Archiv für die Kategorie ‘Fabian Kern’

Rambo vs. Universal Soldier

Fabian Kern am Mittwoch den 29. August 2012

The Expendables 2

«The Expendables 2» läuft ab 30. August in den Kinos Pathé Küchlin und Capitol.

Nostalgische Actionfans über 30, die auf ihrer Fernbedienung dem Sender Kabel eins einen der vorderen Plätze reserviert haben, können ihr Sofa wieder einmal gegen einen Kinosessel eintauschen. Sylvester Stallone hat zum zweiten Mal sein Telefonbuch hervorgeholt und für «The Expendables 2» erneut Actionkumpels reaktiviert, die schon lange nicht mehr auf der grossen Leinwand zu sehen waren. Diesmal durften sich Jean-Claude Van Damme und Chuck Norris den Staub aus dem letzten Jahrhundert von den Schultern klopfen und sich kampfmässig wieder einmal austoben. Zudem erhalten Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis grössere Rollen als noch vor zwei Jahren. Und auch jüngeres Blut wird eingeführt: Jungstar Liam Hemsworth (der jüngere Bruder von Chris «Thor» Hemsworth) und die Martial-Arts-Spezialistin Yu Nan tun dem Casting gut. Das Resultat ist solide Actionkost: Nach dem etwas holprigen ersten Teil kommt «The Expendables 2» schon sehr viel stilsicherer daher.

Barney Ross (Sylvester Stallone) und seine Truppe

Haben Zuwachs bekommen: Die «Expendables» um Anführer Barney Ross (Sylvester Stallone).

Booker (Chuck Norris)

Ja, er lebt noch: Chuck Norris.

Natürlich erwartet niemand, dass der erfahrene Action-Regisseur Simon West («Con Air», «Tomb Raider», «The Mechanic») das Genre neu erfindet – im Gegenteil. Wer Namen wie Stallone, Jason Statham, Dolph Lundgren oder Schwarzenegger auf dem Plakat liest, will eben gerade nicht überrascht werden, sondern explosive Unterhaltung mit markigen Sprüchen nach bekanntem Muster vorgesetzt bekommen. Und die Handlung soll dabei möglichst nicht stören. Diese Erwartung wird erfüllt, denn der rote Faden ist schnell erzählt. Barney Ross (Stallone) steht beim undurchsichtigen Mr. Church (Willis) in der Schuld und muss einen Routine-Auftrag in Osteuropa durchführen. Doch die Mission läuft aus dem Ruder, und einer der «Verzichtbaren» kommt ums Leben – Rache ist angesagt. Im Visier steht die brutale Gruppierung «Sang», die unter der Führung Jean Vilain (Van Damme) auf der Suche nach waffenfähigem Plutonium aus Sowjet-Beständen den gesamten früheren Ostblock terrorisiert.

Trench, Ross und Church

Chefsache: Trench (Schwarzenegger), Ross (Stallone) und Church (Willis) sind am Drücker. (Bilder: ASCOT ELITE)

Drehbuchschreiber Stallone hat die richtigen Lehren aus seinem mit 274 Millionen Dollar Einspielergebnis zwar sehr erfolgreichen, aber ziemlich bruchstückhaften ersten Teil gezogen. Nachdem er sich 2010 nicht recht zwischen hartem Actionthriller und gutem altem Ballerfilm entscheiden konnte, hat er nun die Kurve gekriegt. In den Schiess-Sequenzen wird zwar immer noch nicht mit Blut gegeizt, aber der Cast harmoniert nun deutlich besser. Die Sprüche sitzen, und keine Figur nervt mehr so wie Gunnar Jensen (Lundgren) noch im ersten Teil. Zudem wurde die Selbstironie nochmals gesteigert. So weist der Name von Van Dammes Figur bereits auf seine Rolle hin («villain» ist englisch für Bösewicht), können Stallone und Statham über ihre durchschnittliche Körperlänge scherzen und Schwarzenegger zugeben, dass sie eigentlich alle ins Museum gehörten – und das, nachdem er zusammen mit Bruce Willis in einem Smart (!) durch einen bulgarischen Flughafen gerast ist. Immer wieder wird auch auf die alten Rollen angespielt. Chuck Norris wird als «einsamer Wolf» bezeichnet, Jason Statham erinnert mit seiner Pingeligkeit an «Transporter» und Schwarzenegger überstrapaziert sein berühmtes «I’ll be back» so lange, bis ihm Willis entnervt über den Mund fährt. Nicht zuletzt deswegen ist «The Expendables 2» ein Plädoyer dafür, die Originalfassung im Kino zu geniessen. Einzelne Sätze sind einfach nicht zu übersetzen, wie zum Beispiel Stallones Spruch zu einem durchlöcherten Bösewicht: «Rest in pieces.»

