Dornröschen? Die Story ist bekannt: Es war einmal eine böse Königin, eine schöne Prinzessin, ein Stich der Spindel, ein komatöser Schlaf, ein Kuss des Prinzen, ein Happy End. Dafür muss man nicht nochmals ins Kino, Angelina Jolie hin, 3D-Optik her. «Maleficent» hat einen neuen Anreiz geschaffen, denn nun erzählt Dornröschen höchstselbst: die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Offensichtlich wurden wir alle von den Gebrüdern Grimm jahrzehntelang verschaukelt. Die Disney-Studios korrigieren nun diesen Irrtum – 55 Jahre nach ihrem eigenen Zeichentrickklassiker.
Die Geschichte, die uns die gealterte «Sleeping Beauty» jetzt erzählt, handelt von einer guten Fee namens Maleficent (Angelina Jolie). Das geflügelte Wesen beschützte das Feenreich im Sumpf vor den verfeindeten Menschen. Ein Jüngling von ausserhalb aber konnte ihr Herz gewinnen. Stefan (Sharlto Copley) gesteht ihr an ihrem 16. Geburtstag die wahre Liebe, um sie ein paar Jahre später zu hintergehen. Er beraubt Maleficent ihrer geliebten Flügel, um die Krone zu erhalten. Die wort- und sprichwörtlich Gehörnte lässt sich fortan von ihrem Hass gegen die Menschen leiten und wird zur dunklen Fee, welche den Sumpf mit einem gigantischen Dornwall vor den machtgierigen Sterblichen schützt. Maleficent rächt sich mit dem bekannten Fluch gegen Stefans Tochter Aurora, der an ihrem 16. Geburtstag eine Nadel zum Verhängnis werden soll. Sie zeigt dabei gar noch Gnade, denn die Prinzessin soll durch die «wahre Liebe» aus ihrem Schlaf erweckt werden – jene Liebe, an die Maleficent nicht mehr glaubt.
Definitiv einen neuen Weg schlägt dann die Story während Auroras Kindheit ein. Die kleine Prinzessin soll von drei Feen beschützt werden, die sich aber in Erziehungsfragen bald als komplett unfähig herausstellen. Maleficent beobachtet das Kind auf Schritt und Tritt aus dem Schatten. Und – siehe da – der fröhliche Blondschopf rührt das kalte Herz der dunklen Fee. Fortan wacht Maleficent mithilfe des verzauberten Raben Diaval (Sam Riley) über Aurora (Elle Fanning), ja vermittelt ihr gar die menschlichen Werte. Den von ihr ausgesprochen Fluch bereut sie schon bald einmal, doch leider erweist er sich als unwiderruflich. Da hilft nichts: Ein Prinz muss her!
Angelina Jolie als Fee zu besetzen, ist interessant. Die kühle Schönheit hat eigentlich nichts Feenhaftes an sich. Die Wandlung zur desillusionierten bösen Fee allerdings ist der 38-Jährigen auf den Leib geschrieben. Und sie hält sich auch erstaunlich gut auf dem Weg zurück zu Nächstenliebe und Güte. Vielleicht hat ihr dabei ihre Töchter geholfen, denn Angelina ist nicht die einzige Jolie im Cast von «Maleficent». Vivienne Jolie-Pitt spielt die fünfjährige Aurora, und auch ihre Schwester Zahara kommt zu einem Auftritt. Der Löwenanteil an der guten Qualität des Films gebührt aber nicht der erfahrenen Hauptdarstellerin, sondern einem Regie-Neuling.
Robert Stromberg, als Produktionsdesigner von «Avatar» und «Alice im Wunderland» bereits zweimal mit einem Oscar ausgezeichnet, hat aus «Maleficent» nicht nur ein optisch ansprechendes Werk mit beeindruckenden Baumkriegern, Dornwällen und Drachen geschaffen, sondern auch eine Story, die einen mitraten lässt, wie denn das Ende des «echten» Märchens aussieht. Es handelt sich sozusagen um «Dornröschen Reloaded», eine zeitgemässe Version des Märchen-Klassikers mit differenzierten Figuren: Es gibt nicht nur Gut und Böse, sondern viele Schattierungen und Wendungen. Willkommen im 21. Jahrhundert, Dornröschen!
«Maleficent» läuft ab 29. Mai 2014 im Kino Pathé Plaza in Basel.
Weitere Filmstarts in Basel am 29. Mai: A Million Ways to Die in the West, Edge of Tomorrow, Omar, The Two Faces of January, Violette.
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Die Disney Industrie soll endlich ihre schmutzigen Finger vom europäischen Kulturgut lassen. Da hat man schon Kyplings Dschungelbuch zur Klamauk Komödie umgestrickt. Ein anderes trauriges Beispiel ist der Glöckner von Notre Dame und nun werden Mangels Phantasie die Grimm Märchen “reloaded” sprich nach amerikanischem Mainstream Geschmack verwurstet. Das könnte einem ja noch egal sein aber die stinkende Brühe schwappt ja auch wieder in unsere Kinos. Zum Kotzen…
Phantasielos und erbärmlich das Ganze.
Tja, die Herrin der Tiere sollte man eben nicht vergewaltigen (“die Flügel wegnehmen”), denn nur sie liebt alle Lebewesen mit UNBEDINGTER LIEBE….
Kein Wunder, dass alle Feen, Magier und Schamanen ausgestorben sind in “unserer” Welt von Eisenkäfigen (“Architektur”), Eisenflügeln und Eisenmünzen (Geld)…