Hoch hinaus zu wollen ist ja schön und gut – in allen Lebensbereichen. Aber was will man in einer Höhenlage, für die der menschliche Körper einfach nicht geschaffen ist, ausser sich wortwörtlich den Tod holen? Wer nicht selbst die Besteigung eines 8000ers auf der ganz persönlichen Bucket List hat, kann dies wohl nicht nachvollziehen. Und unter jenen 14 Bergen, welche diese magische Marke übertreffen, ragt einer noch heraus: der Mount Everest. Der magische Gipfel stellt mit 8848 Metern über Meer das Dach der Welt dar und zieht Tausende Bergsteiger rund um den Globus in seinen Bann. Doch die Frage bleibt: Warum tut man sich das an? Sich, seinem Körper und seinen zu Hause bangenden Liebsten?
Die Antwort darauf interessiert auch Jon Krakauer (Michael Kelly). Um sie zu erfahren, schliesst sich der Journalist des «Outside Magazines» im Jahr 1996 der Gruppe des Neuseeländers Rob Hall (Jason Clarke) an. Dieser führt kommerzielle Expeditionen auf den Everest durch. Für schlappe 65’000 Dollar ist man dabei – wenn man über genügend Erfahrung am Berg sowie die nötige Fitness verfügt. Genau den gleichen Tag für die Besteigung, den 10. Mai, hat sich ein konkurrierendes Unternehmen aus Seattle ausgesucht. Dieses wird vom extrovertierten Scott Fisher (Jake Gyllenhaal), dem Lebemann unter den renommierten Bergsteigern geführt. Die Stimmung im dicht besiedelten Basislager auf rund 5500 Metern über Meer gleicht deshalb eher einem Ferienlager als einer seriösen Alpinistengruppe.
Die beiden Gruppen kommen sich in den Wochen, während denen man sich vom auf rund 5500 Metern hoch gelegenen Basislager auf die höchst anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet, immer wieder in die Quere. Als Beck Weathers (Josh Brolin) aus Halls Gruppe beinahe abstürzt, weil zu viele Leute die Aufstiegsroute blockieren, beschliessen die beiden Anführer, zusammen zu arbeiten. Doch geteilte Organisation heisst nicht, dass die Besteigung nun einfacher wird. Die Wetterlage im Himalaya-Gebirge ist instabil, ein vorzeitiger Abbruch droht. Bis in der Nacht auf den 10. Mai der Himmel wie durch ein Wunder aufreisst und der Gruppe ein Zeitfenster eröffnet. Die Besteigung scheint realistisch. Doch die erfahrenen Führer täuschen sich in ihrer Einschätzung. Eine massive Sturmfront, aber auch Selbstüberschätzung und Undiszipliniertheiten machen das Unternehmen zum Kampf ums nackte Überleben. Der Everest verzeiht nichts.
Jeder vierte Mensch stirbt beim Versuch der Everest-Besteigung. Die Statistik lügt nicht. Wer den Berg ins Visier nimmt, setzt sein Leben aufs Spiel. Diesen Aspekt arbeitet der isländische Regisseur Baltasar Kormàkur («Contraband», «2 Guns») besonders heraus, was ihn in Anbetracht des beeindruckenden Casts ehrt. Neben Clarke, Brolin und Gyllenhaal geben sich auch Keira Knightly, Robin Wright, Martin Henderson und Sam Worthington die Ehre – und trotzdem bleibt der Berg der Star. Seine Schönheit wird ebenso atemberaubend in Szene gesetzt wie die tödlichen Gefahren, die er birgt. «Everest» ist trotz – absolut würdig eingesetzter – 3D-Technik kein absurdes Actionspektakel à la «Vertical Limit», sondern ein Drama geht unter die Haut, zumal die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruhen. Kälte, Erschöpfung und Höhenkrankheit sind die wahren Feinde des Menschen in der «Todeszone» über 7000 Metern. Wer nach diesem Film die Everest-Besteigung immer noch auf seiner Bucket List hat, der ist durch nichts abzubringen. Das eingangs gestellt Warum allerdings, das wird nicht abschliessend geklärt. Die beste Antwort findet Doug Hansen (John Hawkes): «Ich tue es, weil ich es kann.»
«Everest 3D» läuft ab 17. September 2015 in den Basler Kinos Pathé Küchlin und Rex.
Weitere Kinostarts in Basel am 17. September: Ich und Kaminski, Amnesia, How to Change the World, Wild Women – Gentle Beasts, Pura Vida.
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Inhaltliche Korrektur: Das Dach der Welt ist der Pamir in Tadschikistan.
Merci für die Präzisierung!