Vom Erfolg der Fortsetzung ist das Produktionsteam offensichtlich überzeugt, denn bereits wird mit möglichen Kandidaten für «The Expendables 3» verhandelt. Clint Eastwood, Harrison Ford, Wesley Snipes und Nicholas Cage sollen auf der Wunschliste stehen. Wen wollt Ihr im dritten Teil sehen? Vorschläge bitte im Kommentarfeld eintragen.

Kampf gegen Windmühlen

Fabian Kern am Montag den 13. August 2012

Erinnerung an einen schmutzigen Engel Afrika, 1905. Der schwarze Kontinent. Und ein blinder Fleck auf der europäischen Weltkarte – zumindest was die Bewohner angeht. Die 18-jährige Hanna strandet in Moçambique, das damals noch Portugiesisch-Ostafrika hiess, ohne zu wissen, worauf sie sich einlässt. Die junge Schwedin musste ihr Zuhause verlassen, weil es nach dem Tod ihres Vaters nicht genügend zu essen gab. Auf dem Schiffsweg nach Australien heiratet sie den Steuermann, der aber kurz darauf stirbt. In Lourenço Marques, dem heutigen Maputo, verlässt Hanna das Schiff, weil sie es ohne ihren Mann nicht mehr aushält. Wider Willen wird sie Bordellbesitzerin und beginnt zu begreifen, wie gross die Kluft zwischen den weissen Besetzern und den Eingeborenen ist. Doch Hannas Kampf gegen den Rassismus ist ein Kampf gegen Windmühlen, denn auch die Schwarzen vertrauen ihrer unerwarteten Fürsprecherin nicht.

Henning Mankell

Erfolgsautor: Henning Mankell.

Ja, Henning Mankell gibts auch ohne Wallander. Sogar ohne Krimi. «Erinnerung an einen schmutzigen Engel» bildet den Auftakt zu einer neuen Serie des schwedischen Erfolgsautors, in der er die teils wahren Schicksale aussergewöhnlicher Frauen skizziert. Einen gelungenen Auftakt. Die Wandlung der jungen Schwedin von der Kolonialherrin zur Vorkämpferin gegen Rassendiskriminierung ist eindrücklich erzählt und geht unter die Haut.

Henning Mankell: «Erinnerung an einen schmutzigen Engel». Aus dem Schwedischen von Verena Reichel. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2012. 352 S., ca. Fr. 30.-.

«Alien» für Anfänger

Fabian Kern am Mittwoch den 8. August 2012

Prometheus – dunkle Zeichen

«Prometheus» läuft ab 9. August im Pathé Küchlin und im Rex.

Zugegeben – die Ansprüche an «Prometheus» waren nicht eben tief. Zu sehr weckte das vor langer Zeit angekündigte Projekt mit Regisseur Ridley Scott und dem Setdesign von H.R. Giger die Erwartung an ein ähnlich bahnbrechendes Spektakel wie vor 33 Jahren das Genre-prägende Meisterwerk «Alien». Der erste Teil des Weltraum-Abenteuers ist denn auch genau das, was man erwartet hatte: Eine Expedition zu einem unfassbar weit entfernten fremden Planeten mit dem Ziel, das Geheimnis um die Entstehung der Menschheit zu lüften. In friedlicher, streng wissenschaftlicher Mission natürlich, die dann eskaliert und zum gnadenlosen Überlebenskampf wird.

Elizabeth Shaw (Noomi Rapace)

Ripleys toughe Vorgängerin: Elizabeth Shaw.

Dabei begegnen dem «Alien»-erfahrenen Kinogänger einige bekannte Elemente. Wie im zweiten Teil von 1986 ist ein Android Mitglied der Crew. Und wie damals bei Bishop (Lance Henriksen) weiss man auch bei Blondschopf David (Michael Fassbender) nicht, ob man ihm trauen kann. Ebenfalls nichts Neues: Die Hauptfigur ist eine starke Frau. Noomi Rapace, die ihren steilen Hollywood-Aufstieg seit ihrer Rolle als Lisbeth Salander in der Verfilmung der Millennium-Trilogie fortsetzt, wird als die neue oder besser gesagt alte – die Story spielt ja zeitlich vor «Alien» – Ripley (Sigourney Weaver) installiert. Verschenkt allerdings ist die andere starke Schauspielerin. Charlize Theron wird in der Rolle als Vertreterin des undurchschaubaren Sponsors des ganzen Unternehmens nicht mehr als ein Gesichtsausdruck abverlangt. Dabei hätte die südafrikanische Oscar-Preisträgerin so viel mehr drauf.

