Vom Spazierweg an der Birs sieht man ihn fast am besten: Versteckt in einem Birsfelder Hinterhof liegt der Kunstraum S.A.L.T.S., mit an die Birs grenzendem Garten und bespielbarer Doppelgarage. Doch Kunstraum stimmt eigentlich nur bedingt: Genaugenommen ist es die Wohnung von Anna und Samuel Leuenberger, in der Kunstwerke eine temporäre Heimat finden. Zusammen mit dem Künstler Tobias Spichtig organisieren sie seit November 2010 regelmässig Ausstellungen. Der Name des Kunstraums hat auch nicht mit kleinen weissen Körnchen zu tun, sondern setzt sich schlicht aus den Initialen der Initianten zusammen.
Die Geschichte des S.A.L.T.S. begann vor ein paar Jahren, als Anna und Samuel vom grossen Zürich ins kleine Birsfelden zogen, wo Samuel ursprünglich herkam. Die Metzgerei seines Grossvaters stand leer, sie derart weiterzuführen kam nicht in Frage, also baute man sie zum Wohn- und Büroraum um. Da sowohl Anna wie auch Samuel in unterschiedlichen Funktionen immer mit Kunst und Künstlern gearbeitet haben, bot sich der grosse Raum als Ausstellungsraum quasi an. «Einige Teile wollten wir im ursprünglichen Zustand belassen», erzählt Samuel. «Als Hommage an den Grossvater sozusagen.» Die Wahl fiel auf den ehemaligen Schlachtbereich. Heute noch sind dort die Wände weiss gekachelt, und rings um den Raum zieht sich eine Abflussrinne.
Hier, in diesem weissen Raum, der aber kein gesichtsloser Cube ist, befindet sich jeweils das Herz der Ausstellung. «Von hier gehen wir aus», sagt Samuel. Für die aktuelle Ausstellung haben sie das Berliner Autocenter eingeladen. Der Non-Profit-Artspace der beiden Künstler Joep van Liefland und Maik Schierloh macht seit über zehn Jahren Ausstellungen «jenseits der Hierarchien des Kunstmarkts», wie sie es selber formulieren. Sie stellen nur Künstler aus, die am Anfang ihrer Karriere stehen – genauso machen es auch die drei vom S.A.L.T.S.

Diptychon von Thomas Zipp (l.) und ein Werk von Martin Soto Climent im ehemaligen Schlachtbereich. (Fotos A. Leuenberger)
Blicken die Autocenter-Leute heute zurück, dann finden sie unter den einst gezeigten Künstlern so renommierte Namen wie Jonathan Meese, Martin Eder oder Katharina Grosse. Von letzterer hängt nun ein Gemälde im Wohnzimmer der Leuenbergers. Die beiden Berliner haben aber noch einige Künstler mehr mitgebracht. Gemeinsam haben sie, dass sie alle in Berlin leben, von Oliver Laric bis Marieta Chirulescu, von Armen Eloyan bis Megan Francis Sullivan. Deren Werke verteilen sich nun über die Wände des S.A.L.T.S. und stellen sich dort dem Dialog mit so alltäglichen Dingen wie einer Küche oder einem körpergrossen Spiegel. Private Kunstwerke sowie Überbleibsel vergangener Ausstellungen machen das Bild komplett. «Wir wollen unsere Ausstellungen seriös, aber verspielt gestalten», sagt Samuel. «Die Leute sollen sich hier auch wohlfühlen.» Aus diesem Grund sind Vernissage und Finissage immer ein besonderes Ereignis – dann trifft man sich hier wie bei Freunden, kann auf dem Sofa sitzen, in der Küche stehen oder im Garten eine Runde drehen.
Den Garten hat Pascal Merz gerade mit einer Installation in Beschlag genommen. Mehrere mobile Plakatwände stehen nun im Gras, darauf aber keine Wahlplakate, sondern ein Alpenpanorama, in mehrere Einzelteile zerstückelt, die sich je nach Betrachterstandpunkt mehr oder weniger überlappen. Mit dem Autocenter hat Merz allerdings nichts zu tun. «Wir machen immer zwei Ausstellungen parallel», erklären Samuel und Anna. Wobei es genaugenommen drei sind, wenn nicht sogar vier: In einer Garage steht nämlich immer noch gut sichtbar ein Werk von Karsten Födinger, dessen Ausstellung letzten November stattfand, und ausserdem gehört zu jeder Ausstellung noch eine Edition.
Diese Editionen haben mit den Ausstellungen nichts zu tun. «Sie organisieren sich quasi von selbst im Schneeballsystem», sagt Samuel. Konkret: Der erste Künstler wurde eingeladen, dieser lädt dann den nächsten ein undsoweiterundsofort. Dabei entstehen ganz unterschiedliche Sachen, von der LP zu den Miniskulpturen oder zur Polaroidfotoserie. Zu aktuellen Edition von Adina Popescu gehört ein Video, das in der zweiten Garage gezeigt wird.
Noch ist das S.A.L.T.S. vor allem Insidern bekannt. Es komme aber manchmal auch Laufpublikum, sagen Samuel und Anna. Dieses findet den Raum wohl hauptsächlich wegen seiner Lage an einer Spazier- und Joggingroute. Es sind aber nicht zehn Leute täglich, die hier an die Tür klopfen. Gottseidank, kann man sohl sagen. Denn schliesslich wird in diesem Kunstraum auch gewohnt. Da braucht man ab und zu auch seinen Frieden.
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