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Reflexionen der Realität

Joel Gernet am Freitag den 16. September 2011


Dunkle Laubbäume, heller Himmel. Links ein Geländer, rechts Bahnschienen, darüber Fahrleitungen. Kanten und Linien, ausgerichtet auf den Fluchtpunkt in der Bildmitte. Gespiegelt in einer Wasserlache, deren Oberfläche sich ebenfalls am Horizont zu verlieren scheint. Die Schwarzweiss-Fotographien, welche der Basler Terry Hofmann ab Samstag bei Nulleinszwei Dreispitz zeigt, sprechen eine deutliche Bildsprache – zumindest auf den ersten Blick. Bei näherer Betrachtung wirken Hoffmanns Werke jedoch irgendwie surreal: Velos stehen quer im Raum, Autos stehen Kopf, ein 3er-Tram verschwimmt als wäre es Teil einer Fata Morgana.

«Die meisten Bilder sind verkehrt herum aufgehängt», erklärt Terry Hofmann. Da es sich um symmetrische Sujets mit zentraler Spiegelachse handelt, ist diese «Manipulation» nicht sofort ersichtlich und der Blick des Betrachters verliert sich zuerst in der scheinbar normal dargestellten Hälfte des Bildes – welche in Wahrheit das Spiegelbild des tatsächlichen Objekts ist. Dieses steht Kopf. «Ich will damit aufzeigen, dass wir uns im Alltag oft blenden lassen und die schöne heile Welt oft nicht so ist, wie sie erscheint», sagt der 25-Jährige.

Entstanden sind die meisten Fotos des Autodidakten jeweils kurz nachdem es geregnet hat. Hofmanns Welt, die er uns in der mit «Reflection» betitelten Ausstellung präsentiert, spiegelt sich also in den Pfützen dieser Region. «Ich arbeite mit der Natur zusammen», sagt Hofmann. Für ein gutes Bild selber eine Pfütze zu machen, käme aber nicht in Frage, wie er lachend erklärt. Damit seine Spielgel-Bilder die gewünschte Wirkung entfalten, fotografiert Hofmann mit einem Weitwinkel-Objektiv, die Linse beinahe in der Wasserlache. «Manchmal kann der Blick von Unten sehr schön sein», findet er.

Dass mit Hofmann ein junger, relativ unbekannter Künstler in den Räumen der Ex-Garage ausstellt, passt perfekt ins Konzept der noch kein Jahr alten Galerie. «Wir wollen ein Sprungbrett sein», erklärt Timothy Hall von Nulleinszwei Dreispitz, «kein Schickimicki». Hinter der Organisation steckt ein neunköpfiger Kunstverein, der dem Dunstkreis um die Guerilla-Streetart-Ausstellung OpenArt entsprungen ist. Zwei Ausstellungen hat es seit der Eröffnung im Mai 2011 gegeben: Die erste bestand aus spontan und wild zusammengewürfelten Beiträgen diverser regionaler Graffiti- und Streetart-Künstler, danach zeigte Sprayer Shez seine Werke. Mit Terry Hofmann steht nun erstmals eine Foto-Ausstellung an – für den Basler ist es die zweite Werkschau. Und bestimmt nicht die letzte: Der 25-Jährige hat nämlich bereits wieder neue Konzeptideen für Fotostrecken im Kopf. Schuhabdrücke auf verregnetem Boden zum Beispiel.

Wie bei den Fast-Nachbarn vom «Hinterhof» handelt es sich auch bei Nulleinszwei Dreispitz um eine kreative Zwischennutzung. Dauern darf sie bis Ende 2012, dann wir das Gelände der ehemaligen Autowerkstatt für einen Neubau platt gemacht. Doch bis dahin soll es noch viele Ausstellungen von jungen, aufstrebenden Künstlern geben. Im November werden drei Streetart-Ladies ihre Werke präsentieren und auch für Januar hat man schon konkrete Pläne. Bevor bei der 36er-Haltestelle die Bagger auffahren, wird es also noch einiges zu sehen geben. «Das Bedürfnis für solche Kunstprojekte besteht, wie der steigende Andrang an der OpenArt zeigt», sagt Timothy Hall. Für die Zeit nach dem 3-2-1-0-spitz-Minus-Countdown hat der Verein seine Galerie bereits auf den Namen «YOUR!Gallery» umgetauft.

Terry Hofmann –Reflection. 17. September bis 1. Oktober 2011 in der YOUR!Gallery von Nulleinszwei Dreispitz, Walkenweg 1, 4053 Basel. Öffnungszeiten: Mi. – Fr. 18h – 22h; So. 15h – 20h. Vernissage: Sa. 17.September 15h.

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