David

Was hat Android David vor?

Meredith Vickers (Charlize Theron)

Gefühlskalt: Führungskraft Meredith Vickers.

Das Kinoticket wert sind die Leistungen von Ridley Scott und H.R. Giger. Der britische Regisseur zeigt mit seinen intensiven Bildern einmal mehr, dass er in Sachen Weltall keine irdische Konkurrenz zu fürchten braucht, und die düsteren Kreationen des Bündner Künstlers haben nichts an ihrer Faszination verloren. Der unheimliche Bauwerk auf dem fremden Himmelskörper übt jene wohlige Beklemmung aus, die wir schon aus der Alien-Saga kennen. In jenem gigantischen Gebäude begegnet der Crew um die beiden Wissenschaftler Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) und Charlie Holloway (Logan Marshall-Greene) schon bald einmal der altbekannte Schleim, und sie stösst auf Vasen, die an die berühmt-berüchtigten Eier erinnern. Auch hier lauert darin das Böse. So weit, so gut.

Das Alien-Raumschiff

Mystisch: das Raumschiff der Aliens. (Bilder: 20th Century Fox)

Ridley Scott

Meister der Science Fiction: Ridley Scott.

Doch irgendwann verlieren die Filmemacher den roten Faden. Man wird etwas in der Luft hängen gelassen, weiss nicht mehr recht, worauf man eigentlich hinfiebern soll. Während «Alien» als gradliniger, schweisstreibender Horrorthriller angelegt und konsequent durchgezogen wurde, ist «Prometheus» wohl ein Opfer der vielzitierten zu vielen Köche. Ist das nun ein Ausscheidungsrennen, bei dem es darum geht, wer überlebt, dient der Film nur als Prequel zu «Alien» oder soll wirklich die Evolutionsgeschichte neu geschrieben werden? Man wird das Gefühl nicht los, man habe sich nicht für einen Handlungsstrang entscheiden können und deshalb einfach alle miteinander verknüpft. Zwar ist der Brei, den die Storyentwickler über die letzten zehn Jahre zusammengemischt haben, nicht verdorben, aber er hinterlässt einen schalen Geschmack. «Prometheus» funktioniert als Entstehungsgeschichte des «Alien»-Monsters, nicht aber als echtes Prequel zu der auf Monster-Horror getrimmten Saga. Und als eigenständiges Werk fehlt die letzte Befriedigung. Dennoch lässt das Ende die Option auf eine Fortsetzung offen – nicht nur in der schon bestehenden «Alien»-Saga. Man wird wohl den Erfolg an den Kinokassen abwarten, bevor man eine Entscheidung trifft.

«Prometheus» läuft ab 9. August in den Basler Kinos Pathé Küchlin und Rex.

Genialer Klugscheisser

Fabian Kern am Dienstag den 7. August 2012

Einsteins GehirnKlugscheisser sind nicht sehr beliebt. Auch nicht, wenn sie Genies sind. Das geht Albert Pottkämper nicht anders, auch wenn er durchaus treffend festhält: «Klugscheisserei ist immer Klugscheisserei für den, der keine Ahnung hat.» Das 14-jährige Universalgenie ist in der Schule chronisch unterfordert und bewirbt sich deshalb für eine Assistentenstelle an der Universität. Durch das plötzliche Ableben des Professors, der ein Engagement des halbwüchsigen Intelligenzbolzens durchaus in Betracht gezogen hätte, wird daraus nichts. Immerhin nimmt Albert aber durch die Empfehlung des Akademikers an einer TV-Talkshow teil, was den Beginn einer unglaublichen Odyssee rund um den Globus markiert. Albert schafft es aufs Titelblatt des Time Magazine, ins Weisse Haus und sogar zur Audienz beim Papst. Und das, obwohl er eigentlich nur seine ältere Schwester Anja, die mit einem alternden Schlagerstar durchgebrannt ist, zurück nach Hause holen sollte. Doch was Albert am meisten beschäftigt: Ist er der Sohn von Albert Einstein?

Peter Schmidt

Der deutsche Autor: Peter Schmidt.

«Durchgeknallt!» So bezeichnet sich das Buch «Einsteins Gehirn» selbst im Klappentext. Das kann man durchaus so stehen lassen. Denn was in Peter Schmidts Roman einem 14-Jährigen – Genie hin oder her – alles gelingen will, das geht auf keine Kuhhaut. Andererseits – wer weiss  schon, wie es ist, als Universalgenie durchs Leben zu gehen? Sein umfassendes Wissen in allen, aber wirklich allen Fachgebieten öffnet Albert auf der ganzen Welt Tür und Tor. Nicht einmal sein teils exzessiver Alkohol- und Drogenkonsum vermag ihn auf das geistige Niveau von Normalsterblichen zurückzuholen. Schade nur für den Leser, dass sich Klugscheisser Albert bei seinen wissenschaftlichen und philosophischen Ergüssen nicht etwas mehr zurückhält. Dadurch ergeben sich einige Längen in der sonst flotten Handlung. Nur, das Buch als Kriminalroman zu bezeichnen, ist doch etwas gar gewagt. Denn das ist es beim besten Willen nicht. Aber eine kurzweilige Lügengeschichte allemal.

