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Neustart nach dem Crystal-Hype

Luca Bruno am Donnerstag den 20. Februar 2014

«Crystal Antlers» und «Crystal Stilts» heissen zwei Bands, die bald in der Kaserne Basel zu Gast sind. Die Bands gleichen sich nicht nur vom Namen her, sie haben auch einen ziemlich ähnlichen Karriereverlauf vorzuweisen.

Da geht's lang: Crystal Antlers (r.) & Crystal Stilts (l.)

Zur Kaserne bitte rechts abbiegen: Crystal Antlers (l.) & Crystal Stilts (r.)

In jungen Jahren schlagartig ins Rampenlicht befördert, nur um kurze Zeit später bereits wieder vergessen zu werden? Nein! Die Rede ist nicht von den durchschnittlichen Karriereaussichten unserer kickenden U17-Welt- und Europameister, sondern von jenen Bands, die uns Blogosphäre und einflussreiche Musikmagazine seit etwa 2005 im Zweiwochentakt als «Next Big Thing» auftischen – nur um sie im nächsten Atemzug bereits wieder als «Schnee von Gestern» bezeichnen zu können.

Dabei schreibt jedes einzelne Jahr seine Geschichten und Hypes aufs Neue. Und so hatte auch das Musikjahr 2008 seine unverkennbaren Trends: Wer damals beispielsweise die Worte «Crystal», «Wolf», «Black» oder «Girls» im Bandnamen hatte, auf Lo-Fi Produktion setzte und zugleich entweder an der Küste Kaliforniens oder im New Yorker Stadtteil Brooklyn angesiedelt war, hatte gute Karten für massive Magazin- und Blogpräsenz. Kein grosser Zufall also, dass ausgerechnet die beiden Bands Crystal Antlers und Crystal Stilts mit ihren jeweiligen Debüt-EPs voll ins Schwarze der damaligen Meinungsmacher getroffen haben.

Jetzt, rund sechs Jahre später, statten beide Bands der Kaserne Basel einen Besuch ab. Während das Konzert der Crystal Antlers bereits diesen Samstagabend, am 22. Februar 2014 stattfindet, müssen wir auf den Besuch der anderen «Crystal»-Band noch ein wenig länger warten: Die Crystal Stilts haben ihren ersten Basler Auftritt am Mittwoch, den 5. März.

Lange Haare, laute Gitarren und ebenso wuchtige Gitarrenwände: Dass es die Crystal Antlers mit ihrer unbetitelten Debüt-EP damals überhaupt für kurze Zeit ins Scheinwerferlicht der Musikpresse geschafft haben, ist rückblickend betrachtet eigentlich doch eher ein Ausnahmefall. Zu selten hat derart ausgefranster Psychedelic Rock, der sich am ehesten noch mit der Musik ihrer ebenfalls zu wenig beachteten Zeitgenossen Comets on Fire vergleichen lässt, in den vergangenen 20 Jahren Anklang in der Indie Rock-Szene, die in der Regel von warmen Melodien regiert wird, gefunden.

Und genauso, wie sich auch mancher U17-Weltmeister nach dem lang erwarteten Transfer ins Ausland schnell wieder mit einem Dauerplatz auf der Tribüne abfinden muss, war auch der Höhenflug der Crystal Antlers nur von kurzer Dauer. Ausgestattet mit einem lukrativen Plattenvertrag beim einflussreichen Label Touch & Go Records standen die Vorzeichen für eine erfolgreiche Karriere der Band zwar durchaus positiv, leider schalteten die Crystal Antlers auf ihrem ersten Album «Tentacles» im Vergleich zur vorangegangen EP einige Gänge zurück und präsentierten sich auf ihrem Debütalbum überraschend zahm. Klang die EP noch nach einer scharfen Packung Paprika-Chips, hinterliess «Tentacles» eher den Eindruck einer halboffenen Packung Nature-Chips, die zwei Wochen im hinteren Teil des Regals vergessen wurde. Die Kritiken waren zurecht lauwarm und schlimmer noch: Kurz nach der Veröffentlichung des Albums kündigte ihr Label an, dass man nach über 25 Jahren im Musikbusiness den Betrieb einstellen wolle. «Wie gewonnen, so zerronnen» sagt man da wohl…

Höchste Zeit für einen Neuanfang also! Ein paar Bandmitglieder leichter – von ursprünglich bis zu sechs Musikern sind mittlerweile nur noch drei übrig – und mit dem neuen Album «Nothing Is Real» im Gepäck, fängt die Band aus Long Beach wieder von fast ganz unten an. Während die Haare von Sänger Jonny Bell noch immer etwa gleich lang sind, orientiert sich die Musik der Kalifornier mittlerweile eher an der etwas lärmigeren, aber dennoch melodievollen Seite des Indie Rocks aus den 1990er-Jahren. Dinosaur Jr. und Pavement heissen die neuen Referenzpunkte und glaubt man den Konzertreviews, waren die drei Kalifornier noch immer eine überaus überzeugende Liveband.

Während die Crystal Antlers also derzeit gezwungen sind, ihre Karriere ungefähr in der 1. Liga Classic neu anzukurbeln, befinden sich die Crystal Stilts noch immer auf komfortablem Challenge League-Niveau. Zwar ist es wohl auch bei dieser Band nicht vermessen, zu behaupten, dass ihre erste EP die beste Veröffentlichung der Band darstellt. Dennoch können auch die drei Langspieler, die seither erschienen sind, mit zahlreichen Lichtblicken auf sich aufmerksam machen.

Und dass die Gruppe rund um Sänger Brad Hargett, zu deren Lineup einst auch das Brooklyner Multitalent Frankie Rose (Dum Dum Girls, Vivian Girls) gehörte, auch auf ihrem dritten Album «Nature Noir» ihr musikalisches Herz noch immer am richtigen Fleck hat, ist sowieso unbestritten: The Velvet Underground, The Jesus and Mary Chain, Echo & The Bunnymen oder Beat Happening heissen die Bands, welche unumstritten zu den Vorbildern der Band aus Brooklyn gehören und dafür sorgen, dass der rumplige Lo-Fi-Sound der Band von einer mindestens ebenso grossen Portion 80er-Wave mitgetragen wird…

«Love Is a Wave»: Unverständlicherweise «nur» als 7″ erschienen und leider nie Teil eines Albums gewesen:

Zum Zurücklehnen: «Star Crawl», die Single zum aktuellen Album «Nature Noir»:

Crystal Antlers: Diesen Samstagabend (22. Februar) Live in der Kaserne. Support von Tayson. Doors: 22:00.

Crystal Stilts: Mittwoch, 5. März 2014, Live in der Kaserne. Support von One Sentence. Supervisor. Doors: 20:30.

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