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So war das Südafrika-Abenteuer von The Glue

the glue am Freitag den 16. März 2012

Im zweiten Teil des Online-Tagebuches zu ihrer 13-tägigen Südafrika-Tour berichtet das Basler A-cappella-Quintett The Glue u.a. über ein legendäres Radiointerview, einen seeeehr gelassenen Konzertorganisator und einen nicht ganz so starken Glue-Auftritt. Die Südafrika-Reise der Basler ist der Start ihrer «Gluebâlisation»-Tournee, welche die Sänger dieses Jahr u.a. noch nach Amerika, Taiwan und Marokko führen wird. Hier gibts den ersten des Tourberichts.

Tag 9: Unser grösstes Interview als schwedische Band und eine Konzertvorbereitung wie sie im Buche steht (von Oliver Rudin)

The Glue im «Wartesaal» des Radiosenders UCR FM. Foto: Gaspard Weissheimer © The Glue

The Glue im «Wartesaal» des Radiosenders UCR FM. Foto: Gaspard Weissheimer © The Glue

Nach einer grossartigen Jamsession mit vielen lokalen MusikerInnen (siehe hier) bis spät in die Nacht hinein, waren wir alle dankbar, für einmal etwas ausschlafen zu können. Auf dem Programm standen heute ein Live-Interviewtermin bei der Radiostation UCR FM (3.5 Millionen HörerInnen!) sowie am Abend das Konzert im Golf Country Club oberhalb von Umtata.

Nachdem das geplante Konzert vom Vorabend in der Universität Walter Sisulu wegen eines mehrtätigen Streiks respektive «weil die Sicherheit nicht gewährleistet werden konnte» ausgefallen war, erreichten wir gespannt das Uni-Gelände, auf dem sich auch die Radiostation befindet. Das Gelände darf nur mit Bewilligung betreten werden, dennoch waren wir etwas erstaunt über die Bemerkung des Sicherheitsmannes, die Radiostation würde sich oben rechts befinden, er wisse aber nicht, ob es «sicher sei». So ganz klar war da nicht, ob er die Sicherheit meinte oder sich seiner Wegbeschreibung unsicher war… Jedenfalls führte seine Beschreibung direkt zum Ziel und gleich beim Aussteigen lief auf der anderen Strassenseite ein Mann in zivil mit Gewehr herum… Wir erreichten die Radiostation und warteten zunächst wie vor einem Gefängniseingang, zuerst vor dem Gitter, danach hinter dem Gitter.

The Glue beim Radiosender UCR FM. Foto: Gaspard Weissheimer © The Glue

Mehrere Redaktoren grüssten zwar freundlich, keiner aber schien uns zu erwarten. Nach fast 45 Minuten war es dann aber doch soweit: Gefühlte drei Minuten vor Live-Sendetermin wurden wir ins Studio geführt, plötzlich kam so etwas wie Hektik auf, der Redaktor brauchte unsere CD, versuchte uns so weit wie möglich zu informieren, fragte uns noch nach unseren Namen um danach festzustellen, dass es wohl doch einfacher wäre wenn wir uns selbst vorstellen würden… Dann folgte das chaotischste und, gemessen an den offenbar 3.5 Millionen HörerInnen wohl grösste Interview der Glue-Geschichte. Die Höhepunkte: Von Tumasch wollte er wissen, warum er denn «Too much» hiesse, Verena (unsere Tour-Organisatorin) hiess nun Verona, wir sind eine schwedische Band, die aus der Schweiz kommt und Englisch, Deutsch und Schwedisch spricht.

Die wirklichen Höhepunkte boten aber wir selbst… Gaspard (unser Kameramann) schaffte es, während der Live-Sendung hinter dem Moderator die Schallisolierung von der Wand zu schmeissen, worauf wir natürlich alle schallend lachten und der Reporter lächelnd aber bestimmt meinte: «don’t make noise». Dann scheiterte mein Versuch, das Studiomikrofon «besser» zu platzieren, sehr kläglich. Beim späteren Anhören der Aufnahme wurde mir klar, weshalb der Moderator sofort eingriff mit «oh no no no…», ich habe da in der Tat etwas Krach verursacht, wenigstens konnte man dadurch die Intervention des Moderators am Radio kaum mitkriegen. Später durften wir noch eine Station-ID im Studio nebenan aufnehmen, man musste einfach warten, bis die WC-Spülung nicht mehr hörbar war.

The Glue @ UCR FM, Mthatha from The Glue on Vimeo.