Peter Schmidt: «Einsteins Gehirn». Gmeiner Verlag, Messkirch 2012. 308 S., ca. Fr. 18.–.

Unblutiger American Psycho aus Basler Feder

Fabian Kern am Montag den 6. August 2012

Logans PartyDaniel hat keinen Nachnamen. Das ist auch nicht nötig, denn er hat keine genaue Vorstellung davon, wer er ist, geschweige denn davon, was er will. Zwischen verschiedensten Drogen – natürlicher und synthetischer Herkunft – und mehr oder weniger losen Frauengeschichten lässt sich Daniel auf der Oberfläche der 80er- und 90er-Jahre dahintreiben. Nicht einmal sein Job hat wirklich einen Sinn. Der erfolgreiche und deshalb stinkreiche Geschäftsmann Logan füttert den Freelancer mit so überflüssigen Aufträgen wie dem Entwurf eines Konzepts für seine Party durch. Doch nicht einmal diese Aufgabe vermag der koksende Daniel zu erfüllen. Lieber treibt er sich auf der Suche nach seinem verschwundenen Freund Tony in London herum, verzettelt sich dabei aber völlig.

Martin Hennig

Geboren in Basel: Autor Martin Hennig (Jg. 1951).

«Ich mag nicht allein sein, aber festlegen will ich mich auch nicht», sagt eine von Daniels ständig wechselnden Liebschaften stellvertretend für ihn – weil er sich das aus Mangel an Selbstreflexion selbst nicht eingestehen würde. Ein bisschen erinnert der Protagonist des gebürtigen Baslers Martin Hennig an den gelangweilten Patrick Bateman aus dem Buch «American Psycho» von Bret Easton Ellis, das ebenfalls auf die Oberflächlichkeit der 90er-Jahre anspielt. Einfach ohne die blutigen Konsequenzen.

Martin Hennig: «Logans Party». Margarete Berg Verlag, Wesseling 2012. 191 S., ca. Fr. 25.–.

Plädoyer für eine Fledermaus

Fabian Kern am Mittwoch den 25. Juli 2012

The Dark Knight Rises

«The Dark Knight Rises» läuft ab 26. Juli im Pathé Küchlin und im Rex.

An dieser Stelle soll für einmal nicht über den Bösewicht oder angebliche unterschwellige politische Botschaften in «The Dark Knight Rises» gesprochen werden. Angesichts der tragischen Ereignisse in den USA wurde Bane schon mehr als genug thematisiert. Nein, es ist Zeit, dem wahren Helden der Batman-Trilogie zu huldigen: Christoper Nolan. Der britische Regisseur hat die Superhelden-Verfilmungen auf ein neues Level gehoben. Nolan nimmt den Maskenmann von seinem Comic-Sockel und stellt ihn in seiner ganzen Zerrissenheit dar. Im dritten Teil hat Bruce Wayne von seiner Tätigkeit als dunkler Rächer sogar körperliche Abnützungserscheinungen in seinen Gelenken. Gotham City rückt dem echten New York City näher, und die Filme sind knallharte Thriller, die auch jene Action-Fans abholen, die eigentlich nichts mit verkleideten Männern am Hut haben. Dagegen wirken die Batman-Verfilmungen der Achtziger- und Neunziger-Jahre wie ein Nachmittag im Kinderhort von Ikea.

Christopher Nolan

Hat das Auge für die richtige Inszenierung: Christopher Nolan. (Bilder: Warner Bros.)

Bruce Wayne alias Batman (Christian Bale)

Hat das Wohl von Gotham im Visier: Batman.

Um seine visuelle Revolution glaubwürdig umzusetzen, hat Nolan den perfekten Cast gefunden, angeführt von Batman Christian Bale. Der Charakterdarsteller stellt seine Vorgänger Michael Keaton, Val Kilmer und George Clooney allesamt in den Schatten. Keiner wäre besser in der Rolle des Milliardärs Bruce Wayne, der seit dem gewaltsamen Tod seiner Eltern nicht mehr glücklich werden kann. Aber auch die gestandenen Stars Sir Michael Caine als Butler Alfred, Morgan Freeman als genialer Erfinder und Gary Oldman als Commissioner Gordon spielen angenehm zurückhaltend, was die Filme aufwertet. Denn auf die Basis reduziert ist die Trilogie um den dunklen Ritter nur eines: der ewige Kampf Gut gegen Böse.

