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Die BScene im 360-Grad-Winkel

Luca Bruno am Dienstag den 5. April 2011

Würde man zehn verschiedene Personen fragen, wieso sie gerne Konzerte besuchen, dann würde man auch zehn verschiedene Antworten erhalten. Für die einen ist es wichtig, dass sie Künstlern dabei zusehen können, wie diese ihre Studioaufnahmen möglichst detailgetreu wiedergeben, andere erwarten Improvisation, und wiederum andere möchten an Konzerten einfach nur die eigenen Emotionen mit Freunden und dem restlichen Publikum teilen. Das BScene-Programm der Voltahalle vom Samstagabend liess alle auf ihre Kosten kommen.

We Are Drums!

We Are Drums! (Foto: Sandro Simon)

Auch Dekaden nach ihrer Entstehung bleibt die elektronische Livemusik noch immer ein Sorgenkind der Konzertwelt. Mikrofonständer lassen sich herumwerfen, und mit Gitarren kann man sich ziemlich schnell in eine coole Pose werfen. Jemandem dabei zuzusehen, wie er sich hinter einem Laptop versteckt und dabei still Knöpfchen drückt, kann allerdings schnell langweilig werden. In der Voltahalle ist an diesem Abend durch den besonderen Bühnenaufbau zumindest dafür gesorgt, dass sich heute niemand hinter irgendwelchen Geräten verstecken kann. Aufgrund der Performance von We Are Drums wurde die Bühne in der Mitte des Raumes aufgebaut, womit Künstler von allen Seiten beobachtet werden können und erst recht gefordert sind, das Knöpfchen drücken irgendwie spannend aussehen zu lassen.

laFayette, ein Duo bestehend aus Jascha Dormann und Simon Hauswirth, scheitern an dieser Aufgabe. Interaktion mit dem Publikum findet während ihres Auftritts keine statt, und immer wieder muss man sich fragen, ob sich die beiden nicht gerade viel lieber in den eigenen vier Studiowänden aufhalten würden. Das ist deswegen besonders schade, weil laFayette in ebendiesen Wänden Musik produzieren, die grosse Beachtung verdient.

Dormann und Hauswirth lassen die Bässe wummern und beweisen immer wieder, dass sie auch von Experimenten abseits konventioneller elektronischer Popmusik nicht abgeneigt sind. So spielen sie in der Mitte des Sets einen Song mit gesampelten Steel drums, der sich als eindeutiges Highlight ihres Auftritts auszeichnet. Nach ihrem BScene-Konzert werden sich die beiden nun mit der Produktion ihres Debütalbums beschäftigen, und man kann nur hoffen, dass sie dabei in erster Linie das Spektrum ihrer instrumentalen Seite weiter vertiefen werden. Der einzige Song mit Vocals, den die beiden an diesem Abend spielen – beigesteuert übrigens von Lena Fennell – ist es nämlich, welcher deutlich vom Rest ihres Sets abfällt. Ausserdem mangelt es Basel ja sowieso noch immer an poporientierten Instrumentalproduzenten.

Dan Deacon hingegen verdient für seine Leistung im Fach «Publikumsinteraktion» Bestnoten. Wie versprochen hat er sein Performance-Pult inmitten des Publikums aufgebaut, und es ist beeindruckend anzusehen, wie er das Publikum innert weniger Minuten zum Toben bringt. Er tut dies unter anderem mit spontan organisierten Dance Contests und Gruppenumarmungen in der Mitte des Saales.

Dort wo sich laFayette kurz vor ihm auszeichneten, liegen jedoch Deacons Schwächen. Musikalisch gesehen bleibt sein Auftritt nämlich äusserst durchschnittlich, da im ganzen Trubel vor allem der Song- und Setaufbau viel zu oft auf der Strecke bleibt. Trotzdem: Liveshows sollten ab und zu auch einfach nur Spass machen, und der passende Act für den nächsten Kindergeburtstag wäre hiermit auch gefunden.

Doch auch wenn Dan Deacon der letzte Liveact des Abends ist und die BScene von sich behauptet, keine Unterscheidung zwischen Headliner und Vorband zu machen, ist es trotzdem eindeutig, wer die wahren Stars des Abends sind: We Are Drums.

We Are noch immer Drums

We Are noch immer Drums (Foto: Sandro Simon)

Hinter diesem Namen stehen acht Basler Drummer (Michel Anklin, David Burger, Marco Wolfgang Faseth, Flavio Gortana, Florian Haas, Georg Müller, Stefan Schneider und Fabian Trümpy) aus sieben verschiedenen Bands, die sich für die diesjährige Ausgabe der BScene für eine einmalige Performance vereinigt haben. Vier Drumkits und vier Drumpads stehen bereit, als die in weissen Overalls gekleideten Künstler kurz nach Mitternacht die Bühne betreten.

Das Motto des Voltahallen-Abends lautet «Electro». Die acht Protagonisten beschränken sich dementsprechend in der ersten Hälfte ihrer Performance darauf, aus ihren Instrumenten möglichst viele tanzbare Rhythmen zu holen. Es findet nur wenig Laut/Leise-Spiel statt und die Samplearbeit der Drumpad-Gruppe gestaltet sich als zu repetitiv. Die Lehrstunde in Synchrondrumming, welche die Gruppe an den richtigen Drumkits dem Publikum heute erteilt, bleibt dennoch äusserst beeindruckend. In der zweiten Hälfte weichen die Drummer dann vollständig auf Improvisation aus und finden den Groove immer mehr. Unter dem besonderen Antrieb von Fabian Trümpy werden nun «Call and response»-Einlagen eingebaut, die Drummer werden lockerer und das Dargebotene wird von Minute zu Minute lebendiger. Das Experiment We Are Drums gipfelt nach einer halben Stunde in einer spontanen Zugabe und trotzdem bleibt die Lust nach noch mehr.

Dass es in naher Zukunft eine Wiederholung des exakt gleichen Projektes geben wird, ist zu diesem Zeitpunkt höchst unwahrscheinlich. Es ist der Basler Musikszene jedoch nur zu wünschen, dass das Experiment «We Are Drums» als Dominostein für weitere Projekte dieser Art wirken wird. Schliesslich soll die BScene nicht nur Nabelschau der vielseitigen Musikszene dieser Stadt sein, sondern auch daran erinnern, dass sich die Mitglieder dieser Szene musikalisch so oft wie möglich gegenseitig befruchten und voneinander profitieren sollten.

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2 Kommentare zu “Die BScene im 360-Grad-Winkel”

  1. BScene-Fan sagt:

    Toller Abend in der Voltahalle! Kompliment an die Jungs von LaFayette und We are drums (genau so soll es sein: Eine gute Idee, extra für einen Abend) . Was ich aber nicht verstehe: Warum müssen Bands für das Publikum immer den Hampelmann machen, wie im Blog gefordert? War doch spannend, den Jungs beim Schrauben zuzusehen. Wer unbedingt das Hände-hoch-und-jetzt-alle-zusammen-Spielchen braucht, soll zu Club Med oder Plüsch. Der runden Bühne zum Opfer gefallen sind leider die Visuals (die waren irgendwo, bloss nicht dort, wo man hinschaute; hätte es nicht eine Visual-Night werden sollen?) und der Sound in der Halle (wie immer in der Volta, furchtbar, ausser man steht direkt vor den Boxen). Und: War da nicht noch eine vierte Band? Warum wird die nicht erwähnt? Auch in der Vorschau nicht?