Es war bereits 15 Uhr, nur noch drei Stunden blieben bis zum Konzertbeginn. Daher fuhren wir direkt in den Golf Country Club und richteten unsere Technik ein. Dieses Konzert wurde von Sizwe Vena, einem hier bekannten Musiker, organisiert. Offenbar würde er mit vielen anderen Bands als Support Act auftreten und uns den Main Act überlassen, was uns natürlich sehr ehrte. In der Erwartung, Sizwe würde demnächst erscheinen und mit uns den Ablauf des Abends besprechen, lehnten wir uns auf den Fauteuils zurück und verfolgten ein Rugby-Spiel. Es war bereits 17 Uhr, einige Bandmitglieder von Sizwe waren inzwischen da, aber keine Instrumente, keine Technik und kein Sizwe in Sicht. Dann kam er so gegen 17:45 Uhr endlich kurz vorbei und teilte völlig ungestresst mit, er würde nun noch ein paar Musiker abholen. Das Rugbyspiel lief weiterhin, aber ein paar wenige, die nun den Club betraten, schienen sich nun doch eher für das Konzert zu interessieren.

Eine Stunde später war dann Sizwe auch telefonisch nicht erreichbar. Die Clubverantwortlichen schienen ebenfalls keine Eile zu haben und kommunizierten die Golfresultate des Tages und informierten über irgend ein Wettproblem im Haus. Und ja, wenigstens wurde erwähnt, dass The Glue konzertieren würde. Da wir am nächsten Morgen um 6h losfahren würden, war unsere grösste Sorge, dass wir erst sehr spät auftreten würden und dann noch die ganze Technik abbauen müssten. Zudem erkannten wir bei einigen BesucherInnen, dass sie wohl demnächst den Club verlassen würden, sollte es weiterhin keinerlei Anzeichen für einen baldigen Konzertbeginn geben. Es war 19 Uhr als wir uns entschieden, loszulegen, auch wenn die anderen Bands noch immer nicht da waren geschweige denn konzertbereit wären. Wir wollten gerade die Bühne betreten – um 19:30 Uhr – als Sizwe mit seinen MusikerInnen und Drum Set, Boxen, Mischpult etc. eintraf. Wir hielten daran fest, die Bühne zuerst zu betreten, was sich als sehr guter Entscheid erwies, die andere Band spielte nach technischen Problemen – es fand ja vorher kein Soundcheck statt – erst spät am Abend. Die Stimmung während und nach beiden Auftritten war aber grossartig! Einmal mehr tanzte und sang das ganze Publikum und sorgte für eine wunderbare Ambiance und einen weiteren unvergesslichen Abend.

Ausgelassene Stimmung nach dem Konzert von The Glue im Country Club in Mthatha. Foto: Gaspard Weissheimer © The Glue

Tag 10 & 11: Herzliches Willkommen in Grahamstown und ein Besuch bei «awarenet» (von Jonas Göttin)

Müde und schlaftrunken, so begann dieser Tag nach dem Konzert im Golfclub. Vorteilhaft an diesem Tag war, dass der Schlaf während der Fahrt nachgeholt werden konnte. Als wir in Grahamstown ankamen, gab es zuerst ein Gläschen Champagner und dann wurde der beinahe unzähmbare Hunger gestillt. Während dem Essen tauschten wir erste Informationen mit unseren Gastgebern aus. Ich darf vorstellen: Anna und Ron Wertlen. Die beiden sehr herzlichen Menschen setzen sich für Jugendliche in den Townships ein. Sie bringen den jungen Menschen den Umgang mit Computern bei und ermöglichen ihnen somit den Austausch mit anderen Jugendlichen auf der ganzen Welt. Um sich ein genaues Bild über ihren Einsatz zu verschaffen, ist dieser Link sehr hilfreich und zugleich wird auch unser Konzert erwähnt.

Das Konzert war nicht eines unserer Stärksten, oder zumindest im ersten Teil kämpften wir mit Konzentrationsschwierigkeiten, welche auf die Länge des Tages zurück zu führen waren. Doch ein unendlich dankbares Publikum liess uns die Holperstellen vergessen und wir zogen uns anschliessend zu einem weiteren kulinarischen Höhepunkt mit Anna und Ron zurück. Es war meine erholsamste Nacht, der Schlaf war wundervoll tief, das Bett war ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche Matratzenforschung, und es folgte die Begegnung, welche mir wohl am besten in Erinnerung bleiben wird! Aber um dies zu schildern, weise ich nochmals auf den Link hin und verwende die Bildsprache (Fotos: Gaspard Weissheimer)…

Nach diesem unvergesslichen Morgen fanden wir uns wieder in unserer Sardinenbüchse mit vier Rädern, doch war es ruhiger als auch schon. Wir alle verabschiedeten uns innerlich nochmals von den Kinder aus Annas und Rons Klasse, und ich begann schon einmal meine Pläne für das Wiedersehen zu schmieden. In Knysna angekommen starteten Gaspard, Oliver, Michael und Tumasch eine Wasserkontaktaufnahme mit dem Indischen Ozean, welche aber in einem Restaurant mit Meerblick endete, wo wir auch gemeinsam das Abendbrot zu uns nahmen. Dank dem guten südafrikanischen Wein führten wir angeregte Diskussionen bis tief in die Nacht hinein, wo dann auch dieser Tag irgendwie und irgendwann sein Ende fand.