Bane (Tom Hardy)

Das Böse trägt Maske: Bane.

Dabei drängt sich der Vergleich mit der Weltraumsage Star Wars auf. George Lucas’ Science-Fiction-Meisterwerk ist der Prototyp des Kräftemessens von Licht und Schatten. Mit Ra’s al Ghul (Liam Neeson) verfügt Batman über ebenso einen Gegenspieler wie Luke Skywalker mit dem Imperator. Und in «The Dark Knight Rises» versteckt Bane (Tom Hardy), der Bösewicht an der Front, sein entstelltes Gesicht ebenso hinter einer Maske wie der legendäre Darth Vader. Damit enden aber die Parallelen, denn die Protagonisten sind in der Batman-Trilogie des 21. Jahrhunderts vielschichtiger als in Star Wars, das zu Zeiten des kalten Kriegs und der klaren Grenzen entstand. Zwar verkörpert der furchteinflössende Bane das ultimativ Böse – «das notwendige Böse», wie Bane selbst präzisiert –, aber die Guten haben meist auch eine dunkle Seite. Das Paradebeispiel neben dem Titelhelden war in «The Dark Knight» Harvey «Twoface» Dent (Aaron Eckhart), im dritten Teil wird die Meisterdiebin Selina Kyle alias Catwoman (Anne Hathaway) zur Heldin wider Willen.

Selina alias Catwoman (Anne Hathaway)

Windschnittig: Catwoman auf dem Bat-Bike.

Nolans grösstes Erfolgsgeheimnis ist aber, wie er einen neuen Superhelden-Charakter einführt. Das geschieht gemächlich, auf völlig glaubwürdige und nachvollziehbare Weise, sodass man ihn nicht mehr als Superheld wahrnimmt, sondern als ganz natürliche Figur akzeptiert. Die Menschen hinter den Masken werden für den Zuschauer fassbar. Das Universum von Batman hätte noch ganz viele Figuren zu bieten, weshalb es einfach nicht sein darf, wenn die Trilogie eine Trilogie bleiben würde, wie Nolan das ursprünglich geplant hat. Immerhin macht das Ende von «The Dark Knight Rises» Hoffnung auf einen weiteren Batman-Blockbuster mit Nolans Handschrift. Mach weiter, Christopher! Nur lass dir bitte nicht so viel Zeit für die Fortsetzung wie George Lucas mit Star Wars…

«The Dark Knight Rises» läuft ab 26. Juli in den Basler Kinos Pathé Küchlin und Rex.

Affenpiraten und ein Hauch von Twilight

Fabian Kern am Montag den 2. Juli 2012

Ice Age 4 - voll verschoben

Ice Age 4 läuft ab 2. Juli im Pathé Küchlin in Basel.

Man sollte meinen, das Konzept von Ice Age habe sich langsam abgenutzt: Die Abenteuer der ungleichen Urzeithelden Manny (Originalstimme Ray Romano), Diego (Denis Leary) und Sid (John Leguizamo), ergänzt von den Slapstickeinlagen des Säbelzahn-Eichhörnchens Scrat. Doch Drehbuchautor Michael Berg zeigt sich auch im vierten Teil der Animationsreihe, zehn Jahre nach dem Auftakt, noch inspiriert. Natürlich taut es immer noch, das Eis der Eiszeit. Aber nachdem sie sich im schwächeren dritten Teil erfolgreich gegen Dinosaurier zur Wehr gesetzt haben, müssen sich Mammut, Säbelzahntiger und Faultier mit der Kontinentalverschiebung herumschlagen. Genauer gesagt, mit deren verheerenden Auswirkungen.

Die Piraten

Die Piratenbande mit Shira (3.v.l.), angeführt von Captain Gutt (mitte). (Bilder: 20th Century Fox)

Manny wurde durch die Erdbewegungen von seiner Familie getrennt und treibt mit seinen Freunden auf einer Eisscholle aufs Meer hinaus. Um seine Frau Ellie und die sich mit den Tücken der Pubertät herumschlagenden Tochter Peaches (Keke Palmer) zu retten, muss das Woll-Mammut aber erst einmal die rücksichtslose Piratenbande um den Orang-Utan-Anführer Captain Gutt (Peter Dinklage) besiegen. Währenddessen muss sich Diego einer ungewohnten Herausforderung stellen: Dem notorischen Single verdreht Säbelzahntiger-Dame Shira (Jennifer Lopez) tüchtig den Kopf.

