
Graffiti-Gastronomie: Im Kaffe Farbklex Liestal (l.) gibts bis Ende August Bilder von Dust (r.), KordOne und Florian La Castellane zu sehen.
Plötzlich hat Sprayer Dust seine erste Ausstellung. Schuld daran ist die grosse Schwester des Basler Graffiti-Künstlers. Sie hatte sich spontan beim Betreiber des Liestaler Kaffees Farbklex gemeldet als dieser nach einem Ersatz-Künstler suchte. Der vorgesehene August-Gast war kurzfristig abgesprungen. Nun bestreitet der 19-jährige Dust – seinen bürgerlichen Namen möchte er lieber nicht preisgeben – seine erste Werkschau, gemeinsam mit KordOne (19) und Florian La Castellane (23). «Bei dieser Menge an Bildern wollte ich das nicht alleine durchziehen», sagt Dust, «schliesslich erfuhr ich erst vor drei Wochen, dass sich diese Möglichkeit ergibt». Für alle drei Künstler ist es die erste Ausstellung.
Die Feuertaufe haben Dust, KordOne und Castellane nun hinter sich. Zum Auftakt der «ARTcore»-Ausstellung fanden rund 60 Personen den Weg ins Kaffe Farbklex. «Die Vernissage war cool, es kamen ziemlich viele Leute in diese zwei kleinen Räume», erinnert sich Dust. Gezeigt werden noch bis Ende August bemalte Leinwände, Stahlplatten und Papierbogen, denen man den Graffiti-Hintergrund der Macher ansieht. Viele Exponate kommen ziemlich abstrakt daher, was der Ausstellung gut bekommt. «Die Bilder sind sehr wild, wenn man sie mit herkömmlichen Graffiti vergleicht», sagt Dust, der im Farbklex für die Bilder mit den gut lesbaren Schriftzügen verantwortlich ist.
Seit bald zwei Jahren bereichert das Kaffe Farbklex die Gastrokultur in Liestal. Am 2. Oktober 2010 eröffnete Sebastian Benz sein «Klex» in den ehemaligen BaZ-Redaktionsäumen gegenüber der Kaserne. Während die Soldaten eher in den beiden benachbarten Kneipen einkehren, bewirtet Benz viele junge Küstler und Musiker, die sich vor dem Ausgang oder am Feierabend treffen. «Ich habe aber auch viele ältere Stammgäste», sagt Benz und zieht an seiner Zigarette, «das finde ich noch interessant».
Dass Ende Juli der ursprünglich vorgesehene Künstler für die monatlich wechselnde Ausstellung abgesprungen ist, hat ihm keine schlaflosen Nächte bereitet. «Teilweise bin ich zwar auf dem letzten Drücker, aber ich kenne genügend Leute, um auch einen Plan B durchzuziehen.» Dass mit Dust, KordOne und Florian La Castellane nun drei ausgesprochen junge Künstler in seinem Kaffee ausstellen, ist Benz, der selber eine Graffiti-Vergangenheit aufweist, mehr als recht: «Ich will Künstlern, die noch keinen grossen Namen haben, eine Plattform geben», sagt der 35-Jährige und winkt einem älteren Mann mit weissem Rauschbart auf der anderen Strassenseite zu. Aus dem Innern des Kaffes ertönt abwechslungsweise Rap, Jazz, Soul und Funk.
Es ist kurz nach elf Uhr morgens, bald kommen die ersten Gäste. Benz genehmigt sich einen zweiten Espresso. Am Vorabend war er auf Gastro-Spionage am Stadtmusik-Festival im Innenhof des Kunstmuseums. «Ganz stark», sagt er knapp und setzt ein breites Grinsen auf. Dass er seinen Einmannbetrieb seit bald zwei Jahren fünf Tage die Woche von elf Uhr morgens bis elf Uhr abends geöffnet hat, verwundert ihn selber. «Manchmal frage ich mich schon, wie ich das schaffe», sagt er. «Es macht mir halt immernoch Spass – und ich mag die Leute.» Auch dass er bisher weder mit Reklamationen noch mit Bussen konfrontiert wurde, erstaunt Benz.
«Irgendwann will ich hier selber ausstellen», sagt der Graffiti-Gastronom und blickt ins Innere seines kleinen Kaffees, «aber ich komme kaum zum malen». Ein junger Mann gesellt sich zur Runde und bestellt «das Übliche». Benz bringt Kaffee. Zur Mittagszeit stehen dann Pizzette und Baguette-Sandwiches im Angebot. Und natürlich die beliebten Wähen von Benz’ Mutter. «Das sind die Besten», sagt Gast Michael Lagnaz.
Am liebsten würde Benz richtiges Restaurant-Essen anbieten – aber dafür ist das Lokal zu klein. Sein grosser Traum wäre eine Farbklex-Restaurantkette, bei der die Ausgestelltungen von Stadt zu Stadt reisen könnten. «Aber das dürfte ein Traum bleiben», sagt Benz. Er wirkt trotzdem zufrieden. Tiefpunkte habe es bisher im Farbklex keine gegeben. Gast Lagnaz ist damit nicht ganz einverstanden: «Die Tage, an denen die Rhabarberwähe deiner Mutter fehlt, das sind schon Tiefpunkte», sagt er lachend.

Der Farbklex-Garten: Hier wird bei schönem Wetter grilliert. Wie man sieht, sind die Graffiti-Bilder auch auf das Nachbargebäude übergesprungen.
Kaffee Farbklex, Kasernenstrasse 16, 4410 Liestal, Öffnungszeiten: Di. – Sa.:11h-23h.
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super artikel! s klex isch eifach super 🙂
Dem Sebastian Benz sei hier von Herzen gedankt! Er bereichert Liestal mit seinem Farbklex mit Kreativität und Liebe zu seiner Sache! Bravo, und weiter so!!!
War an der Vernisage im Klex. Es freut mich sehr dass es immer wieder junge Menschen wagen andere oft nicht allzu einfache Wege zu gehen. Nur Mut den Weg den ihr eingeschlagen habt freudig weiter. Ich freue mich jetzt schon auf euch 3 bei einer erneuten Ausstellung zu finden. Weiter so, danke dem Wirt für sein Engagement für junge Künstler.
War im Farbklex an einer Ausstellung von 3 jungen Künstler. Danke euch 3 war super schön, gute und speziell. Voller farbfreuden stralende Bilder. Bin immer positiv überrascht wenn junge Menschen nicht alltägliche Wege wagen. Mit Idealismus und Elan immer voran. Dazu wünsche ich euch 3 immer frische Ideen und frohen Mut um den angefangenen Weg weiter gehen zu können. Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Ausstellung von euch 3. Gratulation und gebührenden Dank an den Wirt für sein Engegement für junge Künstler. Thomas Matthys aus Utzenstorf