Eigentlich macht mich die am Wochenende frisch eröffnete Markthalle ja wütend. Darüber, dass die so geschichtsträchtige wie geniale Kuppelhalle zu so etwas «originellem» wie einem Einkaufzentrum transformiert wurde. Schon wieder. Bravo! Seit ich aber weiss, dass im neuen Konsumtempel zwischen Bahnhof und Innenstadt vorerst auch Zwischennutzungen ihren Platz finden, ist der Zorn immerhin ein bisschen verflogen. «High Voltage – the lab» heisst das Projekt, welches unter der 27 Meter hohen Kuppel sein temporäres Domizil hat. Hier zeigen sieben Künstlerinnen und Künstler aus Basel, Zürich und Helsinki ihre Werke – und sie arbeiten daran. Das Kunstlabor ist eine Mischung aus Ausstellungsraum und Atelier, untergebracht in einer noch nicht vermieteten Ladenfläche am hinteren Ende der Markthalle. Direkt neben einem Schuhgeschäft und der Credit-Suisse-Filiale, welche vorerst nur von Handwerkern betreten wird. Die Bankfiliale befindet sich noch im Bau, wie so Einiges in diesem neuen Konsumtempel zwischen Bahnhof und Heuwaaage.
Insofern passt das «High Voltage»-Labor hierher. Auf dieser 227 Quadratmeter grossen Kunst-Baustelle gehört der Entstehungsprozess zum Konzept. Das mussten die beiden Initianten am Eröffnungswochenende so manchem der rund 1500 Labor-Besucher erklären. «Viele fragten uns, ob wir zur Vernissage nicht fertig geworden sind mit den Werken», sagt Tarek Abu Hageb. Der Basler Künstler ist verantwortlich für die Projektleitung, zusammen mit Nora Donner. «Wir hätten gar nicht fertig sein dürfen – die Eröffnung war auch unser Start», schildert die Grafikerin. Für sie ist die kulturelle Zwischennutzung in der Markthalle ein Segen: «Wir sind wie eine Insel – so etwas erwartet man nicht hier.»
Genau deshalb stellt das Künstlerlabor eine Win-Win-Situation für beide Parteien dar: Die Markthallenbetreiber bieten jungen Künstlern günstigen Freiraum, im Gegenzug haben sie keine leerstehende Ladenfläche. «Die einzige Bedingung ist, dass wir während der Ladenöffnungszeiten besetzt sind», erklärt Donner. Sie sitzt an einem der Arbeitstische, welche für die Künstler bereit stehen. Nebenan restauriert Jan Hostettler seine mit Graphit bemalten Steinplatten. Die Werke wurden an der Eröffnung von Unbekannten betatscht und beschädigt. «Hier gehört das vielleicht dazu», meint er lächelnd. An der Decke ziehen Handwerker die letzten Kabel der Decke entlang.
Das Künstlerlabor ist nicht die erste «High Voltage» in der Markthalle: Bereits 2009 konnte Tarek Abu Hageb während der Art Basel hyperspontan eine leer stehende Ladenfläche für eine Gruppenausstellung nutzen. Vergangenen Herbst wurde der Künstler von der Liegenschaftsverwaltung PSM «vorgewarnt», dass sich in der neuen Markthalle eine weitere Zwischennutzung abzeichnet. Ab Februar wurde das Ganze dann konkret und Abu Hageb und Donner organisierten innerhalb weniger Wochen Künstler und Infrastruktur für das «High Voltage»-Labor.
Das Ziel der beiden war es, verschiedene Stilrichtungen so zusammenzuführen, dass sie trotz ihrer Unterschiede als Einheit wirken. Aus diesem Grund wurden auch nicht alle eingegangenen Projekte berücksichtigt – was gewissen Künstlern durchaus sauer aufgestossen ist. «Es geht nicht um die Künstler, sondern um das Projekt – auch ich bin mit meinen Bildern den anderen Teilnehmern Rechenschaft schuldig», erklärt Abu Hageb während er mit einem Teppichmesser an einer Collage herumschnippelt. Er ist zufrieden. «Wenn ich den Raum angucke, habe ich das Gefühl, dass alle Künstler etwas anderes machen – und dennoch wirkt es nicht zusammengewürfelt, man findet überall Bezugspunkte.»
Bis Ende August möchten Donner und Abu Hageb nun testen, ob diese Mischform von Ausstellungsraum und Atelier auf Dauer funktioniert. Bis dahin ist es gut möglich, dass weitere Künstler dazustossen – sofern sie ins Konzept passen. «Das darf und soll so sein, schliesslich sind wir ja ein Labor – Stillstand ist nicht mehr zeitgemäss», findet Donner.
Während der Sommerferien wird es zudem Workshops für Kinder geben. Und auch Ende August, wenn das «High Voltage»-Labor planmässig schliessen soll, ist noch nicht ganz Schluss: Zum Abschluss folgt die von Donner, Abu Hageb und Jay Rechtsteiner organisierte Ausstellung «How To Make A Monster», welche rund einen Monat dauern wird und nicht direkt mit der «High Voltage» zu tun hat. Die Planung dafür läuft bereits
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Alles Blödsinn, noch mehr Einkaufsläden, auf die niemand gewartet hat! Eine richtig schön genutzte Markthalle in Basel mit Lebensmitteln wäre einzigartig gewesen, schade, dass man diese Chance verpasst hat.
Auf Digitec habe ich gewartet!
Ich möchte darauf hinweisen dass die High Voltage 2009 zeitgleich zur VOLTA stattfand, letzter grosser Event vor dem Umbau und offensichtlich auch Namensgeber des Projektes. Man könnte auch auf die Tatsache hinweisen dass das Logo ziemlich eindeutig an das unserige angelehnt ist: wir haben das mal als Kompliment aufgefasst und wünschen Tarek, Andreas und allen anderen Beteiligten viel Erfolg in der “neuen” Markthalle.
Wir freuen uns darauf im Juni im Dreispitz (wo wir nun seit 2010 zuhause sind) ebenfalls zahlreiche Kunstinteressierte zur VOLTA8 begrüssen zu dürfen und hoffen dass die Markthalle auch in Zukunft Kultur beherbergen wird.
Chris de Angelis – Managing Director VOLTA8 / VOLTA NY
Die Zwischennutzung ist ja ok. Aber sonst bin ich absolut gleicher Meinung – das wäre mal ne coole Halle gewesen, wo man was tolles, unkommerzielles (so fern es das überhaupt noch gibt) hätte machen können. tja …
Tarek, ist Deine Zwischennutzung-Phase noch nicht zu Ende? Wie auch immer, viel Erfolg dabei. Ach ja, wenn Du dies liest: Auch einen schönen Gruss an die Anderen um Dich rum.
Gruss René
_N_O_C_H_
ist einer meiner lieblings-werktitel für meine (”noch”- und ”dauerzwischen”-) works-in-progress…
denn ”noch”… ist ziemlich genau dort ”zwischen”… was dem (wahren) lebenskünstler ”noch immer” (knapp?) ”zu blühen vermag” und dem, was… nun, bevor es sich irgendwann tatsächlich (”end”gültig?) von ihm verabschiedet und sich ”nicht mehr” halten mag und – ”seinem ende entgegen (ver-)geht” –
zum glück ist aber vieles
von dem, was sich (”noch” immer) n i c h t aufgehört zu bewegen,
”noch immer lebendig”,
”-noch immer da(da)”,
ja zum guten glück ” -noch i m m e r n i c h t ” vergangen…
viel glück euch mit allem was ihr anpackt und immerneue energie(n) –
HERZLICHE GRÜSSE, RUTH