Wer ist heute die berühmteste Frau der Welt? Angelina Jolie vielleicht? Michelle Obama? Madonna? Angela Merkel? Oder gar Lady Gaga? Schwierig zu sagen. In den 1950er-Jahren war die Antwort einfach: Marilyn Monroe. Allein schon der Name ist Showbusiness in Reinkultur und lässt die Scheinwerfer erstrahlen.
In diesem Glanz möchte sich im Film «My Week with Marilyn» auch Sir Laurence Olivier (Kenneth Branagh) sonnen. Der alternde britische Schauspieler engagiert die amerikanische Ikone für sein Projekt «The Prince and the Showgirl», um seine ins Stocken geratene Leinwandkarriere noch einmal anzuschieben. Der lächerliche Streifen mit dem deutschen Titel «Der Prinz und die Tänzerin» war kein Meilenstein in Marilyn Monroes Karriere. Erst zwei Jahre später realisierte sie mit «Manche mögens heiss» den erfolgreichsten Film ihrer kurzen, aber intensiven Karriere. Um die Crew in den legendären Pinewood Studios in London und die britische Bevölkerung in Aufregung zu versetzen, reichte aber auch dieses läppische Projekt, denn es ist Marilyns erster Auftritt in Europa.

Wo Marilyn Monroe auch hinkommt, wartet schon das Scheinwerferlicht. Begleitet wird sie von Ehemann Arthur Miller (hinten), erwartet von Colin Clark (links). (Bilder im Verleih von ASCOT ELITE)
Den Traum vom Film möchte sich im Sommer 1956 auch der Oxford-Abgänger Colin Clark (Eddie Redmayne) verwirklichen – allerdings nicht vor der Kamera, sondern in der Produktion. Olivier gibt ihm eine Chance, Clark nutzt sie. Fortan darf der 23-Jährige seinem Schwarm, dem Weltstar Marilyn Monroe, aus nächster Nähe bei der Ausübung ihrer Kunst bewundern. Einer Kunst, die Sir Laurence Olivier für schwer überschätzt hält. «Marilyn Monroe das Schauspielern beizubringen ist schwieriger, als einem Dachs Urdu», beschwert sich der Bühnenstar lauthals und straft die divenhafte Amerikanerin mit Geringschätzung. Dass er sie insgeheim für ihre Ausstrahlung bewundert, bekommen nur seine Vertrauten mit. Das Problem ist nicht etwa, dass «MM» überheblich auftritt – im Gegenteil: Ihr Selbstbewusstsein ist im Keller, und sie leidet unter Depressionen, die sie mit massivem Einsatz von diversen Narkotika nur noch verstärkt.
Zu Marilyns Fels in der Brandung wird der junge Colin Clark. Sie erklärt den dritten Regieassistenten – was nichts anderes ist als ein Laufbursche – gegen Oliviers Willen zu ihrer Vertrauensperson und verdreht ihm so sehr den Kopf, dass Clark für ihre Eskapaden sogar die angehende Beziehung zum Garderobenmädchen Lucy (Emma Stone) sowie seinen heissgeliebten Job aufs Spiel setzt. In den intensiven Tagen erlebt Clark beide Seiten der unglücklichen Schauspielerin. Kaum geht das Scheinwerferlicht an, ist Marilyn Monroe da: strahlend, glamourös und auf sympathische Weise naiv. Abseits der Kameras ist die Blondine einfach nur ein verletzliches, vom eigenen Ruhm überfordertes Mädchen, das geliebt werden will. Somit bekommt der Text ihres wohl berühmtesten Songs «I Wanna Be Loved By You» eine autobiografische Note. «Ich will von dir geliebt werden, nur von dir und niemand anderem», sang Marilyn. Diese Worte nimmt sich auch Colin Clark zu Herzen, der aber gerade noch den emotionalen Absprung schafft, bevor ihm das Herz gebrochen wird.
Diese zwei Gesichter eines der grössten Hollywoodstars der auf den Memoiren des tatsächlich existierenden Colin Clark basierenden Geschichte verkörpert Michelle Williams in atemberaubender Weise. Die 31-Jährige ehemalige Lebensgefährtin des verstorbenen Heath Ledger, die durch der Teenie-Serie «Dawsons Creek» den Schritt zur Kinoschauspielerin schaffte, wurde zu Recht mit einem Golden Globe ausgezeichnet und für einen Oscar nominiert. Mit ihrer Ausstrahlung dominiert sie die Leinwand wie einst Marilyn selbst. Dass die Inszenierung von Simon Curtis nicht zu einer «One-Woman-Show» verkommt, dafür sorgen die hervorragenden Darsteller um Williams. Kenneth Branagh, Judi Dench, Julia Ormond, Dougray Scott, Emma Watson und der erfrischende Eddie Redmayne machen «My Week with Marilyn» zu einem Erlebnis. Es ist nicht nur eine Ode an Marilyn Monroe, sondern auch ans wohl prickelndste Business der Welt: den Kinofilm.
«My Week with Marilyn» läuft ab 26. April im kult.kino atelier in Basel.
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