedrängt im Kreis stehen. Auf der Tanzfläche zwischen den rund 300 Kids duellieren sich Tänzer mit spastischen Zuckungen und Akrobatik-Einlagen. Baseballcaps und Rüeblihosen sind die dominierenden Kleidungsstücke. Die Szenen könnten ohne Weiteres einem amerikanischen Videoclip entspringen – abgespielt haben sie sich vergangenen Samstagnachmittag vor dem Jugendtreff Dreirosen während der «Swiss Jerk Championship 2012» (SJC), der inoffiziellen Schweizermeisterschaft im Jerkin’.

Der noch ziemlich junge HipHop-Tanzstil Jerk, auch Jerkin’ genannt, entstand um 2008 in Los Angeles und erfährt derzeit in Amerika einen riesigen Hype. Dieser hat nun offensichtlich auch die Schweiz erreicht – wir berichteten an dieser Stelle bereits 2010 über die ersten zarten Basler Auswüchse dieses Phänomens. «Jerkin’ ist in der Schweiz schwer am kommen», sagt SJC-Organisator Bemvindo Nzolamesso, den alle Bem nennen. «Dass so viele Leute kommen, hätte ich nicht erwartet – die Stimmung war richtig geil.» Diesen Beitrag weiterlesen »

20 Jahre Mundartrap aus Basel

Joel Gernet am Freitag den 13. April 2012

Der CH-Rapsampler «Fresh Stuff 2» (1992).

Ganze 20 Jahre hat Schweizer Mundartrap auf dem Buckel – zumindest, wenn man sich an der Zeitrechnung von DRS Virus und DRS3 orientiert, welche dieses Jubiläum heuer ausgiebig feiern. Und natürlich haben diverse Rapper aus der Rheinstadt während der vergangenen zwei Dekaden den Schweizer Rap massgebend mitgeprägt. Das muss hier natürlich ausgiebig gefeiert werden in Form einer kleinen Video-Zeitreise.

Achtung: Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Berücksichtigt wurde, was cool und/oder repräsentativ ist und zudem auf YouTube zu finden war. Ausserdem haben wir darauf geachtet, dass jeder Künstler nur einmal vorkommt (Ausnahmen gibts bei Kollaborationen und Namensänderungen;). Wer einen Song vermisst, kann diesen gerne in der Kommentarfeld posten.

Die DRS-Kollegen berechnen das Jubiläum übrigens an der Veröffentlichung des Schweizer Rapsamplers «Fresh Stuff 2» im Jahr 1992 und dem darauf enthalteten «Basler Rap» von P-27 und Black Tiger. Genau genommen erschien der Song mit Black Tigers bahnbrechenden Mundartreimen aber bereits ein Jahr zuvor auf dem P-27-Album «Overdose Funk» (edit: auch das Release-Date dieses Albums ist umstritten…siehe Kommentare unten). Sagen wirs doch so: Schweizer Mundartrap ist 20 Jahre jung…derjenige aus Basel hat bereits 21 auf dem Rücken;) Und ja…natürlich wurde bereits vor «Murder In Dialect» gerappt in Basel – aber kaum auf Baseldytsch. Aber jetzt viel Spass…

1991: P27 & Black Tiger – Murder By Dialect (Album: Overdose Funk)

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