Louis und Peaches

Dicke Freunde: Maulwurf-Igel Louis (links) und Mammut-Teenie Peaches.

Frischen Wind in die Geschichte bringen aber vor allem die neuen Charaktere. Mammut-Teenie Peaches, ihr bester Freund Louis, der Maulwurf-Igel, und vor allem Sids unverwüstliche Grossmutter sind eine Bereicherung für den digitalen Cast. Zum jugendlichen Thema der Geschichte um Peaches passen auch die deutschen Synchronstimmen: Annina Braunmiller spricht Peaches, Johannes Raspe leiht ihrem Schwarm Ethan seine Stimme und Max Felder Louis. Die Namen mögen nicht bekannt vorkommen, umso mehr aber deren berühmteste Sprechrollen: Bella Swan, Edward Cullen und Jacob Black, die Protagonisten der Twilight-Saga. Damit punktet man bei der Zielgruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die vielleicht als Kinder den ersten Teil von Ice Age gesehen haben.

Scrat

Säbelzahn-Eichhörnchen Scrat auf der Suche nach «Scratlantis».

Und auch die 3D-Version des Films macht für einmal Sinn. Die Rutschpartien, Flugeinlagen und Verfolgungsjagden ziehen den Zuschauer noch viel mehr in ihren Bann als bisher. Und selbstverständlich muss man auch im neusten Abenteuer nicht auf Scrat verzichten. Seine verzweifelte Jagd nach der Eichel führt den Nager endlich ans Ziel. Aber selbst im gelobten Land namens «Scratlantis» kann Scrat seine selbstzerstörerischen Instinkte nicht im Zaum halten. Aber er ist es sich ja gewohnt, dass sein Trieb die Welt in ihren Grundfesten erschüttert.

In Anlehnung an den Stummfilm «The Artist» noch ein Trailer zu Scrats Ehren: «The Scratist».

Machen wirs auf französisch

Fabian Kern am Donnerstag den 21. Juni 2012

L'Art d'Aimer

«L'Art d'Aimer» läuft ab 21. Juni im kult.kino club.

Welches Volk steht im Ruf, das frivolste zu sein? Richtig, die Franzosen. Dieses Klischee hat mir vor ein paar Jahren auch meine Ex-Freundin bestätigt, indem sie mir einbläute: «Fang einfach nie etwas mit einer Französin an, das sind die Schlimmsten. Die können einfach nicht treu sein!» Sie muss es wissen, schliesslich lebt sie in Paris. Und in ebendiesem Paris beschäftigt sich Emmanuel Mourets Film «L’Art d’Aimer» mit der schönsten Hauptsache der Welt und ihren Verstrickungen, die wir wohl alle schon erlebt haben. Nur stellen sich die Bewohner der Stadt der Liebe darin keineswegs unkomplizierter an als wir Nicht-Franzosen.

Boris (Laurent Stocker), Amélie (Judith Godrèche) und Isabelle (Julie Depardieu)

Amélie (mitte) versucht, Boris mit Isabelle zu verkuppeln. (Bilder im Verleih von ASCOT ELITE)

Die vier Episoden, die der Regisseur von einem Erzähler begleiten lässt und zu einem schwungvollen Ganzen verwebt, drehen sich alle um Lust und Leidenschaft oder etwas profaner ausgedrückt: um Sex. Weil die verklemmte Isabelle (Julie Depardieu) seit einem Jahr keinen hatte, wird sie von ihrer Freundin Amélie (Judith Godrèche) kurzerhand dazu verdonnert, deren Platz als ungezwungene Beischlaf-Partnerin von Boris (Laurent Stocker) zu übernehmen. Amélie hat sich von Boris nämlich dazu überreden lassen, mit ihm Sex zu haben – allerdings im Dunkeln und ohne zu sprechen. Weil Amélie aber Gewissensbisse gegenüber ihres Freundes hegt, kommt ihr Isabelles Sex-Abstinenz gerade recht.

Achille (François Cluzet) und seine Nachbarin (Frédérique Bel)

Überzeugungsarbeit: Achille mit Nachbarin.

William (Gaspard Ulliel) und Vanessa (Elodie Navarre)

Seitensprung oder nicht? William und Vanessa.

