Logo

Von der Yacht aufs Floss

Luca Bruno am Donnerstag den 26. Juli 2012


imFluss-Podcast #1 (Video: Felix Schaffert)

Das Kulturfloss schwimmt wieder! Seit vorgestern Dienstag geben sich während den nächsten zweienhalb Wochen im Namen von imFluss wieder nationale und vor allem auch internationale Künstler die Klinke am Rheinbord in die Hand. Während Philipp Poisel, der das Festival am Dienstag eröffnete, noch dem Fussball weichen musste, war Schlaglicht für den Yacht-Rock von Destroyer gestern rechtzeitig vor Ort…

Musikrezeption verläuft ja gerne kreisförmig. Da gibt es Künstler oder ganze Musikstile, die jahre- bis jahrzehntelang unter ihrem schlechten Ruf zu leiden haben, bis sich dann mit genügend Abstand jemand daran erinnert, dass an besagten Bands eigentlich doch nicht alles so schlecht war (in der Fachsprache nennt sich das dann «neu entdeckt») und plötzlich lässt es sich beobachten, wie sich kontemporäre Bands schon fast darum prügeln, wer und wann den jahrelang zu Unrecht verschmähten Bands zuerst Tribut zollen darf. Die Kritiker, die sich ob Dan Bejar’s letztjährigen Albums «Kaputt» voller Freude in den Armen lagen, waren also schlussendlich die gleichen, die zuvor bei der schon geringsten Erwähnung von Steely Dan und AM Gold-Kohorten ihre Nasen rümpften. Bejar alias Destroyer zelebrierte auf seinem neunten Album den softesten aller Soft-Rocks und alle waren begeistert – obwohl sie nur wenige Jahre zuvor die gleiche Musik noch als Teufel in Person bezeichnet hätten. So schnell kann’s gehen!

So grossartig Bejar’s letztes Studiowerk allerdings auch ist, bereits die ersten Takte von «Savage Night at the Opera» verdeutlichten gestern, dass «Destroyer» auch als achtköpfige Band weiterhin Mühe haben, die perfekt arrangierten Songs von «Kaputt» einigermassen angemessen wiederzugeben. Und für einmal darf man die Schuld hier nicht den bekanntlich launischen Soundverhältnissen des Kulturflosses in die Schuhe schieben. Holz- und Blechbläser (Saxophon, Querflöte, Trompete) waren zwar in Topform, Schlagzeug und Bass, welche den Studioversionen den (wenn auch sehr soften) Punch verleihen, legten jedoch einen Ruhetag ein. Dass zudem Bejar selbst einen eher verschupften Eindruck hinterliess und sich in erster Linie darauf konzentrierte, seine Lyrics ins Mikfrofon zu murmeln anstatt den coolen Soft-Rock-Crooner zu geben, machte die Sache natürlich nicht einfacher. Immerhin stimmten Frisur und Sonnenbrille.

Im Gegensatz zur letztjährigen Clubtour, welche sich fast ausschliesslich auf die Songs von «Kaputt» konzentrierte, widmeten Bejar und Band rund die Hälfte ihres gestrigen Sets älterem Songmaterial, welches eine willkommene Abwechslung bot. Während also die noch immer sehr präsenten Songs von «Kaputt» nicht mit ihrem jeweiligen Studioversionen mithalten konnten, hauchten die neuen, opulenten Arrangements älteren Songs wie «Rubies», «Looter’s Follies» oder «Libby’s First Sunrise» neues Leben ein und als die einzige Zugabe des Abends, das mittlerweile zehn Jahre alte «Hey, Snow White», um fünf nach 10 in einem sehr stimmigen Crescendo endete, ernteten die Yacht Rocker aus Vancouver dementsprechend auch ordentlich Applaus. Im Grossen und Ganzen waren die warmen und sommerlichen Klänge von Bejar & Co. auf dem Floss also optimal aufgehoben – und für die nächste Kreuzfahrt nehmen wir «Kaputt» gerne nochmals im Ferienkoffer mit.


Das Kulturfloss liegt noch bis zum 11. August 2012 am Rheinbord an. Weiter geht’s heute Abend mit den ziemlich guten Folk-Rockern Fanfarlo aus London (für Freunde von: Fleet Foxes, Mumford & Sons) und am nächsten Montag spielen dann die grossartigen SAINT ETIENNE (!!!!!!1111) ihr erstes Schweizer Konzert seit geschätzten zwölfzig Jahren. Hingehen!

« Zur Übersicht

Kommentarfunktion geschlossen.