Wer hat schon einmal von «Seed Bombs» und «Backstein Curling» gehört? Oder vom «PARK(ing) Day»? Eine genaue Erklärung gibts in der Bildergalerie unten, soviel aber vorweg: Es sind Denkanstösse, mit denen die Vereine Neues Jugendkulturfestival (JKF) und Neubasel seit heute via Postkarten zur kreativen Eroberung des öffentlichen Raumes aufrufen. Da ist es nichts als konsequent, dass die Organisationen ihre gemeinsame «Pressekonferenz» an der frischen Luft veranstalten.
Montagmorgen mitten auf dem Birsigparkplatz: Zwischen den abgestellten Autos stechen ein knallroter Sonnenschirm und ein gleichfarbiges Sofa hervor. Auf der Parkuhr thront ein Blumenkasten, davor stehen Kühlschrank, Tisch und Stühle. Zwei Parkplätze nimmt das Ganze in Anspruch. Das ist Teil der Message, die JKF und Neubasel zu verkünden haben. Die Standgebühr hat man bezahlt, einzig der Zweck des Parkplatzes wurde uminterpretiert – so wie es die Vereine auf der Postkarte zum «PARK(ing) Day» anregen.
Es ist eine von sechs Karten zum Jugendkulturfestival, das am 2. und 3. September die Basler Innenstadt einnimmt. «An zwei Tagen gehört die Stadt dir – an 363 Tagen musst du sie erobern!», steht auf dem Flyer. Auf der Rückseite gibts die Anleitung zur Parkplatz-Invasion. Die JKF-Macher sehen die neue Kampagne als Fortsetzung der Aktion aus den Jahr 2009 – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. «Geil das NT schliesst – zwei Tage feiern sind genug», hiess es damals provokativ.
«Unser Ziel ist es, an mehr als den zwei Festival-Tagen etwas für die Jugendkultur zu machen», erklärt JKF-Co-Präsident Sebastian Kölliker den versammelten Journalisten auf dem Parkplatz. «Es geht darum, den Jugendlichen zu zeigen, was man im öffentlichen Raum machen könnte.» Deshalb sei man auch auf den Verein Neubasel zugegangen. Dieser hat sich der Erschliessung neuer Kultur-Freiräume verschrieben seit klar ist, dass diejenigen auf dem nt/Areal verschwinden müssen (der letzte nt-Sommer steht bevor).
«Die nt-Kampagne des JKF hat damals einiges ausgelöst», findet Neubasel-Sprecher Fabian Müller, während ein Mann sich zwischen den Journalisten durch schlängelt, um zur Parkuhr zu gelangen. Als erstes Ergebnis der Zusammenarbeit der beiden Vereine zur Stadteroberung liegen nun sechs Postkarten vor, deren Motive von Neubasel konzeptioniert und visualisiert wurden. Neben der üblichen Werbung für das JKF (das ohnehin ein Eigenläufer ist), werden die Jugendlichen nun also dazu ermuntert, mit Street-Minigolf die Strassen zu erobern, am Strassenmusik-Festival Bâledrian mitzumachen oder die Rabatten am Strassenrand mittels «Seed Bombs» zu bepflanzen (Guerilla Gardening heisst das auf Neudeutsch).
Einfach zu vermitteln und ortsunabhängig hätten die sechs Denkanstösse sein müssen, erklärt Müller. «Dinge, die man auch in Zürich machen könnte». Die Heissen Eisen – etwa die Erschliessung des Kleinbasler Rheinufers zwischen Wiese-Mündung und Klybeck – werden bewusst (noch) nicht thematisiert. Dazu wäre es zu früh. «Freiräume müssen langsam erschlossen werden», findet Müller. Zuerst brauche es Ideen, Konzepte, (Zwischen-)Nutzer und (idealerweise) die Unterstützung der Behörden – erst dann die Gäste. «Eine Eröffnungsparty mit 5000 Leuten bringts nicht.» Es geht um die langsame und längerfristige Erschliessung neuer Räume. So wie das auch beim nt/Areal geschehen ist.
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Tolle Aktion! Ich beschäftige mich schon länger in Deutschland mit dem Thema Stadtentwicklung. Das Thema der Nachhaltigen Stadt ist ja zur Zeit groß in den Medien und wird viel diskutiert http://bit.ly/otUgJQ Der kulturelle Aspekt einer gesunden Stadtentwicklung kommt dabei leider oft zu kurz. Ich würde es toll finden, wenn sich solche kulturellen Institutionen auch mit Industrie und Wirtschaft austauschen könnten. Zum Beispiel könnten man einen Diskussionsrunde halten, um das Thema nachhaltige Kulturräume zu analysieren. Hier könnten beide Seiten einiges voneinander lernen und ich könnte mir vorstellen, dass dies zu völlig neuen Konzepten führen kann.