Achille (François Cluzet, «Les Intouchables») ein Playboy alter Schule hat da ganz andere Sorgen. Zwar hat ihm seine neue Nachbarin (Frédérique Bel) – jung und sexy – zu verstehen gegeben, dass sie an einem amourösen Abenteuer interessiert ist. Das vermeintliche Heimspiel droht aber zu einem Rohrkrepierer zu verkommen, denn die Namenlose erweist sich als äusserst komplizierte Knacknuss. Und schliesslich erlebt der Kinogänger zwei ganz verschiedene Paar-Therapien. Einerseits schlägt Paul (Philippe Magnan), dessen Frau Emmanuelle (Ariane Ascaride) ihn nach vielen Ehejahren verlassen möchte, weil sie Lust auf andere Männer hat, ihr eine offene Beziehung vor. Andererseits läuft das junge Traumpaar William (Gaspard Ulliel) und Vanessa (Elodie Navarre) in den Bumerang der eigenen Abmachung, immer bedingungslos ehrlich zueinander zu sein. Als sie beschliessen, gleichzeitig fremd zu gehen, merken sie, dass sie das eigentlich gar nicht wollen. Mit dem Ergebnis, dass beide einen Seitensprung vortäuschen.

Was will uns Mouret mit seiner leichtfüssigen Sommerkomödie sagen? Dass Offenheit in Beziehungen nicht immer der Weisheit letzter Schluss ist? Nein. Er sagt lediglich, dass es in Sachen Liebe und Lust kein Patentrezept gibt, sowie dass man auf Herz und Partner hören muss. Und dass die Franzosen nicht a priori die besseren Liebhaber sind. Tröstlich.

«L’Art d’Aimer» läuft ab 21. Juni im kult.kino club in Basel.

Magier in der Manege

Fabian Kern am Montag den 18. Juni 2012

Der NachtzirkusEs gibt Bücher, durch die hetzt man. Entweder, weil sie so spannend sind, oder weil man schon viel zu lange mit einer Story verbracht hat, und die Geschichte endlich abschliessen will. Und dann gibt es aber auch noch die seltene Spezies von Büchern, bei denen sich das Lesen so gut anfühlt, dass man gar nicht möchte, dass die Geschichte zu Ende geht. Quasi nach dem Motto «Der Weg ist das Ziel». «Der Nachtzirkus» gehört in diese exklusive Kategorie. Die in den USA gefeierte Jungautorin Erin Morgenstern entführt den Leser in eine Welt, die mit keinem realen Zirkus vergleichbar ist.

Der «Cirque des Rêves», der 1886 ohne Ankündigung wie von Zauberhand erscheint und nur nachts die Tore öffnet, zieht Jung und Alt in seinen Bann. Ob in Europa oder an der amerikanischen Ostküste – die Leute sind fasziniert vom bunten Reigen an Artisten, Hellsehern, Zauberern und wundersamen Attraktionen. Jedes Zelt birgt ein Geheimnis, das die Menschen frei erkunden dürfen. Was sie aber nicht wissen: Die Effekte sind keine ausgeklügelten Tricks, sondern echt. Und was selbst die meisten Angehörigen des Nachtzirkus nicht wissen: Die schwarz-weiss gestreiften Zelte dienen als Schauplatz für ein Duell der Magier. Die übersinnlichen Talente Celia und Marco wurden von Kindesbeinen an dafür ausgebildet, gegeneinander in einem Zweikampf auf Leben und Tod anzutreten. Nur um das Ego ihrer Mentoren zu befriedigen. Im Falle von Celia ist es sogar ihr eigener Vater, der sie in den Kampf schickt. Doch noch bevor die beiden jungen Zauberer erkennen, dass sie Gegner sind, verlieben sie sich ineinander.

Erin Morgenstern

Erin Morgenstern hat mit ihrem Debütroman den Leser-Geschmack getroffen. (Foto: Kelly Davidson)

Die Fantasie der Autorin ist beachtlich. Sie schafft mit dem Nachtzirkus eine Traumwelt, in der man sich verlieren und den Alltag für ein paar Stunden vergessen kann – als Besucher desselben genauso wie als Leser des Buchs. Man riecht beinahe die verlockenden Düfte der süssen Jahrmarkt-Köstlichkeiten. Wohl deshalb ist Erin Morgensterns Debütroman so erfolgreich, dass bereits die Verfilmung geplant ist. 2013 soll der Film in die Kinos kommen. Regisseur und Cast sind zwar noch offen, aber als Produzent steht mit David Heyman («Harry Potter») ein Mann mit grosser Fantasy-Erfahrung zur Verfügung. Drehbuchautorin Moira Buffini («Jane Eyre») wird den Stoff für die Leinwand adaptieren und hoffentlich das Duell der Zauberer noch etwas zuspitzen, denn dessen Dramatik kommt im Roman nicht ganz zum Tragen.

Aber auch wenn der Spannungsbogen nicht ganz bis zum Ende aufrechterhalten wird, ist der «Nachtzirkus» ein Buch zum Liebhaben und Träumen. Und wenn es wirklich einen solchen «Cirque des Rêves» gäbe, er wäre noch heute eine Attraktion.

