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Eins, zwei, drei… und schlumpf!

karen gerig am Donnerstag den 21. Juli 2011

Ich besass einst Unmengen davon: Schlümpfe. Da war der Fussballschlumpf, der Schlafschlumpf, der Badeschlumpf, der Clownschlumpf, Schlumpfine natürlich und Babyschlumpf mit der Rassel und so weiter. Kein Beruf, kein Hobby, keine Charaktereigenschaft, die nicht auch mit einer kleinen blauen Figur mit weisser Mütze dargestellt werden konnte. Immer, wenn ich zum Babysitter durfte, begleitete mich ein Sack voller Schlümpfe. Denn beim Babysitter, da standen auf der Dachterrasse grosse Pflanzenkübel mit viel Moos und kleinen Tännchen – ein veritables Schlumpfhausen. Da spielte ich dann selig für Stunden. Dabei ist das Spielen mit diesen vorgefertigten Schlümpfen eigentlich gar nicht so einfach. Der Fussballschlumpf etwa hat ja seinen Ball dauernd an der Fussspitze kleben und kann nix anderes als Fussballspielen. Und der gelehrte Schlumpf schleppt immer sein Buch hinter sich her, hat nie die Hände frei für anderes. Neutrale Schlümpfe, die waren und sind äusserst selten.

Jedenfalls dachte ich jahrelang nicht mehr an meine Schlumpfphase. Zwar nannte ich meine Tochter, ohne gross nachzudenken, immer wieder mal einen Schlumpf. Ansonsten aber – Funkstille. Die Sammlung, die ist irgendwo verschollen und wurde nie vermisst. Und jetzt? Jetzt schlumpft es wieder allerorts. Im Regal der Postfiliale, bei Manor, im Spielzeugladen, im Bücherregal, am Kiosk und in zwei Wochen gar im Kino. Da ist er dann wohl auch, der Grund, warum Schlümpfe plötzlich wieder in sind: Was auf die grosse Leinwand kommt, muss vermarktet werden. Natürlich gibt es auch schon das zum Film gehörige Schlumpfset. Viele andere Schlümpfe gibt es allerdings gar nicht mehr. Aktuell sind es vielleicht zehn Modelle, dazu kommt eine Serie von Sternzeichen-Schlümpfen. Wer originelleres sucht, muss weit laufen oder sich auf ebay umsehen. Dabei hiess es doch anno 1977: «Gibt es eigentlich sehr viele Schlümpfe?» – «Ja, so viele wie kaputte Strümpfe!» Erinnern Sie sich? Ans «Lied der Schlümpfe» von Vader Abraham und den Schlümpfen? Laalaalalalalalalalala…?

Bei mir zuhause schlumpfen sich die Schlümpfe seit ein paar Monaten schon zurück. Angefangen hat alles in der Bibliothek. Da lieh sich meine Tochter ein Buch der Comicserie «Johann und Pfiffikus» aus. Darin kamen die Schlümpfe in den Fünfziger Jahren erstmals vor. Meine Tochter liebte die kleinen blauen Männchen sofort. Und lieh sich beim nächsten Bibliotheksbesuch einen Schlumpf-Comic aus. Als sie im Kino dann eines Tages noch den Trailer für den neuen Film vorgeführt bekam, wars geschehen. «Den muss ich sehen!», hiess es. «Echt?», meinte ich nur, ohne grosse Begeisterung. Mich nämlich überzeugten diese anderthalb Minuten überhaupt nicht.

Braucht es das wirklich, dass ein paar Schlümpfe im echten New York ihr Unwesen treiben? Ich finde, die Schlümpfe gehören nach Schlumpfhausen, zwischen ihre Pilzhäuschen, nicht in Wolkenkratzerschluchten. Da lob ich mir richtiggehend, dass sich der Verlag toonfish vorgenommen hat, alle 32 Schlumpfcomicbände neu aufzulegen. Denn die gezeichneten Geschichten sind manchmal abstrus, manchmal einfach nur herzig. Wenigstens haben sie Charme. Darin wird viel geschlumpft, klar, die Sprache klingt dadurch etwas einseitig. Dafür wird das Gehirn angeregt: Schliesslich muss es für jedes «schlumpfen» das richtige Verb erst finden. Süchtig danach werde ich wohl trotzdem nicht mehr werden. Das überlass ich der nächsten Generation.

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