Karin Sutter steht im vorderen Teil ihrer neuen Galerie an der Rebgasse 27 und macht sich Gedanken über die richtige Platzierung eines schwarzen Hirsches des Zürcher Künstlers Marck. «Nicht gerade kindertauglich, oder?», fragt sie angesichts der vielen kleinen Bildschirme, die der Hirsch an seinem Geweih trägt. Darauf zu sehen: Nackte, aufgespiesste, sich windende Frauenkörper. Kindertauglichkeit – darüber musste die Galeristin sich bin anhin keine Gedanken machen. Weil sie den Hirsch aber gerne frontal vor die Fensterscheibe gestellt hätte und daran vorbei täglich viele kleine Kinder zum Kindergarten, zur Schule oder zur Krippe gehen, werden solche Themen plötzlich relevant. «Wer hätte das gedacht», schmunzelt Karin Sutter.
Andererseits sind es gerade diese grossen Schaufenster, die ihr an ihren neuen Galerieräumen gefallen, und in gleichem Masse die Lage an einer Durchgangsstrasse. «Es hat eindeutig mehr Fussgängerverkehr hier als an der St. Alban-Vorstadt», sagt sie. Weil sie den Kontakt zu den Leuten aus dem Quartier toll findet, will sie zu einem späteren Zeitpunkt ihren Bürotisch aus der hinteren Ecke ganz nach vorne zügeln. Im Moment ist dies noch nicht möglich, denn die aktuelle Ausstellung – die erste in diesen Räumen – braucht viel Platz. «Röhrender Hirsch» ist sie betitelt, und wir fragen deshalb nach, ob sie nach ihrem Umzug ins Kleinbasel nun mit einer Aufnahme in den Verein Reh4 liebäugle. Karin Sutter lacht. «An diesen Zusammenhang habe ich bei der Planung gar nicht gedacht», sagt sie. Das Thema des Hirsches habe einen anderen Hintergrund. Einen ganz materiellen, um genau zu sein.
«Ich habe einst ein Hirschgeweih geschenkt bekommen», erklärt Sutter. «Ein Riesending, das in meiner Wohnung einfach keinen Platz hat.» Jetzt hat das Geweih seinen Platz gefunden: Es hängt in der Toilette der neuen Galerie, über dem Waschbecken. Und es dient der Eröffnungsausstellung als Sujet. Für Karin Sutter war klar, dass sie zur Eröffnung der neuen Galerieräume nicht nur einen oder zwei Künstler einladen wollte. Eine Gruppenausstellung sollte es sein, an der möglichst alle Künstler und Künstlerinnen der Galerie teilnehmen sollten. Diese konfrontierte sie mit ihrer Hirschidee und hoffte auf möglichst vielfältige Umsetzungen des Themas – auch auf zweideutige. «Der Hirsch steht ja für Verschiedenes», sagt sie. «Für Männlichkeit, für den Platzhirsch, aber auch für Kitsch.» Um diese drei Punkte kreisen nun auch die Arbeiten der insgesamt 22 Kunstschaffenden von Lea Achermann bis Lex Vögtli.
Bei der Eröffnung der Ausstellung am Samstagabend wird die Vernissagengäste aber nicht nur deren Kunst interessieren, sondern vor allem auch der Raum, den Karin Sutter in den letzten Wochen umgebaut und renoviert hat, nachdem sie ihre angestammten Galerieräume an der St. Alban-Vorstadt verlassen musste. Eine schweisstreibende Arbeit, nicht nur wegen der Sommerhitze. «Es gab sehr viel zu tun», meint Karin Sutter. Das Haus stammt aus den Sechziger Jahren, seither war daran nichts gemacht worden. In den Räumen war vorher ein Möbelgeschäft beheimatet, Matratzenlager inklusive. Jetzt sind die Wände des 95 Quadratmeter grossen Raumes weiss, der Betonboden ist grau, und die Bar sowie die Büromöbel haben temporär einen lindgrünen Anstrich erhalten.
Karin Sutter ist am neuen Ort angekommen, auch wenn sie sich noch eingewöhnen muss. «Ich muss erst ausprobieren, wie ich mit diesem Raum arbeiten kann», sagt sie. «Er bietet ganz neue Möglichkeiten.» Lang gestreckt ist er, doch auch mehrfach unterteilt, etwa durch das Treppenhaus. Dadurch gliedert er sich in einen grossen offenen Raumteil gegen die Strasse hin, eine Art Kabinett im mittleren Teil sowie dem hinteren, als Büro genutzten Part. Für die Eröffnungsausstellung nutzt Karin Sutter den gesamten Raum, später sind Einzelausstellungen möglich, meint sie, Gruppenausstellungen oder die Präsentation von Lagerbeständen parallel zu einer Ausstellung. «Es wird sich zeigen, was am besten funktioniert», sagt Karin Sutter. Der erste Test findet ab morgen Samstag statt.
> Eröffnung der Ausstellung «Röhrender Hirsch» sowie der Galerieräume ist am Samstag, 3. September, von 17–20 Uhr anlässlich des Seasonopenings der Basler Galerien.
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Ich gratuliere zur Eröffnung der neuen Gallerie und wünsche Ihnen viel Erfolg.
Was neben dem röhrenden Hirsch noch fehlt sind ein par stumme Schrumpfköpfe. Sonst eine sehenswerte Vielfalt.
@ Max Wartenberg Neben dem röhrenden Hirsch wären doch sprechende Schrumpfköpfe etwas wirklich Originelles?