Erin Morgenstern: «Der Nachtzirkus». Aus dem Amerikanischen von Brigitte Jakobeit. Ullstein, Berlin 2012. 464 S., ca. Fr. 34.-.

Gewalttätiger Gutmensch

Fabian Kern am Donnerstag den 14. Juni 2012

Machine Gun Preacher

«Machine Gun Preacher» läuft ab 14. Juni im Kino Capitol in Basel.

Nach einem Drogen-Exzess erwacht Sam Childers (Gerard Butler) völlig zerstört am Boden seines Trailers in Central City, Pennsylvania. Daneben spielt seine kleine Tochter seelenruhig mit ihren Puppen. Doch diese erschütternde Szene reicht noch nicht aus, damit der zur Gewalt neigende Ex-Knacki sein Leben ändert. Dazu muss er erst noch einen Obdachlosen niederstechen – in Notwehr zwar, aber auch im wilden Blutrausch. Childers findet dank seiner Frau Lynn (Michelle Monaghan) Gott und wird vom gewalttätigen Drogendealer zum gewalttätigen Gutmenschen. Nachdem er sein Leben auf die Reihe gebracht, einen Baubetrieb aufgebaut und ein Haus gekauft hat, widmet sich Childers höheren Aufgaben: Er baut eine Kirche für Sünder in Pennsylvania und ein Waisenhaus im Kriegsgebiet des Südsudans. Mit Waffengewalt verteidigt Childers seine Schützlinge gegen die brutalen Söldner der Lord’s Resistance Army (LRA) des Warlords Joseph Kony und befreit entführte Kinder, die zu Kindersoldaten ausgebildet oder zur Prostitution gezwungen werden sollen.

Sam (Gerard Butler) und Deng (Souleymane Sy Savane)

Sam (Gerard Butler, links) und sein Partner Deng (Souleymane Sy Savane) haben eine Gruppe Kinder aus den Fängen der LRA befreit. (Bilder im Verleih von ASCOT ELITE)

Daisy (Kathy Bates) und Lynn (Michelle Monaghan)

Sams Rückhalt: Mutter Daisy (Kathy Bates) und Frau Lynn (Michelle Monaghan).

Wer denkt sich einen solchen Plot aus der einem regelmässig Schauer über den Rücken jagt? Ganz einfach: das Leben. Die Erschütterung der Bilder im Film «Machine Gun Preacher» wirkt so stark weil nichts erfunden wurde. Die Zustände im Krisengebiet des Südsudans und nördlichen Ugandas im Herzen Afrikas kann man sich in Mitteleuropa nicht einmal vorstellen. Entsprechend stark wirken die Gegensätze, mit denen Regisseur Marc Forster («Monster’s Ball», «Quantum of Solace») bewusst spielt: Wenn etwa Childers vor den brennenden Ruinen seines von der LRA abgefackelten Waisenhauses steht und mit seiner Frau telefoniert, die in der sterilen Kälte eines amerikanischen Supermarkts einkauft. In jener Szene will Childers alles hinschmeissen, seine Frau jedoch weist ihn auf die Rolle hin, für die er von Gott auserwählt wurde.

Sam (Gerard Butler) und Donnie (Michael Shannon)

Unbeherrscht: Sam nimmt sich seinen besten Freund Donnie (Michael Shannon) zur Brust.

Gerade hinsichtlich seiner Gläubigkeit übertreibt es Childers aber. Er ist so masslos wie in seinem alten Leben als Krimineller und ordnet seiner Mission alles unter. Auch seine Familie. Childers verkauft seine Firma, sein Auto und seine Möbel, um sein Projekt in Afrika zu finanzieren. Dabei balanciert der Hobby-Prediger immer zwischen humanitärem Einsatz und Selbstaufgabe. Kann das gutgehen?

Forster ist ein emotional dichtes, Werk gelungen, das keinen kalt lässt. Dem Schweizer wird aber vorgeworfen, Childers und dessen brutale Vorgehensweise zu wenig differenziert darzustellen. Das mag sein. Childers selbst verteidigt seine Methoden im Abspann des Films, als er sagt: «Stell dir vor, dein Kind wäre entführt worden. Wäre es dir nicht egal, auf welche Weise ich es zurückhole?» Der Maschinengewehr-Priester räumt aber ein, dass die Wahl Gerard Butlers als Hauptdarsteller nicht seine gewesen wäre. Childers hätte Russell Crowe bevorzugt, der sei «schmutziger». Aber auch mit dem schönen Butler ist der Film unbedingt zu empfehlen.

«Machine Gun Preacher» läuft ab 14. Juni im Kino Capitol in Basel.