Tag 12 & 13: Tourabschluss in Kapstadt mit einem Konzert in Stellenbosch und einem musikalischen Treffen an der Waterfront (von Michael Moor)

Früh reisten wir von Knysna ab und fuhren in Richtung Kapstadt. Jedoch war unsere nächste Destination nicht die Innenstadt, sondern der Vorort Stellenbosch. Dort wurde uns von Celia Vos ein Konzert organisiert. Sie ist die Tochter der Gasteltern, bei welchen Jonas vor 15 Jahren auf der Konzertreise der Knabenkantorei Basel untergebracht war. Heute unterrichtet sie Gesang und leitet einen Chor. In Stellenbosch angekommen, stiess Gregors Freundin Riccarda dazu, mit welcher er nach der Tour noch mehrere Wochen weiterreisen wird.

Das Konzert eröffnete Celias Chor «The Madrigal Singers» mit einem kurzen und abwechslungsreichen Programm. Das Publikum genoss unsere Darbietung eher verhalten, dafür umso aufmerksamer. Auch Laurenz passte unsere Lautstärke ein wenig der unverstärkten Vorgruppe an und somit ergab sich ein wohltuend ruhiges aber auch dynamisches und gegen Ende kraftvolles Konzert.

The Glue im Vortrekker Saal, Stellenbosch. Foto: Gaspard Weissheimer © The Glue

Nach dem Auftritt räumten wir gemeinsam zügig die Technik zusammen, um ja keine Minute des bevorstehenden Champions League Spiels des FC Basel gegen FC Bayern München zu verpassen. Celia reservierte uns zuliebe zwei grosse Tische in einem Restaurant mit Live-Übertragung, so dass wir mit ihrem Chor das Spiel über einen Beamer verfolgen konnten. Wir freuten uns zuerst, dass ein FCB-Match in Südafrika übertragen wurde, die Stimmung wurde jedoch mit dem tragischen Verlauf des Spiels wieder gedämpft. (Bayern 7, Basel 0) Nach gutem Essen, Gespräch und zwei drei gemeinsam gesungenen Liedern verabschiedeten wir uns und dankten Celia für die ganze Organisation.

Es war also schon nach Mitternacht, als wir im Fritz Hotel in Cape Town ankamen und uns todmüde in die Betten fallen liessen.
Am nächsten Tag, einem ebenso heissen Mittwoch, fuhren wir gemeinsam ins Stadtzentrum, um an der Waterfront die a cappella Gruppe namens “Abonwabisi Brothers” zu treffen. Oliver und Laurenz hatten sie während ihres dreitägigen Aufenthalts in Cape Town vor der Tour angetroffen und dies in die Wege geleitet. Die Gruppe singt täglich auf der Strasse und präsentierte uns dementsprechend eine überwältigende Version des Songs „Hello my Baby“ von Ladysmith Black Mambazo mitten in der Fussgängerzone. Mit viel Bewegung und für uns fremdartigen Geräuschen und Ausrufen faszinierte uns ihre energiegeladene Darbietung. Nachdem wir auch zwei Songs unverstärkt zum Besten gegeben hatten,
sangen wir mit ihnen zusammen „Hello my Baby“, wobei wir ihre Schritte und Handbewegungen nachzuahmen versuchten. Somit war unsere Tour mit ihrer Vielfalt an Eindrücken, Erlebnissen und Bekanntschaften nun mit einem schönen Abschluss an ein Ende gelangt.

The Glue & Abonwabisi Brothers @Waterfront, Kapstadt. Foto: Gaspard Weissheimer © The Glue

Nun hiess es, die Technik zum Flughafen zu bringen, einige Formulare auszufüllen und zu hoffen, dass unsere drei Kisten und unser Bassverstärker heil und ganz in Basel ankommen würden. Danach verabschiedeten wir uns von Tumasch, Oliver und Laurenz, welche noch am selben Abend nach Basel heimflogen. Die Übriggebliebenen verlängern ihren Aufenthalt individuell und suchen vorerst einmal Erholung von dem unvergesslichen und intensiven Kulturaustausch hier in Südafrika. Das letzte Mal in Südafrika war das bestimmt nicht, ob das gerade für die ganze Gruppe gilt, wird sich im Verlauf des nächsten Jahres zeigen.

The Glue @Waterfront, Kapstadt. Foto: Gaspard Weissheimer © The Glue

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